An Frau Heide Simonis
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
Sie wissen genau, werden es aber nie zugeben, daß sich die Einführung der sogenannten Rechtschreibreform ausschließlich auf Volksbetrug gründet, nämlich das nie bewiesene, angeblich leichtere Lernen für die Schüler.
Sie sind gewiß nicht so weltfremd, daß Sie nicht genau wüßten, daß die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein 27. Sept. 98 nicht nur für ein Schulgesetz gestimmt haben, sondern auch gegen die Rechtschreibreform.
Seit diesem Tage hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Schleswig-Holstein nicht mehr Vorrang, sondern allein der Wille des Volkes gemäß Grundgesetz, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. In der Frage der Reform der Rechtschreibung ist Ihnen vom Volke jede Kompetenz entzogen worden. Ihre erkennbaren Bestrebungen zur weiteren Einführung der Rechtschreibreform sind daher gegen den Geist der Verfassung, wenn nicht gar verfassungsfeindlich.
Es besteht nicht der geringste Anlaß, sich den Torheiten der anderen Länderregierungen oder der Bundesregierung anzupassen, gerade nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die von Ihrer Seite immer betonte Geringfügigkeit der Schreibänderungen könnte Ihnen aber auch unabhängig davon zu dieser Einsicht verhelfen.
Die übrigen Bundesländer verletzen außerdem Artikel 3 GG, weil sie trotz des für ganz Deutschland repräsentativen Abstimmungsergebnisses ihren Bürgern eine Volksabstimmung verweigern, obwohl niemand wegen seiner Heimat und Herkunft benachteilig werden darf. Es stünde Ihnen gut an, die anderen Länderregierungen auf ihr demokratie- und grundgesetzwidriges Verhalten hinzuweisen.
Jedoch bringen wir Ihrem guten Willen nach den akrobatischen Tricks Ihrer Regierung zur Verhinderung des Volksentscheids, die allen noch in guter Erinnerung sind, kein Vertrauen entgegen.
Auch die nun bekanntgewordenen Überlegungen aus Ihrem Hause zur Übernahme der Rechtschreibreform in die Amtssprache (Kieler Nachrichten v. 26.6.99) lassen in ihrer Hinterhältigkeit, Niederträchtigkeit und Kleinkariertheit jeden Anstand und jede Würde, wie sie von Inhabern eines vom Volk verliehenen Amtes zu erwarten sind, vermissen. Sie nehmen sich heraus, dem Volk Ihrem Auftraggeber seine Absicht ins Gegenteil zu verkehren, um die Bürger doch noch auf Ihren aus ideologischer Beschränktheit und ökonomischer Nachlässigkeit eingeschlagenen Weg sogenannter Reformen zu zwingen. Es ist nichts als unwürdig, jede juristische Lücke dazu zu mißbrauchen, um den Willen des Volkes zu unterminieren.
Ihnen ist natürlich klar, daß Sie mit Ihrer beabsichtigten Umstellung der Amtssprache genau die Insellage der Schulen erst schaffen, die immer das Paradepferd Ihrer Propaganda war. Es wird danach gewiß nicht lange dauern, bis Sie wieder verkünden, die Kinder in den Schulen müßten etwas lernen, was es in der ganzen Welt nicht mehr gibt: nicht einmal in den Staatsdienst könnten die Schulabgänger mit ihrer erlernten Rechtschreibung eintreten. Jeder Abgeordnete im Parlament müßte dann als Kinderschänder dastehen, der sich weigert, den gesetzgewordenen Volkswillen abzuschaffen. Damit führen Sie vor, was das Volk sonst auch glaubt, aber nie so bildlich vorgeführt bekommt: Politik, ein schmutziges Geschäft.
Sollten Sie versuchen, auf diese Weise durch Veränderung der Amtssprache den Volkswillen auszuhebeln und die Chancen unserer Kinder zu schmälern, dann können Sie sich auf massive Klagen von unserer Seite gefaßt machen und auf eine öffentliche Gegenwehr, die Ihrer Wiederwahl sicher nicht gut bekommen wird.
Die Rechtschreibreform scheint den seltsamen Nebeneffekt zu haben, daß ihre Verfechter nicht mehr imstande sind, auch nur den offensichtlichsten Unfug daran öffentlich beim Namen zu nennen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Dennoch hoffen wir auch bei Ihnen darauf: Einsicht ist der beste Weg zur Besserung und Umkehr.
Im Namen (fast) aller Mitstreiter gegen die Rechtschreibreform
S. Salzburg
Sigmar Salzburg 24229 Dänischenhagen
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