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Manfred Riebe
03.01.2001 23.00
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Deutsches Eszett contra "österreichisches" scharfes S

Das <ß> der gebrochenen Schrift (Fraktur) entstand im 14. Jahrhundert aus einer Verbindung aus dem langen deutschen "/" und dem deutschen „z“ mit Unterlänge, daher Eszett. Das "ß“ wurde aber später als Doppel-s mißverstanden, so daß sogar hin und wieder die Entstehung des Eszett aus einer Doppel-S-Rune der Germanen vermutet wird.
Dagegen wurde für die Antiqua bedeutsam eine Ligatur aus langem "/" und rundem „s“, welche in der lateinischen schrägen Druckschrift des 16. Jahrhunderts als Allograph für Doppel-s aufkam: wurde zu <ß> verbunden.
Vgl. Poschenrieder, Thorwald: S-Schreibung – Überlieferung oder Reform? In: Eroms, Hans-Werner; Munske, Horst Haider (Hrsg): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1997, S. 173-183, hier S. 174

Der österreichische Rechtschreibreformer Hermann Möcker kritisiert, die Bezeichnung „Eszett“ sei nicht richtig. Wenn man von „Eszett“ spreche, dann meine man die Buchstabenverbindung in Wörtern wie Szene, Hauszentrale, aber nicht den Buchstaben "ß“. Dies sei eine terminologische Lücke in Deutschland, die zu Verwirrungen Anlaß gebe. Für den deutschen Zusatzbuchstaben ß brauche man einen eigenen, eindeutigen Namen, und hier könne man sich der österreichischen Bezeichnung 'scharfes s' ß bedienen: außen, reißen.
Vgl. Möcker, Hermann: Beobachtungen an Rilkes konservativer Orthographie an Hand seiner Abschrift „Aus den Elegieen (!)" für seinen „großmüthigen (!)" Mäzen (i.e. Wittgenstein). In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv, Nr. 15, Wien, 1996, S. 143-156; nebst Anlage: „Orthographische Einsichten“

Den Streit um die Bezeichnung des Buchstabens "ß“ hat der Duden salomonisch mit einem Kompromiß gelöst; denn er nennt beide Bezeichnungen: „Eszett“ und „scharfes S“.



VRS – Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Gast
03.01.2001 23.00
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Bezeichnung und Inhalt

Sehr geehrter Herr Lachenmann,

„egal“ war, der unziemlichen Hast, mit der man sich gelegentlich im Internet ausdrückt geschuldet, kein glückliches Wort, da gebe ich Ihnen recht.

Kommunikation funktioniert ja bereits dann, wenn die Teilnehmer den vom jeweils anderen verwendeten Code kennen und daher richtig entschlüsseln können.

Wir können also durchaus ein Gespräch führen, in dem Frau Kopsch „eszett“ sagt, Sie vom „Dreierles-s“ sprechen und ich „Ligatur Doppel-s“ verwende: wir wissen ja alle drei, daß "ß“ gemeint ist. Tritt ein Enländer zu Runde und spricht vom „german double s“, so entsteht immer noch kein Kommunikationsproblem...

Sprachliche Präzision erreichen wir aber in der Regel erst dann, wenn Bezeichnung und Inhalt nicht in einem mißverständlichen Verhältnis zueinander stehen.

Insofern ist definitiv nicht egal, daß das "ß“ besser nicht „eszett“ genannt werden sollte, weil es eben, anders auch als die von Herrn Riebe angeführte Quelle angibt, nicht aus der Verschmelzung von s und z, sondern (ich war ja auch nicht dabei) allem menschlichen Ermessen nach aus der Verschmelzung von lang s und kurz s entstand.

Jan Tschichold hat in seinem Meisterbuch der Schrift eine plausible Erklärung visualisiert, die zu animieren ich mir    erlaubt habe.

Damit löse ich übrigens auch mein Ihnen vor Weihnachten gegebenes Versprechen ein...

Sprchliche Präzision ist aber auch im Diskurs unter Laien (zu denen ich mich zähle) wünschenswert, insofern sind gelegentliche Terminologiediskussionen wie die hier geführte auch sicher hilfreich.

Verlust an sprachlicher Präzision (ein Photograph ist eben etwas anderes als ein Deichgraf – Lichtbildner der Eine, Deichverantwortlicher der Andere) ist für mich einer der Gründe, gegen die unsägliche Deutschtümelei der Rechtschreibreform zu sprechen.

Das Interessante an dieser auch schon vor der Reform unerfreulichen Entwicklung unserer Schriftsprache ist übrigens, daß Ihre Protagonisten (Vorantreiber) sich gar nicht im Klaren sind, daß sie deutschtümeln – riesig der Schreck und hektisch die Verdrängungsversuche, wenn ihnen jemand zeigt, daß sie in einer intellektuell nicht immer rühmlichen Tradition stehen.

Beste Grüße

Prößdorf



Tjalf Boris Prößdorf

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Stephan Fleischhauer
02.01.2001 23.00
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Zur leidigen Imbissbude

Ich glaube, daß die Orthographie auf Firmenschildern, Werbung und ähnlichem einer gewissen Eigengestzlichkeit folgt und sich von der Orthographie in „normalen“ Texten unterscheidet. Das trifft bestimmte Bereiche der Orthographie besonders, gerade    eher „technische“: Apostrophs, Bindestriche, eben auch die Auflösung der Ligatur "ß“.
Ich bin der Meinung, daß auf diesem Randgebiet zu sehr herumgeritten wird. Ein Rechtschreibwörterbuch sollte doch die Orthographie von Texten darstellen, die nicht speziell der Representation dienen.



Stephan Fleischhauer
Holtenauer Str. 53, 24105 Kiel

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Theodor Ickler
02.01.2001 23.00
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Buchstaben und Wortbilder

Nach erzwungener Abwesenheit überfliege ich die seither hinzugekommenen Einträge im Gästebuch und möchte nur kurz kommentieren, was mich betrifft. Ich finde da eine ziemlich irreale Debatte über meine vermeintliche Auffassung von „Wortbildern“ usw. Soweit ich mich erinnere, habe ich mich niemals über diese Frage geäußert. Damit entfällt auch die weitere Frage, ob ich „Didaktiker“ bin oder nicht. Ich vermute aus verschiedenen Gründen, daß grundsätzlich analytisch gelesen wird, daß aber die Routinie sogar in eher phonographischen Schriften zwangsläufig zur Einprägung und ganzheitlichen Erkennung von Wortbildern führt. Bei Schwierigkeiten kehrt man zur analytischen Leseweise zurück.
Zur Diskussion über Einzelheiten des Stammprinzips und bestimmte Wörterbucheinträge kann ich nur sagen, daß man stets die Verbesserung des Wörterbuchs (nicht unbedingt meines eigenen) im Auge haben sollte. Dann kann auch solcher Streit fruchtbar sein, der eigentlich nicht mehr nötig wäre, weil alles Wesentliche schon vor Jahren gesagt wurde. Das gilt zum Beispiel für den „Stamm“ von „Potential“ usw.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Theodor Ickler
02.01.2001 23.00
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Deskription

Zu M. Jansen: Ich habe schon verschiedentlich und auch im Vorwort zum Rechtschreibwörterbuch zu erklären versucht, daß der grundsätzlich deskriptive Ansatz nicht auf eine statistische Ermittlung querbeet hinausläuft. Das scheitert schon an der Unmöglichkeit, die auszuwertende Grundmenge ohne Willkür festzulegen. Ich weiß nicht, ob „Imbiß“ auf den meisten Pommesbuden mit ss geschrieben wurde, es interessiert mich auch nicht. „Zigarette“ ist, soweit ich das als Nichtraucher beurteilen kann, auf den meisten Packungen mit C geschrieben, weil die „Cigarettenindustrie“ (auch in ihrem Verbandsnamen) sich für diese Schreibweise entschieden hat, die dem Qualmen etwas Mondänes, Weltläufiges gibt und damit das unschöne Bild der verteerten Krebslungen zu verdrängen erlaubt. Trotzdem schreibt man in normaler Prosa „Zigarette“ ausschließlich mit Z, daher auch im Rechtschreibwörterbuch. Es gibt ein sehr unanständiges Wort, so unanständig, daß man es fast nie liest, außer an den Wänden von düsteren Unterführungen und auf Schulbänken. Dort wird es von der hoffnungsvollen Jugend oft mit V- geschrieben. Das ist aber nicht richtig, man schreibt es mit F-. (Der erfahrene Lexikograph Wolfgang Müller hatvor zehn Jahren darüber geschrieben.)Woher ich das weiß? Tja ... So ist das eben mit der Deskription. Wenn einer etwas Besseres vorschlagen kann, möge er es tun.



Theodor Ickler
91080 Spardorf

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Stephan Fleischhauer
02.01.2001 23.00
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Zur leidigen Imbissbude

Ich glaube, daß die Orthographie auf Firmenschildern, Werbung und ähnlichem einer gewissen Eigengestzlichkeit folgt und sich von der Orthographie in „normalen“ Texten unterscheidet. Das trifft bestimmte Bereiche der Orthographie besonders, gerade    eher „technische“: Apostrophs, Bindestriche, eben auch die Auflösung der Ligatur "ß“.
Ich bin der Meinung, daß auf diesem Randgebiet zu sehr herumgeritten wird. Ein Rechtschreibwörterbuch sollte doch die Orthographie von Texten darstellen, die nicht speziell der Representation dienen.



Stephan Fleischhauer
Holtenauer Str. 53, 24105 Kiel

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Theodor Ickler
02.01.2001 23.00
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Buchstaben und Wortbilder

Nach erzwungener Abwesenheit überfliege ich die seither hinzugekommenen Einträge im Gästebuch und möchte nur kurz kommentieren, was mich betrifft. Ich finde da eine ziemlich irreale Debatte über meine vermeintliche Auffassung von „Wortbildern“ usw. Soweit ich mich erinnere, habe ich mich niemals über diese Frage geäußert. Damit entfällt auch die weitere Frage, ob ich „Didaktiker“ bin oder nicht. Ich vermute aus verschiedenen Gründen, daß grundsätzlich analytisch gelesen wird, daß aber die Routinie sogar in eher phonographischen Schriften zwangsläufig zur Einprägung und ganzheitlichen Erkennung von Wortbildern führt. Bei Schwierigkeiten kehrt man zur analytischen Leseweise zurück.
Zur Diskussion über Einzelheiten des Stammprinzips und bestimmte Wörterbucheinträge kann ich nur sagen, daß man stets die Verbesserung des Wörterbuchs (nicht unbedingt meines eigenen) im Auge haben sollte. Dann kann auch solcher Streit fruchtbar sein, der eigentlich nicht mehr nötig wäre, weil alles Wesentliche schon vor Jahren gesagt wurde. Das gilt zum Beispiel für den „Stamm“ von „Potential“ usw.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Theodor Ickler
02.01.2001 23.00
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Deskription

Zu M. Jansen: Ich habe schon verschiedentlich und auch im Vorwort zum Rechtschreibwörterbuch zu erklären versucht, daß der grundsätzlich deskriptive Ansatz nicht auf eine statistische Ermittlung querbeet hinausläuft. Das scheitert schon an der Unmöglichkeit, die auszuwertende Grundmenge ohne Willkür festzulegen. Ich weiß nicht, ob „Imbiß“ auf den meisten Pommesbuden mit ss geschrieben wurde, es interessiert mich auch nicht. „Zigarette“ ist, soweit ich das als Nichtraucher beurteilen kann, auf den meisten Packungen mit C geschrieben, weil die „Cigarettenindustrie“ (auch in ihrem Verbandsnamen) sich für diese Schreibweise entschieden hat, die dem Qualmen etwas Mondänes, Weltläufiges gibt und damit das unschöne Bild der verteerten Krebslungen zu verdrängen erlaubt. Trotzdem schreibt man in normaler Prosa „Zigarette“ ausschließlich mit Z, daher auch im Rechtschreibwörterbuch. Es gibt ein sehr unanständiges Wort, so unanständig, daß man es fast nie liest, außer an den Wänden von düsteren Unterführungen und auf Schulbänken. Dort wird es von der hoffnungsvollen Jugend oft mit V- geschrieben. Das ist aber nicht richtig, man schreibt es mit F-. (Der erfahrene Lexikograph Wolfgang Müller hatvor zehn Jahren darüber geschrieben.)Woher ich das weiß? Tja ... So ist das eben mit der Deskription. Wenn einer etwas Besseres vorschlagen kann, möge er es tun.



Theodor Ickler
91080 Spardorf

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Gast
01.01.2001 23.00
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immer wieder sz

Es könnte zum Hobby werden...

also eszett giebt es nur in der Phantasie des Bibliographischen Instituts.

Es handelt sich um eine Ligatur aus langem s und kurzem s (Gemeine, versteht sich, Versalschreibung ist im Deutschen recht jung, da sich die deutsche Druckschrift dafür wirklich nicht eignet. Wer's nicht glaubt, betrachte ein paar Neonazi-Seiten, die machen solchen Unfug)

Der Irrtum sz stammt vermutlich aus dem achtzehnten Jahrhundert, da das kurze s so mit dem langen verschmolzen wurde, daß es einem Fraktur-z ähnlich sah.

Die Duden-Redaktion hat's aber in den hundert Jahren ihres Bestehens noch nicht gemerkt, der SZ-Unfug für Versalschreibung gesterte schon vor dem Weltkriege durch den Duden...

Irgendwann hat ein Duden-Redakteur eine Seite Din A4 in der SZ ;-) verbraten, um das Graphem "ß“ zu erklären, hoffentlich finde ich diese Peinlichkeit bald, die paßte hier hervporragend in die Sammlung.

Beste Grüße!



Tjalf Boris Prößdorf
München

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Gast
01.01.2001 23.00
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es zettet !

Nur kurz zu Herrn Prö-langes-s-kurzes-s-dorf: Wie nennt man Ihrer Meinung den Buchstaben ß, wenn er bei Ihnen nicht Eszett heißt?

Zu Herrn Schäbler (nur kurz; zu den anderen Dingen komme ich noch): Das Regelwerk sagt mitnichten, dass ß in Großbuchstaben SZ zu schreiben sei. Ganz klar, § 25 E3: „Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS“. Es gab einen Herrn LISZT, und im Polnischen findet man jede Menge sz (sch-Laut).



Michael Jansen

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Wolfgang Wrase
01.01.2001 23.00
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Gestärkte Regeln, mehr Fehler - syrial!

Michael Jansen schreibt: Die Neuregelung stärke nun einmal die Regeln, da sei es doch völlig logisch, daß jetzt eben die Ausnahmen mehr auffallen. So spricht einer, der wie die Reformer von Regeln ausgehen anstatt von den Schreibweisen, die den Schreibern mehrheitlich zusagen. So jemand läßt sich nicht davon beeindrucken, daß die Fehlerzahlen überall enorm zunehmen: Hauptsache, die Regeln sind nach seinem Geschmack. (Als ob der durchschnittliche Schreiber sich überhaupt nach Regeln zu schreiben bemühte!) Für die ss-Schreibung spreche schon seit längerem die Aufschrift „Imbiss“ auf irgendwelchen Würstchenbuden – das wird triumphierend angeführt; unterschlagen wird ganz naiv, daß tausend entsprechende Wörter vor der Reform mitnichten mit ss geschrieben wurden. Dann kann man auch solche Mätzchen loben wie die „Neumotivation“ Messner, weil der Mesner als zur Messe gehörend empfunden werde. (Komisch, daß die Messe vom Pfarrer/Pastor zelebriert wird; aber immerhin heizt der Mesner die Kirche im Winter.) Da fände ich die Schreibung „syrial“ noch einleuchtender, die ich neulich korrigiert habe: Syrien ist für uns ja auch ganz fremd, fast unwirklich, unbegreifbar. Käme „syrial“ als Nebenvariante zu „surreal“ vom Gröfaz Gerhard Augst (größter Fonetiker aller Zeiten), Michael Jansen würde sie bestimmt ebenso beflissen zu erklären wissen wie nun Augsts „Messner“. Übrigens las ich gestern an einer Imbissssssstube „Ketschup“: Da haben wir den Beweis, daß Dönergrills und Würstchenstände die Reform dankbar annehmen. Diese offenbar kongeniale Referenzgröße sollte die Mannheimer Volksfreunde allerdings noch zu weiteren Reformschritten motivieren, denn beispielsweise gab es zu einem Fischgericht „Remolade“. Daß allerdings die Würstchenverkäufer auf diverse Wortartproben und ähnliches ebenso verzichten können wie auf den ästhetischen Wert eines überlangen ß, darüber muß man freundlich, aber bestimmt hinwegsehen, wenn man das Volk – vom Messner bis zum Latinlover – mit neuen Schreibungen zur Freiheit führen will.   



Wolfgang Wrase
München

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Norbert Schäbler
01.01.2001 23.00
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Tipp - Tip - Typ

Jetzt ist es doch passiert. Trotz meines Gnadengesuches, hat man meinen „Tipfehler“ zum Tippfehler des Monats abgestempelt. (in: „www. Deutsche-Sprachwelt.de“).
Aber, es hat ganz schön lange gedauert, bis ich in der Pfanne saß. Ich war schon ganz zappelig.
Schließlich rechnete ich doch unbedingt mit der Oberflächendiskussion.
Denn,    bei so einem Fall von offensichtlichem Fehler muß die Pfanne raus!
Dabei weiß doch jedes Kind: Tippfehler kommt von Tippen auf der Maschine,
und Tipfehler kommt von „falschen Tip oder schlechten Rat geben, oder einem Tip nicht entsprechen“ (z.B. wenn man in Zitaten das „Du“ groß schreibt, obwohl man das nur bei der Anrede im Brief tut und inzwischen auch unterlassen kann).
Nach neuer Rechtschreibung ist übrigens auch der „Tip“ ein „Tipp“.
Und dann gibt es noch den „Typfehler“, das ist so etwas wie ein Kultusminister, weil der Typ am falschen Platz sitzt und nicht die Kultur bewahrt, sondern zerstört.
Der folgende Text, der schon einmal veröffentlicht wurde, wird nun endgültig bzgl. „Tip/Tipp/Typ“ „richtig gestellt.“
Ich habe im übrigen aus dem Urtext nur ein Wort („nicht“) weggelassen und zwei Worte verändert („den Nachahmer“ statt „die Nachahmung“).

Man mag künftig etwas mehr über Inhalt, Aussage und Wirkung nachdenken. Vielleicht sehnt man sich dann auch wieder nach Unterscheidungsschreibungen und läßt es nicht zu, daß Wörter am „Grünen Tisch“ einfach eliminiert werden.
Letzteres bitte gemeinsam mit Text und Urtext „sackenlassen“!

An alle „Tippfehler“-Nörgler!
Wie man leicht erkennen kann, handelt es sich bei meiner Botschaft von Sylvester (Silvester) um einen Brief an Frau Wagner. Innerhalb dieses Briefes verwendete ich ein Zitat, in dem das Wort „Du“ einmal klein, einmal groß geschrieben war. Ich bitte, diesen Fehler zu entschuldigen und ihn als „Tipfehler“ zu deklarieren. Ebenso bitte ich eine Wortentgleisung zu verzeihen. Hier hat der Sylvester hineingeschäumt.
Als „Typfehler“ würde ich persönlich    den Nachahmer behördlich verordneten Unsinns bezeichnen. Hierfür verwende ich Prädikate wie „vorauseilenden Gehorsam“ bzw. „nicht angebrachte Loyalität“. Zu dieser fühle ich mich nicht verpflichtet. Ich schreibe nicht „auseinander setzen“, wenn ich „diskutieren“ meine, und ich schreibe nicht „stehen geblieben“, wenn ich „zurückgeblieben“ meine.



Norbert Schäbler
Hösbach

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Christian Melsa
01.01.2001 23.00
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Zum Beitrag von Jansen, 2.1.2001:

Punkt Imbiß/Imbiss: Hier hat sich Ickler für eine Regelkonformität entschieden, nach der am Wortende nun mal immer ein ß steht. Ausnahmen gibt es bei noch ziemlich frisch in deutschen Sprachgebrauch importierten englischen Ausdrücken. Übrigens, ohne diskriminieren zu wollen, aber Imbißbuden würde ich nun auch nicht gerade als geeignete Leitinstanzen für Rechtschreibung ansehen, wenn man mal die Menütafeln so betrachtet... Falls Sie das anders sehen, Herr Jansen, dann würde mich mal interessieren, in welchen Imbißbuden es jemals die Schreibung „Majonäse“ und „Ketschup“ gab. Ach so, die Reformer wollten gar nicht den bereits vorhandenen Schreibgebrauch abbilden? Welchen Grund gab es dann stattdessen zur Änderung dieser Wörter? Mehr phonetische Nähe? Warum dann nicht gleich „Kettschapp“? Wo man doch ohnehin schon ändert, warum dann nicht gleich „richtig“, nach den eigenen Prinzipien? Oder ist das die rührende „Behutsamkeit“, mit der die Reformer angeblich dem empfindlichen Gebilde der Sprache nicht zuviel zumuten wollten, in Wahrheit aber nichts anderes als ein Gemisch von inkompetenter Willkür, Halbherzigkeit und Kompromiß ist, um die Reform, als deren Gestalter sie sich dann stolz zu rühmen können meinten, an so widerspenstigen Hindernissen wie Minister Zehetmaier vorbei in den sicheren Hafen zu schiffen. Und da glauben dann tatsächlich einige Progressivlinge hinterher, dieser Pfusch sei eine ausgewogene, gut durchdachte, gesunde Neuerung, längst überfällig, in der Linie der natürlichen Sprachentwicklung gar! Ach je, jetzt schweife ich wieder in die allgemeine Beurteilung ab...

Die Phänomene Konsonantendopplung usw. waren natürlich vor der Reform ebenso schon vorhanden und bekannt. Daß sie aber durch die Reform stärkere Beachtung in einem Regelwerk gefunden haben, bringt doch nichts, wenn diese „Regeln“ am Ende doch nur die Begründung für diese und jene Einzelwortfestlegung, ja Einzelwortänderung (!) sind. Gerade der falsche Eindruck, den Sie beschreiben, die Reform würde die Regeln stärken, es sei alles systematischer geworden (während in Wirklichkeit die Systematik nur verlagert worden ist), führt doch zu den lästigen Übergeneralisierungen, die wie gesagt Gift für die Einheitlichkeit einer Orthographie in der Praxis sind. Doch kuriert das Gift vielleicht etwas? Worin besteht der Fortschritt, wenn vieles von jedem neuerdings anders als von seinem Nächsten geschrieben wird und sogar die Wörterbücher es sich in jeder neuen Auflage wieder anders überlegen? Die Frage zu Damwild/Dammwild „Was soll man also machen?“ offenbart das Grundproblem einer Anschauung, es würde überhaupt Änderungsbedarf bestehen. Was man machen soll? Gar nichts! Es gibt doch bereits die völlig problemlos allgemein akzeptierte Schreibung „Damwild“. Nur weil dieses Wort, wie jedes existierende Wort sowieso, hin und wieder von dem einen oder anderen falsch geschrieben werden mag (aus welchen Gründen auch immer), muß die Normschreibung sich dem anpassen? Was ist das für eine Denkweise? Müßte dann auch in anderen Bereichen des Lebens das Falsche möglicherweise zu dem Richtigen umdefiniert werden, aus der nun doch sehr undurchdachten Annahme, dadurch würde es dann weniger (nominale) Fehler geben? Oberflächlicher geht es nicht, im wahrsten Sinne des Wortes. Sollte man also dann eine neue Variante einführen, damit sowohl „Damwild“ als auch „Dammwild“ richtig sind und sich vor allem zartbesaitete Kinder nicht mehr über einen roten Strich an dieser Stelle ihres korrigierten Textes gramen müssen? Und was ist dann mit den armen Seelen, die „Dammwillt“ geschrieben haben, evtl. wg. „Neumotivation“ zu „Wille“? Sollte das Mißerfolgsleiden von Schülern, das an anderen Stellen im Schulleben viel massiver und ungerechter ist (Sportunterricht als sofort einsichtiges Beispiel), nicht besser auf eine andere Weise abzumildern gesucht werden?

Ich glaube wie Sie, daß Reformbefürworter mit der Schilderung von Schäblers Methodik verspottet worden wären, aber nur insofern zu Recht, als daß sie sich viel Mühe mit didaktischen Maßnahmen machen, aber dann ausgerechnet die kompliziertere, schwierigere Rechtschreibregelung favorisieren; das würde ja wohl kaum richtig zusammenpassen. Die umfanglosere Regelmasse ist die der alten Rechtschreibung, die schon genügend praxistauglich war und darüber hinaus ja auch immer noch die in allen existierenden Druckwerken mit großem Vorsprung meistvorkommende ist. Herr Schäbler kann von seinen persönlichen Methoden zudem immerhin behaupten, gute Erfolge im Unterricht erzielt zu haben. Jedenfalls hat er nicht einfach Ideen von irgendwelchen als namhaft geltenden Didaktikgurus ungeprüft übernommen; das Kriterium ist hier nicht der Zeitgeist, was also nach Meinung gewisser Strömungen als veraltet und was als der letzte Schrei zu gelten hat, sondern der erfahrene Erfolg, das eigene Verständnis dessen, was man tut. Das ist die aufgeklärte Mündigkeit, die Kant meinte. Wäre sie verbreitet genug, würde ich vielleicht auch an den Humanismus glauben. Trotzdem gehe ich aber auch nicht davon aus, das Bestehende ließe sich nicht verbessern – man darf nur nicht meinen, Bewährtes würde durch neue Ideen allein schon obsolet, als ob jede neue Idee allein wegen ihres jüngeren Alters schon die Überlegenheit gepachtet hätte. Daß automatisch alles Neue deswegen zweifelhaft sei, will ich damit natürlich aber auch nicht sagen. Übrigens, der Unterschied zwischen Überlänge und Oberlänge wird natürlich nur offenbar, wenn man sich die Buchstaben in Schreibschrift vorstellt. Dann reichen ß und f sowohl höher (wie b,d,h,t,k,l) als auch tiefer (wie q,p,g,j,y) als die restlichen kleinen Buchstaben, bilden somit also die vierte mögliche Kategorie. Sobald die betroffenen Schüler z.B. am Computer oder an der Schreibmaschine zu schreiben beginnen oder sich auch nur eine eigene Handschriftversion zulegen, funktioniert diese Kategorisierung so natürlich nicht mehr. Aber es geht ja in der Grundschule nur um die ersten Schritte für Anfänger. Beim Klavierspielen denke ich auch nicht mehr an die ersten Lektionen meiner Klavierlehrerin nach, es ist einfach eine verinnerlichte Fähigkeit geworden, die mittlerweile unbewußt abläuft, auf einer anderen Ebene.

Sie sind auf der richtigen Fährte, wenn Sie am Schluß schreiben, daß es um ein Erkennen der Unzulänglichkeit der Rechtschreibung geht. Unzulänglich war sie schon immer im Bereich der Systematik und ist sie noch immer, es mag darin anhand von Einzelfällen zwar geradliniger geworden sein, an anderen Stellen hat sich dafür aber wiederum eine Verschlechterung ergeben. Der vermeintliche marginale Fortschritt durch systematischere Einzelfälle (die nicht mal alle wirklich stimmig sind) wird durch die Lawine falscher Analogien erbarmungslos verschüttet. An der Frage des „Damwilds“ haben Sie ja selber gezeigt, daß manche Fälle aus einer bestimmten Sicht völlig unmöglich für alle befriedigend lösbar sind. Gerade deswegen ist eine etablierte Rechtschreibung, die hundert Jahre lang von so gut wie allen Sprachteilnehmern als feste Orientierung galt (und für die meisten davon immer noch gilt), ein wertvoller Konsens, den man nicht antasten sollte, und wenn auch nur aus dem Grund der Gewöhnung – der so unwichtig nun wirklich nicht ist. Nun, glücklicherweise gibt es in Sachen Rechtschreibung eben eine Menge Leute, die darauf achten, was ihnen in die Sprachnahrung gemischt wird, und daraus erklärt sich der Widerstand gegen die Reform.



Christian Melsa
22149 Hamburg

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Gast
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Der Irrtum sz stammt vermutlich aus dem achtzehnten Jahrhundert, da das kurze s so mit dem langen verschmolzen wurde, daß es einem Fraktur-z ähnlich sah.

Die Duden-Redaktion hat's aber in den hundert Jahren ihres Bestehens noch nicht gemerkt, der SZ-Unfug für Versalschreibung gesterte schon vor dem Weltkriege durch den Duden...

Irgendwann hat ein Duden-Redakteur eine Seite Din A4 in der SZ ;-) verbraten, um das Graphem "ß“ zu erklären, hoffentlich finde ich diese Peinlichkeit bald, die paßte hier hervporragend in die Sammlung.

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Tjalf Boris Prößdorf
München

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Gast
01.01.2001 23.00
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es zettet !

Nur kurz zu Herrn Prö-langes-s-kurzes-s-dorf: Wie nennt man Ihrer Meinung den Buchstaben ß, wenn er bei Ihnen nicht Eszett heißt?

Zu Herrn Schäbler (nur kurz; zu den anderen Dingen komme ich noch): Das Regelwerk sagt mitnichten, dass ß in Großbuchstaben SZ zu schreiben sei. Ganz klar, § 25 E3: „Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS“. Es gab einen Herrn LISZT, und im Polnischen findet man jede Menge sz (sch-Laut).



Michael Jansen

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