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Manfred Riebe
05.01.2001 23.00
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Geschichtliche Defizite haben Legenden zur Folge

Aber, aber, Herr Lachenmann!

Man sollte über Taten bzw. Untaten des Dritten Reiches Bescheid wissen, damit keine Legenden entstehen. Auf dieser Netzseite wurde erst kürzlich deutlich, daß es erhebliche Defizite an geschichtlichen Kenntnissen über diese Zeit gibt. Wir sollten daher nicht wie die Rechtschreibreformer die Historie verdrängen, sondern möglichst genau feststellen, was sich wirklich ereignete. Ich wundere mich daher, daß es Ihnen egal ist, was Hitler anordnete und daß Sie von seinen Anordnungen nichts wissen wollen. Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.

Von wegen „Führer befiehl – wir folgen!“ Da geht Ihre Phantasie mit Ihnen durch. Bitte lesen Sie doch nicht oberflächlich, sondern genau. Noch einmal die historischen Fakten, um einer Legendenbildung vorzubeugen:

1. Daß "ß“ ein Buchstabe ist, hat mit einem Führerbefehl nichts zu tun; denn ich zitierte nicht Hitler, sondern Poschenrieder als Quelle. Ich kann aber auch den Duden als Quelle angeben. Im November 1942 erschien erstmals ein Duden in lateinischer Schrift (Antiqua), nun „deutsche Normalschrift“ genannt. Diese Normalschriftausgabe erschien als fast unveränderte Ausgabe der Frakturausgabe von 1941. Aber etwas änderte sich, z.B. wird hier erstmals "ß“ als Buchstabe bezeichnet. Vermutlich stützte sich Poschenrieder auf den Duden.
2. Davon zu unterscheiden ist die Tatsache, daß Hitler das "ß“ in der lateinischen Schrift beibehielt, obwohl das "ß“ auch ein Buchstabe der von ihm als „Schwabacher Judenlettern“ verbotenen Frakturschrift war.



VRS – Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Gast
05.01.2001 23.00
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Ein Schauer faßt mich

Ein Schauer faßt mich ...
da hat Goethe ein Wort mit ß geschrieben, in einem ganz zentralen Satze, in seiner größten Dichtung, und dort auch noch im Paradestück dieser seiner Dichtung, im wahrscheinlich größten lyrischen Wunder der Welt, in der Zueignung des Faust.
Die neue Rechtschreibreform zerstört dem Goethe dieses Wort faßt mit ß, denn es soll durch fasst ersetzt werden, wahrscheinlich ein großes Verbrechen.
Faßt ist das einzige Wort mit ß in den 32 Zeilen des Wunders Zueignung.
Wenn ein Reformbetreiber sagt, die klassischen Werke der Dichter würden nicht zerstört, dann lügt er.
Denn Goethes ganze Zeile lautete einmal
Ein Schauer faßt mich, Thräne folgt den Thränen,
- die erste Rechtschreibreform zerstörte Thränen. Gleich zwei Buchstaben strichen die Nichtschauer dem Goethe. Die heutige Reform schlägt wieder ausgerechnet in der gleichen Zeile zu, jetzt soll plötzlich wieder ein Buchstabe hinzukommen, aber an einer anderen, ganz falschen Stelle.
Schauer faßt mich, – das sind 15 Buchstaben, das Maß der Mandel, wie beim lateinischen Titel des wohl größten Musikers, kaiserlichen Hofmathematikers und Hofastronomen 1619: HARMONICES MVNDI.
HARMONICES (10) MVNDI (5) ist ebenfalls eine Mandel, ein von Kepplerus geistig zurechtgelegtes „gülden Gerät“, ein zahliges Abbild des (hebräischen) Namens Gottes JH (= 10+5).
Schauer fasst mich, das wären 16 Buchstaben, Schauer faszt mich, das wären 16 Buchstaben. Eine Mandel mit 16 Stück ist ebenfalls überliefert, eine „Zugabe“, in seltenen Fällen, indessen entspricht die Mandel zu 16 Stück nicht dem Kernmaß 15. Keppler setzte mit „Ioannis Keppleri HARMONICES MVNDI“ in der Betitelung seines Hauptwerkes gleich zwei solcher offen abzählbaren Mandeln: Ioannis Keppleri (15 Buchstaben) und HARMONICES MVNDI (15 Buchstaben). Und er setzte im weiteren vermutlich noch eine dritte Mandel
„MVNDI LIBRI V“, denn MVNDI LIBRI (10) läßt sich durch V (5) zum Kernmaß 15 ergänzen.
Am fetTesten und in größten Lettern drucken ließ Kepplerus HARMONICES. Das Wort ist vom Zauberhauch umwittert, – „Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert“. Man kann, wie es Kepplerus wohl auch gemacht hat, die Buchstabenwerte von HARMONICES zusammenzählen zur Summe 105, ebenfalls eine Mandel, eine Münze für JH, eine im der Buchstabensumme versteckte.
So müssen Zahlenmystiker, Numerologen und Buchstabenrechner es für ein großes Glück halten, daß die Reformer sich nicht auch noch anmaßen, das Latein zu reformieren, etwa mit HarmoniKes oder gar -Käs.
Die ganze Welt würde sich über solche Vereinfachungskünste wie harmonikaes erstaunen, totlachen und zugleich gruseln, am schlimmsten aber wäre die Zerstörung des versteckten Kernmaßes 105.
Ein Schauer faßt mich, – das Wort Schauer enthält gerade hier auch die Bedeutung: „Geist.    Du flehst erathmend mich zu schauen.“    Schauer faßt mich, das wäre eine Mandel zu 15, indes, wie soll der Numerologe rechnen beim ß von faßt? Goethe könnte beide Möglichkeiten ins Auge gefaßt und erwogen haben:
„Schauer fasst mich“ und „Schauer faszt mich“, zusammengefaßt in der Mandel „Schauer faßt mich“.
Die nächsten Ausgaben des Faust werden, ausgerechnet in der gleichen Thränenzeile, mit der amtlich verordneten Vereinfachung „fasst“ daherkommen. Es werden dabei zerstört:
1. die Mandel von 15 Buchstaben,
2. die denkbare und berechenbare Variante „faszt“.
Nicht nur Kepplerus mit seiner Hauptmandel HARMONICES MVNDI, die ja die 10 + 5 des hebräischen Namens JH nachbildet, hat weitere Mandeln zu 15 Stück gesetzt. In den Titeln und in den Höhepunkten vieler Dichter und vieler Lieder, oft an den wichtigsten Stellen einer Zeile, befinden sich solche von den Dichtern geistig zurechtgelegte Geräte, Rationen, Rechnungen.
Sweet Sue – Just You, 1928 von Victor David Young, ist eine solche 15er Mandel.
Die Himmel rühmen, 1757 von Gellert ist eine solche Mandel. – Goethe hörte Gellerts Vorlesungen.
(ça) m,rend tout chose, 1920 in Mon homme besitzt 15 Zeichen,
Je l,ai tell,ment, – ebenfalls Mon homme, man kann 15 Zeichen zählen, (‘ment dans la peau);
gülden Gerät, Heine, 15 Zeichen mit immensem Zauberhauch, in den Rationen versteckt,
zuletzt noch eine Mandel des großen Theodor Woldsen Storm, ein geistig in 15 Buchstaben zurechtgelegtes Gerät, eine zu 15 Buchstaben gesammelte Ration, aus einer Handschrift Storms im Jahre 1862, – sie wird im Kieler Schloß aufbewahrt von der Landesbibliothek Schleswig-Holstein, jedes Kind kannte einmal diese Mandel, es ist ein von Storm selbst geschriebenes ß darin: D e n n    A p f e l,    N u ß    u n d ....
Das ß dürfte in vielen von deutschen Dichtern zurechtgelegten Mandeln enthalten sein, bei Goethe, bei Storm.
Seine Ersetzung durch ss wie bei „Nuss“ oder wie bei „Schauer fasst“ zerstört Mandeln, sie zerstört Dichtung, sie ist ein Kulturverbrechen.   
Und, liebe Redaktion, nehmt meinen „faßt“ – Beitrag wieder heraus, wenn er Euch nicht paßt.
Ich bin es gewohnt, daß man meine Ansichten über Mandeln ignoriert. Doch möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Buchstaben zugleich Zahlen sind und daß sehr viele Dichter sich auch in einer Grammatik der Zahlen ausgedrückt haben.   



Rolf Genzmann
Hausdorffstraße 233, 53129 Bonn

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Gast
05.01.2001 23.00
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ß seit 1942 ein Buchstabe?

Carl Schmitt: „Die höhchste Form der Macht ist die Definitionsmacht“. Also: wer die Macht hat, eine Ligatur als Buchstaben eigenen Rechts zu definieren, hat damit Macht über die folgende Diskussion.

Nun sind wir also glücklich bei jenem Bormann-Erlaß, der die Fraktur verbot.

Ob der Duden hier brav folgte, oder ob hier nur die Kontinuität gewahrt blieb, kann ich derzeit nicht beurteilen.

Historisch betrachtet, muß ich leider sagen, daß die Nationalsozialisten wohl das schlimmste, aber sicher nicht das einzige unerfreuliche Phänomen in der deutschen Geschichte waren, insofern sollte sich auch niemand daran beruhigen, wenn irgendetwas Unerfreuliches oder verbrecherisches NICHT von den Nazi erfunden wurde, sondern schon vorher existierte.

Deutlich: das kritische Bewußtsein sollte man auch dann nicht abschalten, wenn irgendetwas NICHT nationalsozialistisch hergeleitet werden kann.



Tjalf Boris Prößdorf

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Gast
05.01.2001 23.00
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Relevanz

Sehr geehrter Herr Professor Ickler,

in der Tat handelt es sich bei der ss/ß Schreibung nur um einen Teilaspekt der Reform.

Die Diskussion halte ich aus zwei Gründen dennoch für relevant:

aus den Diskussionsbeiträgen der Reformbefürworter auf diesen Seiten meine ich zu erkennen, daß diese ß niemals als Ligatur verstanden haben sondern als eigenständigen Buchstaben sehen, also auch nicht sehen, daß man bei der Heyseschen ss-Schreibung lediglich eine Graphem mit der Bedeutung ss durch ein Anderes mit der gleichen Bedeutung ersetzt.

Ist aber dieses Phänomen geklärt, folgt zwangsläufig die von Ihnen zu Recht gestellte Frage nach der Notwendigkeit dieses Teils der Reform.

Nur wer nicht weiß, daß ß eine Ligatur für ss ist, die als Schlußzeichen verwendet wird, kann ehrlich argumentieren, es sei die Ersetzung der „Ligatur für ss“ durch „ss „eine Systematisierung.

Der zweite Grund, warum mir diese Diskussion wichtig erscheint, ist die deutlich zu erkennende Tendenz, daß die ss-Schreibung das einzige dauerhafte Erbe der Reform sein wird. Schon jetzt ist sie ein „Muss“ für alle Anpaßler...

mit besten Grüßen

Prößdorf



Tjalf Boris Prößdorf
München

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Gast
05.01.2001 23.00
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Eszett: Herr Prößdorf irrt !

So löblich die Arbeit mit der Animation des ‚ß, ist, ich halte sie sachlich schlichtweg für falsch. Dass ausgerechnet derjenige, der hier am lauTesten tönt, sich mit der Geschichte des ‚ß, auszukennen, tatsächlich behauptet, in der Fraktur sei ‚ß, eine Ligatur aus langem und kurzem s, das wird langsam peinlich. Ein anderer Diskussionsteilnehmer zitierte hier noch eine Quelle, die das richtig wiedergibt (guter Artikel in Eroms / Munske). Der Name ‚Eszett, einerseits und die Formen des langen Fraktur-s und des Fraktur-z machen es völlig unwahrscheinlich, dass in der Fraktur das Eszett etwas anderes als die Ligatur aus (langem) s und z zu sein. Herr Prößdorf, es wird Zeit hier etwas Einsehen zu zeigen!

Übrigens „Die Ligatur ß gilt heute als    e i n    Buchstabe“ (Duden, 1991, S.72). Noch Fragen, Prößdorf?



Michael Jansen

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Norbert Schäbler
05.01.2001 23.00
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Zwangsumtausch: Schemel gegen Stühle

Sehr geehrter Herr Jansen!
Mir scheint es fast, als widersprächen Sie sich selbst, denn Sie führen als Begriffsbeispiele die Worte „Anschluß“ und „Anschluss“ an. Trotz augenfälligen und signifikanten Unterschiedes beider Wörter (der noch viel eindrucksvoller in handschriftlicher Form zutage tritt) stellen Sie fest, daß Sie weder im ersten noch im zweiten Wortbeispiel einen Vorteil für den Leser oder Schreiber erkennen können. Wie sähe Ihr Fazit bei den Worten „Mißstand“ und „Missstand“ aus?
Im folgenden möchte ich Sie mit einer Methode des Leselernprozesses vertraut machen. Wiederum widme ich mich speziell dem Buchstaben "ß“.
Ich bezeichne den Buchstaben "ß“ sehr gerne als einen Ruhepunkt und eine HalTestation für das Auge. Oftmals nimmt dieser Buchstabe die Rolle eines Silbengelenks ein und schließt sozusagen eine Silbe bzw. eine sinnvolle (sogar häufig wiederkehrende) Buchstabengruppe (z.B. „miß-") ab. Ich behaupte, daß Wörter mit "ß“ einfacher und schneller zu entschlüsseln sind als jene Wörter, die nach der Reform ihren signifikanten Buchstaben zugunsten von „ss“ abgeben mußten.
Ich empfehle Ihnen zur Nachprüfung dieser Theorie die Durchführung von sogenannten Blickspannerweiterungsübungen – eine von zahlreichen Methoden des Leselernprozesses.
Lassen Sie sich zu diesem Zwecke von einem Ihrer Kollegen zwei Wörterlisten mit zunehmender Wortlänge (ggf. handschriftlich) zusammenstellen.
Die Listen sollten mit kleinen Wörtern z.B. „Faß“ („Fass“) beginnen, die permanent um einen Buchstaben verlängert werden bis hin zu extrem langen Wortgebilden wie „Bundeselternratsauschußsitzung“ (nebst Alternative: „Bundeselternratsausschusssitzung“).   
Ziel der Blickspannerweiterungsübungen ist es nun, die zu lesenden Worte in einem Sekundenbruchteil zu erfassen. Dies geschieht technisch wie folgt. Sie decken das jeweilige Wort, das Sie (erstmals – bitte nicht schummeln!) lesen wollen, mit Hilfe eines Kartons (evtl. Spielkarte) ab, blenden den Begriff auf, indem Sie den Karton kurz zusammendrücken und sofort wieder zurückschnellen lassen...
Im fortgeschrittenen Stadium – insbesondere dann, wenn Sie Ihre Blickspanne auf 30 und mehr Buchstaben erweitert haben, das heißt fähig sind, riesige Wortungetüme spontan zu erfassen – werden Sie irgendwann an die Grenze ihrer Blickspannkapazität gelangen. Dann aber gibt es im Falle einzelner Wörter sehr wohl noch Steigerungsmöglichkeiten – und zwar bei den Wörtern, die aus sogenannten Signalgruppen bestehen oder signifikante Buchstaben aufweisen. Dies zu leugnen hieße: seine Eigenbeobachtung zugunsten einer Ideologie oder Wissenschaftsgläubigkeit zu opfern.

Unverständlich ist es mir, daß Sie einem Lehrsatz widersprechen, der da heißt: „Alles allen Sinnen!“ Das bedeutet nämlich, daß der Lehrgegenstand um so besser behalten und erfaßt (!!) wird, je mehr Sinne bei der Erkenntnisgewinnung abgerufen und eingesetzt wurden. Hieraus resultieren letztendlich auch die Methoden des erlebnis- und handlungsorientierten Lernens.
Meine Behauptung, daß im Falle der S-Laute das methodische Verfahren destabilisiert wurde, bleibt unwidersprochen.
Das ist im bildlichen Vergleich so, als wenn man einem normalen vierbeinigen Küchenstuhl ein Bein entfernt. Selbstredend kann man auch diese Sitzgelegenheit durch das geschickte Ausrichten der verbleibenden Beine zum Stehen bringen. Man hat dann einen sogenannten Schemel.
Haben Sie schon einmal einen Schemel mit hochgezogener Rückenlehne gesehen?

Zu Ihren weiteren Einwürfen bzgl. der Ligatur „st“ möchte ich vor allem auf die Frakturschrift verweisen. Würde man einem Computer, die unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten des S-Lautes innerhalb der Frakturschrift einprogrammieren, käme es wohl niemals zu Wortverunstaltungen wie „Wohnung-stür“ oder „Frühstück-stee“. Genau so wenig könnten Wortkapriolen wie „Lachs-türme“ und „Wachs-tuben“ entstehen.
Ich gebe deshalb den Hinweis auf den Computer, weil jene Maschine offensichtlich die moderne Kommunikation regiert, sinnvolle Schreib- und Differenzierungstechniken in Vergessenheit geraten läßt und letztlich als zuverlässiges und begehrtes Alibi von Journalisten umschwärmt wird.
Die neugeschaffene Ligatur „ck“ ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß dem Computer ein Opfer dargebracht wurde.

Noch eine Bemerkung zum Bundesligafußball:    Formal gesehen ist auf dem Trikot von Icke HÄßLER ein Fehler, denn das "ß“ existiert als einziger Buchstabe des gesamten Alphabetes nur ein einziges Mal. Das merkt man beispielsweise, wenn man dieses Wort mit Dauerumschalttaste auf der Schreibmaschine schreibt. Dann heißt das Wort HÄ?LER.
Das ist genauso wenig zu akzeptieren wie HÄSSLER, denn der Mann heißt Häßler.
Sei`s drum. Solche sanften Zwänge und Kompromisse kann ich einsehen.
Formalismus ist etwas ganz anderes. Dafür hat der Staat ein Monopol.



Norbert Schäbler
Hösbach

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Gast
05.01.2001 23.00
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Wenigstens sind wir jetzt auf dem Punkt,

Herr Jansen. Gerne dürfen Sie annehmen, daß ich mich irre. Ich gestatte mir vorerst, bei meiner Meinung zu bleiben.

Daß der Duden das Graphem ß von einer Ligatur zu einem eigenständigen Buchstaben umdefiniert bestätigt ja nur das Axiom des goßen Philosophen der deutschen Reaktion: „Die höchste Macht ist die Definitionsmacht“.

Folgt man dieser, recht jungen Definition, so habe ich in der Tat unrecht. Wir diskutieren aber nicht nachträgliche Definitionen, sondern die Quellen.

Gestatten Sie mir daher nochmals den Hinweis, daß ich den Namen eszett für die Folge eines Mißverständnisses halte, und daß dieselbe Quelle, die für sie Dogma zu sein scheint, immerhin zugiebt, es handle sich beim ß der Antiqua um eine Ligatur aus s und s. Halten Sie es allen Ernstes für plausibel, daß eine Ligatur mit gleichem Lautwert und gleicher Bezeichnung in zwei doch sehr eng verwandten Schriften sich einmal aus s und z und einmal aus s und s herleitet?

Unsere Beiträge habe ich in das Forum gestellt, wo mir eine Fortführung der Diskussion sinnvoller scheint

mfg



Prößdorf
München

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Walter Lachenmann
05.01.2001 23.00
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Tschichold irrte - somit auch Herr Prößdorf

»Übrigens „Die Ligatur ß gilt heute als    e i n    Buchstabe“ (Duden, 1991, S.72). Noch Fragen?«
Nein, aber Antworten:

Aus dem Zitat geht hervor, daß ß effektiv eine Ligatur    i s t , und als ein Buchstabe    g i l t . Es steht aber nicht da, daß es ein    B u c h s t a b e     i s t    .

Also: wir sind so schlau als wie zuvor. Nein: schlauer.

Denn Herr Janßen (ich verleihe ihm hiermit das goldende Dreierles-s mit Eichenlaub und Schwertern, direkt aus dem schwäbischen Lustschloß Solitude) hat    r e c h t :

Es ist ursprünglich oder zumindest in historischer Zeit eine Ligatur aus dem langen s und dem z.
Diese Vermutung legt sich mir nahe, nachdem ich in dem Buch »Schriftkunst« von Albert Kapr (Dresden 1955, dennoch politisch unverdächtig) Beispiele gesehen habe, die ich aus technischen Gründen hier nicht als Faksimile darstellen kann, Sie müssen es mir glauben. (`f= langes s, z = langes nach unten geschwungenes z)

Den vordantz hat man mir getan
dann jch on nutz vil buecher han
die jch nit lyß / vnd nyt ver`ftan (ly`fz)
(Narrenschiff, Basel 1494)

Im gleichen Buch gibt es mehrere Beispiele, daß das Wort »daß« auch »daz« geschrieben (Druck) wurde, mit dem langen, nach unten geschwungenen z.

Hertzog Arnold auß [´fz] Ba(yern)
(Frakturtype aus dem Turnierbuch des Sigismund Feyerabend, Frankfurt 1566)

Ich bin ge`fchickt mit der preß
So ich aufftrag den Firniß reß / ......
(Jost Amman 1598)

Aber wir werden gleich noch viel schlauer. Es handelt sich nämlich gar nicht um ein deutsches Zeichen, Ligatur oder Buchstaben, auch nicht um ein schwäbisches.

Aus der Werkstatt des Druckers Robert Etienne, Paris 1544, kommt die Granjon-Kursiv, und das Schriftmusterbuch enthält ein wunderschönes ß in dem Wort »aßociation«.

Das Dreierles-s gab es auch schon im Schreibbüchlein des Cresci, Rom 1570, in einer »cancellaresca corrente«, also einer geschriebenen Kanzleischrift in dem Wort »pretiosiß...« danach eine Arabeske, die wohl »issima« darstellen soll.

In einem Beispiel aus dem Jahr 1560, Werkstatt des Michael Vascosan, ein schönes Blatt aus der Garamond kursiv, mit Beispielen eines lateinischen Textes:
Princeps illu´fstrißime.. / doctißimi    /    sanctißimi
Diese ß haben aber schon deutlich die Form, die wir heute kennen, also es ist weder ein kleines s noch ein altes z deutlich auszumachen.

Wenn der berühmte Tschichold sich geirrt hat, kann man auch Herrn Prößdorf seinen Irrtum nicht verübeln.

Es geht ja doch auch darum, welche Funktion dieses Zeichen inzwischen in unserer geschriebenen Schrift eingenommen hat, und das war – vor der Rechtschreibreform – eine vernünftigere als die in der Reform. Weder spreche ich mir beim Schreiben meinen Text vor und schreibe meinem Sprechen nach, noch spreche ich – ab dem 2. Schuljahr – den gelesenen Text mit und orientiere mein Verstehen am so Nachgesprochenen. Sondern beim Lesen erfasse ich Wortbilder, oder gar Wortgruppenbilder, und je differenzierter und markanter – und vertrauter – diese sind, umso leichter fällt das Lesen und umso leichter fällt auch das Verstehen, nämlich wenn ich nicht an dem geschriebenen Text herumrätseln und ihn entziffern und die Buchstaben nachzählen muß. Dazu helfen Wortfugen, diese gehen bei der neuen ss/ß-Regelung weitgehend verloren, die Beispiele sind oft genug genannt worden: Basssolo gegen Baßsolo, Messergebnis gegen Meßergebnis.

Jetzt Herr Janßen sind Sie dran: Warum ist Basssolo besser als Baßsolo? Oder Messergebnis als Meßergebnis?
Warum sind Schlammmassen besser als Schlammassen? Bekommen Sie überhaupt soviel Auf-und-abs ohne nachzuzählen hin, wenn Sie das zu Papier bringen müssen? Ich weiß, wovon ich rede: ich heiße Lachenmann. Was glauben Sie, wie schwer es fällt, diesen Namen zu schreiben nach dem »che«.

Noch Fragen, Herr Janßßen?



Walter Lachenmann
Krottenthal 9

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Manfred Riebe
05.01.2001 23.00
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Das “ß³ ist seit 1941 ein amtlich anerkannter Buchstabe

Am 3. Januar 1941 verbot Hitler das Unterrichten der deutschen Schrift (Fraktur), weil er sie irrtümlich für „Schwabacher Judenlettern“ hielt. Danach erhielt das "ß“ in der Antiqua den unumstrittenen Stellenwert eines amtlich normierten Buchstabens (Poschenrieder, Thorwald: S-Schreibung – Überlieferung oder Reform? In: Eroms, Hans-Werner; Munske, Horst Haider (Hrsg): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1997, S. 173-183, hier S. 176). Diesbezüglich machte Johannes Gross auf eine Weisung des Propagandaministeriums vom 18. Oktober 1941 aufmerksam:

„Der Führer hat die Beibehaltung des 'ß' in der Normalschrift angeordnet. Bei der Verwendung großer Buchstaben soll das 'ß' jedoch als 'SS' geschrieben werden.“

(Gross in: Frankfurter Allgemeine Magazin 11.07.97, S. 25).



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Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Walter Lachenmann
05.01.2001 23.00
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Führer befiehl - wir folgen!

Aber Herr Riebe,
was »der Führer« angeordnet hat, kann uns heute doch nun wirklich egal sein. Er hat noch ganz andere Dinge angeordnet, von denen wir heute auch nichts mehr wissen wollen.

Ob lt. Führerbefehl »Buchstabe« oder nicht, ß ist eine Ligatur, da hilft kein Führerbefehl und kein Beten. Lassen wir's doch bei dieser Tatsache bewenden, und reden wir davon, wie man damit umgeht.



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Manfred Riebe
05.01.2001 23.00
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Geschichtliche Defizite haben Legenden zur Folge

Aber, aber, Herr Lachenmann!

Man sollte über Taten bzw. Untaten des Dritten Reiches Bescheid wissen, damit keine Legenden entstehen. Auf dieser Netzseite wurde erst kürzlich deutlich, daß es erhebliche Defizite an geschichtlichen Kenntnissen über diese Zeit gibt. Wir sollten daher nicht wie die Rechtschreibreformer die Historie verdrängen, sondern möglichst genau feststellen, was sich wirklich ereignete. Ich wundere mich daher, daß es Ihnen egal ist, was Hitler anordnete und daß Sie von seinen Anordnungen nichts wissen wollen. Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.

Von wegen „Führer befiehl – wir folgen!“ Da geht Ihre Phantasie mit Ihnen durch. Bitte lesen Sie doch nicht oberflächlich, sondern genau. Noch einmal die historischen Fakten, um einer Legendenbildung vorzubeugen:

1. Daß "ß“ ein Buchstabe ist, hat mit einem Führerbefehl nichts zu tun; denn ich zitierte nicht Hitler, sondern Poschenrieder als Quelle. Ich kann aber auch den Duden als Quelle angeben. Im November 1942 erschien erstmals ein Duden in lateinischer Schrift (Antiqua), nun „deutsche Normalschrift“ genannt. Diese Normalschriftausgabe erschien als fast unveränderte Ausgabe der Frakturausgabe von 1941. Aber etwas änderte sich, z.B. wird hier erstmals "ß“ als Buchstabe bezeichnet. Vermutlich stützte sich Poschenrieder auf den Duden.
2. Davon zu unterscheiden ist die Tatsache, daß Hitler das "ß“ in der lateinischen Schrift beibehielt, obwohl das "ß“ auch ein Buchstabe der von ihm als „Schwabacher Judenlettern“ verbotenen Frakturschrift war.



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Gast
05.01.2001 23.00
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Ein Schauer faßt mich

Ein Schauer faßt mich ...
da hat Goethe ein Wort mit ß geschrieben, in einem ganz zentralen Satze, in seiner größten Dichtung, und dort auch noch im Paradestück dieser seiner Dichtung, im wahrscheinlich größten lyrischen Wunder der Welt, in der Zueignung des Faust.
Die neue Rechtschreibreform zerstört dem Goethe dieses Wort faßt mit ß, denn es soll durch fasst ersetzt werden, wahrscheinlich ein großes Verbrechen.
Faßt ist das einzige Wort mit ß in den 32 Zeilen des Wunders Zueignung.
Wenn ein Reformbetreiber sagt, die klassischen Werke der Dichter würden nicht zerstört, dann lügt er.
Denn Goethes ganze Zeile lautete einmal
Ein Schauer faßt mich, Thräne folgt den Thränen,
- die erste Rechtschreibreform zerstörte Thränen. Gleich zwei Buchstaben strichen die Nichtschauer dem Goethe. Die heutige Reform schlägt wieder ausgerechnet in der gleichen Zeile zu, jetzt soll plötzlich wieder ein Buchstabe hinzukommen, aber an einer anderen, ganz falschen Stelle.
Schauer faßt mich, – das sind 15 Buchstaben, das Maß der Mandel, wie beim lateinischen Titel des wohl größten Musikers, kaiserlichen Hofmathematikers und Hofastronomen 1619: HARMONICES MVNDI.
HARMONICES (10) MVNDI (5) ist ebenfalls eine Mandel, ein von Kepplerus geistig zurechtgelegtes „gülden Gerät“, ein zahliges Abbild des (hebräischen) Namens Gottes JH (= 10+5).
Schauer fasst mich, das wären 16 Buchstaben, Schauer faszt mich, das wären 16 Buchstaben. Eine Mandel mit 16 Stück ist ebenfalls überliefert, eine „Zugabe“, in seltenen Fällen, indessen entspricht die Mandel zu 16 Stück nicht dem Kernmaß 15. Keppler setzte mit „Ioannis Keppleri HARMONICES MVNDI“ in der Betitelung seines Hauptwerkes gleich zwei solcher offen abzählbaren Mandeln: Ioannis Keppleri (15 Buchstaben) und HARMONICES MVNDI (15 Buchstaben). Und er setzte im weiteren vermutlich noch eine dritte Mandel
„MVNDI LIBRI V“, denn MVNDI LIBRI (10) läßt sich durch V (5) zum Kernmaß 15 ergänzen.
Am fetTesten und in größten Lettern drucken ließ Kepplerus HARMONICES. Das Wort ist vom Zauberhauch umwittert, – „Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert“. Man kann, wie es Kepplerus wohl auch gemacht hat, die Buchstabenwerte von HARMONICES zusammenzählen zur Summe 105, ebenfalls eine Mandel, eine Münze für JH, eine im der Buchstabensumme versteckte.
So müssen Zahlenmystiker, Numerologen und Buchstabenrechner es für ein großes Glück halten, daß die Reformer sich nicht auch noch anmaßen, das Latein zu reformieren, etwa mit HarmoniKes oder gar -Käs.
Die ganze Welt würde sich über solche Vereinfachungskünste wie harmonikaes erstaunen, totlachen und zugleich gruseln, am schlimmsten aber wäre die Zerstörung des versteckten Kernmaßes 105.
Ein Schauer faßt mich, – das Wort Schauer enthält gerade hier auch die Bedeutung: „Geist.    Du flehst erathmend mich zu schauen.“    Schauer faßt mich, das wäre eine Mandel zu 15, indes, wie soll der Numerologe rechnen beim ß von faßt? Goethe könnte beide Möglichkeiten ins Auge gefaßt und erwogen haben:
„Schauer fasst mich“ und „Schauer faszt mich“, zusammengefaßt in der Mandel „Schauer faßt mich“.
Die nächsten Ausgaben des Faust werden, ausgerechnet in der gleichen Thränenzeile, mit der amtlich verordneten Vereinfachung „fasst“ daherkommen. Es werden dabei zerstört:
1. die Mandel von 15 Buchstaben,
2. die denkbare und berechenbare Variante „faszt“.
Nicht nur Kepplerus mit seiner Hauptmandel HARMONICES MVNDI, die ja die 10 + 5 des hebräischen Namens JH nachbildet, hat weitere Mandeln zu 15 Stück gesetzt. In den Titeln und in den Höhepunkten vieler Dichter und vieler Lieder, oft an den wichtigsten Stellen einer Zeile, befinden sich solche von den Dichtern geistig zurechtgelegte Geräte, Rationen, Rechnungen.
Sweet Sue – Just You, 1928 von Victor David Young, ist eine solche 15er Mandel.
Die Himmel rühmen, 1757 von Gellert ist eine solche Mandel. – Goethe hörte Gellerts Vorlesungen.
(ça) m,rend tout chose, 1920 in Mon homme besitzt 15 Zeichen,
Je l,ai tell,ment, – ebenfalls Mon homme, man kann 15 Zeichen zählen, (‘ment dans la peau);
gülden Gerät, Heine, 15 Zeichen mit immensem Zauberhauch, in den Rationen versteckt,
zuletzt noch eine Mandel des großen Theodor Woldsen Storm, ein geistig in 15 Buchstaben zurechtgelegtes Gerät, eine zu 15 Buchstaben gesammelte Ration, aus einer Handschrift Storms im Jahre 1862, – sie wird im Kieler Schloß aufbewahrt von der Landesbibliothek Schleswig-Holstein, jedes Kind kannte einmal diese Mandel, es ist ein von Storm selbst geschriebenes ß darin: D e n n    A p f e l,    N u ß    u n d ....
Das ß dürfte in vielen von deutschen Dichtern zurechtgelegten Mandeln enthalten sein, bei Goethe, bei Storm.
Seine Ersetzung durch ss wie bei „Nuss“ oder wie bei „Schauer fasst“ zerstört Mandeln, sie zerstört Dichtung, sie ist ein Kulturverbrechen.   
Und, liebe Redaktion, nehmt meinen „faßt“ – Beitrag wieder heraus, wenn er Euch nicht paßt.
Ich bin es gewohnt, daß man meine Ansichten über Mandeln ignoriert. Doch möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Buchstaben zugleich Zahlen sind und daß sehr viele Dichter sich auch in einer Grammatik der Zahlen ausgedrückt haben.   



Rolf Genzmann
Hausdorffstraße 233, 53129 Bonn

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Gast
05.01.2001 23.00
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ß seit 1942 ein Buchstabe?

Carl Schmitt: „Die höhchste Form der Macht ist die Definitionsmacht“. Also: wer die Macht hat, eine Ligatur als Buchstaben eigenen Rechts zu definieren, hat damit Macht über die folgende Diskussion.

Nun sind wir also glücklich bei jenem Bormann-Erlaß, der die Fraktur verbot.

Ob der Duden hier brav folgte, oder ob hier nur die Kontinuität gewahrt blieb, kann ich derzeit nicht beurteilen.

Historisch betrachtet, muß ich leider sagen, daß die Nationalsozialisten wohl das schlimmste, aber sicher nicht das einzige unerfreuliche Phänomen in der deutschen Geschichte waren, insofern sollte sich auch niemand daran beruhigen, wenn irgendetwas Unerfreuliches oder verbrecherisches NICHT von den Nazi erfunden wurde, sondern schon vorher existierte.

Deutlich: das kritische Bewußtsein sollte man auch dann nicht abschalten, wenn irgendetwas NICHT nationalsozialistisch hergeleitet werden kann.



Tjalf Boris Prößdorf

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Gast
04.01.2001 23.00
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Deutsches Eszett contra "österreichisches" scharfes S

Sehr geehrter Herr Riebe,

der von Ihnen angeführten Meinung erlaube ich mir zu widersprechen.

Jan Tschichold hat in seinem Meisterbuch der Schrift eine plausible Erklärung visualisiert, die zu animieren ich mir  erlaubt habe.

Bitte folgen Sie meinem Verweis:

http://www.elektrische-dokumentation.de/Fraktur/s.htm.

Für eine gelegentliche Rückmeldung zum Text wäre ich Ihnen dankbar.

mfg
Prößdorf



Tjalf Boris Prößdorf

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Walter Lachenmann
04.01.2001 23.00
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ß-Ligatur, Fraktur und Nationalismus, Kohl'sches Ehrenwort

Sehr geehrter Herr Prößdorf,

ich mache Ihnen ein riesiges Kompliment für Ihre Darstellung der Entstehung des Dreierles-s (ß) aus der Fraktur, beglückwünsche Sie auch zur Wahl der besonders schönen Frakturschrift. Meiner Einschätzung nach ist es die Walbaum-Fraktur, also keine »mittelalterliche« Schrift, sondern eine, die um 1800 in dieser Form gestaltet wurde von dem Schriftkünstler Justus Erich Walbaum, dem wir auch eine heute noch sehr verbreitete Antiqua-Schrift verdanken, die im Bleisatz zu den schönsten Schriften gehörte, in den heute verwendeten verschiedenen elektronischen Umsetzungen allerdings stark an Schönheit eingebüßt hat, teilweise bis zur regelrechten Häßlichkeit.

Besonders traurig ist, daß Sie es für notwendig halten mußten, die Verwendung einer Frakturschrift regelrecht zu entschuldigen mit den Worten, dies habe nichts mit nationalistischer Gesinnung zu tun (den genauen Wortlaut habe ich jetzt nicht vor mir). Ich wiederhole mich – das ist schrecklich traurig!

Wie unsinnig es ist, die Verwendung einer Frakturschrift mit Nationalismus oder Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen, ist oft genug dargelegt worden, auch daß die Nationalsozialisten die Frakturschrift schließlich sogar verboten haben mit der völlig idiotischen Begründung, es handle sich um eine »Judenschrift« (da haben die was von Schwabacher gehört, was nichts mit Schwabach zu tun hat, sondern mit einem Drucker namens Schwabacher, und der wurde für einen Juden gehalten, weil Juden oft so Namen haben wie Nürnberger, Mannheimer usw., also nichts als Quatsch. Ähnliche Volksetymologien erfreuen auch neuerdings wieder die Herzen der Freunde unserer Leitkultur). Ein Körnchen Wahrheit könnte insofern allerdings doch dahinter stecken, als man in Deutschland um 1800, als Nationalismus noch mit unschuldigem Idealismus, Humanismus und einem Streben nach demokratischer Freiheit zu tun hatte (Heine u.a.), also etwas völlig anderes war als im 20. Jahrhundert, Wert darauf legte, deutsche Literatur in Frakturschrift zu drucken im Gegensatz zu der bei den Franzosen damals schon verbreiteten Antiquaschrift. Damals entstand die von Ihnen (vermutlich) verwendete schöne Walbaum-Fraktur und einige andere nicht weniger schöne Frakturschriften.

Es ist aber noch viel schlimmer: Wer in kirchlichen Kreisen verkehrt, weiß, daß Bibeln und insbesondere Bibelsprüche, die man sich in Form von Postkarten gern schenkt oder zur innerlichen Erbauung an den Wänden hängen, meistens in Fraktur geschrieben sind. In der Tradition der klösterlichen Buchschreiber lernen heute noch Diakonissen (und wohl auch Mönche) Schriftschreiben mit der Redisfeder und schreiben sehr schöne, oft selbst gestaltete Frakturschriften, oder sie sticken sie in Altarschmuck und dergleichen. Wollte man pathetisch werden, könnte man sagen, Fraktur ist die Schrift des Wortes Gottes! Aber das wäre wirklich pathetisch.

Fraktur ist nämlich auch die Schrift der Literatur und der Poesie: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und auch noch in ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gab es sehr schöne Buchausgaben, die in Frakturschrift gesetzt waren, insbesondere bei der Insel-Bücherei. Im 20. Jahrhundert entwarfen bedeutende Schriftkünstler neue Frakturschriften: Rudolf Koch, F. H. Ernst Schneidler, Herbert Post, E. R. Weiß, Walter Tiemann – von einigen weiß ich persönlich, daß sie mutige Gegner des Nazi-Regimes waren. Bedeutende Fraktur-Schriftschöpfer gab es außerdem seit Erfindung der Buchdruckerkunst auch in anderen europäischen Ländern, Italien, Frankreich, England (William Morris). Natürlich hat es keinen Sinn, hier in Nostalgie zu verfallen oder gar sich eine Renaissance der Fraktur herbeizuwünschen. Aber man sollte sich auch nicht entschuldigen müssen, wenn man Fraktur schreibt – sondern wenn einem da jemand Deutschtümelei vorhält, dann sollte man mit dem Fraktur reden!

Leider ist die Fraktur, auch in besonders wenig schönen Ausformungen und orthographisch völlig daneben, heute wieder beliebt zur Bekundung besonderer Urigkeit, etwa bei Wirtschaften. Da wird dann das lange s völlig ignoriert oder völlig irrwitzig eingesetzt. In einem Ostseerestaurant habe ich eine Speisekarte gesehen, da wurde nur das lange s verwendet, auch am Wortende, das sah dann so aus (ich schreibe f statt dem langen s: »Feinef auf Pfanne und Schmortopf« oder »Deftigef auf Mutterf Küche«. Auch die Bayern lieben es, ihre Bodenständigkeit durch die Verwendung besonders fetter und teigiger Frakturbotschaften zu beteuern. Das ist leider auch so etwas wie Volksetymologie – oder Volkstypographie, was soll man dagegen machen!

Da wir hier alle immer auch aneinander herumnörgeln müssen, empfehle ich Ihnen – nichts für ungut – die paar Tippfehler noch auszubessern und, das lernt man in der Schriftsetzerlehre, die Trennungen zu verringern. Vier Trennungen untereinander: da schlägt der Setzermeister dem Stift mit der Reglette auf den Winkelhaken, kippt ihm das Schiff vor die Füße und der arme Junge kann von vorne anfangen mit der mühevollen Arbeit.

Und nun noch etwas in eigener Sache: Für einen, der sich mit Theaterdonner von dieser Seite verabschiedet hat (nämlich weil man ihn ohne nachvollziehbare Begründung mehrfach vor die Tür gesetzt hat), mit Kohl'schem Ehrenwort, hier nie wieder unter seinem Namen zu erscheinen, müßte es eigentlich peinlich sein, nun plötzlich wieder so massiv hier aufzutreten. Das hat den einen Grund, daß ich hoffe, so Herrn Kohl, der hier sicherlich das Geschehen aufmerksam verfolgt, auch seinerseits dazu zu bewegen, sein Ehrenwort fahren zu lassen und somit seiner persönlichen Ehre wieder zum Aufschwung zu verhelfen. Zum andern ist es leider wahr, daß der Widerstand gegen die Rechtschreibreform für politische Wühlmäuse brauner Couleur als trojanisches Pferd mißbraucht wird, um ins Gespräch zu kommen mit arglosen Menschen, die nichts anderes wollen, als gegen diese Reform zu protestieren. Und dann befindet man sich plötzlich in einer höchst anrüchigen Gesellschaft, die nationalistisches Gedankengut gehässigster Natur vermengt mit einem Anliegen völlig anderer Art, die allerdings so feige ist, daß sie jedesmal mit Entrüstung beteuert, sie sei ja überhaupt nicht »braun«, man müsse das beweisen, Roß und Reiter, Zitate usw., sich als von »politisch Korrekten« an den Rand gedrückte Minderheit selbst bemitleidet, also nicht einmal den Mut hat, zu ihrer mickrigen Gesinnung sich zu bekennen, so wie das die nun auch nicht gerade beispielhaften »Altlinken« getan haben, die aber jedenfalls nie einen Zweifel daran ließen, daß sie »links« stehen, und zwar extrem mit allen grausamen Konsequenzen. Diese Gefahr ist viel konkreter, als die, durch Verwendung einer Frakturschrift als Deutschtümler hingestellt zu werden. Und weil auf der Diskussionsseite, die alternativ zu dieser Rechtschreibreform.com-Seite dieser politische Hintergrund auch für den wohlwollendsten und demokratischsten Diskutanten nicht mehr zu übersehen ist, das Diskussionsniveau dort überdies auf einem Tiefpunkt angekommen ist, an dem man als ernsthafter Mensch nicht angetroffen werden sollte, kehre ich sozusagen reumütig hierher zurück, und hoffe, von solchen Kursrichtungen hier nichts erleben zu müssen.

Nochmals ganz herzlichen Dank, lieber Herr Prößdorf, für Ihre sehr anschauliche und schön gestaltete Darstellung der Dreierles-s-Ligatur. Und wenn Sie jetzt noch eine schöne Ligatur für »MfG« erfinden, dann will ich Ihnen diese »Sünde« auch noch gerne nachsehen, wobei ich soeben – ich schreibe den Text in WORD – feststelle, daß Bill Gates die Dürftigkeit dieser Grußformel erkannt hat und sie per Autokorrektur in den vollen Wortlaut automatisch umwandelt.

Ihr Walter Lachenmann



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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