Bezüglich ss/ß
Wer das Wort Fluß hört und niederschreiben will, ist genauso aufgeschmissen wie zuvor, denn es könnte genausogut mit nur einem s geschrieben werden, da ein Vokal vor einem einfachen Konsonanten ebenfalls kurz ausgesprochen werden kann. Last und laßt bzw. lasst werden bekanntlich völlig identisch ausgesprochen. Spaß schreibt man, obwohl von vielen (der Mehrheit?) mit kurzem a ausgesprochen, dennoch mit ß. Folglich ist Ihre Aussage, daß man die Schreibweise eines Wortes bzgl. s nicht mehr erlernen müsse, schlichtweg falsch. Und wer die einfache Regel zur Umwandlung von ss zu ß nicht beherrschen kann, sollte lieber auch die Finger vom Auto lassen -- die Vorfahrtsregeln sind komplizierter.
Andersherum bringt die Neuregelung die sog. Standardaussprache und die Rechtschreibung entgegen Ihren Behauptungen nur marginal näher. Die Häufigkeit der Kombination aus einem kurzen Vokal und einfachen Konsonanten wurde durch die Reform nur gering geändert. Das wird einem deutlich, sobald man tatsächlich einheitlich schreibt: unnd, isst, ess, mitt, kurrz, mann, vonn, Ummwanndlunng, vomm, sinnd, brinngt, enntgegenn, marginnal, einemm, inn, anndere, erhalltenn usw.
Folgende Punkte noch: - Die Reformer tun immer so, als sei das ß fest mit der langen Aussprache des vorhergehenden Vokals verbunden gewesen und daher sei Fluß etwas Abnormales. Das ist Unsinn. Das ß ist eine Ligatur aus zwei s und hat mit der Ausprache überhaupt nichts zu tun. - Die Schweizer haben trotz der angeblich so unglaublichen Vorteile die neue ss-Schreibung nicht eingeführt. - Wer eine phonetische Schreibung haben will, sollte dann lieber gleich zu einem phonetischen Alphabet greifen, z.B. zu IPA. - In meinen Augen stellt die phonetische Schreibung einen frühen Schritt in der Evolution der Schrift dar. Mittlerweile hat sie sich weiterentwickelt und intelligente Erweiterungen erhalten. Eine Rückkehr entspricht der Rückkehr von dem Informationszeitalter in das Mittelalter. Es hat sich ja auch herausgestellt, daß die ach so modernen Konzepte der RSR eigentlich furchtbar alt und überholt sind.
Klaus Malorny Dortmund
|