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Wolfgang Wrase
10.01.2001 23.00
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Glassplitter

1. Argument für zu lassen = geschlossen lassen
Wer dieser Gleichung entsprechend schreibt, wendet die Grundregel der Rechtschreibung an: Schreibe Gleiches gleich. (Hier ist mit „Regel“ auch zunächst nichts gemeint, was es zu befolgen gilt, sondern ein Prinzip, auf das sich, zusammen mit der Entsprechung „Schreibe Verschiedenes verschieden“, alle möglichen Erscheinungen einer gewachsenen Einheitsschreibung zurückführen lassen.) Wer also „zu“ als „geschlossen“ auffaßt, kann analog zu „geschlossen lassen“ getrennt schreiben.

2. Argument für zu lassen = geschlossen lassen
Es wiegt formal genauso stark wie das erste Argument, nämlich die Rückseite desselben Grundprinzips wird angewendet: „Schreibe Verschiedenes verschieden.“ Weil „zulassen“ auch „erlauben“ bedeuten kann, liegt die Differenzierung „zu lassen“ für die Bedeutung „geschlossen lassen“ nahe.

Zwischenbemerkung: Diese beiden Argumente orientierten sich an einem Hauptkriterium der Getrennt- und Zusammenschreibung, nämlich der Bedeutung. Wie sieht es mit dem zweiten Hauptkriterium aus, der Betonung?

1. Argument für zulassen = geschlossen lassen
Schreibe Gleiches gleich nach der Betonung, also zulassen wie zuarbeiten, zugestehen, zuhören, zurechnen, zureden, zuschreiben und viele andere. Eine starke Reihenbildung.

2. Argument für zulassen = geschlossen lassen
Die Reihenbildung greift über „zu“ noch hinaus, denn „zu“ gehört in die Gruppe von Verbzusätzen, die mit Präpositionen gleichlauten und fast sämtlich in Kontaktstellung zusammengeschrieben werden: zulassen usw. wie ableiten usw., aufgreifen usw., nachstellen usw., vorbereiten usw. und viele andere. Eine gewaltige Reihenbildung. Schreibe Gleiches gleich? Falls die Betonung den Ausschlag gibt, spricht alles für die Festlegung auf „zulassen“.

3. Argument für zulassen = geschlossen lassen
Schreibe Verschiedenes verschieden nach Betonung, also zulassen (vorne betont) anders als zu lassen (hinten betont).

4. Argument für zulassen = geschlossen lassen
Stelle Eindeutigkeit her, vermeide Fallen und Mißverständnisse. Das entspricht hier der Notwendigkeit, die Argumente zu gewichten. Falls man zulassen zusammenschreibt, besteht dann die Gefahr, daß der Leser „erlauben“ versteht, obwohl „geschlossen lassen“ gemeint ist? Solche Fälle sind nicht auszuschließen, dürften aber fast nie vorkommen. Falls man um die mißverständliche Formulierung nicht herumkommt, zum Beispiel bei der wörtlichen Abschrift eines Interviewprotokolls, wäre in der Tat die differenzierende Getrenntschreibung angezeigt; andernfalls eine andere Formulierung. Umgekehrt wird der Leser vermutlich in den meisten Fällen irregeführt, wo „zu lassen“ trotz Vorne-Betonung getrennt geschrieben wird, weil „zu“ in aller Regel nicht betont wird. Wenn man diese Irreführung des Lesers vermeiden will, muß man zusammenschreiben!

5. Argument für zulassen = geschlossen lassen (im Infinitiv)
Besonders schwer wiegt die Gefahr des Mißverständnisses natürlich beim Infinitiv, weil es auch den Infinitiv mit zu gibt: Ich bitte dich, das zu lassen. Soweit man die Gruppe zu + Infinitiv als Leser überblickt, und das dürfte normalerweise der Fall sein, ergibt sich ein besonderer Anreiz, die Falle der falschen Betonung zu ersparen; anders gesagt, hier droht nicht nur die Verwechslung mit der unbetonten Präposition zu, sondern zusätzlich die Verwechslung mit dem unbetonten Infinitiv-zu, also eine erhöhte Gefahr der Verwechslung mit unbetontem zu. (zu lassen liest sich zwingender mit falsch versuchter Betonung auf zu als zum Beispiel zu läßt.)

Es spricht also alles dafür, bis auf ganz wenige Ausnahmen, in denen eine Verwechslung mit der Bedeutung „erlauben“ ausgeschlossen werden soll, zulassen auch in der Bedeutung „geschlossen lassen“ zusammenzuschreiben, besonders im Infinitiv (der auch bei dem zitierten Text vorlag: Läden zulassen ...). Ein Fehlversuch des Lesers mit unbetontem zu ist sonst fast sicher (Läden zu lassen). Oder? Man sehe sich das Beispiel an.

3. Argument für zu lassen = geschlossen lassen
Wie das Beispiel „Läden zulassen“ zeigt, kann es doch irgendwie unangenehm sein, daß „zulassen“ in aller Regel die Bedeutung „erlauben“ hat. Selbst wenn ziemlich sicher ist, daß das hier nicht gemeint ist – „zulassen“ sieht einfach aus wie „erlauben“, weil es das meistens auch bedeutet. Das entspricht einer stärkeren Gewichtung von Argument 2 für „zu lassen“, ebenfalls anhand der Statistik. Also doch getrennt (zumindest wenn „lassen“ flektiert ist)?

4. Argument für zu lassen = geschlossen lassen
Handelt es sich um einen Zweifelsfall? Die Getrenntschreibung entspricht der uralten und meist nützlichen Faustregel: Im Zweifel schreibe man getrennt.

Zusammenfassung: Es gibt Argumente für und gegen die Zusammenschreibung, die spontanen Anreizen bei den einzelnen Schreibern entsprechen, sich für die eine oder auch für die andere Lösung zu entscheiden. Daher dürfte es, insbesondere bei Flexion, tatsächlich einen Anteil von Getrenntschreibung geben, den man schlecht einfach verleugnen kann, wenn man den Schreibgebrauch darstellen will. Auch wenn die Zusammenschreibung deutlich überwiegt, wäre es angemessen, sie zu empfehlen, aber nicht sinnvoll, die Getrenntschreibung, für die sich immerhin anhand des Hauptkriteriums „Bedeutung“ drei Argumente finden ließen, als „falsch“ zu bezeichnen und im Wörterbuch zu unterschlagen. Es sei denn, es wäre dem Wörterbuch erläuternd vorausgeschickt und/oder dem Benutzer klar, daß jederzeit grammatisch zulässige Wortgruppen nicht überall angeführt werden, wo eine entsprechende Zusammenschreibung existiert; wenn zum Beispiel etwas „zu“ ist (das entspricht hier einem Adjektiv „geschlossen“), dann kann es grammatisch gesehen auch „zu“ bleiben, man kann es „zu“ machen und „zu“ lassen. Das ist aber ein grundsätzliches Problem der Wörterbuchgestaltung und hat mit der Frage der Zulässigkeit von einzelnen Schreibungen nichts zu tun.

Im übrigen stimme ich den glasklaren Ausführungen von Professor Ickler wieder einmal zu. Ich habe anfänglich heftig gegen die „breite Fakultativschreibung“ in seinem Wörterbuch proTestiert, habe aber inzwischen einsehen müssen, daß jedenfalls das Konzept in die Irre führt, alles festlegen zu wollen. Je „besser“ und gerechter man das zu unternehmen versucht, desto mehr Einzelfestlegungen und Differenzierungen würden sich bei jedem fraglichen Stichwort anhäufen, und der Benutzer wäre um so verwirrter und ratloser gewesen, wenn der Duden sein Vorhaben noch weitergehend verwirklicht hätte, in jedem Zweifelsfall Festlegungen zu treffen. So ist er bei einem faulen, bereits höchst inkonsequenten Kompromiß stehengeblieben, in Zweifelsfällen ein, zwei Kriterien zu benennen, wobei er Gewichtungen und weitere Differenzierungen (zum Beispiel die Umfänglichkeit der Flexion) unterschlagen hat und in kaum vorhersehbarer Weise einmal der Betonung, ein anderes Mal der Bedeutung, ein drittes Mal einem Unterscheidungsaspekt den Vorrang zugesprochen hat.

Ein ähnliches Problem ergibt sich natürlich hinsichtlich zweier Fragen beim Rechtschreibwörterbuch: Sind die drei Möglichkeiten zusammen/getrennt/fakultativ zusammen realistisch und ausgewogen angewendet worden? Wo immer man solche Einteilungen vornimmt, ergeben sich Probleme der Grenzziehung und zahlreiche unvermeidbare „Inkonsequenzen“ bei benachbarten, das heißt sehr ähnlichen, aber doch nicht deckungsgleichen Fällen. Und: Wo die Möglichkeit bzw. der Befund „fakultativ“ verzeichnet ist, kann man dann nicht doch, wenn nicht Regeln, so doch Empfehlungen formulieren, die eine Entscheidung erleichtern oder ein Gefühl dafür geben, was im Einzelfall zumindest besser ist? Was das erste Problem betrifft, muß der Entscheidung zunächst die statistische Prüfung des Textbestandes vorausgehen, die Professor Ickler vorgenommen hat (wenn auch vielleicht noch nicht bei wirklich jedem fraglichen Eintrag). Zur zweiten Frage meine ich, daß das Wörterbuch sowohl im Regel- bzw. Erläuterungsteil als auch im Wörterteil Empfehlungen und Hinweise in einem ausgewogenen Verhältnis von Übersichtlichkeit und Differenzierung bereithält.



Wolfgang Wrase
München

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Norbert Schäbler
10.01.2001 23.00
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Bitte eindeutig: zufrieden stellen oder zufriedenstellen

Wahrscheinlich bin ich ein wenig verknöchert und unflexibel, wenn ich an manchen Zeitungsmeldungen Anstoß nehme – so zum Beispiel erst heute wieder beim Lesen eines dpa-Berichtes, der ankündigte, daß Christoph Daum eine öffentliche Erklärung abgeben wolle. Hier wurde der einstige Fußballehrer im Schlußsatz wie folgt zitiert: „Ich werde alle Interessenten zufrieden stellen.“
Vor meinem geistigen Auge tauchte sofort das Bild auf, daß ein zufriedener Daum – der u.a. glücklich ist darüber, wieder in Deutschland zu sein – die Journalisten allesamt in den Senkel stellen werde.   
Andererseits habe ich angenommen, daß der einstige Trainer aufgrund seiner Eingeständnisse bezüglich seines Drogenkonsums gar nicht so arg zufrieden sein könne – daß er wahrscheinlich eher mit einem mulmigen Gefühl an die Öffentlichkeit trete – um dort alle Fragen der Journalisten ausnahmslos und ehrlich zu beantworten, um die Herren zufriedenzustellen.
Der Kontext und das Pressespektakel am heutigen 12.01.01, um 14 Uhr haben es ans Licht gebracht, was gemeint war. Daum hat nämlich viele Fragen beantwortet (mit einigen Schweißtropfen auf der Stirn), und ich denke, daß viele Interessenten zufrieden waren, weil endlich der Lügenberg ein wenig abgetragen worden ist.
Auch ich bin ein bißchen zufriedengestellt, was Daum anbetrifft, andererseits bin ich nach wie vor sauer auf den Journalisten, der mich kurzfristig auf die falsche Fährte gelockt hat. Ich will mich nämlich nicht damit zufriedengeben, daß derjenige, der einen Informationsvorsprung hat und mir eine sachliche schriftliche Information zukommen läßt, in Zweideutigkeit schwelgen darf.
Denn, wenn das zur Regel wird mit der Getrennt- und Zusammenschreibung, dann kann jeder mit mir aus Jux und Tollerei, aus Dummheit oder Schwächlichkeit sein „Erkennen-Sie-die-Melodie-Spielchen treiben. Er legt mir einfach einen Parallelfilm auf den Kopf .und läßt mich eine Weile rätseln, statt gleich den richtigen Film einzulegen.

Ich halte nicht sehr viel von Alternativschreibung, die auch Professor Ickler aufgrund seiner fundierten Untersuchungen anvisiert. Schreiben muß eindeutig, differenzierend und adressatenbezogen bleiben. Ansonsten hat ausschließlich der Leser die Mühe, für die der Schreiber zu faul, zu dumm, zu oberflächlich oder zu feige war.



Norbert Schäbler
Hösbach

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Christian Dörner
10.01.2001 23.00
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Schüler und glasklare Auskünfte

Es ist in der Tat so, daß es sicher nicht sinnvoll ist, die Getrennt- und Zusammenschreibung bis ins letzte Detail zu regeln. Trotzdem braucht man (insb. wollen Schüler) an manchen Stellen wirklich eindeutige Entscheidungen. Ich möchte hiezu anmerken, daß ich mich an eine Szene aus meiner Gymnasialzeit erinnern kann (die folgende Szene ist fast 12 Jahre her), bei der es mir ähnlich erging. Damals fragte ein Mitschüler im Deutschunterricht, wie denn nun ‚an Stelle/anstelle‘ zu schreiben sei. Getrennt oder zusammen? Die (richtige) Antwort, daß hier eben beide Schreibweisen zulässig sind, hat die Klasse damals nicht befriedigt. Ich fragte mich damals auch, wie ich es nun schreiben soll. Daß beide Schreibweisen gleichberechtigt waren, konnte ich mir nicht so ganz erklären. „Was ist denn nun die bessere Schreibweise?“ dachte ich mir. Andererseits ist es natürlich so, daß die Schüler in Schulaufgaben dann wieder froh sind, wenn möglichst viele Varianten nicht als Fehler gewertet werden. Das ist die Kehrseite der Medaille. Aber im Unterricht bevorzugen Schüler genaue Vorgaben.
Inzwischen kann ich meine damalige Haltung sicherlich nicht mehr nachvollziehen. Es handelt sich hier wirklich um einen sprachlichen Übergangsfall. So bin ich heute über die Freiheiten nicht mehr verärgert. Ich schreibe ‚anstelle‘, wenn in dem Moment, in dem ich es schreibe, die Vorstellung ‚statt‘ überwiegt, und ich schreibe ‚an Stelle‘, wenn die Vorstellung von ‚an die Stelle von‘ überwiegt. So nutze ich diese Freiräume. Bei ‚aufgrund‘ (= wegen) und ‚auf Grund‘ (= auf Grundlage von) verfahre ich ähnlich. Welche Vorstellung im jeweiligen Fall überwiegt, kann man selbstverständlich nicht sagen. Hier muß dem Schreiber eine Wahlmöglichkeit zugestanden werden. In fast allen Fällen sind beide Schreibweisen denkbar. Bei ‚anhand‘ und ‚an Hand‘ verfährt die Rechtschreibreform im übrigen sehr seltsam: ‚an Hand‘ soll nicht mehr zulässig sein. Was wird dadurch einfacher? Nichts.

Mit der richtigen Auswahl von Schreibweisen in einem Rechtschreibwörterbuch ist es natürlich nicht ganz einfach. So schreibt Prof. Ickler völlig zu Recht, daß ‚Rad fahren‘ von der Grammatik zugelassen werde, wenn man ‚Rad‘ als unverblaßt ansehe, so daß ‚Rad fahren‘ zugelassen werden müsse, während ‚radfahren‘ nur eine Lizenz sei. Hier stimme ich zwar 100%ig überein, aber ist es nicht so, daß ‚Auto fahren‘ inzwischen genauso verblaßt ist? Ich habe mir mal die Arbeit gemacht, dem ein bißchen näher nachzugehen, und habe tatsächlich bei den nichtprofessionellen Schreibern fast ausschließlich die Schreibung ‚autofahren‘ gefunden. Selbst ‚ich fahre auto‘ wurde meist so geschrieben, obwohl es sich hier bereits um die Distanzstellung handelt, in der nur extrem verblaßte Substantive klein geschrieben werden. Die Erteilung der ‚Lizenz‘ zum Zusammenschreiben bei ‚autofahren‘ ist meines Erachtens längst überfällig. Aber das ist natürlich nur eine subjektive Einschätzung von mir. Andere mögen hier ganz anderer Auffassung sein.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Theodor Ickler
10.01.2001 23.00
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Unzufrieden

Leider hat sich noch keiner meiner kritischen Mitstreiter auf meine seit Jahren immer wieder vorgetragenen Argumente eingelassen. Die falsche Eindeutigkeit, die – angeblich um der Schüler willen – gefordert wird, führt zu Tausenden von Schreibweisen, von denen man dann zwar weiß, daß sie festgelegt sind, aber nicht, wie. Man muß also nachschlagen, immer wieder, denn merken kann man sich das auch nicht. Herrn Schäblers Beispiel ist „zufriedenstellen“. Das wird teils zusammen- und teils getrennt geschrieben, ohne Bedeutungsunterschied und ohne daß es überhaupt jemand bemerkt. Man kann natürlich festlegen, daß es entweder nur so oder nur so geschrieben wird. Das ist dann eindeutig. Es hat zur Folge, daß die Hälfte der Vorkommen falsch ist. Was ist damit gewonnen?
Der Begriff von Rechtschreibung, der diesem Dogmatismus zugrunde liegt, ist ein obrigkeitlicher, autoritätssüchtiger, traditionell deutscher. Er muß geändert werden. Das wäre eigentlich die Aufgabe unserer dem Lehrerberuf angehörenden Mitstreiter, nicht die Verlängerung der alten Dudengläubigkeit bis in alle Ewigkeit. Fast könnte man zu den Reformern überlaufen, wenn man das sieht. (Allerdings sind die genauso dogmatisch ...)
(Oben auf der Nachrichtenseite sind einige verfälschende Zitate aus meinem Rechtschreibwörterbuch untergebracht worden. Ich verzichte auf eine Richtigstellung.)



Theodor Ickler
91080 Spardorf

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Christian Melsa
10.01.2001 23.00
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richtige und falsche Ansätze der Lehre erkennen

Man darf bei der Frage „Was wollen Schüler?“ nicht den Fehler machen, die bequeme Lösung anzustreben, ihnen einfach alles zu geben, was sie haben wollen. Das ist ja nicht der Sinn und Zweck von Schule. Andernfalls müßte man den meisten von ihnen konsequenterweise ständig schulfrei geben.

Wenn in der Schule das Schreiben gelehrt werden soll, und zwar nicht nur als Formalitätsübung, sondern sinnerfüllt als Werkzeug des Ausdrucks, dann muß man den Schülern auch beibringen, daß bei solchen Wahlmöglichkeiten – wie Christian Dörner ausführt – beide Fälle ihre Berechtigung haben und es eben Kriterien gibt, aufgrund denen die eine oder andere Variante vorzuziehen ist. Darüber hinaus muß man ihnen genügend Sprachgefühl vermitteln, um sie in die Lage zu versetzen, in Grenzfällen, die es in einem lebendigen Gebilde wie der Sprache immer gibt, selbst entscheiden zu können. Das geht aber nicht, indem man sie mit einem Wust von Theorie vollstopft (wie es die Tendenz der Reform ist), dessen Gehalt diese ohnehin erst in der Praxis lernen werden.

Zuerst lernt ein Grundschüler das Konzept, das hinter einem Alphabet steht. Gleichzeitig wird ihm die richtige manuelle Schreibtechnik beigebracht. Die ganze Schriftwelt ist noch völlig neu für ihn und daher kann er mit Uneindeutigkeiten nichts anfangen, eben weil sich noch kein Gefüge in seinem Inneren bilden konnte, in das er diese einordnen könnte. Es ist noch kein intuitives Empfinden entstanden, das ihm den sicheren Umgang mit Varianten gestattet. Das kann auch erst mit der Zeit entstehen, indem er sich mit der Materie Text und übliche Verschriftung von Sprache regelmäßig beschäftigt, indem er also möglichst viel liest.

Erst daraufhin ist er in der Phase des Schreibenlernens angelangt, in der er sich mit den subtileren Ausdrucksmitteln der Schrift befassen kann. Dieser Übergangsphase muß man sich in der pädagogischen Didaktik bewußt sein. Der Ansatz der Reformer geht nun teilweise dahin, die Schreibnorm irgendwie so zurechtzubiegen, daß man auch ohne diese Übungsphase in der Lage sein sollte, eindeutige Festlegungen zu machen; ohne den Abschnitt, sich mit der Welt der Literatur, der Schrift, des Textes, ihren semantischen Eigenarten vertraut zu machen. Mit anderen Worten: Festlegungen aufgrund der Form von Wörtern, ohne ihren Inhalt kennen zu müssen. Das ist einer der grundlegenden Fehlanschauungen, der die Reformer wohl erlegen sind: Daß das Schreiben sich auf pure Technik reduzieren ließe. Das ähnelt dem menschlichen Verhalten von Personen, die autofahren (schreibe ich jetzt absichtlich auch mal so), einfach, weil sie autofahren möchten, ohne daß sie eigentlich ein bestimmtes Ziel erreichen möchten. Sie fahren nicht aus dem Grund, aus dem Autos ursprünglich erst erfunden wurden, nämlich für den Transport, sondern aus reinem Selbstzweck, da sie das Auto nun mal haben und es so toll finden. Das ist natürlich im Grunde genommen eine Perversion, und es wäre für das Verkehrswesen ziemlich problematisch, wenn alle Autos Roadster wären.

Wie Wolfgang Wrase am Beispiel „zu_lassen“ detailliert gezeigt hat, gibt es verschiedene Gründe, die eine Zusammenschreibung motivieren können, während die Getrenntschreibung in einiger Hinsicht ebenso ihre Berechtigung hat – je nachdem natürlich, was mit dem Wort eigentlich gesagt werden soll. Das Schreiben gut zu beherrschen, heißt eben nicht allein, reinen Formalitäten zu genügen, sondern auch gleichsam durch die Schrift zu sprechen. Dazu dient die Schrift ja auch überhaupt eigentlich.



Christian Melsa
22149 Hamburg

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Christian Melsa
10.01.2001 23.00
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Kurz gesagt...

An sich kann man das alles auch in einem Wort zusammenfassen:

An die Stelle des Dogmas soll die Mündigkeit treten.

Eigentlich keine besonders neue Denkrichtung. Da aber Dogmen für sich allein immer Kruste ansetzen, die ihren ursprünglichen Kern verdeckt und so unzugänglich macht, ist die Mündigkeit, die Befähigung zu eigenem Denken, eine wichtige Kompensation. Es hat natürlich auch keinen Zweck, aus radikalem Prinzip das Dogma von vornherein zu zertrampeln. Man muß nur in allen Lebensbereichen das Überlieferte prüfen, aber nur dann und dort reparieren, wenn und wo es nicht intakt ist.



Christian Melsa
22149 Hamburg

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Gast
10.01.2001 23.00
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Gute Nachricht

Das neue Semesterprogramm der Münchener Volkshochschule erscheint in normaler Othographie.



Prößdorf
München

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Gast
10.01.2001 23.00
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Schlechte Nachricht

selber hab’ ich ’s nicht so mit der Orthographie.



Prößdorf
München

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Norbert Schäbler
10.01.2001 23.00
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...weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Autorität und Dogmatismus
Ganz sicher haben meine Lehrer nur einen Grundstein gelegt für mein Sprachgefühl, denn durch ihr ständiges Exerzieren ewiger Analogien nebst Abweichungen und Ausnahmen haben sie mich widerspenstig gemacht. Ganz sicher sind auch manche meiner Lehrer schier verzweifelt ob meiner Fehler, denn ich hatte die Einsicht nicht, die sie mir selbst vorenthielten, weil es letztlich keine Einsicht gab, die man hätte schülergemäß versprachlichen können.
Gelernt habe ich die Rechtschreibung letztlich im Erwachsenenalter durch Routine und Beschäftigung. Auch die sieben Siegel der Getrennt- und Zusammenschreibung habe ich irgendwann erbrochen, und nach all der Mühe und all dem Schweiß ist mir dieses Kapitel eines der liebsten geworden.
Das Spatium – dieses Leer- oder Nullzeichen – das den Worten Bedeutung verleiht, das Worte gruppiert oder vereint, ist mir ans Herz gewachsen.
Aber, ich könnte die „Weisheit“ nicht lehren, sondern lediglich anwenden. Und ich stehe nicht allein.
100 Jahre lang haben sich schlaue Menschen den Kopf zerbrochen, wie man die Regeln der Getrennt- und Zusammenschreibung in verständliche Worte kleiden könnte. Sie haben es nicht geschafft, und der letzte Versuch in dieser Angelegenheit gehört nach Professor Peter Eisenberg sprachwissenschaftlich sogar auf den Müll.
Unabhängig davon, wann oder ob diese Rechtschreibreform dort landet, wo sie hingehört, bleibt das Problem der Regelformulierung. Und es kann doch nicht angehen, daß man eine Möglichkeit der sprachlichen Differenzierung abschafft, bloß weil man keine verbindliche Lehrmeinung erstellen kann. Man kann doch nicht einfach leugnen, daß sich unterschiedliche Bilder im Kopfe auftun bei der Wortgruppe „richtig stellen“ (da denke ich u.a. an den Photographen) und der Zusammenschreibung „richtigstellen“ (da denke ich u.a. an einen Lehrer mit Rotstift).
Das Volk als zu dumm für die feinen Nuancen der Schriftsprache zu bezeichnen, ist nicht die Lösung, denn eher wird das Volk verdummt, wenn der Weg der Nivellierung beschritten wird. Nicht Gleichschaltung und Gleichmacherei kann das Ziel sein, sondern die Freude am Individuellen.
Fast scheint es so, als hätte man am Individuum die Freude verloren, weil es Mühe macht.



Norbert Schäbler
Hösbach

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Manfred Riebe
10.01.2001 23.00
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Beliebigkeitsschreibung contra Orthographie

Orthographie heißt Rechtschreibung, d.h. eine Richtigschreibung, die auf Grund verschiedener Entscheidungskriterien (z.B. Lautung, Betonung, Bedeutung, Sprachgefühl, Grammatik) ganz allmählich natürlich gewachsen ist. Die Schrift ist nicht zum Schreiben da, sondern zum Lesen. Deshalb spielt gerade die Betonung als Entscheidungs- und Klärungskriterium für die Schreibweise und für das „intuitive“ Textverständnis eine herausragende Rolle; denn Sprache und Schrift korrespondieren miteinander, und die Schrift soll ja problemlos gelesen und verstanden werden.

Wer aber eine Varianten- und Fakultativschreibung zuläßt, fördert eine kompromißlerische scheinbar liberale Beliebigkeitsschreibung, die der Tod jeder Orthographie ist, weil eine Beliebigkeitsschreibung nicht nur das Schreiben, sondern auch das Lesen erschwert. In Wirklichkeit steckt in einer Varianten- und Fakultativschreibung ein Dogma, das anstelle der Dudennorm die qualitativ minderwertige schwankende Zeitungsschreibe als Norm setzt, ein Dogma, das der natürlichen Sprachentwicklung zur Zusammenschreibung entgegenwirkt. Wer eine solche antiautoritäre Laisser-faire-Beliebigkeitsschreibung fördert, wie sie heute infolge der sogenannten Rechtschreibreform bereits in den Zeitungen anzutreffen ist, treibt nicht nur den Schülern den Glauben an die Notwendigkeit einer Orthographie aus, sondern fördert den Rückschritt der Reformer ins 19. Jahrhundert.

Deshalb begrüße ich es als einen wichtigen Schritt zu einem gemeinsamen Ziel, wenn Professor Theodor Ickler schreibt:
„Für didaktische Zwecke kann man die Empfehlung hinzufügen: Wo im Rechtschreibwörterbuch der Bogen (für fakultative Zusammenschreibung) steht, kann man ihn einfach weglassen und Zusammenschreibung empfehlen. Diese vermehrte Zusammenschreibung entspricht übrigens dem – auch von H. H. Munske favorisierten – Alternativvorschlag des Reformers Dieter Herberg, den die westdeutschen Reformer Augst und Schaeder unter den Tisch gekippt haben; in dem neuen Buch „Deutsche Orthographie“ von Nerius u.a. (Dudenverlag 2000) wird er nochmals vorgestellt. In allen Fällen liegt die Zusammenschreibung auf der Linie der Sprachentwicklung, ist daher progressiv, während die Getrenntschreibung einen alten Zustand konserviert (17. und 18. Jahrhundert in der Regel, wie von Glück nachgewiesen).“



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Gast
10.01.2001 23.00
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“zulassen³

Die Verbissenheit der Diskussion über eine Marginalie empfinde ich als ausgesprochen ärgerlich. Sprache ist nicht „hart“, ergo sind „Beweise“ stets relativ.

Ich bin nicht der Auffassung, daß „Eindeutigkeit“ vordringliche Notwendigkeit in der Schule ist. Ganz im Gegenteil wäre es ein wesentlicher Lehrinhalt, den Schülern frühzeitig vor Augen zu führen, daß es für viele, viele Dinge im Leben mehrere gleichgute Lösungen gibt, die – wenn man nur will – problemlos koexistieren können. Immer noch erleiden viel zu viele Menschen auf dieser Welt Nachteile, ja, werden im Extremfall totgeschlagen, einzig und allein des schwerwiegenden Verbrechens wegen, etwas anderes zu glauben als der, der zuhaut.

An mir selbst hat unter anderem auch die Schule ihr unheilvolles Werk verrichtet – beispielsweise die unselige Ansicht gepflanzt und genährt, daß es für alles eine und nur genau eine „richtige“ Lösung geben müsse, anstatt dem „Leben und leben lassen“ seinen Raum zu lassen. Mir wäre lieber, ich trüge von dieser Empfindung weniger in mir.

Die Deform hat eine Reihe von Häßlichkeiten über uns gegossen, die einem Vielleser wie mir das genüßliche Lesen vergällen – und doch rechtfertigt eine einzelne davon keinen Leserbriefkrieg, wenn man sich nicht lächerlich machen will.

Dieses „Zulassen“ ist doch ein Zweifelsfall! Wieso verbeißt man sich darin und läßt nicht fünfe gerade sein? Es gibt viele Zweifelsfälle der Sprache und man wird nie alle klären können – und wenn das Bürokratenherz darob noch so blutet.

Ich halte für zutiefst deutsch, ein Hindernis anzugehen mit aller Macht – und noch nicht im Traum die Möglichkeit zu bedenken, daß vielleicht ein kleiner Umweg ein Überwinden des Hindernisses überhaupt überflüssig machte.

An dieser Stelle gab es reichlich Traktate darüber, wie jenes unselige „zu lassen“ nun zu schreiben wäre (übrigens, Herr Wrase, ich meine, es mit zwei Starktönen zu sprechen, „zú l·ssen“, und mit einer kleinen Pause), kein einziger ist auf meinen Vorschlag eingegangen, die Klippe zu umgehen und eine andere Formulierung zu wählen.

Auch diese Taktik wäre als gesellschaftlich allgemein nützliche in der Schule eher zu üben als dogmatische Beckmesserei.

Ein richtig guter Lehrer ist nicht etwa der, der sich beim Fehlerzählen nie vertut, sondern der, der für ein geistreiches Wortspiel zu Lasten der eigenen Person einen Fehler abzieht.



Martin Gerdes

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Stephanus Peil
10.01.2001 23.00
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Rundbögen weglassen

Danke, Herr Ickler, daß Sie in Ihrem jetzt abgegebenen Kommentar zu Ihrem Wörterbuch die von vielen vermißte Eindeutigkeit gerade im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung durch einen deutlichen Hinweis präzisieren, indem Sie die Empfehlung geben, in Zweifelsfällen den Rundbogen einfach wegzulassen, also das betreffende Wort zusammenzuschreiben. Nun ist mir Ihr Wörterbuch um ein vieles sympathischer!

Ich habe ja gestern das Aufschlagen Ihres Wörterbuchs mit dem Fragen eines Fremden nach dem Weg verglichen. Oftmals gibt es zwei mögliche Wege, die zum Ziel führen. Bisher antworteten Sie: Ich erkläre Ihnen beide Wege und Sie entscheiden, welchen Sie wählen wollen. Für den Fragenden existieren zwar nun beide Wege im Kopf, aber sie wurden von ihm noch nicht zurückgelegt, so daß er kaum in der Lage sein dürfte, die beiden Wege miteinander zu vergleichen und die richtige Entscheidung zu treffen. Sie aber, Herr Ickler, haben das Hintergrundwissen und können durch Ihre profunden Kenntnisse abschätzen, welcher der beiden möglichen Wege der günstigere ist. Deshalb beglückwünsche ich Sie zu Ihrer Empfehlung, den einen Weg (Zusammenschreibung) dem anderen (Getrenntschreibung) vorzuziehen.

Bravo, dieser deutliche Ratschlag gefällt mir, er entspricht ganz meinem Sprachgefühl; jetzt sehe ich Ihr Wörterbuch mit ganz anderen Augen an. Diese Klarstellung war notwendig. Sie hat gutgetan!

Nun werde ich eher zum Ickler als zum Duden greifen.



Stephanus Peil
In den Gärten 5, D-56457 Westerburg-Gershasen, Tel. 02663-8593, Fax 968575, Mobiltel. 0173-8255495

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Walter Lachenmann
10.01.2001 23.00
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Geisterstunde

Aus dem Beitrag von Herrn Ickler:

»Herrn Schäblers Beispiel ist „zufriedenstellen“. Das wird teils zusammen- und teils getrennt geschrieben, ohne Bedeutungsunterschied und ohne daß es
überhaupt jemand bemerkt.«

Jetzt muß ich einmal ganz dumm fragen: Ist das wirklich ernst gemeint?

Daß man sowohl »zufrieden stellen« als auch »zufriedenstellen« schreiben kann, ist klar. Aber daß Sie meinen, da sei kein Bedeutungsunterschied, überrascht mich nun schon ziemlich. Und daß Sie meinen, daß die unterschiedliche Schreibweise »überhaupt keiner [be]merkt«, ist genauso überraschend.

Überhaupt jemand ist zum Beispiel Herr Schäbler, und ich bin das auch. Ich möchte hierzu schon bemerken, daß ich den Unterschied der beiden Schreibweise sehr wohl merke, und dabei auch einen klaren Bedeutungsunterschied sehe:
Wenn ich jemanden zufriedenstelle, dann tue ich etwas, womit er zufrieden ist. Das sehe ich ähnlich ich wie weichkochen. Die Kartoffeln werden gekocht, bis sie weich sind. Der Mensch wird von mir betan, bis er zufrieden ist.

Zufrieden stelle ich dann fest, daß er zufriedengestellt ist.

Zufrieden stellen Herr Schäbler und ich fest, daß wir einer Meinung sind.

Ich kann den Stuhl aber nicht zufrieden stellen, egal wohin, weil ich einfach nicht zufrieden bin.

Das ist doch ähnlich wie die »Frau tot gefahren und geflüchtet«. Oder das Flugzeug stürzte ab, weil der Tank leer geflogen war. Fragt sich, wie es überhaupt starten konnte.

Nun mag es ja Fälle geben, wo die Bedeutung dieselbe ist, egal ob zusammen oder auseinander geschrieben, aber doch nicht bei »zufriedenstellen«!

Oder fangen wir an, Gespenster zu sehen? Sind wir auf dem Weg nach Transsylvanien, zu Nosferatu, Dracula, Graf Orlok und Knock? Zinieren wir schon hallu?

Es ist Mitternacht, Dr. Ickler!



Walter Lachenmann
Krottenthal, der augenblicklichen Kälte nach in Transsibirien

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Christian Dörner
10.01.2001 23.00
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Probleme mit dem Gästebuch

Habe nur ich in letzter Zeit Probleme mit dem Gästebuch, oder werden die doppelten und einfachen Anführungszeichen bei den anderen Mitdiskutanten auch falsch dargestellt?

Im letzteren Fall bitte ich um die Behebung dieses Problems durch die Redaktion.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Dörner



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Christian Dörner
10.01.2001 23.00
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Immer wieder: Getrennt- und Zusammenschreibung

Obwohl dieses Thema schon sehr oft diskutiert worden ist, möchte ich doch auf ein paar Argumente von Herrn Prof. Ickler eingehen.
Prof. Ickler schreibt in seinem Rechtschreibwörterbuch und auch hier völlig zu Recht, daß eine genaue Festlegung der Getrennt- und Zusammenschreibung nur dazu führen würde, daß man dann zwar wisse, daß eine Festlegung existiere, man dann aber ständig gezwungen wäre nachzuschauen.
Hier muß man m. E. eine Fallunterscheidung machen. Es gibt in der Tat Zweifelsfälle, die der Duden relativ willkürlich genormt hat. Es gibt Zweifelsfälle, wo selbst die Zeitungen sich des öfteren nicht an den Duden hielten. Prof. Ickler hat dies in seinem Kritischen Kommentar am Beispiel zuhause (aufgrund der zur Zeit fehlerhaften Darstellung der Anführungszeichen verzichte ich in diesem Beitrag auf sie) sehr schön deutlich gemacht. Auch in anderen Fällen wie ernstnehmen, pleitegehen, zugrundeliegen, zustandekommen, aufeinanderfolgen, nebeneinandersitzen, entzweigehen, verlorengehen, ja meines Erachtens sogar bei autofahren ist eine völlige Freigabe sicher der richtige Weg. Eine Festlegung würde nur wieder zum vielkritisierten Dudenmonopol führen, das in der Tat einen obrigkeitsstaatlichen Charakter hat. Dann gibt es aber – wie Norbert Schäbler und Walter Lachenmann ausführen – Beispiele, die nie Zweifelsfälle waren, die eigentlich nie jemand anders schrieb. Dazu gehört z. B. zufriedenstellen, das ich vor der Reform – in dieser Bedeutung – noch nie getrennt geschrieben gesehen hatte. Ähnlich ist es bei fertigstellen. Ich möchte mich hier wieder auf den Kritischen Kommentar beziehen. Prof. Ickler schreibt sinngemäß, daß die neue Getrenntschreibung bei fertigstellen der Richtung der Sprachentwicklung völlig entgegengesetzt sei, da man in Textquellen (z. B. in Zeitungen) nie ein Beispiel für Getrenntschreibung finde. (Ich bitte Herrn Prof. Ickler dies richtigzustellen, falls ich ihn falsch zitiert oder falsch verstanden habe. Seine Aussagen zu verfälschen ist mit Sicherheit nicht mehr Absicht.) Aber hier hat er völlig recht. Aber was heißt das im einzelnen? Es heißt, daß es sich hier eben um keinen Zweifelsfall handelt, bei dem eine Freigabe nötig wäre. Auch ein Nachschlagen ist hier nicht notwendig, da es sowieso jeder zusammenschrieb. Die Empfehlung der Zusammenschreibung wäre, wenn man fertigstellen in dieser Bedeutung gebraucht, keine obrigkeitsstaatliche Maßnahme, sondern lediglich die Aufzeichung des Sprachgebrauchs.
Nun gibt es folgendes Problem: Es ist sehr schwierig, die Grenze zwischen Zweifelsfall und Nichtzweifelsfall zu ziehen, wenn nicht gänzlich unmöglich.
Lösung des Problems: Man empfiehlt Getrennt- oder Zusammenschreibung, um demjenigen, der nachschlägt, eine Orientierung zu geben.
Ich nenne ein Beispiel für einen möglichen Wörterbucheintrag:

bekannt_werden: i. S. v. an die Öffentlichkeit geraten im allgemeinen zusammengeschrieben: bekanntwerden, in den nicht infiniten Formen jedoch nur getrennt: ... daß es bekannt wird.
i. S. v. (abgeschwächt) berühmt werden im allgemeinen getrennt geschrieben: bekannt werden

Ist das obrigkeitsstaatlich? Ich denke nicht.
Vielleicht konnte ich die Diskussion doch ein bißchen anregen.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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