Vergleiche und Unvergleichbares
Liebe Freunde und Mitstreiter, macht Euch bloß keine Sorgen um irgendwelche Verkaufsränge meines Wörterbuchs und des Rechtschreibdudens! Das Rechtschreibwörterbuch ist, wie ich seit drei Jahren unermüdlich wiederhole, kein Konkurrenzunternehmen zum Duden, sondern ein zweites Standbein unserer guten Argumentation gegen die Neuregelung. Es sollte kein Verkaufsschlager werden, sondern etwas beweisen: daß man die bewährte Rechtschreibung besser darstellen kann als der alte Duden und daß damit zugleich auch eine Erleichterung für den Schreibenden verbunden ist ohne Abstriche an der Lesbarkeit, Ausdruckskraft usw. (weil meine Orthographie genau dieselben Texte hervorbringt, die wir gewohnt sind). Und es sollte damit auch etwas nachholen, was die unabhängigen Orthographieforscher seit vielen Jahren fordern: erst einmal die Schreibpraxis wirklich zuverlässig beschreiben und dann allenfalls überlegen, ob daran etwas falsch und reformbedürftig ist. Die Beschreibung liegt vor, der Nachweis der Reformbedürftigkeit steht aus. Quod erat demonstrandum. Eine gescheite Rechtschreibpädagogik muß von dieser wirklichen Schreibung ausgehen, nicht von dem aberwitzigen Dudenkatalog bloßer Forderungen (Getrennt- und Zusammenschreibung von Wort zu Wort festgelegt durch Dekrete über wörtliche und übertragene Bedeutung, wenn ein neuer Begriff entsteht usw.). Es kommt also darauf an, daß das Rechtschreibwörterbuch in die richtigen Hände gelangt, nicht so sehr auf Verkaufszahlen. Übrigens: Die erste Auflage ist verkauft und hat mehr Anerkennung gefunden als der Duden, der eine ganz andere Art von Wörterbuch verkörpert. Das ist eigentlich erstaunlich. Wer kauft schon ein reines Orthographikon? Nächste Woche kann man die zweite Auflage bestellen, sie wird ebenfalls ihren Weg machen und ihre Wirkung tun. Der Duden tut mir aufrichtig leid. Auf der Nachrichtenseite habe ich vor ein paar Tagen vorgeführt, in welcher Klemme die wirklich tüchtigen Leute der Redaktion stecken, weil sie aufgrund einer lange zurückliegenden Fehlspekulation genötigt sind, sich an die Lippen der Rechtschreibkommission zu hängen, ihrer ärgsten Feinde. Es war doch laut Blüml der Zweck der Reform, den Duden zu entmachten. So hat man ja auch unter den fadenscheinigsten Vorwänden im Jahre 1995 den Verlag an den Rand des Ruins getrieben, indem man wohl wissend, daß schon Millionen Bände gedruckt waren in letzter Sekunde um ganzer 35 Wörter willen das Ganze zurückpfiff. Glaubt irgend jemand im Ernst, diese paar Wörter seien der wahre Grund gewesen? Nun hat der Duden zwar die Marktführerschaft zurückerobert (sehen Sie doch bitte mal bei Amazon.de nach den Verkaufszahlen von Bertelsmann, Wahrig, Zabel usw.!), aber normalerweise müßte ein neuer Duden auf Platz 1 stehen. Platz 19 oder 45 oder zwischendurch mal 58 ist eine Katastrophe! Zumal bei diesem unerhörten Werbeaufwand, der alles Bisherige in den Schatten stellt! Und was in den ersten Wochen nicht läuft, kann nur immer schlechter werden. Man kann darin eine gerechte Strafe sehen, aber schade ist es doch, denn die Dudenleute verstehen ihr Handwerk.
Theodor Ickler Ringstr. 46, D-91080 Spardorf
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