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Gast
27.12.2000 23.00
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5 Mark ins Phrasenschwein !

Herr Melsa, finden Sie wirklich keine Schwachpunkte in meiner Argumentation? Der Ersatz, einfach ein paar Zeilen aus dem Phrasenschwein der Reformgegner zusammenzuschwadronieren, ist doch ziemlich fad. Da gähnen ja sogar Ihre Mitstreiter.



M. Jansen

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Christian Melsa
27.12.2000 23.00
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Und jetzt im Ernst

Um nicht den Eindruck zu erwecken, meine Gegnerschaft wäre nur eine des Bauches und mein Sarkasmus allein emotional begründet, hier noch ein paar Worte dazu: Unter den Menschen mit großer Unsicherheit in der Rechtschreibung wird es zwar einige geben, für die die Zulassung von „potenziell“ oder „substanziell“ analog zu „kommerziell“ (hat man schließlich auch vorher nicht „kommertiell“ geschrieben) eine Erleichterung bedeuten wird, oder besser gesagt: eine Verminderung der Fehlerzahlen in einem Schuldiktat (was also nur während der Schulzeit zu einer mittelbaren Erleichterung im Sinne eines vordergründig besseren Erfolgserlebnisses führt). Aber rechtschreibschwache Menschen kennen zugrundeliegende Regeln eher weniger. Sie orientieren sich meistens an selbst hergestellten Analogien, wodurch „Nazion“, „Informazion“, „Razion“ usw. leicht auf der Hand zu liegen scheinen. Vermehrte Orientierung an Stammprinzipien brächte nur dem eher Sprachgewandten etwas, der meist ohnehin keine großen Probleme mit Rechtschreibung hat. Der Rechtschreibschwache neigt meistens zu phonetischen Überlegungen – wenn er überhaupt an der Schreibweise eines Wortes zu zweifeln beginnt, denn nur in einem solchen Fall würde er überhaupt anfangen, über Stammbeziehungen nachzudenken, ansonsten verfährt er unwillkürlich phonetisch. Sobald man seine Unsicherheit durch die Methode der stammprinzipiellen Überlegungen zu vermindern sucht, kommt es zu Übergeneralisierungen („sprächen“, „dänken“, „Träue“ usw.), die die Grenze der durch die Reform erfolgten Veränderung laufend überschreiten und so genau das Gegenteil von Vereinheitlichung im Schreibgebrauch bewirken. Denn ohne Orientierung an bereits etablierten Normen (wie sie durch die alte Rechtschreibung völlig befriedigend und wunderbar funktionierend vorlagen) entstehen durch die übertriebene Betonung des Stammprinzips – vor allem in Abweichung vom verbreiteten Schreibgebrauch – ständig andere, individuelle Fehlschreibungen, die witzigerweise auch nur deswegen Fehlschreibungen sind, weil die Reformer sie aus unerfindlichen Gründen im Gegensatz zu anderen nicht in ihren Katalog der nun bitteschön als richtig geltenden Schreibweisen aufgenommen haben. Das ist total unsolide, unbrauchbar und kontraproduktiv, sollte also besser verworfen werden. Rechtschreibsicherheit in einer Sprache mit gewachsener Orthographie, die sich eigentlich gar nicht mehr sinnvoll reformieren läßt, wie etwa Munske während seiner Reformierpraxis eingesehen hat, läßt sich nur durch Übung am resultieren Objekt erringen (mit anderen Worten: viel lesen) – weniger durch subjektive Neuregulierung. Für diese Erkenntnis braucht man nur zu bedenken, daß zwar die Frage, ob Henne oder Ei zuerst da waren, nicht klärbar sein mag – die Schreibweisen waren jedoch klar vor den Regeln da. Die Regeln leiten sich aus den vorliegenden tradierten Schreibweisen ab, weniger die Schreibweisen aus Regeln, erst recht nicht aus solchen, die der Retorte entstammen und ohne Praxisbewährung sind. Da eine Einheit (nicht mit totaler Systematik zu verwechseln, die nebenbei durch die Reform ohnehin auch noch nicht vorliegt!) der Schreibnorm 1996 bereits vorlag, im Gegensatz zum Jahrhundertbeginn, konnte diese nicht das wahre Ziel der Reform sein. Das Ziel der Vereinfachung (sich abbildend in Verringerung von Fehlern, d.h. Abweichungen gegenüber einer Norm) für den Schreibenden wird, wie man sieht und wie dargelegt auch nachvollzogen werden kann, nicht erreicht. Ganz im Gegenteil: Stammprinzip als produktives Verfahren ist einfach untauglich für dieses Ziel.



Christian Melsa
Veltheimstraße 26, 22149 Hamburg

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Christian Melsa
27.12.2000 23.00
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Übrigens, so ganz sinnleer war meine Satire nun auch nicht, Herr Jansen. Die Botschaft ist die: Wozu soll die Reform nütze sein, wenn sie die eine Kompliziertheit nur durch die andere ablöst? Wenn in Wirklichkeit gar nichts einfacher wird, sondern nur hier und da an Einzelfällen eine Systematik hergestellt wird, die auch nur aus einem ganz bestimmten Blickwinkel eine solche ist, die garantiert nicht derjenige des „Wenigschreibers“ ist, für den die Reform doch einzig und allein gedacht war? Damit erfüllt die Reform nicht einmal das, was sie allein berechtigen könnte. Mehr noch, sie bringt im meßbaren und ja auch mehrfach nachgewiesenen Ergebnis sogar das Gegenteil davon. Das ist schließlich keine Spekulation, es sind belegte Fakten, die eigentlich auch nicht verwundern können, wenn man sich die von mir eben erklärten Gedanken macht.



Christian Melsa
Veltheimstraße 26, 22149 Hamburg

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Gast
27.12.2000 23.00
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Etümologie

Die Potenzial/Nazional-Diskussion hat mir immerhin Erkenntisgewinn gebracht: ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum es zwar Potenzial, aber nicht Navigazion heiße – und jetzt weiß' ich's: weil man den nazi scheut wie der Teufel das Weihwasser. An das nazionale Problem das entstanden wäre, hätte man die Phonetik frei laufen lassen, habe ich wirklich nicht gedacht...

Danke, und weiterhin viel Freude an der Volksetümologih.
(Warum giebt es eigentlich nach dem i ein Dehnungs-e, bei anderen Vokalen eine Verdoppelung und zwischendurch auch mal ein Dehnungs-h? Hatten die Reformer für solche historisch gewachsenen Süstembrüche gerade keine Zeit?




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Gast
27.12.2000 23.00
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Hilfe, Latein

Sehr geehrter Herr Jansen,

schwer fällt es mir, bei Ihren Versuchen, die Wurzel der Potenz zu ziehen, nicht polemisch zu werden.

Vorschlag: Sie verlagern diesen Teil der Diskussion in das Forum, ich steuere dann einige Zitate aus der lateinischen Grammatik und Wortbildungslehre bei.

Was halten Sie davon?
Gruß
Prödßorf



Prößdorf
München

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Karl Eichholz
27.12.2000 23.00
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das Hirn verbrannte an der Rechtschreibproblematik        Punkt

na, hier ist ja richtig Schwung in der Bude. Seid vorsichtig, daß die Temperatur nicht zusehr ansteigt.
Aber einen kleinen Bissen wollt ich doch noch hingeworfen haben

guten Rutsch!

wünscht Karl Eichholz



Karl Eichholz

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Gast
27.12.2000 23.00
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Zustimmung, Herr Melsa!

Herr Melsa, Sie haben es erfasst! „Wenn in Wirklichkeit gar nichts einfacher wird, sondern nur hier und da an Einzelfällen eine Systematik hergestellt wird.“ Genau darum geht es: Es ist nicht die große Vereinfachungsreform; so etwas wäre um einiges tiefgreifender. Es wird in einigen Bereichen mehr Systematik hergestellt. Neben so dekadenten J Schreibweisen wie kommerziell und offiziell, werden wir mit substanziell, potenziell, existenziell usw. gut fahren.
Sie liegen auch völlig richtig damit, dass die Neuregelung für Rechtschreibschwache ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Das ergibt sich aus der oben genannten Tatsache.
Herr Prößdorf, verlagern Sie ruhig die Debatte woanders hin (das können Sie doch auch ohne mich oder?). Ich bin durchaus neugierig, was Sie über die Etymologie von Potenz schreiben werden. Sie machten eine diffuse Andeutung, dass ich etwas Falsches geschrieben habe; nun werden Sie es doch beim Namen nennen oder?



M. Jansen

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Sigmar Salzburg
27.12.2000 23.00
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Das Stammprinzip

Ach ja, das Stammprinzip! Die einzelnen Stämme in einem Wald von Bäumen, an denen mutwillige Hündlein zur Gebietsmarkierung ihr Wässerchen abgeschlagen haben. Bei den „Ältern“ trauten sie sich nicht, bei den „Händis“ durften sie nicht, aber die „Tipps“ erhielten die reformerische Duftmarke, als Fremdwort ohne deutschen Plural. Das haben noch nicht einmal die Zeitungen gemerkt, die bei der Schreibung des Herkunftslandes bleiben wollten. – Das Grundwort zu Potential ist natürlich Potentia. Hätte man „Nazion“ gewollt, dann hätten die reformatorischen Trendsetter das „fonetische“ Prinzip erschnüffelt oder das „volksetümologische“. Aber die Erinnerung an „Nazi“ stört, wenn das „gräuliche“ Volk eine „Nation“ werden soll – und „Volksabstimmungen“ unaussprechlich, denn sie könnten die freilich bürokratische Grundordnung der Bundesrepublik gefährden.



Sigmar Salzburg

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Gast
27.12.2000 23.00
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Links schreibt ss? - Erwiderung auf Herrn Brückner

Gottlob, Herr Brückner, stehen weder Eulenspiegel noch Konkret noch Titanic im Verdacht „rechts“ zu stehen.

Was mich betrifft, so halte ich's mit Jan Tschichold: „Die Fraktur ist das ntürliche Kleid der deutschen Sprache“.

Macht mich das jetzt zu einem Rechtsradikalen?

Spießig und Obrigkeitshörig, diese beiden Repräsentaten deutscher Leitkultur – die schreiben allerdings ss. Mit „Genuss“.



Tjalf Boris Prößdorf
München

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Christian Melsa
27.12.2000 23.00
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Ach so.

Mich betört die kristallklare Einfachheit der Kriterien, die uns Herr Jansen bezüglich „Potenzial“ und „Nation“ erklärt. All die armen rechtschreibschwachen Menschen, die vor 1996 unter ihrem Untalent so sehr leiden mußten, welche die schrecklich komplizierten Begründungen der alten Norm einfach nicht zu begreifen in der Lage waren, all die mühsalgeplagten Schulkinderchen, die bislang unter Tränen die verworrene deutsche Rechtschreibung aufgezwungen bekamen und durch die so verursachten Härten schwere psychische Traumata davontrugen, sie alle werden nunmehr ERLÖST! Halleluaugst! Zweifellos werden sie entlastet und werden keine falschen Schlüsse mehr ziehen, sich so vor der Öffentlichkeit als Unfähige bloßstellen (oder auch bloß stellen, falls der Sadismus der alten Orthographie ihre Scham bereits gebrochen). Es beruhigt sehr, so zu erkennen, daß die weniger schönen Eigenschaften der Reform wie Kostenaufwand, Lügenpropaganda, Sprachentstellung und radikale Mißachtung der demokratischen Grundordnung immerhin den Schmerz ihres Opfers wert sind (nach Neuschrieb vielleicht „Wert sind“...?), denn dank der Leistung von Augst und Kollegen bleiben künftige Generationen verschont von schwer nachvollziehbaren und willkürlichen Festlegungen in der Orthographie. Lobpreis und Dank den Reformern von 1996! Sie vollbrachten das „längst Überfällige“, worauf die deutsche Sprachgemeinschaft so lange warten mußte! Wie schön, mit diesem Bewußtsein ins neue Jahrtausend schreiten zu können, dessen großen Herausforderungen wir alle dank solcher Innovationen wie der Rechtschreibreform glücklicherweise gewachsen sind.



Christian Melsa
Veltheimstraße 26, 22149 Hamburg

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Gast
27.12.2000 23.00
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potens, nicht potentia

Das Stammprinzip ist natürlich immer synchron anzulegen und nicht historisch. Wenn man historisch argumentiert, ist Potential allerdings nicht von Potentia abgeleitet, sondern von potentialis. Das Grundwort dazu scheint eher potens zu sein. Was hat denn Potenzial mit Tipp und Händi gemeinsam? Der Zusammenhang ist nicht ganz klar geworden. Ich habe den Eindruck, Sie griffen zu dem satirischen Ton, um zu verdecken, dass Sie auf meine Argumente nicht eingehen (Ihr Kommentar: „Ach ja, das Stammprinzip!“).



M. Jansen

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Gast
27.12.2000 23.00
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Christian Melsa
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Und jetzt im Ernst

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Christian Melsa
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Christian Melsa
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Die Potenzial/Nazional-Diskussion hat mir immerhin Erkenntisgewinn gebracht: ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum es zwar Potenzial, aber nicht Navigazion heiße – und jetzt weiß' ich's: weil man den nazi scheut wie der Teufel das Weihwasser. An das nazionale Problem das entstanden wäre, hätte man die Phonetik frei laufen lassen, habe ich wirklich nicht gedacht...

Danke, und weiterhin viel Freude an der Volksetümologih.
(Warum giebt es eigentlich nach dem i ein Dehnungs-e, bei anderen Vokalen eine Verdoppelung und zwischendurch auch mal ein Dehnungs-h? Hatten die Reformer für solche historisch gewachsenen Süstembrüche gerade keine Zeit?




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