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Gast
14.01.2001 23.00
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Missverständnis wegen Bedeutungsangabe

zu Schäblers „Es stinkt zum Himmmel“

Dass der Duden den Paragrafen 34 in Bezug auf „wieder_sehen“ richtig ausgelegt haben soll, bedeutet, dass er ihn in der neusten Auslage nun falsch auslegt; in dieser Reihenfolge, wirklich? Je vous en prie! Sie schreiben: „Der ausschließlich als Wortgruppe darzustellende Begriff ‚wieder sehen’ war die einzig mögliche Interpretation“. Soweit ich mich erinnere, hat Bertelsmann das erste Wörterbuch zur Reform rausgebracht. Ich hab es nicht hier stehen; ich hab es aber so in Erinnerung, dass dort die Abgrenzung von ‚wieder sehen’ zu ‚wiedersehen’ richtig dargestellt war. Dass man E1 so auslegen konnte, wenn man der Bedeutungsangabe zu viel Gewicht gab, dass es nur ‚wieder sehen’ geben konnte, das ist mir schon klar. Der Duden hat es ja gemacht! Das mit der „Wortgruppe“ könnte man meiner Meinung nach noch etwas ausführlicher beschreiben. Dass aber ausgerechnet die Dudenredaktion dies nicht begriffen hat und souverän richtig angewandt hat, finde ich im Nachhinein immer noch komisch. Heute weiß man, dass die Bedeutungsangabe eine Hilfe ist, zu verstehen, was mit „Wortgruppe“ gemeint ist. Wer natürlich meint: „Wann immer ‚wieder’ die Bedeutung „erneut, nochmals“ hat, dann muss ich getrennt schreiben...“ nun, der liest das Regelwerk eben falsch.


Was Sie zu dem ersten Kommissionsbericht schreiben, kuck ich mir noch an (heute ist es zu spät). Doch was Sie schreiben, ist keine Regeländerung, sondern eine Regeltextänderung, die das Gemeinte deutlicher darstellen soll (Abgrenzung Zusammensetzung zu Wortgruppe).

Ich bin übrigens nicht Journalist; eine journalistische Pflicht hab ich nicht. Bei „Affäre“ hab ich fast das Gefühl, Sie würden mich mit jemandem verwechseln. Auch „Störaktion“ kam mir etwas merkwürdig vor. Die Mafia (Kommission) erpresst regelmäßig Schutzgelder bei den Wörterbuchverlagen, um sie sich gefügig zu machen, das ist auch mir bekannt.



Michael Jansen

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Norbert Schäbler
14.01.2001 23.00
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Korrelation und Betonung als Krücken!

Ich sehe keinen radikalen Gedanken darin z.B. „radfahren, autofahren, traktorfahren“ u.ä. gleichartig zu schreiben. Auch „computerspielen, holzhacken, kegelschieben und seiltanzen“ macht Sinn, denn wenn ich die Alternativschreibweise im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung als Rahmenrichtlinie anerkenne, dann muß ich auch Gebrauch davon machen dürfen.
Was ich suche, sind Entscheidungshilfen. Wann schreibe ich was am sinnvollsten? Es wäre doch ein Unding Massen von Schulabgängern auf die Welt loszulassen und ihnen lediglich eine Rahmenrichtlinie in den Ranzen zu packen. Das gäbe ein Chaos!
Sowohl das Merkmal der Betonung als auch die Korrelation der Wortarten halte ich für ausgezeichnete Behelfskrücken, die zwar nicht immer ausschließlich dienlich sind, doch wo die eine nicht hilft, hilft eben die andere. Meiner Meinung nach müssen noch mehr Krücken gebaut werden. Da müssen die Orthopäden ran, sprich die Didaktiker.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß in der Schule ein starker Trend zur Nominalisierung vorliegt. Dies liegt unter anderem daran, daß im Gegensatz zu früher, als die Umdruck- und Kopiertechnik nicht so ausgefeilt war und Texte als Ganzes geschrieben wurden, heute meist Einzelwörter in Lückentexte eingesetzt werden. Größtenteils bestehen diese Lückenfüllwörter aus Begriffen, sprich Substantiven.
Daneben bevorzugt auch die Behördensprache den Nominalstil. Hier kommt es z.B. auch zu geistlosen Wortschöpfungen wie: „Die Nichtannahme, die Nichteinhaltung, ....“ Derartige Unwörter sind selbstverständlich nicht als Behelfskrücken zur Wortableitung zu gebrauchen und zum Glück sind Wortverunstaltungen wie „das Sichzuschuldenkommenlassen“ noch nicht erfunden.
Abschließen möchte ich mit einem Beispiel einer amtlichen Verlautbarung. „Nach der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten wird das Inkrafttreten des Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar erfolgen.“
Für gutes, wortreiches und aktives Deutsch könnte ich mir durchaus Verbalisierungen wie „verlautbaren“ und „inkrafttreten“ vorstellen. Oder ist da etwa ein „in Kraft treten“ besser?



Norbert Schäbler
Hösbach

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Stephanus Peil
14.01.2001 23.00
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Rechtschreibnoten abschaffen?

Zu den Vorschlägen von Herrn Markner und Schäbler:

Der von Herrn Markner in die Diskussion gebrachte und von Herrn Schäbler aufgenommene Gedanke, von der Zusammenschreibung eines zusammengesetzten Substantivs auch die Zusammenschreibung zusammengesetzter Verben (pardon, Herr Ickler würde mich korrigieren: Verbzusätze) ableiten zu können, scheint mir keine praktische Entscheidungshilfe für die Zusammenschreibung zu sein:
Auch von getrenntgeschriebenen Verbzusätzen kann man ja zusammengesetzte Substantive bilden:
allein gehen – Alleingang
neu anfangen – Neuanfang
Auto fahren – Autofahrt


Zu Icklers Bemerkung über meine auf ihn bezogene Formulierung »Schreibpapst«:

Herr Ickler hat das Wort »Schreibpapst« in den falschen Hals bekommen. Mit »Papst« wollte ich lediglich die in Fachkreisen unangefochtene Autorität Icklers unterstreichen, seine überdurchschnittliche Kompetenz herausheben. Es lag mir fern, ihn mit diesem Begriff in ein falsches Licht stellen oder gar beleidigen zu wollen. Vielmehr sollte der Ausdruck meinen Respekt bezeugen, den ich vor ihm habe.

Daß Ickler keine Unfehlbarkeit beansprucht, ehrt ihn. So sehe ich auch seine Definition, was ein Rechtschreib»fehler« sei, als nicht unfehlbar an: Für mich ist und bleibt eine Abweichung von der Schreibnorm ein Rechtschreibfehler. Die Frage ist nur: Was ist die Schreibnorm? Früher wußte ich, was die Norm der Schriftsprache war, aber heute? Durch die liberale Auffassung Icklers ist mir die Klarheit mehr und mehr entschwunden. Gottseidank bin ich nicht mehr gezwungen, rote Tinte    verspritzen zu müssen, ich wäre mir nach dieser Diskussion auch sehr unsicher, was ich noch als Rechtschreibfehler markieren sollte und vor allem: was nicht. Sollte man deshalb nicht ganz auf die Rechtschreibnoten verzichten? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß nach Icklers Auffassung eine Benotung im Rechtschreibunterricht in bezug auf die GZS zu unterlassen sei. Wie sollte ich sonst seine folgenden Bemerkungen deuten? » Man schreibt „genausogut“, „genauso gut“ und „genau so gut“, das ist alles dasselbe. (...) Unsere Lehrer bekommen meistens keine Ausbildung in Orthographie und Sprachnormentheorie. Sie haben daher ein ganz naives Verhältnis zur Rechtschreibung, schauen im Duden nach wie jede Sekretärin und urteilen nach falsch und richtig, wie der Dienstherr es befiehlt. Ich lehne diesen ganzen Betrieb von Grund auf ab und empfehle eine ganz andere Praxis: Beratung im Sinne eines „besser oder schlechter“.« Als Konsequenz daraus müßte Ickler doch einen Wegfall der Notengebung im Rechtschreibunterricht postulieren (zumindest auf dem Gebiet der GZS, aber auch in Fällen wie z. B. in bezug auf / in Bezug auf). Vielleicht sieht er die Benotung von Rechtschreibfehlern in diesem Bereich gar als Herrschaftsinstrument an? 1968 liegt wohl doch gar nicht so weit zurück!

Herr Ickler findet es schlimm, daß ein schreibgeübter Deutscher im Wörterbuch nachschlagen muß. Ist das verwunderlich bei der heutigen Schreibunsicherheit besonders auf dem Gebiet der GZS, an der Icklers Wörterbuch einen wohl nicht unbedeutenden Anteil hat? So sehr mich als Schreibenden die Toleranz und Liberalität Icklers vor dem Makel der Falschschreibung schützt, so unzufrieden bin ich über die Auflösung der Schreibnorm auf diesem Gebiet, die Ickler sicherlich mitzuverantworten hat.
Ein bißchen mehr Mut beim Weglassen des Bogens, wie es Herr Wrase vorschlägt, könnte Herrn Ickler nicht schaden.


P.S.: Meine niveaulose Art, z. B. den »Makel der Falschschreibung« als einen solchen überhaupt zu erwähnen, und überdies die hitzige (und endlose) Diskussion am Kochen zu halten, bitte ich entschuldigen zu wollen.



Stephanus Peil
Westerburg

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Norbert Schäbler
14.01.2001 23.00
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Die Angst, alles zu verlieren

Es ist relativ einfach nachzuweisen, daß die Rechtschreibreform zu ca. 95 Prozent aus einer in der Bundesrepublik zuvor nie praktizierten Schreibänderung besteht, einer Änderung, die selbst für „Sprachidioten“ nachvollziehbar ist, und von „Volldeppen“ in einem generellen Ersatz von „ß durch ss“ vollzogen wird.
Und es ist geschichtlich erwiesen, daß das Ausführen einer Parole – gefaßt in drei Worten – dem deutschen Volke noch nie Probleme bereitet hat.
Schwieriger fällt schon der Nachweis, daß diese Reform ein einzigartiges Blendwerk ist, das mit Methoden der Geiselnahme und Machtmißbrauchs sowie unter Einsatz massenpsychologischer Wirkfaktoren durchgesetzt wurde, und die sich bewährter Seilschaften von Politik und Wirtschaft bediente.
Ein Gedächtnis, das zumindest vier Jahre zurückreicht und das sachliche Argumente berücksichtigt, wird auch diese Klippe meistern.

Einige Thesen:
Die Verwendung von „ß“ ist sowohl lese- als auch schreibtechnisch die bessere Lösung. Dagegen ist die veraltete „SS-Schreibung“ ein „Missstand“.
Kritiker sind keine Gegner jedweder Reform, auch wenn sie von Seiten politischer Zirkel als solche bezeichnet werden. Sie sind auch dann keine potentiellen Gegner und lernunfähige Gestalten, wenn sie – wie auf dieser Internetseite üblich – die SS-Schreibung nicht praktizieren.
Eine Reform zum Selbstzweck darf es nicht geben. Ziel kann nur sinnvolle Erneuerung sein.   
Der SS-Schreibung und dem SS-Gehabe der Reformer haftet der Makel des UNANNEHMBAR an.

Herr Professor Ickler stellt seine konstruktive Kritik täglich unter Beweis. Er hat bisher seine sämtlichen Publikationen (auch sein Wörterbuch) in herkömmlicher Schreibweise verfaßt. Dazu gehört Mut, der etlichen seiner Kollegen scheinbar abhanden gekommen ist.
Es sollte uns Kritikern eine Ehre sein, ihm behilflich zu sein, zumal sein Lösungsansatz im Bereich der GSZ Perspektive verrät.
Wir sollten helfen, die willfährige Erteilung von Schreiblizenzen, das angeblich unwiderrufbare Dogma, letztlich die Gängelung durch unbedachte Normierung, zu beseitigen.

Aber lieber Herr Professor Ickler, jetzt zurück zur Überschrift und zurück zu einer unbeantworteten Frage von Stephanus Peil. Verzeihen die Frage! Sie hat etwas Beschämendes und Peinliches an sich.
Was passiert eigentlich, wenn der Fall der GSZ gelöst sein wird? Haben wir Sie dann weiterhin an unserer Seite im Kampf gegen das UNANNEHMBARE, oder werden Sie dann den Widerstand wegen Aussichtslosigkeit aufgeben?
Können Sie unsere Angst verstehen? Können Sie unsere Hoffnung nähren?
Bitte um eine ehrliche Antwort!



Norbert Schäbler
Hösbach

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Theodor Ickler
14.01.2001 23.00
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Gesammelte Fragen und Antworten

Über Nacht sind wieder ein Menge anregende Gedanken hier eingetroffen, die ich mit Vergnügen sammele und zu beantworten versuche. Übrigens finde ich unsere Diskussion nicht übertrieben hitzig, sondern sehe ein sachliches Niveau, um das uns die meisten anderen Diskussionsforen beneiden könnten. Gelegentliche persönliche Schlenker würzen die Suppe.

Zur „Norm“: Ich weiche die Norm nicht auf, sondern vertrete einen deskriptiven Normbegriff, d. h. ich betracht den Gebrauch als Norm. Herr Gröschner und ich haben den Karlsruher Richtern (vergeblich) diesen Begriff der inhärenten Norm nahezubringen versucht. Eine extern gesetzt Norm, wie so oft im Duden, hat große Nachteile, weil unsere Kenntnis nicht ausreicht, um zu sehen, ob sie wirklich der Sprachentwicklung und Intuition entspricht. Andernfalls muß sie mit großem Aufwand und zweifelhaftem Erfolg gelernt werden. Beispiel: „sitzenbleiben“ vs. „sitzen bleiben“. Daß ausgerechnet hier der übertragene Gebrauch anders geschrieben werden soll, ist eine sachfremde Ad-hoc-Regel, extern gesetzte, nicht aus dem Gebrauch abgleitete Norm. Niemand kennt sie oder hält sich daran, wenn er nicht das „Glück“ hatte, von einem Schulmeister darauf gestoßen zu werden. Und wie steht es mit anderen übertragenen Gebrauchsweisen? Das Mauerblümchen, das sitzen bleibt, der Metzger, der auf seinem Rindfleisch sitzen bleibt? Übrigens gehört „sitzenbleiben“ zu den Verben, die ich schon ganz früh untersucht habe. Hier ein Auszug aus meinem Protokoll: FAZ 1996: „sitzenbleiben“ (nur Infinitiv) – 6mal übertragen, 8mal wörtlich; „sitzen bleiben“ 5mal übertragen, 4mal wörtlich; Süddeutsche Zeitung 1998 ungefähr gleich oft übertragen und wörtlich. Weitere Nachprüfungen würden den Befund verbreitern, aber nicht ändern. Offenabr legen die Schreiber und Leser keinen Wert auf solche haarspalterischen Unterscheidungen, da der Kontext keine Zweifel läßt. Übrigens: Warum sollte nur „sitzenbleiben“ immer zusammengeschrieben werden, lieber Herr Riebe? Dieselben Verhältnisse gelten für alle Infinitiv+Verb-Gefüge dieser Art (s. meine Rubrik „Positionsverben + Infinitiv“). Sollen sie alle zusammengeschrieben werden, gewissermaßen als Spiegelbild der Reform, die sie alle getrennt schreiben läßt? Das wäre genauso dogmatisch und wirklichketisfremd, und welchen Sinn soll es denn haben? Solche Sachen nehme ich aus dem kleinen Bereich des Festgelegten heraus und schaffe damit den Zustand der Freiheit – und der Fortsetzung der bisherigen bewährten Schreibung. Und, lieber Herr Peil, die Unsicherheit wächst dadurch nicht im mindesten! Das ist ja gar nicht möglich, wenn doch mein Motto heißt: Weiter so wie bisher!

Zur Notengebung: Rechtschreibung ist, wie gesagt, ein Teil der Sprachkompetenz und eine Kulturtechnik; sie kann gelehrt und daher auch benotet werden und sollte es auch, genau wie Grammatik und Ausdruck und Aufsatzschreiben usw. Warum eigentlich nicht? Neulich brachte meine Tochter (7. Klasse) ein Heft nach Hause, worin der Deutschlehrer aus „galoppieren“ das zweite p mit roter Tinte herausgestrichen hatte, nebst „R“ am Rande. Wahrscheinlich selbst ein Opfer der Reform. Da hat er sich geirrt, das ist ganz eindeutig, hier gibt es keinen Spielraum. Das Anstreichen von „genausogut“, „genau so gut“ oder „genauso gut“ würde ich mir auch nicht gefallen lassen, weil diese Schreibweisen allesamt üblich, sprachgerecht und daher richtig sind. Zum hundertsten Male: Es kommt darauf an, in welchem Bereich der Orthographie man sich befindet, das ist keineswegs „beliebig“.

Zur Phonetik: Es freut mich, daß Herr Riebe inzwischen die Problematik seiner vermeintlich ganz „einfachen“ Lösung einsieht, und daß ihm auch die doch sehr revolutionären Folgen seiner „konsequenten“ Durchführung des Betonungskriteriums nicht mehr fremd sind. Was die Phonetik betrifft, so ist besonders die Arbeit von Peter Eisenberg hervorzuheben, auch der Teil über Buchstaben und Laute in der Dudengrammatik (die beiden letzten Auflagen) aus seiner Feder.

Zu Präferenzen, Bogen: Herr Wrase hat recht, mir ist auch bewußt gewesen, daß manche freigestellten Schreibungen nur verschwindend selten vorkommen, wahrscheinlich auch „zusammen nehmen“ usw. Ich habe gezögert, wo „zusammen“ unterzubringen ist, und mich dann aus Gründen der Systematik und wegen erwiesener Unschädlichkeit für die Fakultativität entschieden. Das muß aber nicht das letzte Wort sein. Kleinere Verschiebungen zwischen ß 9 und ß 10 sind immer möglich, sie ändern am Grundsätzlichen nichts. (Die Auswahl „zusammenarbeiten“, „-läppern“, „-pferchen“ ist nicht ganz willkürlich; das erste ist gewissermaßen das Paradigma für Analogieschlüsse, wie so oft; die andern beiden sind wegen der Schreibweise des Grundwortes aufgenommen. So habe ich es oft gemacht, aber vielleicht noch nicht systematisch genug. Ich zitiere im übrigen den verehrten Meister Augst: „Schad’t nix!“)

Zu Substantivierungen: Bei Substantivierungen gelten andere grammatische Gesetze als bei Verbkonstruktionen. Auch substantivierte Infinitive sind Substantive in diesem Sinne. Daher nur „das Busfahren“, nicht „das Bus Fahren“; daraus folgt also nicht, daß es auch ein Verb bzw. eine Verbzusatzkonstruktion mit der Schreibweise „busfahren“ geben müsse. Zu Ende gedacht, führt dies zu „stellungnehmen“ usw.; auch das ist vorgeschlagen worden, sogar Peter Suchsland geht in einem gescheiten Aufsatz sehr weit in diese Richtung. Erwägenswert, aber im Augenblick wohl nicht so ganz aktuell. Herr Dörner hat wieder mal das Richtige gesagt.

Zu „wiedersehen“: Ob der Duden die Regel zuerst falsch und dann richtig ausgelegt hat oder umgekehrt, braucht uns nicht zu kümmern, das können die Dudenredakteure mit der Kommission ausmachen, über die sie sich mit Recht sehr geärgert haben und weiterhin ärgern. Ich habe zu zeigen versucht, daß die Reformer ihre eigenen Regeln nicht verstehen. Bertelsmann hat in der Eile der ersten Auflage die Reform nur halb umgesetzt und daher aus Nachlässigkeit bei „wiedersehen“ zufällig das Richtige getroffen. Nachdem der Duden erschienen war, hat aber Bertelsmann sich umgehend der neuen Deutung angeschlossen. Ich habe das Bertelsmannmachwerk und den völlig unfähigen Bearbeiter damals in einer Besprechung bloßgestellt. Die Eiertänze der Redaktion und die weitere Anpassung an den Duden (sogar im Stichwortbestand) werden auch in „Regelungsgewalt“ nachgewiesen (vorläufig schon hier auf der Rechtschreibseite unter „Propaganda und Wirklichkeit“). Über die Geschichte und Bedeutung von „wieder/wider“ hat das Grimmsche Wörterbuch eine ausgezeichnete Abhandlung, die ich auch frühzeitig in die Diskussion gebracht habe, weil sie die Irrwege der Reformer hätte verkürzen können.

Zum „kinderleichten“ Wörterbuch: Lieber Herr Riebe, Sie haben in München die Podiumsdiskussion erlebt, auf der Herr Götze sagte, er wolle eine Rechtschreibung, die ein sechsjähriges Kind versteht. Ist es boshaft, wenn ich Ihre Forderung und Ankündigung einer „kinderleichten“ Rechtschreibung damit vergleiche? Die deutsche Rechtschreibung kann aus vielen Gründen nicht kinderleicht sein. Das will ich aber hier nicht auch noch begründen. Aber sagen Sie mir doch einmal, was Sie meinen, wenn Sie sagen, Sie schrieben „zusammen schreiben“ getrennt, um das „zusammen“ besonders zu betonen? Soll das heißen: Nach der kinderleichten Regel wird zusammengeschrieben, wenn der erste Teil betont ist; wenn er aber „besonders betont“ ist, dann wird wieder getrennt geschrieben? Und ist dann nicht die Gefahr, daß man es als „gemeinsam schreiben“ mißversteht? Ein großes Rätsel geben Sie uns da auf. Übrigens kommen Sie mit dem Betonungskriterium deshalb zu Unmassen von Zusammenschreibungen, weil bei jedem Verb ein spezifizierendes Element stehen kann, das automatisch betont ist (Phrasenakzent), also „mausetotschlagen“, „krankenhausreifschlagen“ usw. – das war der Grund, warum ich gestern schmunzeln mußte, denn ich sah nur zu deutlich, daß Sie das nicht bedacht haben.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Christian Dörner
13.01.2001 23.00
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Undurchsichtige Regelungen

Es ist mir fast peinlich, daß ich das Wort »platt machen« nicht im Duden von 1991 gefunden habe, aber trotzdem kann man daran noch mal alles Wesentliche erklären.
Ich habe anschließend versucht, mich in die Denkweise des Duden hineinzuversetzen, und habe es trotz nicht ganz unplausibler Begründung falsch gemacht. Daß man »ein Unternehmen dichtmachen«, aber »ein Unternehmen platt machen« muß, läßt sich nicht mehr mit dem gesunden Menschenverstand erklären. In beiden Fällen entsteht (eigentlich) ein neuer Begriff, und in beiden Fällen lassen sich die Wörter auch in ursprünglichem Gebrauch verwenden: »einen Reifen dicht/platt machen«.
Herr Riebe macht sonst von den Freiheiten, die ihm das Rechtschreibwörterbuch bietet, gerne Gebrauch. Er schreibt »zusammen schreiben«, »in Bezug auf« und »genauso gut«. Warum auch nicht? Auch ich schreibe »oh je«, »oh nein«, »ich hör« und »ich laß«, auch wenn mir der Duden sagen möchte, daß diese Schreibweisen falsch sind. Die jeweils dudenkonformen Schreibweisen sind mir aber so unsympathisch, daß ich mich mit ihnen nicht so ganz anfreunden kann.

Aber noch einen Punkt zur GZS: Je genauer man regelt, desto sicherer kann man sich sein, daß sich niemand wird merken können, welche Gedankengänge hinter der noch so genialen Festlegung stecken. Was ist dann gewonnen? Gar nichts. Man sieht nur, daß sich selbst diejenigen, die hier eine genaue Regelung befürworten, die Haarspalterfestlegungen des Duden nicht merken können. Sollte ihnen das nicht wenigstens ein bißchen zu denken geben, wenn man sich überlegt, daß auch die Schüler dies dann alles exakt lernen müßten?



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Walter Lachenmann
13.01.2001 23.00
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Resistent?

Lieber Herr Ickler,
wenn das, was Sie darlegen, so wäre, wie Sie es darlegen, hätten wir ja nicht diese Diskussion, sondern wir würden Ihnen alle mit Begeisterung wie einem Anführer folgen oder wie einem Papst huldigen.
Vermutlich wollen Sie weder Anführer noch Papst sein, ich persönlich möchte auch weder den einen noch den andern haben. Was wir bräuchten, wäre ein Anwalt. Mit Anwälten ist es oft so – das zeigt die Erfahrung – daß man denen sein persönliches Anliegen noch so deutlich schildern kann, auch eine schriftliche Vorformulierung hilft nichts: wenn man dann das Anwaltsschreiben liest, kennt man seinen eigenen Fall nicht mehr. Oder nur noch teilweise, und das, was einem wichtig wäre, ist weg. Gewinnen tut man manchmal trotzdem, oder gerade deshalb, aber hier paßt die Analogie nicht mehr, denn wir wollen ja auch nicht vom Regen in die Traufe kommen.
Dabei ist das Anliegen doch – so meint jeder – ziemlich klar. Wir wollen nicht vorgeschrieben bekommen, wie wir richtig schreiben sollen, schon gar nicht abweichend von den bisherigen Gewohnheiten, und erst recht nicht so, daß uns unsere eigenen Texte nicht mehr gefallen oder gar unsinnig erscheinen. Also der Absolutheitsanspruch sowohl der alten Rechtschreibregeln wie der neuen sollte erst einmal gebrochen werden. Und dann bräuchten wir ein Wörterbuch, in dem Ratsuchende, also Leute, die nicht erst in die Tiefen irgendwelcher Auslegungsdiskussionen einsteigen können, sondern schnell weiterarbeiten wollen, nachschlagen können, wie sie im Zweifelsfall schreiben sollen (das sind alle hier Beteiligten bisher vermutlich viel seltener gewesen als jetzt in der neuen Konfusion, die selbst sonst Schreibsichere in Selbstzweifel stürzt). Dazu sollte man möglichst nur eine Antwort finden. Nun mag es schwierig sein, objektive Kriterien für das »Richtige« festzulegen, die Diskussion zeigt es. Kaum schlägt einer eines vor, kommt ein Gegenargument. Die Betonung ist es nicht, die Aussprache ist es nicht, immer kommen Abweichungen und Ausnahmen. (Ihr Beispiel »klarsehen« ist mir völlig fremd, was soll das denn sein? So lange durchs Fenster gucken, bis es sauber ist?) Da scheint Ihr Ansatz einleuchtend, sich nach dem Sprachgebrauch zu richten. Nur wie ist denn der? Der ist immer wieder durchsetzt von Unsicherheiten, Anmaßungen, Dummheiten aller Art, oft tatsächlich, ohne daß selbst der Sprachbewußte es noch merkt. Wie wollen Sie verhindern, daß all dieses Eingang findet in Ihr Wörterbuch? Da braucht es eben schon auch gewisse Steuerungen, und die Frage wäre vorrangig die der Kompetenz der Steuernden. Manchen Untugenden, bei denen wir selbst uns schon gelegentlich ertappen können, sollte eine weitere Sanktionierung verweigert werden, es wäre meines Erachtens auch denkbar, manches bereits im Wortschatz aufgenommene Dummzeug auf diese Weise wieder außer Kraft zu setzen.
Wenn wir einmal darauf verzichten, einander die Tippfehler und sonstige Schreibpannen vorzuhalten (auch wenn ich »zufriedenstellen« richtig finde, kann es mir passieren, daß ich »zufrieden stellen« schreibe, ohne es zu bemerken, aber dann auch ohne es zu wollen, und ich korrigiere es sofort, wenn ich es merke), bin ich mir ziemlich sicher, daß in einer Korrespondenz unter den hier Beteiligten, auch wenn der Sprachumfang noch wesentlich ausgedehnter wäre, alle so ziemlich dieselbe Rechtschreibung hätten. Also gibt es doch eine Art Norm. Und ein Wörterbuch müßte in allererster Linie diese Norm festhalten. Wenn man mit Messen, Zählen, Wiegen nicht weiterkommen kann, hilft vielleicht der gesunde Menschenverstand, das Stil- und Sprachgefühl und das Gefühl der Ästhetik (da bin ich wieder). Wenn ich die Zeit hätte, würde ich mir tatsächlich gerne die Arbeit machen, und Ihr gesamtes Wörterbuch wie ein Verlagslektor nacharbeiten. Ich bin ziemlich sicher, daß wir dann das Wörterbuch hätten, das alle Ihre verzweifelten Freunde gerne möchten. Wobei ich dabei auch diese einladen würde, dasselbe zu tun. Vermutlich hätten wir weitgehend übereinstimmende Ergebnisse. Wo Meinungsunterschiede bestünden, könnte man sicherlich Einigung erzielen.
Für einen Wissenschaftler vielleicht ein undenkbares, unprofessionelles Vorgehen. Für einen Verleger ein naheliegendes.
Sicherlich: der Begriff »gesunder Menschenverstand« ist unpräzise und man gerät leicht in die Nähe derer, die dazu »gesundes Volksempfinden« sagen.   

So diskussionsbereit Sie sind Herr Ickler, was wir alle sehr an Ihnen schätzen, mir persönlich kommen Sie gelegentlich ein bißchen resistent gegen plausible Argumente vor.



Walter Lachenmann
Krottenthal

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Stephanus Peil
13.01.2001 23.00
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Geduld!

Oi, nun hat er es mir aber wieder gegeben, unser Schreibpapst!
Entschuldigung, Herr Ickler, daß mein verknöchertes Fehlerdenken Sie so aufgeregt hat. Ich bitte um etwas Nachsicht für einen Langsamdenker wie mich: Vielleicht ist aus einem Saulus auch nicht urplötzlich ein Paulus geworden. Aber – das ist Ihnen doch hoffentlich klargeworden – ich befinde mich zur Zeit in einem Umdenkungsprozeß, indem ich nach und nach Ihre Argumentation besser zu verstehen und nachzuvollziehen mich bemühe. Ich gebe zu, die Kapsel meiner veralterten Denkweise nicht sofort und gänzlich absprengen zu können. Aber ein NVA-Soldat hatte es sicherlich auch schwer beim Eintritt in die Bundeswehr. Also bitte ich um etwas Geduld! Sie, Herr Ickler, sollten es aber nicht schlimm finden, wenn ein geübter Schreiber ins Wörterbuch schaut. Dafür sind Wörterbücher doch da! Zu diesem Zweck haben Sie doch auch Ihres geschrieben!



Stephanus Peil
In den Gärten 5, D-56457 Westerburg-Gershasen, Tel. 02663-8593, Fax 968575, Mobiltel. 0173-8255495

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Theodor Ickler
13.01.2001 23.00
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Fortsetzung II

Beim Spazierengehen (das mir der Arzt verordnet hat, ich erhole mich gerade von einer Operation) mußte ich noch über einen interessanten Fall nachdenken. Herr Peil und Herr Riebe meinen also, „plattmachen“ werde am besten zusammengeschrieben, wegen der Betonung und weil es ihrem Sprachgefühl entspricht. Ich neige auch zur Zusammenschreibung, habe aber gezeigt, daß sie weder dem alten Duden noch der Neuregelung entspricht. Kurioserweise ist also das kritisierte Icklersche Wörterbuch das einzige auf Gottes weiter Erde, das die von meinen Kritikern befürwortete Schreibweise überhaupt zuläßt! Daraus müßte sich doch eine Lehre ziehen lassen, nicht wahr? In den Zeitungen wird es übrigens auch viel häufiger zusammen- als getrennt geschrieben. Aber wer hat die Stirn, die bisherige Dudenschreibweise rundheraus für falsch zu erklären? Und wozu sollte das gut sein? Bei mir erfährt man wahrheitsgemäß, daß kurze Ergebniszusätze mit dem Verb zusammengeschreiben werden können. Ist das nicht wirklich die beste Anwort?

Oder sehen wir uns ein weiteres Beispiel von Hern Peil an: „bestehenbleiben“. Nach Duden nur zusammen! Aber wenn ich mal eben den Jahrgang 1995 der Süddeutschen Zeitung in den PC schiebe, also ein von der Reform noch ganz unberührtes Textkorpus, dann finde ich 17mal „bestehen bleibt“ und kein einziges Mal „bestehenbleibt“. Bitte, meine lieben Kritiker, was folgern Sie daraus? Das würde ich wirklich gern erfahren.

Ob man die Schreibweise in diesem genau umgrenzten Bereich in der einen oder in der anderen Richtung festlegt – es bleibt in jedem Fall eine Donquichotterie.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Manfred Riebe
13.01.2001 23.00
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Förderung der Reform-Getrenntschreibung durch Icklersche Fakulativschreibung

Lieber Herr Professor Ickler!

Mir fällt auf, daß Ihre Antwort auf der Nachrichtenseite auf meinen Beitrag vom 12.01.2001: Getrenntschreibung und/oder Zusammenschreibung: Beliebigkeit oder Eindeutigkeit? Theodor Ickler stellt sein Rechtschreibwörterbuch zur Diskussion“, in dem Sie ankündigen, die Diskussion lieber im Gästebuch fortzusetzen, einfach gelöscht wurde. Warum löschte man Ihren Beitrag?
Auch in Ihrem Beitrag vom 11.01.2001 „zu lassen“ änderte man ohne Kommentar in Ihrem von mir als falsch kritisierten Satz: „Die heftige Kritik an der Zusammenschreibung kann ich nicht nachvollziehen.“ Das Wort „Zusammenschreibung“ in „Getrenntschreibung“.

Nur kurz eine Entgegnung zu einigen wesentlichen Punkten: Das von Herrn Peil mit Recht kritisierte Beispiel »genauso gut« habe ich absichtlich provokativ so stehen lassen. Erläuterung: Ich hatte „genausogut“ geschrieben, aber das Rechtschreibprogramm unterringelte das Wort rot. Ich trennte das Wort und der Computer war zufrieden. Das sollte ein Lehrstück dafür sein, welche Macht der Computer sicherlich auch auf die Schreibweise der Journalisten ausübt, die Sie Ihrem Wörterbuch zugrundelegen (Auch das Wort zugrundelegen wird rot unterringelt, so daß dadurch entgegen dem Univerbierungsprozeß ein willkürlicher Trend zur Getrenntschreibung entsteht.)

Sie schreiben: „Daß mir Herr Riebe meine Bemerkung über „Schulmeisterlein“ ankreiden würde, war beinahe zu erwarten, obwohl ich ja bloß die selbstironische Bezeichnung von Herrn Peil zitiert hatte. Herr Riebe schaut nicht genau hin.“ Ich schaue im Gegenteil genauer hin, als manchem lieb ist.
Es stimmt z.B. nicht, daß Sie bloß Herrn Peil zitiert hätten. Sie schreiben nicht die Wahrheit. Ich darf Ihr Gedächtnis ein wenig auffrischen, indem ich Sie zitiere:
„Manchmal verstehe ich nicht mehr, welche Vorstellungen einige meiner Mitstreiter sich von Sprache und Schrift machen. Kann man so in die Denkweise des Schulmeisters eingekapselt sein, daß ein freieres Verhältnis zu diesen Dingen, ja auch nur ein    freier Blick auf die bunte Fülle der Texte überhaupt nicht mehr möglich ist?“ (12.01.2001: „Endlich“) Erst daraufhin zitierte Stephanus Peil Sie aus dem Gedächtnis mit dem Wort „Schulmeisterlein“.

In Ihrem „Kritischen Kommentar“, 2. Auflage, kritisieren Sie die Regel der Reformer: „... bleibt es dem Schreibenden überlassen, ob er sie als Wortgruppe oder als Zusammensetzung verstanden wissen will“ dreimal als Beliebigkeitsklausel. (S. 77) Aber Sie selber machen bei Ihrer Fakultativschreibung nichts anderes und beschweren sich, daß ich dies als Beliebigkeitschreibung bezeichne. Gleiches Recht für alle!

Was mich stört ist, daß Sie in Ihrem „Kritischen Kommentar“ auf Seite 72 die Reformer kritisieren, daß diese die Betonungsverhältnisse nicht berücksichtigten und Sie dann auch Verbesserungsvorschläge machen, die Sie aber dann selber in Ihrem Wörterbuch nicht konsequent durchgängig berücksichtigen. Ihr Hinweis auf den Buchstaben „A“ erscheint mir etwas „schlitzohrig“ zu sein, da der Rundbogen dort sehr selten vorkommt. Wenn Sie Ihren eigenen Verbesserungsvorschlag und meine Verbesserungsvorschläge in meinen Briefen berücksichtigen, in Ihrem Wörterbuch die verschiedenen Schreibweisen mit ihren Bedeutungsunterschieden darzustellen, dann wäre in Ihrem Wörterbuch Ihre Alternativschreibung mit den Rundbogen so ziemlich überflüssig bzw. würden sich die Rundbogen zumindest auf ein Minimum an wirklichen Zweifelsfällen verringern lassen.

Momentan erwecken Sie mit Ihrer falschen Liberalität hinsichtlich Ihrer Alternativschreibung bei der Getrennt- und Zusammenschreibung bei mir jedenfalls den Eindruck eines Alt-68ers, der zumindest diesbezüglich schon halb zu den Reformern übergelaufen ist, um deren rückschrittliche Getrenntschreibung zu fördern.



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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anonymer Gast
13.01.2001 23.00
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Rundbogen?

Was ist ein Rundbogen? Gibt es etwa auch eckige Bögen?
Warum nicht einfach nur Bogen sagen?



Willi Bogner
Bogenhausen

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Norbert Schäbler
13.01.2001 23.00
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“Quo vadis?³ oder “Let ¹s go!³

„Wer jeden Schritt vorher lange überlegt, bringt sein halbes Leben auf einem Bein zu“, so sagt ein chinesisches Sprichwort, und es trifft die gegenwärtige Situation in Sachen Rechtschreibung wie die Faust auf ’s Auge.
In den Reihen der Rechtschreibreformer gibt es zur Zeit keinen entscheidenden Raumgewinn. Nur hie und da tauscht die Reformkommission klammheimlich eine neue gegen eine alte Schreiblizenz aus (z.B. „wieder sehen“ heißt jetzt wieder „wiedersehen“), aber so richtig in Schwung kommt der ganze Lizenzenwucher nicht.
Auf der anderen Seite steht Theodor Ickler, allein gegen die Rechtschreibmafia. Er hat ein Modell entwickelt, bei dem nicht ständig gefeilscht und getauscht werden muß, ein Modell, das dem eines Selbstbedienungsladens ähnelt, in dem man vor allem zwei Tugenden beweisen muß: Entscheidungsfreude und Verantwortungsgefühl!
Das sind die beiden Wege, die man gehen kann.
Wir sollten nicht mehr lange fragen: „Wohin gehst Du?“ oder uns gar mit Privatkriegen verzetteln, sondern wir sollten uns in Bewegung setzen. Schließlich kann man ja auch beim Laufen denken.
Also: „Let ’s go!“



Norbert Schäbler
Hösbach

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Gast
13.01.2001 23.00
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Wiedersehen mit ’wieder_sehenŒ

Sehr geehretr Herr Schäbler,

die Zwischenstaatliche Kommission hat an ‚wieder sehen‘ vs. ‚wiedersehen‘ gar nichts geändert; der Duden hat eine frühere Interpretation des betreffenden Regelbereiches für die 2000er Auflage korrigiert.



Michael Jansen

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Manfred Riebe
13.01.2001 23.00
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Die Betonung als Faustregel für Getrennt- und Zusammenschreibung von Zeitwörtern

Lieber Herr Professor Ickler!

Sie regten eine Übung zum Buchstaben A an. Hier ist sie mit einer erläuternden Einleitung:.

Wolfgang Mentrup weist auf die zentrale Bedeutung der Betonung für die Zusammen- und
Getrenntschreibung hin: „In der Regel zeigt ein Hauptton auf dem ersten Bestandteil einer Fügung Zusammenschreibung an, aber Betonung beider Bestandteile Getrenntschreibung."Da in Ausnahmefällen aber die Betonung nicht immer eindeutig zu erkennen ist, empfiehlt Mentrup nur für diese Zweifelsfälle die Getrenntschreibung. „Wenn zwei gedanklich zusammengehörende Wörter ihre volle Bedeutung und damit ihre Selbständigkeit bewahrt haben, sollte man sie getrennt schreiben."    (Wolfgang Mentrup: Die Regeln der deutschen Rechtschreibung. Mannheim: Dudenverlag, 1968, S. 130 f.)

Im DDR-Duden heißt es ähnlich: „Bedeutung, Betonung und Schreibung sind oft voneinander abhängig. (...) Die Betonung gibt Hinweise für die Schreibung. Starkton eines Gliedes, besonders – aber nicht immer – des ersten, weist in der Regel auf Zusammenschreibung. (...) Verteilter Ton weist auf Trennung. (...) Manchmal sind beide Betonungen, d.h. beide Schreibungen möglich (d.h. Getrennt und Zusammenschreibung, M.R.). (...) Wenn eine Entscheidung für Getrennt- oder Zusammenschreibung nicht möglich ist, schreibe man getrennt.“ (Der Große Duden. Wörterbuch und Leitfaden der deutschen Rechtschreibung. 16. Auflage. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1974, S. 597, 599)

„Merke: In der Regel weist Starkton des ersten Gliedes auf Zusammenschreibung, verteilter Ton auf Trennung.“ (Duden. Rechtschreibung. 7. Nachdruck, Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1954, S. 82).
Mit dieser Faustregel kann man in der Schreibpraxis arbeiten, ohne umständlich in einem Wörterbuch nachschlagen zu müssen. Dies ist m.E. das Geländer, das Stephanus Peil vermißt. Um die Betonung deutlich zu machen, sind im Sinne der Faustregel Betonungszeichen zu verwenden. Wenn nach dieser Faustregel auf Grund unterschiedlicher Betonung sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung möglich sind, liegen zwei verschiedene Begriffe mit unterschiedlicher Schreibung und Bedeutung vor. In diesen Fällen wird im Wörterverzeichnis gewöhnlich die unterschiedliche Bedeutung aufgeführt, um Mißverständnissen vorzubeugen.

Eine Auswahl von Zeitwörtern zum Buchstaben A.
Im Original sind unten Betonungsstriche zu sehen, die hier vom System vermutlich leider nicht abgebildet werden.

absein (ermüdet sein)
ab sein (abgerissen sein)
abwärtsgehen
achtgeben (aufpassen), ich gebe acht, gib acht!
achthaben (aufpassen), habe acht!
alleinbleiben (für sich bleiben)
allein bleiben (jmd. bleibt als einziger zurück)
allein entscheiden; aber: alleinentscheidend
allein erziehen, jmd.; aber: alleinerziehend
allein gehen können
alleinlassen, jmd.
allein reisen, er will allein reisen
allein sein, ich will allein sein
alleinstehen (nicht verheiratet sein); alleinstehend (ledig; freistehend)
allein stehen (getrennt von anderen stehen)
allein tun, etwas
anderslauten
aneinanderhängen (z.B. Kettenglieder)
aneinander hängen (seelisch verbunden sein, sich sehr lieb haben)
aufeinander achten
aufeinanderfolgen (z.B. in der Thronfolge)
aufeinander folgen (in dichter, schneller Reihe folgen)
aufeinanderhetzen (Kampfhähne)
aufeinander hetzen (Politiker)
aufmachen (öffnen)
aufsein (aufgestanden sein)
auf sein (offen sein)
auseinanderbekommen
aushaben (Schule -)
aussein

Wer hat Änderungs-, Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge?



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Stephanus Peil
13.01.2001 23.00
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Toleranz auch bei der ß/ss-Schreibung?

Durch Herrn Ickler weiß ich jetzt, daß meine verknöcherte Vorstellung von einem (Rechtschreib-)Fehler auf dem Gebiet der GZS einer Korrektur bedarf. Hier als Erinnerung noch einmal Icklers Zitat:

Das Falsche ist ein extremer Pol. »zufriden« ist falsch, »zufriedenstellen« ist sehr gut, weil üblich und auf der Linie der Sprachentwicklung, »zufrieden stellen« ist ein bißchen weniger üblich, aber durchaus noch hinnehmbar. Daß ein Lehrer hier rote Tinte verspritzt, ist in meinen Augen nicht zu verantworten.

Nun würde mich auch einmal die Bewertung Icklers auf dem Gebiet der ß/ss-Schreibung interessieren. Gilt die von Ickler geforderte und praktizierte Toleranz bei der GZS auch für die ß/ss-Schreibung? Dazu ein konkreter Fall:

Ein Lehrer markierte im Diktat die Konjunktion »daß« als Fehler und bewertete ihn nach den gelehrten neuen Rechtschreibregeln auch als einen solchen. Abgesehen von der juristischen Beurteilung dieses Falles würde ich gerne wissen, wie steht Herr Ickler als Sprachwissenschaftlicher zur ß/ss-Schreibung? Wird er antworten: egal ob daß oder dass, Hauptsache die Konjunktion und nicht das Relativpronomen?

Analog zu »zufriden, zufriedenstellen, zufrieden stellen« könnte ich mir seine Bewertung wie folgt vorstellen:

Das Falsche ist ein extremer Pol. »das« ist falsch, »daß« ist sehr gut, weil üblich und auf der Linie der Sprachentwicklung, »dass« ist ein bißchen weniger üblich, aber durchaus noch hinnehmbar. Daß ein Lehrer hier rote Tinte verspritzt, ist in meinen Augen nicht zu verantworten.

Und vielleicht in 10 Jahren (was Gott verhüten möge):

Das Falsche ist ein extremer Pol. »das« ist falsch, »dass« ist sehr gut, weil üblich und auf der Linie der Sprachentwicklung, »daß« ist ein bißchen weniger üblich, aber durchaus noch hinnehmbar. Daß ein Lehrer hier rote Tinte verspritzt, ist in meinen Augen nicht zu verantworten.

Ich weiß, GZS und ß/ss-Schreibung sind in keiner Weise miteinander vergleichbar. Dennoch würde mich interessieren, ob mein stures Festhalten am Eszett eine ebensolche Marotte ist wie das Nachschlagen in einem Wörterbuch.



Stephanus Peil
In den Gärten 5, D-56457 Westerburg-Gershasen

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