h und langes s
Sehr geehrter Herr Prößdorf, ich habe immer noch nicht ganz verstanden, warum Sie es als Missverständnis auffassen, dass Menschen, die sz in der Fraktur schrieben, sz auch in der Antiqua schreiben wollten. Wir machen so etwas heute am laufenden Band (Hellas und nicht Ellas und auch umgekehrt, Chatami und nicht Khatami, aber Khomeni und nicht Chomeni, Sloty und nicht Swoty, was auch immer...). Mal entscheidet Aussprache darüber, mit welchen Buchstabenentsprechungen wir etwas schreiben, manchmal wird eine Buchstabenentsprechung wichtiger genommen als die Aussprache. Für Sie war offenbar schon in der Fraktur das Eszett ein Missverständnis, da Sie ja sagen, dass es sich in der Antiqua einschlich. Das versteh ich schon überhaupt nicht mehr. Bei all diesen Dingen würd mich auch mal interessieren, wie Sie proessdorf in einer E-Mail-Adresse bewerten. Was Sie zur angelsächsischen Unsitte sagten, klang etwas chauvinistisch; ist aber sicherlich ein Missverständnis. Inwieweit sich deutsches h und langes lateinisches s in den Kurrentschriften ähnlich sehen, weiß ich nicht, muss ich mich erst mal schlau machen. Dass, wie Sie sagen, Ende des letzten Jahrhunderts viele hs-Schreibungen in Familiennamen zu ss=ß umgedeutet wurden, ist eine spannende Sache. Haben Sie mal ein Beispiel? Wie meinen Sie das gleichzeitig war dies die Epoche, in der man begann, das ß durchgehend mit der Verlängerung der vorangehenden Vokale zu befrachten? Hat man die Aussprache vor ß verändert? Erklären Sie das doch bitte.
Da ich die Kurrentschriften nicht kenne, kann ich auch das mit dem langen s der lateinischen Kurrent nicht nachvollziehen. Ob das von Belang ist, dass es Ende des vorletzten Jahrhunderts ungebräuchlich wurde, kann ich auch nicht erkennen. Hat man denn die lateinische Kurrentschrift Ende des 19. Jahrhunderts überhaupt noch verwendet? Ich weiß nur, dass das Rechtschreibwörterbuch von Mackensen (Mitte 50er Jahre des 20. Jahrhunderts) das lange s noch verwendet.
Warum es die Schreibweise Prössdorf nie gegeben haben kann, versteh ich nicht. Proess gibt es, dann hätte es doch auch Prössdorf gegeben haben können. Da ich nie behauptet habe, in der Fraktur hätte es ss (=2x rundes s) gegeben, weiß ich nicht, warum Sie mich auffordern dafür Belege zu finden. Dass ein Gegner der Rechtschreibreform ich sag nur selbstständig- Transskription statt Transkription schreibt finde ich gut, denn es zeigt, dass der Analogiegedanke und das Stammprinzip schon mal stärker sein können als die Meinung. Dass Eigennamen von der Reform nicht betroffen sind, hat nicht damit zu tun, dass man hier etwas ausgespart hat, sondern dass Eigennamen nicht zur Rechtschreibung gehören.
Daniela Kopsch
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