Neues von Theo Grunden
Unser alter Freund Theo Grunden hat in seinem Hamminkelner Lokalkompaß wieder etwas zur Rechtschreibung verfaßt – in bewährter Form, freundlich, unaufdringlich und unter Vermeidung der Reform-ss:
Euch und Ihnen Allen ein Friedvolles, Gesundes und Frohes Neues Jahr!
Hoppla, da stimmt doch etwas nicht! Oder sogar etwas mehr als nur etwas? Da hat es jemand offensichtlich mit der Großschreibung zu großzügig gehandhabt.
Das „Jahr“ (als Substantiv) und das „Ihnen“ (als Höflichkeitsanrede) schreibt man ohne Zweifel groß, aber Adjektive schrieb und schreibt man doch schon immer klein, ebenfalls das Pronomen „alle“ in all seinen Formen. Richtig wäre der im Titel ausgedrückte (und von mir inhaltlich ehrlich und herzlich) gemeinte Wunsch also so zu schreiben:
„Euch und Ihnen allen ein friedvolles, gesundes und frohes neues Jahr!“
Und das so schon seit Konrad Duden, der just heute vor 189 Jahren, am 3. Januar 1829, in Lackhausen (jetzt Wesel) geboren wurde.
Allerdings gibt es ja – nach der „Ent(bevoll)mächtigung“ des sich mit dem Namen des Vorgenannten schmückenden Verlags im Rahmen der Rechtschreibreform – inzwischen längst diesen nun bestimmenden Rat für deutsche Rechtschreibung. Und der hatte offenbar ein Einsehen mit all denjenigen Deutschschreibenden, die sich Jahr für Jahr ein frohes Neues Jahr wünschten, also für das Adjektiv neues die fehlerhafte Großschreibung bevorzugten. Aufgrund einer von ihm im letzten Jahr beschlossenen Neuregelung gilt das in diesen Tagen oft verschriftlichte Neue Jahr nun nicht mehr als Fehler, sondern ist als zweite richtige Möglichkeit neben dem weiterhin richtigen neuen Jahr gestattet. Wer's genau lesen möchte, kann das in § 63 (3) E4 der amtlichen Regelung tun, zum Beispiel hier.
Damit ist das neue/Neue Jahr (und mit ihm u.a. die mittlere/Mittlere Reife, das große/Große Latinum, die goldene/Goldene Hochzeit, das autogene/Autogene Training, der gelbe/Gelbe Sack) in die illustre Schar jener Adjektiv-Substantiv-Gebilde aufgenommen worden, die den Schreibenden schon seit längerem zwei Möglichkeiten zur freien Auswahl geben: rote/Rote Karte, gelbes/Gelbes Trikot, erste/Erste Hilfe, letzter/Letzter Wille, schwarzes/Schwarzes Brett.
Aber Vorsicht, diese Auswahlmöglichkeit ist nicht immer auf (vermeintlich) ähnliche Fälle übertragbar! Wenn Sie über das kommende, das bevorstehende, das laufende, das alte, das vergangene, das erfolgreiche, das beste Jahr schreiben, dann bleibt's beim kleinen Adjektiv. Und weiterhin auch bei der heiligen Messe, dem olympischen Feuer und der freiwilligen Feuerwehr. Wer weiß, wie lange noch („Kommt Zeit, kommt Rat“).
Was würde wohl das heutige Geburtstagskind dazu sagen?
Beitrag eingestellt von Theo Grunden aus Hamminkeln
am 03.01.2018
Franziskus Firla aus Mülheim an der Ruhr | 03.01.2018 | 16:25
Danke für die hilfreiche Information und ein frohes Neues!
Theo Grunden aus Hamminkeln | 03.01.2018 | 20:55
Franz, was Du da aufgezeigt hast, könnte auch einer der Gründe sein, die zur Großschreibung verleitet haben. Wenn das eigentliche Substantiv nämlich wegfällt, dann wird das Adjektiv davor substantiviert und damit richtiger- und berechtigterweise groß geschrieben. Vergleichbar etwa mit dem kühlen Hellen oder dem kleinen Schwarzen.
Zur Weihnachtszeit amüsiert mich jedes Jahr dieses O du Fröhliche; da das dazugehörende Substantiv (Weihnachtszeit) erst weit dahinter auftaucht (je langsamer man singt, desto weiter) und beim Nennen des Titels auch nie drankommt, wird die Fröhliche halt vorsichtshalber substantiviert – und man stellt sich ein gutgelauntes weibliches Wesen vor.
Franziskus Firla aus Mülheim an der Ruhr | 03.01.2018 | 22:55
Genau, und die Zusammenziehung mit Stille Nacht heißt dann: Oh, stille mich, du Fröhliche!
Theo Grunden aus Hamminkeln | 04.01.2018 | 09:31
Und wenn wir schon bei kontraktionsgenerierten Weihnachtsliedtitelvariationen sind: In den nächsten Tagen wird sicherlich aus den Liedern Leise rieselt der Schnee und O Tannenbaum die naheliegende Version Leise rieselt der Tannenbaum hervorgehen.
Stefan Hoffmann aus Düsseldorf | 10.01.2018 | 15:13
Zur Erklärung, für diejenigen, die mit der deutschen Sprache eigentlich auskommen, aber das Fremdwortwissen noch ergänzen wollen :
Pronomen :
Pronomen (Plural Pronomina oder Pronomen; deutsch Fürwort) ist in der Grammatik die Bezeichnung für verschiedene Arten von Wörtern, die an der Stelle eines Nomens eintreten, beispielsweise er, mein oder welcher. Pronomen weisen die grammatischen Merkmale von Nomina auf (also Genus (Geschlecht), Numerus (Anzahl) und Kasus (Fall)), sie sind aber im Gegensatz zu normalen Nomina keine Inhaltswörter.
Substantiv :
Substantiv, in gleicher Bedeutung teilweise auch als Nomen, deutsch auch als Hauptwort, Dingwort, Gegenstandwort oder Namenwort bezeichnet, ist in der Grammatik eine Wortart, die zusammen mit dem Verb die fundamentalste Unterscheidung im Bereich der Wortarten ergibt.
Adjektiv:
Das Adjektiv (lateinisch [nomen] adiectivum, ad-iectivum nach altgriechisch epí-theton „das Hinzugefügte“[1]), Eigenschafts- oder Beiwort, in der Grundschule auch Wiewort (wie ist etwas?) genannt, ist in der Sprachwissenschaft die Wortart, welche die Beschaffenheit oder eine Beziehung eines (konkreten) Dinges, einer (abstrakten) Sache, eines Vorganges oder Zustandes usw. beschreibt.
lokalkompass.de 4.-10.1.2018
PS: Eigentlich suchte ich „70 Jahre Kultusministerkonferenz“ und „Rechtschreibreform“, fand aber dazu kein Sterbenswörtchen in der Presse und in den Selbstbelobigungen der Ministerien.
|