„Dante Alighieri – Einblicke in Leben und Werk“
Gestern, am 5. Juni 2019, war in der Kieler Kunsthalle ein Vortrag mit dem obigen Titel als Veranstaltung der „Società Dante Alighieri – Deutsch-Italienische Gesellschaft e. V. Kiel“ zu hören. Vortragender war Peter Petersen, Altphilologe, Kunstgeschichtler und ehemaliger Lehrer für Griechisch und Latein an der Kieler Gelehrtenschule.
Anlaß war die Verabschiedung des Vorsitzenden der Gesellschaft von 1978 bis 2019, Prof. Sebastiano Caso, der sich nun wohl in seine italienische Heimat zurückziehen will. Er war auch selbst zugegen und sprach eine kurze Begrüßung. Zu seinem achtzigsten Geburtstag vor zwei Jahren hatten die Kieler Nachrichten ein freundliches Lebensbild von ihm gezeichnet. Zugleich wurde Hermann Gmelins gedacht, der die Romanistik an der Kieler Universität bis zu seinem Tod 1958 vertrat und der ein Kenner, Übersetzer und Kommentator Dantes war.
Petersens Vortrag, auf eine gute Stunde berechnet, dauerte dann doch noch eine spannende Dreiviertelstunde länger und wurde, wie gewohnt, mit sachkundig ausgewähltem Bildmaterial untermalt. Dantes Lebensstationen waren, nach Petersen: A. Heimat Florenz 1265 1302: Jugend, Schulzeit, Begegnung mit Beatrice, Lyriker und Familienleben, Studium in Bologna, politische Tätigkeit in Florenz, B. Exil in Oberitalien 1302 – 1321: Bologna, Treviso, Venedig, Trient, Padua, Verona, Lunigiana, Ravenna, ... Venedig; Tod in Ravenna.
Biographische Zeugnisse über das Leben Dantes gibt es fast ausschließlich nur in seinem Werk: „La Vita Nuova“ (1293), „Il Convivio“ (1304), De Vulgari Eloquentia Doctrina“, „De Monarchia“, Divina Comedia“ drei Teile, Epistolae/Ecloghe; Il Fiore — Detto d’Amore
Neben den schriftlichen gibt es eine Reihe von fast zeitgenössischen „authentischen“ Bildern: Giotto, Fresko im Barghelllo (ca. 1321) Boccaccio, Porträt und „Divina Comedia“, Luca Signorelli, Dom in Orvieto Auch dies steht in dem zum Vortrag beigegebenen 24seitigen Leitfaden, den Petersen ausgearbeitet und reich bebildert im Farbdruck vervielfältigt hat, S. 9:Italienisches Original [VITA NUOVA]
[...] sì tosto com'io imagino la sua mirabile bellezza,
sì tosto mi giugne uno desiderio di vederla,
lo quale è di tanta vertude
che uccide e distrugge ne la mia memoria
ciò che si potesse levare;
e però non mi ritraggono le passate passioni
da cercare la veduta di costei...
Deutsche Übersetzung
[…] sobald ich mir ihre wunderbare Schönheit vorstelle,
[ergreift mich] sogleich ein Verlangen [...] sie wirklich zu sehen,
und [...] dieses [ist] von solcher Wirkungsmacht [...],
daß es in meinem Gedächtnis tötet und vernichtet,
was sich dagegen erheben könnte
und deshalb halten mich die vergangenen Leiden nicht davon ab,
ihren Anblick zu suchen.
Die Erinnerung des Ichs reicht nur soweit, “dass es sich ein Bild davon macht, wie Amor es zurichtet.
La mia memoria movesse la fantasia ad imaginare quale amore mi facea Diese Zeilen mögen genügen, um anzudeuten, welch ein literarisches und ästhetisches Vergnügen der Vortrag bereitete.
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