„Schönheit in der theoretischen Physik“
In einem Einwurf dazu bei Sprachforschung.org erwähnte ich das Buch von Sabine Hossenfelder „Das hässliche Universum“. Jetzt fand ich die Rezension eines Autors Gerd:Sabine Hossenfelder: Das häßliche Universum
Sabine Hossenfelder ist nicht irgendwer, sie ist Insiderin, ein[e] theoretische Physikerin, die ihr Fach und die Klaviatur der modernen Medien beherrscht...
Fachlich befasst sie sich mit (so formuliert es die Wiki) „Gravitation und Quantengravitation sowie Physik jenseits des Standardmodells“ und das merkt man dem Buch an, denn obwohl die Darstellung einer Sinnsuche, ist es durchsetzt von fachlichen Aspekten...
Worum geht es? Seit der Mensch denken kann, versucht er sich die Welt zu erklären. Die alten Griechen hatten ihre Modelle, die Religionen hatten sie und schließlich natürlich auch die moderne Wissenschaft, für die es Regeln gibt, die einzuhalten sind, wenn es gute Wissenschaft sein soll. Denkt man. Und denkt nicht oder nur selten daran, welche anderen Kriterien immer wieder, ex- und implizit verwendet werden: Schönheit, Einfachheit, Natürlichkeit…
So konstruierte beispielsweise Kepler sein Sonnensystem ursprünglich mit auf Kreisbahnen rotierenden Planeten in Abständen, die aus den platonischen Körpern ableitbar waren: es war einfach ein harmonisches, schönes, Modell. Mit dem Nachteil, daß die Überprüfung an der Realität zeigte, daß es nicht stimmte…
Einfachheit, Natürlichkeit, Schönheit – es sind Gesichtspunkte, die nicht naturwissenschaftlich sind, die von Menschen intuitiv verwendet werden. Ganz sicher ist vieles, was an Erkenntnissen gewonnen wurde, ’schön‘ so wie wir heute die schon erwähnten Maxwell-Gleichungen als ’schön‘ empfinden. Aber die Bedeutung der Begriffe wandelt sich im Lauf der Zeit, allein das schon schließt sie im Grunde aus. Nicht alles, was ‚wahr“ ist, muss auch schön sein – oder anders herum formuliert: ‚wahres‘ kann auch ‚häßlich‘ sein. Und ebenso gilt, daß nicht alles, was schön ist, auch wahr sein muss, dies ist der Knackpunkt, an dem Hossenfelder ansetzt...
Das blinde Vertrauen der theoretischen Physiker auf Schönheitskriterien und der daraus entstehende Mangel an Fortschritten offenbaren das Versagen der Wissenschaft, sich selbst zu korrigieren. Damit meint Hossenfelder u.a., daß die Trennung zwischen Philosophie und Physik nicht mehr beachtet wird, philosophische Kriterien zur Beurteilung physikalischer Gesetze herangezogen werden. Dies führt sie zu Fragen wie Sollten wir numerischen Zufälligkeiten überhaupt Aufmerksamkeit schenken oder: Haben wir Grund zu der Annahme, daß grundlegende Gesetze einfach sein sollten?...
Vielleicht befinden wir uns in der Grundlagenphysik in einer Sackgasse, weil wir die Grenzen dessen erreicht haben, was Menschen begreifen können. Mit dieser aufrüttelnden Frage Hossenfelders, die ich hier einfach so stehen lasse, will ich es gut sein lassen mit dieser Vorstellung eines Buches, das mutig ist, denn es stellt begründete Fragen, die man nicht als Nebensächlichkeiten abtun kann...
Es ist ein persönliches Buch, in dem eine Physikerin ihr Tun hinterfragt, wissen will, ob sie überhaupt mit der Fragestellung, die sie untersucht, geerdet ist oder ob sie sich in ein wissenschaftliches Traumschloß begeben hat, in dem sie losgelöst von der Realität agiert. Deutlich zu spüren ist der Wunsch – und die Forderung! – an die Gemeinschaft der theoretischen Physiker, sich selbst und ihr Tun zu hinterfragen und auf Relevanz zu überprüfen.
radiergummi.wordpress.com 4.11.2018
Orthographie 1805 Wörter: 1 dass (Zitat), sonst. Reform-ss: 3 muss, befasst, Messreihen; 14 daß, 4 häßlich, Traumschloß; Es gibt Überlegungen, daß manche Theorien niemals überprüft werden können. Andere nähern sich vielleicht einer neuen Unschärferelation des möglichen Wissens...
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