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Theodor Ickler
23.01.2001 23.00
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Eigennamen

Zu den Beobachtungen von Herrn Dörner möchte ich folgende interessante Einzelheit mitteilen. Das bayerische Innenministerium gibt den Beamten die Broschüre „Bürgernahe Sprache in der Verwaltung“ in die Hand. Die letzte Auflage ist vom November 1999. Darin heißt es u. a.:

„Auch das Schriftbild von Orts- und Straßennamen (z. B. Weßling, Schloßbergstraße) sollte nicht verändert werden.“ (S. 77; das Heft kann kostenlos bezogen werden

Ich bin von Gemeindeverwaltungen (z. B. der Stadverwaltung Erlangen) gefragt worden, wie man es mit der Straßenbeschilderung halten soll, und habe im Sinne des Innenministers geantwortet. Dessen Hinweis hat freilich manche Gemeinden nicht davon abgehalten, ihre besondere Ergebenheit durch die sehr kostspielige Änderung der Straßennamen zu bekunden. Wahrscheinlich denkt man sich in manchen Gemeinderäten auch treudeutsch: „Das macht man jetzt so!“

Übrigens herrscht im bayerischen Innenministerium, wie ich durch persönliche Mitteilung weiß, großer Unmut über die vom Nachbarressort okroyierte Rechtschreibreform.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Gast
22.01.2001 23.00
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Wie sollte ich denn nun schreiben?

Ich bin neu in diesem Forum „Gästebuch“, überhaupt stieß ich auf diese web-site erst vor wenigen Tagen, war aber angenehm überrascht, wie viel sich auf diesem Sektor tut, und wie viele Menschen auf ihre Weise versuchen, „ihre“ Sprachschrift zu verteidigen. [wie viel habe ich in diesem Zusammenhang mit Absicht getrennt geschrieben, damit die beabsichtigte Betonung beider Worte beim Lesen erhalten bleibt].

Damit komme ich zunächst zu dem weiter unten eingebrachten Kommentar, den ich auch in der Rubrik „Nachrichten“ eingesetzt habe, damit er Beachtung findet. Alles weitere geht daraus hervor, besonders dem erwähnten Interview-Dialog.

Als ich heute (zum ersten Mal) die jüngsten Einträge in dieser Rubrik „Forum“ überflog, fiel mir auf, daß sich viele doch noch zu sehr und mehr verstandesmäßig an bestimmten Schreibweisen ereifern. Dagegen ist zwar nichts einzuwenden, wir sollten aber dabei das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren, damit wir uns nicht auf Diskussionsebenen wie die Reformer begeben. Zum Beispiel fiel mir zu „sich sattessen“ und „sich satt essen“ ein, daß es durchaus richtig sein könnte, konsequenterweise es zusammenzuschreiben, dies hätte aber den Nachteil, daß (nicht nur) die Lesbarkeit erschwert würde; und das ist m.E. ein wichtiger Punkt. So ein Verb wie „essen“ drückt ja einen wesentlich komplexeren Vorgang aus als wie z.B. „sehen“. Wenn ich hier auf das Sättegefühl hinauswill, würde ich die Betonung eher auf beiden Worten belassen und es auseinanderschreiben, dagegen „sich sattsehen“ eher zusammen. Ebenso „handvoll“ als eine lose und ungefähre Mengenangabe durchaus so belassen, aber „Hand voll ...“ schreiben, wenn ich beides betonen will, nämlich die Hand und deren Inhalt. Diese Beispiele kann man beliebig fortsetzen, z.B. „staubsaugen“ ist der allgemeine Reinigungsvorgang mit dem Gerät (hier: Staubsauger), wobei „Staub saugen“ sich eher auf „Staub“ und „saugen“ beziehen würde, meist sogar eher mit der Betonung auf dem zweiten Teilwort dieses Vorgangs, also saugen statt wegpusten usw. – Sehen Sie, worauf ich hinauswill? Noch deutlicher wird es bei „totschlagen“: hier wird jemand ins Jenseits befördert, wogegen ich bei „tot schlagen“ eher eine um sich schlagende Leiche vermuten könnte ...

Es ist also sehr wichtig, daß ich mir beim Schreiben darüber im Klaren bin: was will ich ausdrücken oder dem Leser rüberbringen? Was kann ich tun, um eine Sinn-Entstellung beim Lesen weitgehend zu vermeiden? Ein Vortragender müßte also, wenn ich alles richtig zu Papier gebracht habe, den Hörern den Inhalt einwandfrei und ohne Stocken vermitteln können. Bei einer Rechtschreibreform ergibt sich also daraus eine große Verantwortung für die Reformer!

Aus diesem Grunde hätte ich mir bei der Trennung von Wörtern (wenn überhaupt erforderlich) auch eher eine Trennung nach „Sinn“-Silben gewünscht und nicht nach Sprechsilben (die ja erst einmal das richtige Sprechen voraussetzen). Aber besonders hier kann ich als Schreiber doch festlegen, ob und wo ich trenne, indem ich diesen Vorgang nicht dem Schreibprogramm überlasse! Es wird ohnehin viel zuviel getrennt, weshalb muß denn überall Blocksatz sein? Der sogenannt Flattersatz (lose Zeilen-Enden) liest sich meist viel angenehmer, auch in Zeitungen, weil vor allem die Zwischenräume im Text weitgehend gleich bleiben.

Daher die Bitte an alle: Schreiben wir so, daß es auch korrekt und möglichst verzögerungsfrei zurückgelesen werden kann und der Ursprungssinn erhalten bleibt!

also: „Schrift zur Sprache oder umgekehrt?“ Wir haben die Wahl ...

Wie erlange ich ein besseres „Sprachschrift“-Verständnis?

Heute las ich (getrennt) „Einkommens-teuer“ und „schwer zumachen“ und (wieder einmal) „daß“ in verwechselter das/daß-Schreibweise. Ist ja logisch, daß letztere weiterhin verwechselt werden, denn in den Köpfen hat sich ja nichts geändert, vieles ist jetzt eher noch verwirrender. Wir sollten uns aber dennoch nicht zu sehr an Einzelbeispielen und Kuriositäten einer „falschen“ Schreibweise festbeißen, indem wir die täglich gelesenen Unzulänglichkeiten immer wieder anprangern; sie werden uns ohnehin weiterhin verfolgen. Besser ist es, unerschütterlich mit gutem Beispiel voranzugehen, wenn man „dieses gewisse“ Sprach- und Schriftverständnis nun einmal hat.

Der unter dieser Rubrik vor einigen Tagen veröffentlichte Interview-Dialog mit dem Titel „Schriftsprache oder Sprachschrift“ (17.Januar 2001, siehe dort) ist m.E. hier hervorragend geeignet, ein besseres Verständnis unserer historisch gewachsenen bisherigen Schreibweisen zu wecken sowie die Hintergründe zu beleuchten und klarer zu machen.

Jeder einzelne mag also nun überlegen: Wie erreiche ich denn und stelle sicher, daß das, was ich als ehemals Gesprochenes oder Gedachtes in das Medium Schrift übertragen will, beim späteren Zurücklesen auch korrekt reproduziert wird, ohne den originär beinhalteten und beabsichtigten Sinn und Ausdruck sowie Betonung des gesprochenen Wortes zu verändern? Hier ist also die Eigenverantwortung im richtigen Umgang mit unserer Sprache und der ihr zugeordneten Schrift und deren Regeln gefragt.

Beispiel: Will ich ein Musikstück konservieren, z.B. auf Schallplatte, werden mittels Technik die Töne und die Sprache – also die vorhandenen Schwingungen – jetzt als Rillen eingepreßt; hierdurch ist sichergestellt, daß bei Reproduktion das Original entsprechend wieder so erklingt, wie es vom Urheber gedacht war (und wie wir es auch erwarten). Niemand käme nun auf die Idee, die Form der Schallplattenrillen an einigen Stellen zu verändern, nur weil ihn in Relation zu „seinem“ Musikverständnis einige Kurvenbereiche stören, er sie quasi als unlogisch empfindet und sie daher gerne anders hätte. Ebensowenig würde man die Notenschrift oder die Partitur eines Musikstückes verändern, nur weil man glaubt, ein anderes und vielleicht „besserwisserisches“ Tonverhältnis zu haben als der Autor.

Genau dies ist aber hier in relevanten Bereichen der Rechtschreibung durch die Reform erfolgt.

Ich kann deshalb an dieser Stelle nur jeden, der dies jetzt liest und den Tenor des zitierten Interviews (siehe 17.1.) richtig erfaßt und verstanden hat, ermutigen und animieren, die ihm altbekannten und vertrauten alten (aber hoch-aktuellen) Regeln weiterhin anzuwenden, wenn die neuen nicht den gewünschten Inhalt der Ursprungsaussage/-sprache/-formulierung zulassen oder gar ihn verhindern oder verändern würden.

Ja, es erfordert manchmal ein wenig Mut, aber man muß es auch tun!!! Dies setzt dann ein Beispiel, und andere werden folgen. Es geht um unsere Sprache und unsere Schrift, wir sollten uns ihrer Werte durchaus bewußter sein und sie nicht verwässern lassen!

Wir selbst als die Sprach-Sprecher sind die Herren unserer Schrift und nicht umgekehrt und nicht irgendwelche Bürokraten, welche die Grundregeln in einigen Bereichen scheinbar noch nie begriffen hatten, vielleicht infolge der neuen Regeln sogar ihre früheren Noten in Orthographie nun im nachherein „aufbessern“ könn(t)en oder wollen ...

Übrigens ...: „Wer korrekt spricht, schreibt auch korrekt!“ [Zitat aus dem o.a. Interview] Facit: Wer eine nachlässige Schreibweise zuläßt oder anwendet, ist vermutlich auch nachlässig in seiner Sprechweise ... – ... Eigenverantwortung und Disziplin sind halt so eine Sache ...



Dietrich Beck
Stubbenrode 12, D-22946 Großensee

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Wolfgang Wrase
22.01.2001 23.00
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Theorie und Praxis

Herr Jansen sagt sehr einleuchtend und treffend, er sehe mehr die Regeln, Herr Ickler mehr die Schreibweisen. Ich habe das in einem Kommentar zu Herrn Jansen vor kurzem selbst auf diesen Nenner gebracht: „So spricht jemand, der von den Regeln ausgeht statt von den Schreibweisen.“ Man könnte auch sagen: Herr Jansen geht von einem Theoriegebäude aus, Professor Ickler von der Realität. Real sind die Schreibweisen, die die Leute nun einmal wählen; wenn nun die Regeln weniger Fehler in diesen realen Schreibweisen bewirken sollen (einziger wirklicher Zweck der Reform), dann müssen entweder die Regeln den Schreibweisen nachgeformt werden (Ansatz Professor Ickler), oder die Leute müßten die neuen Regeln so einleuchtend finden, daß sie automatisch danach mit weniger Fehlern schreiben können als zuvor. Dieser Ansatz der Reformer, dem Herr Jansen zustimmt, beruht vor allem schon auf dem Irrtum, daß die Schreiber überhaupt nach formulierten, niedergelegten, verordneten Regeln schrieben; das ist aber nur zu einem minimalen Bruchteil der Fall. Wo Regeln (scheinbar) befolgt werden, handelt es sich meist um die Übereinstimmung der Motive bei den Schreibern mit den formulierten Regeln, und das kann natürlich dann um so besser gelingen, wenn die Regeln den Schreibweisen nachgebildet werden (Ansatz Profesor Ickler).

In der Theorie ist es ja auch wunderbar einleuchtend, was zum Beispiel der Kommunismus will, so wunderbar, daß man die halbe Welt mit aller Gewalt zwei, drei Generationen damit beglücken konnte. Wer von der Theorie (alle Menschen sind Brüder, alles wird geteilt, die Ausbeutung wird abgeschafft) ausgeht, wird sich nicht so schnell angesichts der Realität von seiner Vorstellung abbringen lassen, daß dies die einzig wahre Gesellschaftsform sei. Da kann dann die Wirtschaft chronisch zusammenbrechen, fünfzig Millionen Hungertote in China, Millionen Liquidierte in der Sowjetunion, ausufernde Bürokratie, Überwachung und Denunziation, radikale Kürzung der Bürgerrechte usw. Nein, die Theorie ist schön, also ist das Ganze gut.

Weniger dramtisch und tödlich, aber genauso dumm ist es, Schreibregeln (die Theorie) über die Schreibweisen (die Praxis) zu stellen und sich einzubilden, die Theorie (das Bewußtsein) werde die Realität (das Sein) schon noch zurechtformen. Wo immer ein solcher ideologischer Ansatz auftaucht, wird er mehr oder weniger viele Anhänger finden, die durch Hinweise auf die Wirklichkeit nicht klüger werden. So werden wir noch länger mit einer real existierenden Rechtschreibung zu tun haben und der Verminderung der Fehlerzahlen harren.   



Wolfgang Wrase
München

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Walter Lachenmann
22.01.2001 23.00
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Valentiniaden

Herr Wrase hat mir in einer privaten Korrespondenz freundlicherweise sein Verständnis für meine Bemühungen um ein »anderes« Wörterbuch zu erkennen gegeben, aber auf den Aufwand hingewiesen, den ein alternativer »Duden« mit sich bringen würde. Ein solcher bräuchte viele Jahre zu seiner Fertigstellung. Ich möchte ihm hier öffentlich antworten.


Lieber Herr Wrase,

Das Argument des Zeitaufwandes wurde mir bisher nie entgegengehalten, sondern immer problemimmanente Gründe, weshalb meine – nicht nur meine – Vorstellung eines Wörterbuches nicht zu machen sei. Ich müßte mir nicht so blöd vorkommen, wenn dieses Argument wenigstens einmal ausgesprochen worden wäre. Dann hätte ich gleich schreiben können, was jetzt folgt.

Nun versuche ich noch einmal, zu formulieren, worum es mir geht.

Wir haben einen neuen Duden. Der will die neuen Rechtschreibregeln vermitteln. Er tut es schlecht, weil man diese Regeln gut gar nicht vermitteln kann. Da helfen auch rote Kästchen und Rasterflächen oder Schreibtischunterlagen mit den wichtigsten Regeln nicht. Kein Mensch hat auf Dauer Lust, in diese langweilige und unplausible Materie einzudringen, so wenig wie das bei den früheren Regeln der Fall war. Außerdem ist der neue Duden häßlich, dick und unhandlich.

Es gibt eine beachtliche Menge Leute, die die neuen Regeln ablehnen. Die lehnen also auch den neuen Duden ab. Diese Leute haben jetzt kein Wörterbuch mehr, das ihnen das leistet, was der Duden bisher geleistet hat (wie gut auch immer, lassen wir das einmal beiseite. Mich beispielsweise haben die Widersprüche nicht gestört, denn ich wußte es ja selber nicht besser. Ich übernahm, was mir einleutete, anderes nicht.) Wer Glück hat, der hat noch eine alte Dudenausgabe, wie ich, die er wie einen kostbaren Schatz hütet.

Bei den Reformgegnern, oder Reformmuffeln, oder solchen, die einfach keine Lust haben, sich mit diesem krausen Schreibklamauk abzugeben, handelt es sich um eine zahlenmäßig schlecht einzuschätzende, aber sicherlich nicht unbeträchtliche Menge Leute. Diese Leute wären überglücklich, wenn sie wieder ein Wörterbuch hätten, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Der Markt wäre also da, und es geht nicht nur um den Markt, es geht um die Schreibkultur.

Darin besteht eine riesige Chance. Wenn jetzt oder in absehbarer Zeit ein solches Wörterbuch auf den Markt käme, hätten die Reformgegner eine echte alternative Substanz zu bieten und dem Duden u.dergl. entgegenzuhalten. Es würde sich deutlicher zeigen, wie die Meinungen und die Schreibpraxen verlaufen. Die Herausbildung zweier konkurrierender Schreibkulturen würde in ihren Konturen deutlich. Bald könnte es peinlich sein, sich sagen lassen zu müssen: »Ach, Sie schreiben noch nach dem neuen Duden?«. Qualitätsschreibung würde sich von Allerwelts- und Klamaukschreibung schon an solchen äußerlichen Zeichen unterscheiden. Wer jetzt die neuen Regeln ablehnt, nicht aber die Autonomie des Icklerschen Idealschreibers hat, ist völlig verratzt. Er wird resigniert sich den neuen Regeln anschließen, denn das jetzige Icklersche Wörterbuch reicht ihm einfach in vielen Situationen nicht, auch wird er die ihm verordnete Freiheit gar nicht haben wollen, sondern Sicherheit oder zumindest guten Rat. Mit zwei Regeltäfelchen à la Manufactum ist das nicht getan.

Soll man also, nachdem Herr Ickler alle diese Wünsche weit von sich weist, ein anderes alternatives Wörterbuch für Reformverweigerer machen? Sie schilderten selbst die damit verbundenen Schwierigkeiten. Wer könnte das bewerkstelligen! Außerdem sollten die Fronten nicht verzettelt werden. Und schließlich haben wir die von Herrn Ickler bereits erbrachte Vorleistung, für die ihm uneingeschränkter Dank und Respekt gebühren. Das ist doch ein Grundstock!

Karl Valentin prägte das in seiner Wahrheitstiefe nicht zu übertreffende Bonmot: »Alles kann man, was man will!« So ist es – oft.

Wir brauchen ein solches Wörterbuch, um der Reformbarbarei Einhalt zu gebieten. Ein Mann allein kann das nicht leisten, das ist klar. Aber er ist nicht allein, zumindest nicht in seinem Bemühen um eine vernünftige Ordnung unserer geschriebenen Sprache. Wenn man sieht, daß die Energie und die finanziellen Mittel für all die Widerstände gegen die Reform aufgebracht werden konnten – hier ist wohl Herrn Dräger und anderen ein besonderer Dank zu zollen – wenn man sieht, wie viele prominente und angesehene Persönlichkeiten nicht nur aus dem kulturellen Leben den Protest gegen die Reform unterstützt haben, wenn man an die Anzeigenaktion des letzten Jahres denkt – da müßte es doch möglich sein, die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, daß eine kompetente Wörterbuchredaktion auf die Beine gestellt werden kann, die unter Herrn Icklers redaktioneller Führung oder auch der anderer Fachleute ein solches Wörterbuch innerhalb eines Jahres druckreif hinbekommt. Wenn ich nicht nur so einen kleinen unterkapitalisierten Fettnäpfchenverlag hätte: das würde mich reizen. Aus purer Begeisterung für die Sache einerseits, andererseits mit der Gewißheit, ein gutes Geschäft damit zu machen. Mich wundert’s, daß noch keiner meiner »großen« Kollegen darauf gekommen ist – oder wer weiß?

Dann wäre natürlich die Frage der Konzeption eines solchen Wörterbuches. Da könnte ich nur mit Wunschvorstellungen mitwirken, deren Realisierbarkeit von den Fachleuten geprüft und korrigiert werden müßte. Aber so entstehen manchmal Bücher: der Verleger hat eine Idee – der Fachmann sagt ihm, ja, schon, aber wir müssen das so und so machen. Und dann ergibt sich durch das Hin und Her im besten Fall ein gutes Buch. Aber da gehört guter Wille und die Bereitschaft zum Eingehen auf Vorstellungen von »Laien« dazu. Verleger sind in der Regel Laien, im besten Fall sind es Repräsentanten einer Leserschaft und spiegeln deren laienhafte Wünsche und Bedürfnisse wieder. Die Antwort »Es geht so nicht«, ist abwürgend, so entsteht nichts. Auch hier gibt es ein Valentin-Wort: »Es ginge schon, aber es geht nicht«. Das würde Herrn Ickler wohl gefallen. Ich halte mich an die höhere Weisheit Karl Valentins: »Alles kann man, was man will«. Das ist weniger blöde, als es klingt.

Wie es aussieht, wird daraus aber nichts. Es scheppern die Hellebarden...
Und noch mal Karl Valentin: »Ich mein‘ ja nur...«



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Theodor Ickler
22.01.2001 23.00
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Alternativen

Der Hinweis auf den Zeit- und Arbeitsaufwand ist nicht neu, er steht im letzten Absatz des Vorworts meines Wörterbuchs und kommt auch auf diesen $eiten mehrfach vor. Er soll aber nur die Verbesserbarkeit im Detail, nicht die Konzeption und die Grundentscheidungen rechtfertigen. Herr Wrase hat wesentliche Punkte dankenswerterweise noch einmal herausgehoben. Ich möchte gern wiederholen, was ganz am Anfang stand: Erstens wollte ich, wie in der Literatur oft gefordert, ein reines Orthographikon machen, entsprechend dem Aussprachewörterbuch, das keinerlei Informationen über den bestimmten Zweck hinaus enthält. Damit wird der „Markt“ schon einmal sehr klein, aber darum ging und geht es mir ja auch gar nicht. Allerdings haben viele den Wunsch geäußert, zusätzliche Hinweise nach Art des alten Duden, dieses seltsamen Mischwörterbuchs, zu bekommen, und wir haben vor, diesem Wunsch nachzukommen. Zweitens wollte ich zum Hauptkriterium die üblichen Schreibweisen machen, das ist der „deskriptive“ Ansatz. Damit rufe ich die Sprachfreunde auf den Plan, die es gern etwas normativer haben möchten. Soweit ich sehe, geraten sie alle in mehr oder weniger persönliche Normsetzungen, die kaum Verbindlichkeit beanspruchen und breite Zustimmung erhoffen können. Das Bekenntnis zu einer subjektiven Auswahl aus dem alten Duden kommt mir doch recht problematisch vor, weil es die geforderte höhere Verbindlichkeit und Einheitlichkeit desavouiert.
Seit Beginn der Arbeit habe ich den Gedanken erwogen, das „a.“ (für „auch“) bzw. den Bogen als Präferenzhinweis zu deuten, wo immer es gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang habe ich auf den Zeit- und Arbeitsaufwand hingewiesen; es gibt allerdings noch die grundsätzliche, hier auch schon vorgetragene Überlegung, ob es wirklich nötig ist, den Leuten nahezulegen, was sie ohnehin am liebsten tun. Diese Überlegung ist noch nicht abgeschlossen. Von den Problemen der Repräsentativität des Korpus dürften sich auch nur die wenigsten eine zutreffende Vorstellung machen. Wenn man den Usus nicht als höchste Instanz anerkennt, entfällt das natürlich.
Um „guten Rat“ kann ich mich bemühen, das ist wirklich eine Frage der Zeit und des Arbeitsaufwandes. Aber „Sicherheit“ um den Preis der Entfernung von der Schreibwirklichkeit, darauf werde ich mich nicht einlassen, das tun der alten Duden und die Neuregelung („lieber irgendeine Festlegung als gar keine“), und ein Benutzer, der die „ihm verordnete (?) Freiheit gar nicht will“ – das ist für mich kein denkbarer Adressat. Ein Vortrag, den ich mal in der Bayerischen Akademie der schönen Künste gehalten habe, hieß §Rechtschreibung für freie Menschen“, und dabei bleibt es.
Allmählich verliere ich auch die Geduld mit guten Ratschlägen, die mir sagen wollen, wie ich eine andere Art von Wörterbuch verfassen soll, während die schlauen Ratgeber meine Aufforderung, doch wenigstens an einer kleinen Probe mal zu zeigen, wie sie es meinen, einfach nicht ernst nehmen. Es erinnert mich an die Scharen von Leuten, die zur Zeit auf die Straße gehen, um „Zivilcourage zu fordern“, statt selbst welche zu zeigen.    Herr Lachenmann spürt immerhin schon den Reiz eines alternativen Wörterbuchprojekt, scheut aber aus finanziellen Gründen noch das Risiko. Ich verstehe nichts von Geschäften, aber ich denke, auch ein kleiner Verlag kann mit einem tollen Wörterbuch groß werden.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Theodor Ickler
22.01.2001 23.00
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Fundsache

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt. Meine Muttersprache gibt die Sprachspiele vor, in denen ich ein soziales Wesen werde. (...) Wer das alles zu abstrakt und philosophisch findet, mag sich nur an den deutschen Streit um die Rechtschreibreform erinnern. Obwohl er eigentlich nur im Feuilleton ausgetragen und dort auch rasch verspottet wurde, ist dieser Streit ein erfreuliches Symptom dafür, dass einige noch Sinn dafür haben, was mit der Sprache einer Kultur auf dem Spiel steht (...) Der Widerstand gegen die nassforschen Regeländerungen war nicht konservativ, sondern kultiviert; und der vorauseilende Gehorsam einiger Zeitschriften war nicht fortschrittlich, sondern reformkonformistisch. Sicher wäre es wünscheswert, das deutsche Steuerrecht zu vereinfachen – wieso aber die deutsche Sprache?“

(Norbert Bolz in „Deutsch global“, hg. von Hilmar Hoffmann, Köln 2000, S. 28)

Anmerkung von Th. Ickler: Seine Ablehnung der Rechtschreibreform hat Bolz nicht davor bewahren können, daß sein Text in Neuschreibung umgesetzt wurde, ebenso wie die Texte der anderen Beiträger, Harald Weinrich, Helmut Glück usw., die ebenfalls die Reform ablehnen, ganz zu schweigen vom Herausgeber, dem Präsidenten des Goethe-Instituts (das ebenfalls kuscht). Der Verlag DuMont verfährt da ganz rücksichtslos.



Theodor Ickler
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Gast
22.01.2001 23.00
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Wie sollte ich denn nun schreiben?

Ich bin neu in diesem Forum „Gästebuch“, überhaupt stieß ich auf diese web-site erst vor wenigen Tagen, war aber angenehm überrascht, wie viel sich auf diesem Sektor tut, und wie viele Menschen auf ihre Weise versuchen, „ihre“ Sprachschrift zu verteidigen. [wie viel habe ich in diesem Zusammenhang mit Absicht getrennt geschrieben, damit die beabsichtigte Betonung beider Worte beim Lesen erhalten bleibt].

Damit komme ich zunächst zu dem weiter unten eingebrachten Kommentar, den ich auch in der Rubrik „Nachrichten“ eingesetzt habe, damit er Beachtung findet. Alles weitere geht daraus hervor, besonders dem erwähnten Interview-Dialog.

Als ich heute (zum ersten Mal) die jüngsten Einträge in dieser Rubrik „Forum“ überflog, fiel mir auf, daß sich viele doch noch zu sehr und mehr verstandesmäßig an bestimmten Schreibweisen ereifern. Dagegen ist zwar nichts einzuwenden, wir sollten aber dabei das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren, damit wir uns nicht auf Diskussionsebenen wie die Reformer begeben. Zum Beispiel fiel mir zu „sich sattessen“ und „sich satt essen“ ein, daß es durchaus richtig sein könnte, konsequenterweise es zusammenzuschreiben, dies hätte aber den Nachteil, daß (nicht nur) die Lesbarkeit erschwert würde; und das ist m.E. ein wichtiger Punkt. So ein Verb wie „essen“ drückt ja einen wesentlich komplexeren Vorgang aus als wie z.B. „sehen“. Wenn ich hier auf das Sättegefühl hinauswill, würde ich die Betonung eher auf beiden Worten belassen und es auseinanderschreiben, dagegen „sich sattsehen“ eher zusammen. Ebenso „handvoll“ als eine lose und ungefähre Mengenangabe durchaus so belassen, aber „Hand voll ...“ schreiben, wenn ich beides betonen will, nämlich die Hand und deren Inhalt. Diese Beispiele kann man beliebig fortsetzen, z.B. „staubsaugen“ ist der allgemeine Reinigungsvorgang mit dem Gerät (hier: Staubsauger), wobei „Staub saugen“ sich eher auf „Staub“ und „saugen“ beziehen würde, meist sogar eher mit der Betonung auf dem zweiten Teilwort dieses Vorgangs, also saugen statt wegpusten usw. – Sehen Sie, worauf ich hinauswill? Noch deutlicher wird es bei „totschlagen“: hier wird jemand ins Jenseits befördert, wogegen ich bei „tot schlagen“ eher eine um sich schlagende Leiche vermuten könnte ...

Es ist also sehr wichtig, daß ich mir beim Schreiben darüber im Klaren bin: was will ich ausdrücken oder dem Leser rüberbringen? Was kann ich tun, um eine Sinn-Entstellung beim Lesen weitgehend zu vermeiden? Ein Vortragender müßte also, wenn ich alles richtig zu Papier gebracht habe, den Hörern den Inhalt einwandfrei und ohne Stocken vermitteln können. Bei einer Rechtschreibreform ergibt sich also daraus eine große Verantwortung für die Reformer!

Aus diesem Grunde hätte ich mir bei der Trennung von Wörtern (wenn überhaupt erforderlich) auch eher eine Trennung nach „Sinn“-Silben gewünscht und nicht nach Sprechsilben (die ja erst einmal das richtige Sprechen voraussetzen). Aber besonders hier kann ich als Schreiber doch festlegen, ob und wo ich trenne, indem ich diesen Vorgang nicht dem Schreibprogramm überlasse! Es wird ohnehin viel zuviel getrennt, weshalb muß denn überall Blocksatz sein? Der sogenannt Flattersatz (lose Zeilen-Enden) liest sich meist viel angenehmer, auch in Zeitungen, weil vor allem die Zwischenräume im Text weitgehend gleich bleiben.

Daher die Bitte an alle: Schreiben wir so, daß es auch korrekt und möglichst verzögerungsfrei zurückgelesen werden kann und der Ursprungssinn erhalten bleibt!

also: „Schrift zur Sprache oder umgekehrt?“ Wir haben die Wahl ...

Wie erlange ich ein besseres „Sprachschrift“-Verständnis?

Heute las ich (getrennt) „Einkommens-teuer“ und „schwer zumachen“ und (wieder einmal) „daß“ in verwechselter das/daß-Schreibweise. Ist ja logisch, daß letztere weiterhin verwechselt werden, denn in den Köpfen hat sich ja nichts geändert, vieles ist jetzt eher noch verwirrender. Wir sollten uns aber dennoch nicht zu sehr an Einzelbeispielen und Kuriositäten einer „falschen“ Schreibweise festbeißen, indem wir die täglich gelesenen Unzulänglichkeiten immer wieder anprangern; sie werden uns ohnehin weiterhin verfolgen. Besser ist es, unerschütterlich mit gutem Beispiel voranzugehen, wenn man „dieses gewisse“ Sprach- und Schriftverständnis nun einmal hat.

Der unter dieser Rubrik vor einigen Tagen veröffentlichte Interview-Dialog mit dem Titel „Schriftsprache oder Sprachschrift“ (17.Januar 2001, siehe dort) ist m.E. hier hervorragend geeignet, ein besseres Verständnis unserer historisch gewachsenen bisherigen Schreibweisen zu wecken sowie die Hintergründe zu beleuchten und klarer zu machen.

Jeder einzelne mag also nun überlegen: Wie erreiche ich denn und stelle sicher, daß das, was ich als ehemals Gesprochenes oder Gedachtes in das Medium Schrift übertragen will, beim späteren Zurücklesen auch korrekt reproduziert wird, ohne den originär beinhalteten und beabsichtigten Sinn und Ausdruck sowie Betonung des gesprochenen Wortes zu verändern? Hier ist also die Eigenverantwortung im richtigen Umgang mit unserer Sprache und der ihr zugeordneten Schrift und deren Regeln gefragt.

Beispiel: Will ich ein Musikstück konservieren, z.B. auf Schallplatte, werden mittels Technik die Töne und die Sprache – also die vorhandenen Schwingungen – jetzt als Rillen eingepreßt; hierdurch ist sichergestellt, daß bei Reproduktion das Original entsprechend wieder so erklingt, wie es vom Urheber gedacht war (und wie wir es auch erwarten). Niemand käme nun auf die Idee, die Form der Schallplattenrillen an einigen Stellen zu verändern, nur weil ihn in Relation zu „seinem“ Musikverständnis einige Kurvenbereiche stören, er sie quasi als unlogisch empfindet und sie daher gerne anders hätte. Ebensowenig würde man die Notenschrift oder die Partitur eines Musikstückes verändern, nur weil man glaubt, ein anderes und vielleicht „besserwisserisches“ Tonverhältnis zu haben als der Autor.

Genau dies ist aber hier in relevanten Bereichen der Rechtschreibung durch die Reform erfolgt.

Ich kann deshalb an dieser Stelle nur jeden, der dies jetzt liest und den Tenor des zitierten Interviews (siehe 17.1.) richtig erfaßt und verstanden hat, ermutigen und animieren, die ihm altbekannten und vertrauten alten (aber hoch-aktuellen) Regeln weiterhin anzuwenden, wenn die neuen nicht den gewünschten Inhalt der Ursprungsaussage/-sprache/-formulierung zulassen oder gar ihn verhindern oder verändern würden.

Ja, es erfordert manchmal ein wenig Mut, aber man muß es auch tun!!! Dies setzt dann ein Beispiel, und andere werden folgen. Es geht um unsere Sprache und unsere Schrift, wir sollten uns ihrer Werte durchaus bewußter sein und sie nicht verwässern lassen!

Wir selbst als die Sprach-Sprecher sind die Herren unserer Schrift und nicht umgekehrt und nicht irgendwelche Bürokraten, welche die Grundregeln in einigen Bereichen scheinbar noch nie begriffen hatten, vielleicht infolge der neuen Regeln sogar ihre früheren Noten in Orthographie nun im nachherein „aufbessern“ könn(t)en oder wollen ...

Übrigens ...: „Wer korrekt spricht, schreibt auch korrekt!“ [Zitat aus dem o.a. Interview] Facit: Wer eine nachlässige Schreibweise zuläßt oder anwendet, ist vermutlich auch nachlässig in seiner Sprechweise ... – ... Eigenverantwortung und Disziplin sind halt so eine Sache ...



Dietrich Beck
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Wolfgang Wrase
22.01.2001 23.00
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Theorie und Praxis

Herr Jansen sagt sehr einleuchtend und treffend, er sehe mehr die Regeln, Herr Ickler mehr die Schreibweisen. Ich habe das in einem Kommentar zu Herrn Jansen vor kurzem selbst auf diesen Nenner gebracht: „So spricht jemand, der von den Regeln ausgeht statt von den Schreibweisen.“ Man könnte auch sagen: Herr Jansen geht von einem Theoriegebäude aus, Professor Ickler von der Realität. Real sind die Schreibweisen, die die Leute nun einmal wählen; wenn nun die Regeln weniger Fehler in diesen realen Schreibweisen bewirken sollen (einziger wirklicher Zweck der Reform), dann müssen entweder die Regeln den Schreibweisen nachgeformt werden (Ansatz Professor Ickler), oder die Leute müßten die neuen Regeln so einleuchtend finden, daß sie automatisch danach mit weniger Fehlern schreiben können als zuvor. Dieser Ansatz der Reformer, dem Herr Jansen zustimmt, beruht vor allem schon auf dem Irrtum, daß die Schreiber überhaupt nach formulierten, niedergelegten, verordneten Regeln schrieben; das ist aber nur zu einem minimalen Bruchteil der Fall. Wo Regeln (scheinbar) befolgt werden, handelt es sich meist um die Übereinstimmung der Motive bei den Schreibern mit den formulierten Regeln, und das kann natürlich dann um so besser gelingen, wenn die Regeln den Schreibweisen nachgebildet werden (Ansatz Profesor Ickler).

In der Theorie ist es ja auch wunderbar einleuchtend, was zum Beispiel der Kommunismus will, so wunderbar, daß man die halbe Welt mit aller Gewalt zwei, drei Generationen damit beglücken konnte. Wer von der Theorie (alle Menschen sind Brüder, alles wird geteilt, die Ausbeutung wird abgeschafft) ausgeht, wird sich nicht so schnell angesichts der Realität von seiner Vorstellung abbringen lassen, daß dies die einzig wahre Gesellschaftsform sei. Da kann dann die Wirtschaft chronisch zusammenbrechen, fünfzig Millionen Hungertote in China, Millionen Liquidierte in der Sowjetunion, ausufernde Bürokratie, Überwachung und Denunziation, radikale Kürzung der Bürgerrechte usw. Nein, die Theorie ist schön, also ist das Ganze gut.

Weniger dramtisch und tödlich, aber genauso dumm ist es, Schreibregeln (die Theorie) über die Schreibweisen (die Praxis) zu stellen und sich einzubilden, die Theorie (das Bewußtsein) werde die Realität (das Sein) schon noch zurechtformen. Wo immer ein solcher ideologischer Ansatz auftaucht, wird er mehr oder weniger viele Anhänger finden, die durch Hinweise auf die Wirklichkeit nicht klüger werden. So werden wir noch länger mit einer real existierenden Rechtschreibung zu tun haben und der Verminderung der Fehlerzahlen harren.   



Wolfgang Wrase
München

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Walter Lachenmann
22.01.2001 23.00
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Valentiniaden

Herr Wrase hat mir in einer privaten Korrespondenz freundlicherweise sein Verständnis für meine Bemühungen um ein »anderes« Wörterbuch zu erkennen gegeben, aber auf den Aufwand hingewiesen, den ein alternativer »Duden« mit sich bringen würde. Ein solcher bräuchte viele Jahre zu seiner Fertigstellung. Ich möchte ihm hier öffentlich antworten.


Lieber Herr Wrase,

Das Argument des Zeitaufwandes wurde mir bisher nie entgegengehalten, sondern immer problemimmanente Gründe, weshalb meine – nicht nur meine – Vorstellung eines Wörterbuches nicht zu machen sei. Ich müßte mir nicht so blöd vorkommen, wenn dieses Argument wenigstens einmal ausgesprochen worden wäre. Dann hätte ich gleich schreiben können, was jetzt folgt.

Nun versuche ich noch einmal, zu formulieren, worum es mir geht.

Wir haben einen neuen Duden. Der will die neuen Rechtschreibregeln vermitteln. Er tut es schlecht, weil man diese Regeln gut gar nicht vermitteln kann. Da helfen auch rote Kästchen und Rasterflächen oder Schreibtischunterlagen mit den wichtigsten Regeln nicht. Kein Mensch hat auf Dauer Lust, in diese langweilige und unplausible Materie einzudringen, so wenig wie das bei den früheren Regeln der Fall war. Außerdem ist der neue Duden häßlich, dick und unhandlich.

Es gibt eine beachtliche Menge Leute, die die neuen Regeln ablehnen. Die lehnen also auch den neuen Duden ab. Diese Leute haben jetzt kein Wörterbuch mehr, das ihnen das leistet, was der Duden bisher geleistet hat (wie gut auch immer, lassen wir das einmal beiseite. Mich beispielsweise haben die Widersprüche nicht gestört, denn ich wußte es ja selber nicht besser. Ich übernahm, was mir einleutete, anderes nicht.) Wer Glück hat, der hat noch eine alte Dudenausgabe, wie ich, die er wie einen kostbaren Schatz hütet.

Bei den Reformgegnern, oder Reformmuffeln, oder solchen, die einfach keine Lust haben, sich mit diesem krausen Schreibklamauk abzugeben, handelt es sich um eine zahlenmäßig schlecht einzuschätzende, aber sicherlich nicht unbeträchtliche Menge Leute. Diese Leute wären überglücklich, wenn sie wieder ein Wörterbuch hätten, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Der Markt wäre also da, und es geht nicht nur um den Markt, es geht um die Schreibkultur.

Darin besteht eine riesige Chance. Wenn jetzt oder in absehbarer Zeit ein solches Wörterbuch auf den Markt käme, hätten die Reformgegner eine echte alternative Substanz zu bieten und dem Duden u.dergl. entgegenzuhalten. Es würde sich deutlicher zeigen, wie die Meinungen und die Schreibpraxen verlaufen. Die Herausbildung zweier konkurrierender Schreibkulturen würde in ihren Konturen deutlich. Bald könnte es peinlich sein, sich sagen lassen zu müssen: »Ach, Sie schreiben noch nach dem neuen Duden?«. Qualitätsschreibung würde sich von Allerwelts- und Klamaukschreibung schon an solchen äußerlichen Zeichen unterscheiden. Wer jetzt die neuen Regeln ablehnt, nicht aber die Autonomie des Icklerschen Idealschreibers hat, ist völlig verratzt. Er wird resigniert sich den neuen Regeln anschließen, denn das jetzige Icklersche Wörterbuch reicht ihm einfach in vielen Situationen nicht, auch wird er die ihm verordnete Freiheit gar nicht haben wollen, sondern Sicherheit oder zumindest guten Rat. Mit zwei Regeltäfelchen à la Manufactum ist das nicht getan.

Soll man also, nachdem Herr Ickler alle diese Wünsche weit von sich weist, ein anderes alternatives Wörterbuch für Reformverweigerer machen? Sie schilderten selbst die damit verbundenen Schwierigkeiten. Wer könnte das bewerkstelligen! Außerdem sollten die Fronten nicht verzettelt werden. Und schließlich haben wir die von Herrn Ickler bereits erbrachte Vorleistung, für die ihm uneingeschränkter Dank und Respekt gebühren. Das ist doch ein Grundstock!

Karl Valentin prägte das in seiner Wahrheitstiefe nicht zu übertreffende Bonmot: »Alles kann man, was man will!« So ist es – oft.

Wir brauchen ein solches Wörterbuch, um der Reformbarbarei Einhalt zu gebieten. Ein Mann allein kann das nicht leisten, das ist klar. Aber er ist nicht allein, zumindest nicht in seinem Bemühen um eine vernünftige Ordnung unserer geschriebenen Sprache. Wenn man sieht, daß die Energie und die finanziellen Mittel für all die Widerstände gegen die Reform aufgebracht werden konnten – hier ist wohl Herrn Dräger und anderen ein besonderer Dank zu zollen – wenn man sieht, wie viele prominente und angesehene Persönlichkeiten nicht nur aus dem kulturellen Leben den Protest gegen die Reform unterstützt haben, wenn man an die Anzeigenaktion des letzten Jahres denkt – da müßte es doch möglich sein, die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, daß eine kompetente Wörterbuchredaktion auf die Beine gestellt werden kann, die unter Herrn Icklers redaktioneller Führung oder auch der anderer Fachleute ein solches Wörterbuch innerhalb eines Jahres druckreif hinbekommt. Wenn ich nicht nur so einen kleinen unterkapitalisierten Fettnäpfchenverlag hätte: das würde mich reizen. Aus purer Begeisterung für die Sache einerseits, andererseits mit der Gewißheit, ein gutes Geschäft damit zu machen. Mich wundert’s, daß noch keiner meiner »großen« Kollegen darauf gekommen ist – oder wer weiß?

Dann wäre natürlich die Frage der Konzeption eines solchen Wörterbuches. Da könnte ich nur mit Wunschvorstellungen mitwirken, deren Realisierbarkeit von den Fachleuten geprüft und korrigiert werden müßte. Aber so entstehen manchmal Bücher: der Verleger hat eine Idee – der Fachmann sagt ihm, ja, schon, aber wir müssen das so und so machen. Und dann ergibt sich durch das Hin und Her im besten Fall ein gutes Buch. Aber da gehört guter Wille und die Bereitschaft zum Eingehen auf Vorstellungen von »Laien« dazu. Verleger sind in der Regel Laien, im besten Fall sind es Repräsentanten einer Leserschaft und spiegeln deren laienhafte Wünsche und Bedürfnisse wieder. Die Antwort »Es geht so nicht«, ist abwürgend, so entsteht nichts. Auch hier gibt es ein Valentin-Wort: »Es ginge schon, aber es geht nicht«. Das würde Herrn Ickler wohl gefallen. Ich halte mich an die höhere Weisheit Karl Valentins: »Alles kann man, was man will«. Das ist weniger blöde, als es klingt.

Wie es aussieht, wird daraus aber nichts. Es scheppern die Hellebarden...
Und noch mal Karl Valentin: »Ich mein‘ ja nur...«



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Theodor Ickler
22.01.2001 23.00
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Alternativen

Der Hinweis auf den Zeit- und Arbeitsaufwand ist nicht neu, er steht im letzten Absatz des Vorworts meines Wörterbuchs und kommt auch auf diesen $eiten mehrfach vor. Er soll aber nur die Verbesserbarkeit im Detail, nicht die Konzeption und die Grundentscheidungen rechtfertigen. Herr Wrase hat wesentliche Punkte dankenswerterweise noch einmal herausgehoben. Ich möchte gern wiederholen, was ganz am Anfang stand: Erstens wollte ich, wie in der Literatur oft gefordert, ein reines Orthographikon machen, entsprechend dem Aussprachewörterbuch, das keinerlei Informationen über den bestimmten Zweck hinaus enthält. Damit wird der „Markt“ schon einmal sehr klein, aber darum ging und geht es mir ja auch gar nicht. Allerdings haben viele den Wunsch geäußert, zusätzliche Hinweise nach Art des alten Duden, dieses seltsamen Mischwörterbuchs, zu bekommen, und wir haben vor, diesem Wunsch nachzukommen. Zweitens wollte ich zum Hauptkriterium die üblichen Schreibweisen machen, das ist der „deskriptive“ Ansatz. Damit rufe ich die Sprachfreunde auf den Plan, die es gern etwas normativer haben möchten. Soweit ich sehe, geraten sie alle in mehr oder weniger persönliche Normsetzungen, die kaum Verbindlichkeit beanspruchen und breite Zustimmung erhoffen können. Das Bekenntnis zu einer subjektiven Auswahl aus dem alten Duden kommt mir doch recht problematisch vor, weil es die geforderte höhere Verbindlichkeit und Einheitlichkeit desavouiert.
Seit Beginn der Arbeit habe ich den Gedanken erwogen, das „a.“ (für „auch“) bzw. den Bogen als Präferenzhinweis zu deuten, wo immer es gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang habe ich auf den Zeit- und Arbeitsaufwand hingewiesen; es gibt allerdings noch die grundsätzliche, hier auch schon vorgetragene Überlegung, ob es wirklich nötig ist, den Leuten nahezulegen, was sie ohnehin am liebsten tun. Diese Überlegung ist noch nicht abgeschlossen. Von den Problemen der Repräsentativität des Korpus dürften sich auch nur die wenigsten eine zutreffende Vorstellung machen. Wenn man den Usus nicht als höchste Instanz anerkennt, entfällt das natürlich.
Um „guten Rat“ kann ich mich bemühen, das ist wirklich eine Frage der Zeit und des Arbeitsaufwandes. Aber „Sicherheit“ um den Preis der Entfernung von der Schreibwirklichkeit, darauf werde ich mich nicht einlassen, das tun der alten Duden und die Neuregelung („lieber irgendeine Festlegung als gar keine“), und ein Benutzer, der die „ihm verordnete (?) Freiheit gar nicht will“ – das ist für mich kein denkbarer Adressat. Ein Vortrag, den ich mal in der Bayerischen Akademie der schönen Künste gehalten habe, hieß §Rechtschreibung für freie Menschen“, und dabei bleibt es.
Allmählich verliere ich auch die Geduld mit guten Ratschlägen, die mir sagen wollen, wie ich eine andere Art von Wörterbuch verfassen soll, während die schlauen Ratgeber meine Aufforderung, doch wenigstens an einer kleinen Probe mal zu zeigen, wie sie es meinen, einfach nicht ernst nehmen. Es erinnert mich an die Scharen von Leuten, die zur Zeit auf die Straße gehen, um „Zivilcourage zu fordern“, statt selbst welche zu zeigen.    Herr Lachenmann spürt immerhin schon den Reiz eines alternativen Wörterbuchprojekt, scheut aber aus finanziellen Gründen noch das Risiko. Ich verstehe nichts von Geschäften, aber ich denke, auch ein kleiner Verlag kann mit einem tollen Wörterbuch groß werden.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Theodor Ickler
22.01.2001 23.00
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Fundsache

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt. Meine Muttersprache gibt die Sprachspiele vor, in denen ich ein soziales Wesen werde. (...) Wer das alles zu abstrakt und philosophisch findet, mag sich nur an den deutschen Streit um die Rechtschreibreform erinnern. Obwohl er eigentlich nur im Feuilleton ausgetragen und dort auch rasch verspottet wurde, ist dieser Streit ein erfreuliches Symptom dafür, dass einige noch Sinn dafür haben, was mit der Sprache einer Kultur auf dem Spiel steht (...) Der Widerstand gegen die nassforschen Regeländerungen war nicht konservativ, sondern kultiviert; und der vorauseilende Gehorsam einiger Zeitschriften war nicht fortschrittlich, sondern reformkonformistisch. Sicher wäre es wünscheswert, das deutsche Steuerrecht zu vereinfachen – wieso aber die deutsche Sprache?“

(Norbert Bolz in „Deutsch global“, hg. von Hilmar Hoffmann, Köln 2000, S. 28)

Anmerkung von Th. Ickler: Seine Ablehnung der Rechtschreibreform hat Bolz nicht davor bewahren können, daß sein Text in Neuschreibung umgesetzt wurde, ebenso wie die Texte der anderen Beiträger, Harald Weinrich, Helmut Glück usw., die ebenfalls die Reform ablehnen, ganz zu schweigen vom Herausgeber, dem Präsidenten des Goethe-Instituts (das ebenfalls kuscht). Der Verlag DuMont verfährt da ganz rücksichtslos.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Gast
21.01.2001 23.00
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Statt E-Mail

Teile einer E-Mail kommen auch nach mehr als 5 Versuchen bie Herrn Schäbler nicht an. Ich weiches deswegen auf das Gätsebuch aus, auch wenn es scgon seit längerem zu einem „linearen Forum“ (alles hintereinander) geworden ist. Es handelt sich um die Antwort auf eine E-Mail von Herrn Schäbler.

Sehr geehrter Herr Schäbler,

nein, ein „Protokoll der Wiener Absichtserklärung, nebst eventueller Zusatzvereinbarungen und Gültigkeitsbestimmungen“ kenne ich nicht. Ich kenn nur die Absichtserklärung selber (sie ist ja öffentlich). Ja, den ersten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission kenne ich; ich hab ihn von vorne bis hinten durchgelesen. Ich glaub nicht, dass es eine Reaktion auf „Reformgegner“ war; lediglich auf konstruktive Kritik hat man reagiert. Wer gegen „die“ und wer gegen „eine“ Reform ist, der wird nicht die reformierte Rechtschreibung verbessern wollen. Ich war auch etwas überrascht, dass die Vorschläge nicht umgesetzt wurden. Ich glaube dennoch, dass die KMK/BMI politisch richtig entschieden haben. Die große Unruhe um die Neuregelung kam nicht von den Veränderungen als solchen, sondern von dem „Kulturschock“, dass es eine „Rechtschreibreform“ gibt (also, dass überhaupt einiges verändert wird). Daher wollten die Politiker keine erneute Verunsicherung. Ich glaub nicht, dass die Amtschefs der Kultusminister „jeden Änderungsvorschlag ablehnten“; es ging, glaub ich, nur um den Zeitpunkt der Umsetzung. Ich weiß nicht, wer „die Mär auftischt, dass nicht die Kommission, sondern die Verlage eine Regeländerung vollzogen hätten“. Ich weiß nur, dass die Kommission und zumindest Duden und Bertelsmann zusammenarbeiten. Das ist die Wahrheit; welche Mär Sie meinen, weiß ich nicht so genau. Sie haben Ihre Motive, etwas „aufdecken“ zu wollen; Ich finde die reformierte Rechtschreibung eine Verbesserung und streite mich gerne mit Leuten, die es anders sehen.

Mit freundlichen Grüßen



Michael Jansen

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Stephan Fleischhauer
21.01.2001 23.00
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Entschuldigung

Ich wollte nicht drängeln, lieber Herr Ickler. Ich dachte nur, ich wäre vergessen worden ...
Die von mir vorgefundenen Einträge mit falschem Regelverweis (auf § 10 statt 9) waren: haushalten, maßhalten, radfahren und maschineschreiben.
Noch einmal das verstaubte Thema:
„Staubgesaugt“ ist ein erhellender Fall – man kann ja nicht unterscheiden, ob es sich um ein Halbkompositum (mit fehlenden Personalformen) handelt, oder um eine VZ-Konstruktion (wie radfahren). Bis auf wenige Fälle (etwa „Korrektur lesen“) scheint es mir der VZ-Charakter bei Substantiv plus Verb etwas „schillernd“.      



Stephan Fleischhauer
Holtenauer Str. 53, 24105 Kiel

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Walter Lachenmann
21.01.2001 23.00
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Der Manufactum-Ickler - Ei des Columbus?

Ich bin auf die »zwei beigesteckten Regeltafeln« gespannt.
Wenn Manufactum so clever ist wie printus, kommt demnächst eine Schreibtischunterlage zu Icklers Wörterbuch heraus, auf Natu-rumklapppapppe. So könnte peu à peu das »didaktische« Beiwerk entstehen, von dem hier schon schüchtern die Rede war.
Warten wir’s ab.
Eine dem Duden nähere Form zu finden, müßte nicht zwangsläufig bedeuten, alle Eigenschaften des Duden nachzuahmen, etwa die Willkürlichkeiten der Endungen oder was auch immer, die keiner bestreitet und hochleben läßt.
Aber wenn das Buch eh‘ nur für erlesene Geister gedacht ist... Die es eigentlich gar nicht brauchen...
Dann muß man sich wegen des Marketings tatsächlich keine greulichen Haare wachsen lassen.
Zaungäste wie L.K. bekommen hier tatsächlich einiges zu lachen.



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Theodor Ickler
21.01.2001 23.00
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Kommission und Reform der Reform

Zu Herrn Jansen: In ihrem Zweiten Bericht läßt die Kommission ihren Ärger darüber durchblicken, daß es ihr nicht erlaubt war, wenigstens einige der gröbsten Fehler zu korrigieren. Wir wissen nicht mit letzter Sicherheit, wer hinter dem Veto steckt. Ich hatte, wie so viele andere, nach dem wirklich überraschenden (auch in seiner Promptheit überraschenden) Beschluß der Politiker, keinerlei Änderung zuzulassen, auch nicht auf dringenden Wunsch der Urheber des Regelwerks, angenommen, daß die Schul- und Wörterbuchverleger Druck ausgeübt haben, und das mag letzten Endes auch richtig sein. Aber Ende Januar 1998, also gleich nach der Mannheimer Anhörung, rief mich ein SPD-Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages abends an und versicherte mir von sich aus, es sei das Bundesinnenministerium gewesen. Nun wußte ich von Insidern schon lange, daß in der Tat die Beauftragte des Bundesinnenministers stets besonders unnachgiebig auf der Durchführung der Reform beharrt hatte. Der Bertelsmannkonzern erwähnt sie auffallenderweise namentlich in der Reformchronik auf seiner Internetseite. Die Mitteilung des Bundestagsabgeordneten scheint mir daher doppelt plausibel. Fragt sich nur, warum das BMI so hinter einer Reform her war, von der es doch nur Kosten und Ärger zu erwarten hatte.    Ist es ein Zufall, daß laut Einladung zur konstituierenden Sitzung des Beirats am 8. Februar nicht mehr das BMI, sondern der Kulturstaatsminister eingeladen ist? Dort arbeitet nämlich jetzt die besagte, vormals für das BMI tätige Ministerialrätin. Sie scheint die Zuständigkeit für die deutsche Amtssprache mitgenommen zu haben, was natürlich von der Sache her ein Unding wäre ...

Herrn Jansen, der ja ein Mann von Urteilsvermögen und Kenntnissen zu sein scheint, würde ich gern einmal fragen, welche Neuerungen er für gut hält und welche für überflüssig, weniger gelungen oder gar schlecht (eine möglichst alles erfassende Übersicht wäre interessant). Übrigens sieht man täglich in den Zeitungen, wie auch anderthalb Jahre nach der Umstellung und neuerdings sogar in verstärktem Maße die „alten“ Schreibungen sich wieder durchsetzen. Heute zum Beispiel in den Nürnberger Nachrichten „eine Handvoll“ – sogar fett in der Überschrift, und dies wäre gleich mal so ein Fall: Kann man die Beseitigung eines Wortbildungsmusters per Dekret billigen? Und wenn nicht – was ist von Linguisten zu halten, die so etwas unternehmen?

Zu Herrn Lachenmann: Eine Auswahl der alten Dudenschreibweisen zu treffen läuft auf eine eigene Reform hinaus. Wir hätten folglich die Optionen: weiter schreiben wie bisher, gemäßigte Reform durch Sichtung des Duden, amtliche Rechtschreibreform. Ich bin für die erste, weil ich glaube, daß wir keine Reform der Schreibweisen brauchen, sondern eine in echter Konkurrenz zu erarbeitende neue Darstellung der bisherigen Schreibweisen. Diese Schreibweisen sind grundsätzlich in Ordnung, sie sind leserfreundlich und für den Schreiblerner nicht unzumutbar schwer (wenn man sie richtig erfaßt und darstellt – wir arbeiten dran, und noch nicht lange!). Eine Reform, auch eine noch kleinere, hätte unabsehbare Folgen und Kosten (materieller und geistiger Art). Der Gewinn wäre umstritten und auf jeden Fall höchst zweifelhaft. Wer kann sich anmaßen, es besser regeln zu können, als die Sprachgemeinschaft es in Hunderten von Jahren geregelt hat?



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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