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Christian Dörner
23.01.2001 23.00
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Namen und Rechtschreibreform

(Folgenden Text bitte nicht allzu ernst nehmen, da nicht immer völlig sachlich)

Vorhin hatte ich einen Straßenatlas für 2001 in der Hand, da ich etwas nachschlagen mußte. Aber leider beginnen die Atlanten immer mit Norddeutschland, so daß sich nicht vermeiden ließ, die Neuschreibung »Sassnitz« zu sehen. Aber heißt dieser Ort nicht »Saßnitz«? Nun, ähnliche Dinge fallen in letzter Zeit auch zunehmend bei anderen Eigennamen auf. Die Reform betrifft also anscheinend auch behördlich festgelegte Schreibweisen von Orten und Eigennamen. So scheint es das in der Nähe von Erlangen gelegene Örtchen »Heßdorf« nicht mehr zu geben. Das lokale Franken Fernsehen und die Nürnberger Nachrichten kennen seit 1999 nur noch »Hessdorf«, obwohl der Ort gar nicht so heißt. Auch die Stadt »Gößweinstein« scheint verschwunden zu sein. Auf einem Reisebus eines hiesigen Unternehmens, den ich kürzlich sah, konnte man sogar noch erkennen, daß das ursprüngliche »ß« mit einem »ss« überpinselt wurde. Sogar das »w« mußte ein bißchen kleiner werden, um dem neuen »ss« Platz zu machen. Aber das Städtchen heißt doch nach wie vor »Gößweinstein«, oder?
Aber auch vor Personennamen macht die Reform nicht halt:
Der Bundestrainer unserer »Adler« Schmitt und Hannawald heißt in ARD und ZDF und auch in den Zeitungen plötzlich Reinhard Hess. Nur in der FAZ darf er seinen richtigen Namen behalten: Reinhard Heß. Nur bei Uli Hoeneß wagt keine Zeitung, dessen Namen zu verändern, denn wenn er mal richtig loslegt, dann ist er eben bald aus, der Daum. Eigentlich muß es doch verwundern, daß die SZ nicht die Konsequenz zieht und »Christof Daum« schreibt. Warum nicht? »Die SZ ersetzt ph konsequent durch f«, schreibt die genannte Zeitung am 31.07.99. Wenn schon Reinhard Hess geschrieben wird, dann aber auch bitte Christof Daum, oder nicht? Den »Geßlerhut« scheint es ebenfalls nicht mehr zu geben. Alle Zeitungen schreiben »Gesslerhut«, aber »Litfaßsäule«, obwohl Schüler hier doch eher an »Faß« (neu: Fass) denken. Den Eigennamen erkennen sie hier ohnehin nicht.
Nun, da kommt die Frage auf, wieso denn Eigennamen überhaupt geändert werden? Niemand kam vor der Reform auf die Idee, plötzlich »Eßlingen« zu schreiben. Jeder blieb bei »Esslingen«, obwohl diese Schreibung aus der Reihe tanzte.
Nun werden Orte von Büchern und Zeitungen umbenannt; aber nur in einer Richtung! Daß aus »Neuss« jetzt »Neuß« werden müßte, bedenken sie nicht. Nach Diphthong ist auch nach der Neuregelung kein »ss« zulässig.
Da erinnere ich mich an einen Satz, den ich vor geraumer Zeit irgendwo las, leider weiß ich nicht mehr, woher ich ihn habe.
So bekamen Lehramtsstundenten auf die Frage, wie sie mit der Reform umgeben sollten, folgendende Antwort: »Schreiben Sie möglichst viel ss, mehr verlangen die Kultusminister gar nicht.«

Wie gesagt, diesen Beitrag sollte man nicht zu ernst nehmen, aber die reihenweise Umbenennung von Orten und Eigennamen mußte ich einmal kurz ansprechen.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Christian Dörner
23.01.2001 23.00
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Unfähigkeit

Oje, anscheinend mußte ich wieder einmal meine Unfähigkeit, ordentlich zu tippen, zur Schau stellen. Es muß natürlich »Studenten«, »umgehen« und »folgende« heißen.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Walter Lachenmann
23.01.2001 23.00
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Es gibt sie noch, die guten Dinge...

Bei Herrn Janssen, dem ich nochmals an dieser Stelle für den Buchtipp danke (ihm zuliebe so geschrieben, obwohl mir dabei ist, als würde ich damit eigentlich seine Intelligenz beleidigen, es geht um Olschansky, Täuschende Wörter), verstehe ich überhaupt nicht, warum man mit so viel denkerischen Fähigkeiten sich für etwas engagieren kann, wofür ich für mich den Begriff der »Klamaukrechtschreibung« gefunden habe. Der Begriff trifft das Eigentliche, davon bin ich überzeugt, dazu muß ich nicht all die Scherze mit den vielen Monsterbeispielen ein weiteres Mal bemühen.

Nun ist es eine Erfahrung, daß Intelligenz und denkerische Fähigkeiten zu den widersprüchlichsten Ergebnissen, auch den absurdesten führen können. Es ist schade drum, aber Respekt gebührt Herrn Janssen, daß er hier immer wieder in die Arena steigt, um sich seine Abreibungen abzuholen. Er steht hier so unverdrossen im Lager der reformgegnerischen Hellebardenschwinger wie »wir« in der viel hoffnungsloseren Front gegen die übermächtigen Rechtschreibdiktatoren. Don Quichottes verdienen allemale unsere Hochachtung, so oder so.

Noch folgender Gruß an Herrn Janssen: Ich mache in meinem Fettnäpfchenverlag, der nicht aus Ängstlichkeit sondern aus Klugheit kein Konkurrenzunternehmen zum Bibliographischen Institut sein zu wollen sich anheischig macht, Bücher über Jazz. Jazz ist eine Art Musik, falls jemand das nicht wissen sollte. In diesen Büchern gibt es zum Beispiel folgendes Wort (ich stelle gleich beide Schreibweisen untereinander):

Basssaxofon
Baßsaxophon

Nur ein Beispiel. Jetzt mal abgesehen von dem f im Saxoph(f)on, das zu schreiben seit der Erfindung des Instrumentes noch nie ein Mensch in Deutschland gekommen ist: Natürlich ist die Version mit dem Dreierles-ß wesentlich schöner und besser lesbar. Derlei Beispiele gibt es zuhauf, bis hin zu den verrückten neuen Trennungen.

Warum, verehrter Herr Janssen, vertrauen Sie nicht Ihrem gesunden Menschenverstand und Ihren Augen und erkennen Sie, daß die eine Schreibweise gut ist und die andere doof, häßlich und schwerer zu lesen? Warum soll man nun, seit 1998, »lernen«, daß diese Mißgestaltung der gewohnten Schreibung »Regel« sein soll?

Ich sage Ihnen voraus, und nicht nur ich: Selbst wenn der Protest gegen die Reform nicht unmittelbar zu deren offizieller Zurücknahme führt, wird ein »Manufactum«-Effekt eintreten. Es wird ein Überdruß eintreten, die Leute werden entdecken: »Es gibt sie noch, die guten Dinge« (wozu drolligerweie heute schon Icklers Wörterbuch mit Regeltäfelchen für die der Rechtschreibautonomie und -freiheit nicht teilhaftigen Einfaltspinsel gehört), es wird in absehbarer Zeit eine spätere Generation – auch von »Wissenschaftlern«, die mit ihren Professoren-Übervätern abrechnen wollen – über diese verordnete Vergewaltigung einer gewachsenen Schreibung den Kopf schütteln und mit Erleichterung die »guten (alten) Dinge« wiederentdecken und zu ihnen zurückkehren, so wie heute »Manufactum« die Hebelbriefwaage, das Wiegemesser aus Buchenholz, den Hackklotz aus Thüringen, das Birkenhaarwasser, den Bimsstein, den Gänsekiel, das Zahnsalz, die Kupferbettflasche, die Topfpfpfanne aus Gußeisen (nicht Gusseisen!!!, da seist kein Gus!!!), die echten »Biafuizln« (ggfs. mit Rechtschreibregeln nach Ickler), kurzum das, was es an Gutem schon einmal gegeben hat und was aus Neuerungseifer verdrängt worden ist, mit Erfolg frustrierten Menschen zum Kauf anbietet – und nicht billig, nebenbei gesagt.
Das Bibliographische Institut könnte heute schon die dicksten Geschäfte machen, wenn es eine Nostalgie-Ausgabe des »alten« Duden auf den Markt bringen – sozusagen eine doppelte Marktstrategie fahren und buchstäblich alle Bedürfnisse befriedigen und den gesamten Markt absahnen würde. Vermutlich dürfen sie das nicht. Damit ist also nicht zu rechnen.

Für Leute, die »noch die guten Dinge« haben wollen, gibt es deshalb ersatzweise jetzt schon den Manufactum-Ickler – das sind die (Vor-)Zeichen der Zeit! Interessant ist, daß der Verleger des Icklerschen Wörterbuches sagt, die 17. Auflage des Dudens von 1973 habe alle seine Fragen »rasch und für meine Ansprüche zufriedenstellend beantworten« können, und daß die 20. Auflage »die wohl für lange Zeit letzte noch brauchbare (sic, Herr Ickler!) Ausgabe des Duden gewesen sei. So schlecht war das gute alte Stück vielleicht gar nicht, wie Reformer und Reformgegner jetzt übereinstimmend tun.
Nett ist übrigens, daß es mit der Schreibautonomie des Ickler-Verlegers so weit her auch wieder nicht sein kann, denn er schaut heute in seinem verlagseigenen Wörterbuch nach »welcher Spielraum erlaubt ist (wieder sic, Herr Ickler!)«. Vielleicht sollte Herr Ickler seinen Verleger einmal über die Intention seines Produktes aufklären. So ist wohl die Idee der zwei süßen Regeltäfelchen entstanden, ohne die selbst der Verleger mit dem Buch nichts anfangen kann?
Spott liegt mir ferne, wer mich kennt, weiß das.
Ich mein‘ ja nur.



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Matthias Dräger
23.01.2001 23.00
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Kakao gibt´s hier auch

Lieber Herr Lachenmann,

wenn Sie schon meine Worte (Gedankenübertragung?) auf die Goldwaage legen, dann lesen Sie bitte auch genau ab. Daher hier noch einmal zur Erläuterung: Wer hat gesagt, daß der alte Duden, also die 20. und frühere Auflagen, schlecht gewesen sei? Ich? Nein. Ickler? Ich denke, nein. Ickler hat immer nur davon gesprochen, die Ungereimtheiten, die die früheren Auflagen des Dudens nun einmal mit sich gebracht haben, „auszukämmen“ – nicht mehr, nicht weniger. Denn in der Duden-Redaktion wurden im einen oder anderen Fall eigenmächtige Festlegungen getroffen, die durch den tatsächlichen Schreibgebrauch nicht zu rechtfertigen waren (Getrenntschreibung wohl fühlen etc.). Das ist im Gästebuch hinlänglich diskutiert worden, braucht hier nicht wieder aufgewärmt zu werden.
    Ich glaube, Sie legen zu großes Gewicht in meine Aussagen zum Gebrauch des Dudens vor der Rechtschreibtreform. In der Anfangszeit, den ersten Jahren der Leitung des Verlages, hatte ich überhaupt keinen Duden! Wenn ich einmal bei der Schreibweise eines (Haupt)Wortes unsicher war, habe ich in der Brockhaus-Enzyklopädie nachgesehen! Das kam alle Jubeljahre einmal vor. Die 20. Auflage des Dudens habe ich mir ausschließlich wegen der Rechtschreibreform gekauft – möglicherweise ist das die letzte Ausgabe aus dem Hause Duden, die man als normaler Mensch noch benutzen kann. Das ist doch ein hinreichendes Motiv, zumal dann, wenn man selber ein Wörterbuch verlegt. Das Werk ist auch durchaus brauchbar, wenn man ein ganz normales Wort nachschlagen möchte, wie etwa Rhythmus oder Homöopathie. Wer keine gestiegene Ansprüche hat, braucht sich bestimmt nicht unbedingt ein neues Wörterbuch von Ickler zu kaufen – auch ich hätte mir, ohne das ganze Theater, wohl nie im Leben mehr ein anderes Wörterbuch gekauft, jedenfalls nicht zur Rechtschreibkorrektur (andere Wörterbücher, wie z. B. das einzigartige Grimmsche Wörterbuch, benutze ich für ganz andere Dinge, dabei geht es nicht um Rechtschreibung).
    Die Tatsache aber, daß etwas durchaus schon brauchbar ist, heißt aber lange nicht, daß man es nicht noch besser machen kann. Das ist der hier diskutierte Ansatz von Ickler, und er ist mehr als berechtigt, zumal es heute den Duden nur noch als völlig ungenießbaren „Reform“-Duden gibt – bei dem einen auf Schritt und Tritt eingetrichtert wird, daß man ein alter, unbelehrbarer Knacker ist, wenn man das verwendet, was man in der Schule und von den Eltern gelernt hat. Über die Art und Weise, wie das Haus Duden mit den sog. Reformern kollaboriert hat, möchte ich mich in diesem Zusammenhang gar nicht erst auslassen, weil mir sonst wohl wieder schlecht wird.
    Aber noch zu dem von mir angeführten und von Ihnen aufgegriffenen „Spielraum“: Wenn ich Bedenken habe wegen einer ungewöhnlichen Schreibweise oder verunsichert bin, vor allem bei der GZS und Groß- und Kleinschreibung, schaue ich jetzt nicht mehr im Duden, sondern bei Ickler nach. Und damit bin ich bisher bestens gefahren. Wenn ich also durch eine Schreibweise aufmerksam werde u n d diese auch bei Ickler nicht angegeben ist, dann sehe ich sie als „falsch“, genauer eigentlich: sehr ungebräuchlich an, und ändere die Stelle so, das sie paßt, „richtig“ wird. Es ist selbstverständlich, daß es hierbei auch auf den Sinnzusammenhang ankommt. Und es versteht sich auch von selbst, daß ich nicht in den Text anderer Leute hineinpfusche – ich spreche hier von eindeutiger Fehlerkorrektur, Stellen, über die ein normaler Leser sonst fast immer stolpern würde. Wenn es einmal wirklich nicht ganz klar ist, wie die Passage gemeint ist, wird die Sache mit dem Autor besprochen.


Apropros „süße Regeltäfelchen“: jetzt zum etwas fröhlicheren Teil (auch ich kann einen Kakao zubereiten, sogar mit Sahne): In Wahrheit stehen Sie dem Konzept von Ickler doch gar nicht so ablehnend gegenüber, wie man aus Ihren Äußerungen als Außenstehender schließen mag. Umso unverständlicher sind mir Ihre zaghaften Versuche (und übrigens auch des Bibliographsichen Instituts in Mannheim), die Auflage des Rechtschreibwörterbuches von Ickler Stück für Stück aufzukaufen. Damit Sie uns hier wirklich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen, müssen Sie schon stärker hinlangen, so wird das nichts.

Als nächstes, lieber Herr Lachenmann, erhalten Sie von mir eine Aufstellung der Zutaten des Rechtschreibwörterbuches für Manufactum, damit Sie wieder genug Stoff haben, um Ihren Kakao anzusetzen, durch den ich dann in den nächsten Tagen wieder gezogen werden soll. So muß es sein, man gönnt sich ja sonst nichts . . .



Matthias Dräger
Auf dem Hähnchen 34, 56329 St. Goar

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Theodor Ickler
23.01.2001 23.00
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Eigennamen

Zu den Beobachtungen von Herrn Dörner möchte ich folgende interessante Einzelheit mitteilen. Das bayerische Innenministerium gibt den Beamten die Broschüre „Bürgernahe Sprache in der Verwaltung“ in die Hand. Die letzte Auflage ist vom November 1999. Darin heißt es u. a.:

„Auch das Schriftbild von Orts- und Straßennamen (z. B. Weßling, Schloßbergstraße) sollte nicht verändert werden.“ (S. 77; das Heft kann kostenlos bezogen werden

Ich bin von Gemeindeverwaltungen (z. B. der Stadverwaltung Erlangen) gefragt worden, wie man es mit der Straßenbeschilderung halten soll, und habe im Sinne des Innenministers geantwortet. Dessen Hinweis hat freilich manche Gemeinden nicht davon abgehalten, ihre besondere Ergebenheit durch die sehr kostspielige Änderung der Straßennamen zu bekunden. Wahrscheinlich denkt man sich in manchen Gemeinderäten auch treudeutsch: „Das macht man jetzt so!“

Übrigens herrscht im bayerischen Innenministerium, wie ich durch persönliche Mitteilung weiß, großer Unmut über die vom Nachbarressort okroyierte Rechtschreibreform.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Christian Dörner
23.01.2001 23.00
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Liberalität bei der Getrennt- und Zusammenschreibung

Da die Diskussion über die GZS anscheinend wieder ein bißchen in Gang gekommen ist, möchte ich gerne noch ein paar Punkte dazu anmerken.
Meines Erachtens wird von den Befürwortern einer exakten Regelung häufig vergessen, daß wir auf dem Gebiet der Getrennt- und Zusammenschreibung *vor* der Reform bereits eine weitgehende Freigabe hatten – auch in der Schule. Die meisten »Fehler« wurden schon deshalb nicht angestrichen, da sich auch die Lehrer i. d. R. die Einzelfestlegungen des Duden nicht merken konnten. Ich möchte dies an Hand des von mir bereits erwähnten Allerweltswortes »zusammensein« erklären. Die (vorgeschriebene) Schreibung dieses Wortes wurde, soweit ich weiß, im Jahre 1980 einfach geändert. Bisher getrennt, nun zusammen, nach der Rechtschreibreform wieder getrennt. Man könnte sagen, daß dieses Wort gerade seine Volljährigkeit feierte, als es 1998 durch die Reform wieder aufgelöst wurde. Nun, änderte sich 1980 plötzlich das Korrekturverhalten der Lehrer in bezug auf »zusammensein« / »zusammen sein«? Ganz bestimmt nicht. Sowohl vor als auch nach 1980 wurden beide Schreibweisen toleriert. Das war auch selbstverständlich. Nun waren – so schreibt auch Prof. Ickler – manche Zusammenschreibungen »mehr oder weniger üblich«. Das Wort »kennenlernen« habe ich bereits erwähnt. Die Getrenntschreibung ist wohl kaum belegbar, mit Sicherheit noch viel seltener als bei »fertigstellen«. Bei den exakt gleich gebauten Wörtern »liebenlernen« und »schätzenlernen« sieht die Sache plötzlich wieder ganz anders aus. Hier ist die Getrenntschreibung reichlich belegbar. (Die Nichtbelegbarkeit der Getrenntschreibung bei »kennenlernen« liegt m. E. daran, daß dieses Wort im Gegensatz zu den eben erwähnten so häufig war, daß man es ständig zu sehen bekam, so daß man sich die Zusammenschreibung relativ schnell einprägte.) Bei »kennen lernen« hätte wohl jeder Lehrer einen Fehler angestrichen; dessen bin ich mir sicher.
Nun kreideten die Lehrer meist nur das an, was sie selbst sicher wußten. Fast niemand schlug ein Wort zu Hause nach. Vorhin betrachtete ich einen 6seitigen Aufsatz, den ich Jahre vor der Rechtschreibreform in der 10. Klasse geschrieben hatte. Angeblich enthält er nur zwei Fehler: einmal »das« statt »daß« (diese Art von Fehler ist jetzt noch häufiger, und zwar vor allem der Fehler »dass« statt richtig: »das«) und einmal ein nicht gerechtfertigtes Komma bei »sowohl – als auch«. Damals habe ich den Aufsatz nicht mehr näher betrachtet, aber heute finde ich plötzlich zahlreiche Fehler. Viermal Schreibungen nach dem Muster »den selben«, »der selbe« usw., einmal »desweiteren«, einmal »je ..., umso ... und umso« (also drei Fehler: zweimal »umso« und einmal ein vergessenes Komma zwischen Hauptsätzen, bei denen ein gemeinsamer Nebensatz inhaltlich weitergilt), einmal »wiesehr« als Konjuktion (statt richtig: »wie sehr«), einmal »weitergehende« und einmal »beiseitelassen«. Nichts wurde angestrichen – trotz des damals sonst so strengen und sachkundigen Lehrers. Was kann man daraus folgern?
Die Freigabe bei der GZS war vor der Rechtschreibreform längst vorhanden, die Dudenfestlegungen führten selbst bei den Lehrern zu einer ziemlichen Gleichgültigkeit. Jetzt ist die Situation völlig anders. Noch nie wurde der Rechtschreibunterrich so intensiviert, noch nie wurde so oft nachgeschlagen, noch nie wurden so viele »echte« Fehler gemacht, noch nie waren die Lehrer bei der GZS und der Rechtschreibung strenger. War das der Zweck der Rechtschreibreform?

Fazit: Die so oft kritisierte Freigabe der GZS, wie man sie im Wörterbuch von Herrn Prof. Ickler findet, war bis auf wenige Ausnahmen Tatsache. Jetzt herrscht – trotz der mangelhaften Neuregelung – Genauigkeit wie noch nie. Es wird peinlichst darauf geachtet, die bereits als fehlerhaft erkannte Rechtschreibung konsequent durchzusetzen. Von Vereinfachung und vielgerühmter Liberalität der Reform ist nichts zu spüren.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Manfred Riebe
23.01.2001 23.00
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Widerstand? Machtmißbrauch? Auch diese Medaille hat zwei Seiten

Professor Ickler zitiert Norbert Bolz aus „Deutsch global“, hrsg. von Hilmar Hoffmann,
Köln: Verlag DuMont, 2000, S. 28. Wer ist Norbert Bolz?
Die Texte des Präsidenten des Goethe-Instituts („das ebenfalls kuscht“) Hilmar Hoffmann, Harald Weinrich, Helmut Glück usw. seien in Neuschreibung umgesetzt worden.

Theodor Ickler wörtlich: „Der Verlag DuMont verfährt da ganz rücksichtslos.“ Mißbraucht der Verlag DuMont tatsächlich seine Macht?

Dieser Verlag gehört zur Verlagsgruppe DuMont-Schauberg, Köln. Diese Verlagsgruppe ist auf dem Tageszeitungsmarkt nach Springer, der WAZ-Gruppe und der Verlagsgruppe der Stuttgarter Zeitung/Die Rheinpfalz/Südwestpresse Ulm der viertgrößte Pressekonzern. Erst dann folgen Gruner + Jahr, Süddeutsche Zeitung/Friedmann Erben, München, die FAZ, Ippen, Holtzbrink und Madsack/Gerstenbert, Hannover.
Diese Verlage sind aber meistens Multimedia-Unternehmen und daher u.a. auch Buchverlage, und sie sind finanziell verflochten. So besitzt z.B. Bertelsmann 74,9 Prozent von Gruner + Jahr, Gruner + Jahr wiederum 25 Prozent am SPIEGEL, die Kirch-Gruppe besitzt 40 Prozent des Springer-Konzerns usw. (aus: Hermann Meyn: Massenmedien in Deutschland). Man spricht also nicht von ungefähr von der vierten Gewalt im Staate. Helmut Kohl erhielt von den Medienbossen Leo Kirch und Erich Schumann, Geschäftsführender Gesellschafter der Verlagsgruppe WAZ, Essen, die meisten Gelder. Die Medienkonzerne sind zugleich zum Big Brother und Big Sponsor geworden: Wer das Geld hat, hat die Lobby; wer die Lobby hat, hat die Macht.

Die Redakteure und Autoren befinden sich in einer wirtschaftlichen Interessengemeinschaft mit den Verlagen und damit in einer Abhängigkeit. Daraus ergibt sich tendenziell eine Schweigespirale, auch wenn Axel Springer einmal sagte, es sei aberwitzig zu glauben, er könne und wolle über 800 geistig unabhängige Menschen die Peitsche schwingen. Keiner der Redakteure brauche zu kuschen (Meyn, S. 159). Klaus Bresser bestätigt dies: Es gibt einen Freiraum für unabhängige Journalisten: Dieser werde aber durch den „Hang zum Konformen, zum Sichabsichern und Nichtauffallen“ nicht genutzt. (Meyn, S. 187)

Kurz: Die Frage, ob der Verlag DuMont rücksichtslos verfuhr, kann man nur dann beantworten, wenn man weiß, ob der Herausgeber und die Autoren nachdrücklich Widerstand gegen den Neuschrieb geleistet hatten. Vielleicht überhaupt nicht oder nicht nachdrücklich genug; denn viele andere Schriftsteller verbieten doch auch auf Grund des Grundrechtes der Freiheit der Kunst (Art. 5 GG) erfolgreich die Umwandlung in den Neuschrieb. Eine Liste dieser Autoren ist veröffentlicht in der Netzseite reformfreier Zeitungen und Zeitschriften http://members.aol.com/jfrieling9166379.

Im Vergleich zum Dritten Reich hat sich die Mentalität der meisten Deutschen generell nicht geändert. Es gibt nur wenige streitbare Demokraten. Die meisten nehmen an der Schweigespirale teil, lassen sich einen Maulkorb umbinden und fördern damit das Duckmäusertum, Mitläufertum, den vorauseilenden Gehorsam und das willige Vollstreckerunwesen, was man am Dritten Reich im Nachhinein so sehr verurteilt. Wenn schon das Gros der sogenannten geistigen Elite kein Rückgrat zeigt, was will man dann vom kleinen Mann erwarten?



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Theodor Ickler
23.01.2001 23.00
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Nachschlagen!

Herr Dörner beschreibt die Zustände völlig richtig. Auch seine Folgerung, daß infolge der Reform der Nachschlagebedarf enorm gewachsen sein muß, trifft zu. In den Handreichungen des bayerischen „Staatsinstituts für Schulpädagogik usw.“ heißt es ausdrücklich:

„Zweifellos wird die Neuregelung dem Rechtschreibunterricht insgesamt einen gewaltigen Impuls geben.“

und

„Die Neuregelung der Rechtschreibung bedingt, dass für jeden – Lehrer und Schüler – der Umgang mit einem Rechtschreiblexikon selbstverständlicher sein muss denn je.“

Sehr aufschlußreich, nicht wahr?



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Norbert Schäbler
23.01.2001 23.00
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“Spagetti-Spagat³

Ich will noch einmal meine große Aphorismensammlung bemühen.

Henry Ford ist heute dran, der Erfinder des Fließbandes.

Von ihm stammt die Weisheit:
„Wer nicht mehr danach strebt, besser zu werden, hört auch auf, gut zu sein.“

Und ich bitte Herrn Professor Ickler nicht nur daran zu denken,    viele Menschen aus der Knechtschaft der Orthographie herauszuführen (gerade die gegenwärtige „Spagetti-Fassung“, verurteilt alle – Lehrer und Schüler –    gleichermaßen zu größter Abhängigkeit), sondern auch daran zu denken, daß es Menschen gibt, die in Spezialdisziplinen einfach nur besser werden wollen und das Beste anstreben.

Wenn gar mit Spezialdisziplin die Sprache (egal ob gesprochen oder geschrieben) gemeint ist, dann sollte es sich lohnen über einen Spagat nachzudenken, den Walter Lachenmann kürzlich treffend beschrieben hat.   



Norbert Schäbler
Hösbach

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Matthias Dräger
23.01.2001 23.00
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Gedankenübertragung?

Mir kam gerade der Gedanke, ob ich anläßlich meines Hinweises zur Silbentrennung und der Arbeit beim Neusatz eines Buches auch noch etwas zu Gebrauch von Wörterbüchern bei mir im Verlag sagen sollte – und dann sah ich den Eintrag „Liberalität...“ (Dörner) und „Nachschlagen!“ (Ickler) im Gästebuch. Hier also mein Senf dazu:

Mit der Satzerstellung des im Nachrichtenbrett genannten Titels bin ich jetzt auf Seite 164 (von etwa 400) angekommen. Zwar muß ich den Text dabei nicht mehr Korrekturlesen, man achtet dabei aber dennoch auf den Text, so auch auf Tippfehler und die Rechtschreibung. Bis jetzt habe ich noch nicht ein einziges Mal – und man sehe es mir nach, wenn ich das einmal etwas salopp sage – zum „Ickler“ gegriffen, geschweige denn einen alten Duden zur Hand genommen.

    Bevor das Theater mit der Rechtschreibreform begann, hatte ich im Verlag nur einen älteren Duden in Gebrauch (die 17. Auflage von 1973). Damit ließen sich Fragen, die sich in bezug auf Rechtschreibung stellten, rasch und für meine Ansprüche zufriedenstellend beantworten. Allerdings habe ich keine Texte Korrekturgelesen; die Korrektorin, die derartige Arbeiten für den Verlag ausführt, arbeitet, wie ich weiß, vor allem noch mit dem Duden-Band „Zweifelsfälle der deutschen Rechtschreibung“.
     Mittlerweile stehen bei mir in Griffnähe mehrere Wörterbücher. Außer dem „Ickler“ haben sich dort noch eingefunden: Duden 20. Auflage (da ich die Gelegenheit nutzen wollte, die wohl für lange Zeit letzte noch brauchbare Ausgabe für billiges Geld zu ergattern), ein DDR-Duden (VEB Leipzig, 15. Auflage 1960), nicht zuletzt wegen der Darstellung der Regeln (die Auflage ist auch deswegen interessant, da hier das ß als Großbuchstabe im Titel verwandt wird) sowie die letzte Fraktur- und erste Antiqua-Ausgabe des Dudens (1941 und 1942), mehr aus historischem Interesse, auch wegen des Drucks und der Qualität der Einbände.
    Wenn ich jetzt etwas Einfaches nachschlagen muß, etwa die Schreibweise eines Wortes (das Wort (Bleistift)mine mußte ich vor einigen Wochen tatsächlich nachlagen!) greife ich wahllos entweder zum Duden oder zum Ickler. Wenn ich selber schreibe, tauchen Fragen zur Getrennt- und Zusammenschreibung gar nicht auf, hier gibt es also auch nichts nachzuschlagen. Wenn ich in einem fremden Text auf eine Wortgruppierung stoße, die mir – wegen ungewohnter Auseinander- oder Zusammenschreibung – sehr bedenklich vorkommt, schaue ich jetzt natürlich bei Ickler nach: zum einen deshalb, um zu sehen, welcher Spielraum gegebenenfalls erlaubt ist, und dann natürlich auch deshalb, da ich weiß, daß ich hier festen Boden unter den Füßen habe, da sich die Einträge noch am ehesten am tatsächlichen Schreibgebrauch orientieren.

Was meine Schulzeit angeht, kann ich in diesem Zusammenhang nur sagen: Ich habe nie ein Wörterbuch gehabt, und ich glaube, meine Freunde hatten auch keins. Die Rechtschreibung haben wir hauptsächlich in der Schule gelernt: war etwas falsch, bekam man dafür einen Fehler, und das merkte man sich natürlich.
   Man kann es vielleicht nicht verallgemeinern, aber ich halte es für bedenklich, einem Schüler ein Wörterbuch zu geben. Das ist so ähnlich wie mit den Taschenrechnern: Wenn man ein Wörterbuch hat – dann braucht man es auch . . .

Es gehört zwar vielleicht nicht hierher, aber eigentlich gehört es doch hierher: Ein Bekannter von mir hat noch bis vor kurzem in Singapore einen guten Teil des Palmölhandels Asiens abgewickelt. Vor etwa einem Jahr fragte er seinen Chef, einen Chinesen, ob er nicht mal einen Computer haben könne, damit er nicht die vielen verschiedenen Preise immer im Kopf behalten müsse. Die Antwort seines Chefs war ebenso klar wie unmißverständlich: Wenn er mit einem Computer ankomme, schmeißt er ihn raus.



Matthias Dräger
St. Goar

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Gast
23.01.2001 23.00
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Zu Wrases “Theorie und Praxis³

„Herr Jansen geht von einem Theoriegebäude aus, Professor Ickler von der Realität.“

Das ist ein interessanter Satz. Steckt in dem Satz die Implikation, dass die Regeln der Rechtschreibung nicht Realität sind? Vielleicht war es so gemeint. Die Schreibweisen werden fast alle von den Regeln abgeleitet, die die Menschen im Kopf haben. Hinzu kommt hin und wieder das Nachschlagen. Es kann nicht anders sein, als dass das, was zu den reellen Schreibweisen führt, auch reell ist. Noch deutlicher ist es für den Fall, dass jemand am Computer mit einem Rechtschreibprogramm arbeitet. Das ist heute immer öfter Realität. Soll nur so ein computerisiertes Regelwerk reell sein, das im Kopf aber nicht? Die Ethnomethodologie unterstellt, dass menschliches Verhalten, also auch das Schreiben, regelhaft abläuft, und dass diese Regeln beschreibbar sind. In dieser „Schule“ schließen sich Realität und Theorie nicht gegenüber. Vielmehr gilt es, die vorakademische Theorie herauszubekommen und zu beschreiben. Herr Ickler sieht sicherlich den Regelteil seines Wörterbuchs in Einklang mit dem Wörterverzeichnis. Auch das neue Regelwerk bleibt ja nicht Theorie: Immer mehr Menschen schreiben nach diesem Regelwerk, und damit etablieren sich auch die Schreibweisen. Nicht alle, wie schon bisher wird es einen Abstand zwischen Regelwerk und Schreibrealität geben.
Interessant ist hier noch einmal die GZS. In einer Perspektive wurde hier das Vorhandensein von Getrenntschreibungen (erweitert und gesteigert sowie in Umstellung [ich lerne kennen]) verallgemeinert. Hier wurden also die Regeln den Schreibweisen nachgebildet. In anderer Perspektive erscheint es umgekehrt: Es gibt jetzt eine Regel, die sagt, dass ich die Erweiterungs- und Steigerungsprobe machen muss. So gesehen neu.

Kein Mensch schreibt, ohne Regeln. Ginge es nur um Schreibweisen, so könnte man keine Worttrennung machen und Zeichensetzung. Ich kann schließlich nicht für alle denkbaren Sätze auswendig lernen, wo Satzzeichen hingehören. Man merkt wie einfach es ist, die neuen Schreibweisen mit ss abzuleiten. Da lernt man nicht Schreibweisen, man lernt, dass diese längst bekannte und angewandte, also reelle Regel nun auch für die Verdoppelung von s gilt. Im Englischen und Französischen sieht das schon deutlich anders aus. Das Wort ‚doubt‘ kann ich nicht mit einer Regel finden. Ich kann es nur als Einzelfall lernen. Im Deutschen trifft dies auch auch Hygiene zu (gesprochen Hügene).
Übrigens: Hat man vor 1996 nicht versucht, die Schreibweisen einer bestimmten Regel anzupassen? Was anderes ist das Anstreichen von Fehlern in der Schule? Wozu Lehrsätze wie „Doppel-s am Schluss bringt Verdruss!“, „Trenne nie st..“, „Wer nämlich mit h schreibt...“? Es ist ein ganz normaler Vorgang der Inkulturation, den Menschen nach den Kulturregeln zu „formen“.



Michael Jansen

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Christian Dörner
23.01.2001 23.00
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Namen und Rechtschreibreform

(Folgenden Text bitte nicht allzu ernst nehmen, da nicht immer völlig sachlich)

Vorhin hatte ich einen Straßenatlas für 2001 in der Hand, da ich etwas nachschlagen mußte. Aber leider beginnen die Atlanten immer mit Norddeutschland, so daß sich nicht vermeiden ließ, die Neuschreibung »Sassnitz« zu sehen. Aber heißt dieser Ort nicht »Saßnitz«? Nun, ähnliche Dinge fallen in letzter Zeit auch zunehmend bei anderen Eigennamen auf. Die Reform betrifft also anscheinend auch behördlich festgelegte Schreibweisen von Orten und Eigennamen. So scheint es das in der Nähe von Erlangen gelegene Örtchen »Heßdorf« nicht mehr zu geben. Das lokale Franken Fernsehen und die Nürnberger Nachrichten kennen seit 1999 nur noch »Hessdorf«, obwohl der Ort gar nicht so heißt. Auch die Stadt »Gößweinstein« scheint verschwunden zu sein. Auf einem Reisebus eines hiesigen Unternehmens, den ich kürzlich sah, konnte man sogar noch erkennen, daß das ursprüngliche »ß« mit einem »ss« überpinselt wurde. Sogar das »w« mußte ein bißchen kleiner werden, um dem neuen »ss« Platz zu machen. Aber das Städtchen heißt doch nach wie vor »Gößweinstein«, oder?
Aber auch vor Personennamen macht die Reform nicht halt:
Der Bundestrainer unserer »Adler« Schmitt und Hannawald heißt in ARD und ZDF und auch in den Zeitungen plötzlich Reinhard Hess. Nur in der FAZ darf er seinen richtigen Namen behalten: Reinhard Heß. Nur bei Uli Hoeneß wagt keine Zeitung, dessen Namen zu verändern, denn wenn er mal richtig loslegt, dann ist er eben bald aus, der Daum. Eigentlich muß es doch verwundern, daß die SZ nicht die Konsequenz zieht und »Christof Daum« schreibt. Warum nicht? »Die SZ ersetzt ph konsequent durch f«, schreibt die genannte Zeitung am 31.07.99. Wenn schon Reinhard Hess geschrieben wird, dann aber auch bitte Christof Daum, oder nicht? Den »Geßlerhut« scheint es ebenfalls nicht mehr zu geben. Alle Zeitungen schreiben »Gesslerhut«, aber »Litfaßsäule«, obwohl Schüler hier doch eher an »Faß« (neu: Fass) denken. Den Eigennamen erkennen sie hier ohnehin nicht.
Nun, da kommt die Frage auf, wieso denn Eigennamen überhaupt geändert werden? Niemand kam vor der Reform auf die Idee, plötzlich »Eßlingen« zu schreiben. Jeder blieb bei »Esslingen«, obwohl diese Schreibung aus der Reihe tanzte.
Nun werden Orte von Büchern und Zeitungen umbenannt; aber nur in einer Richtung! Daß aus »Neuss« jetzt »Neuß« werden müßte, bedenken sie nicht. Nach Diphthong ist auch nach der Neuregelung kein »ss« zulässig.
Da erinnere ich mich an einen Satz, den ich vor geraumer Zeit irgendwo las, leider weiß ich nicht mehr, woher ich ihn habe.
So bekamen Lehramtsstundenten auf die Frage, wie sie mit der Reform umgeben sollten, folgendende Antwort: »Schreiben Sie möglichst viel ss, mehr verlangen die Kultusminister gar nicht.«

Wie gesagt, diesen Beitrag sollte man nicht zu ernst nehmen, aber die reihenweise Umbenennung von Orten und Eigennamen mußte ich einmal kurz ansprechen.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Christian Dörner
23.01.2001 23.00
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Unfähigkeit

Oje, anscheinend mußte ich wieder einmal meine Unfähigkeit, ordentlich zu tippen, zur Schau stellen. Es muß natürlich »Studenten«, »umgehen« und »folgende« heißen.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Walter Lachenmann
23.01.2001 23.00
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Es gibt sie noch, die guten Dinge...

Bei Herrn Janssen, dem ich nochmals an dieser Stelle für den Buchtipp danke (ihm zuliebe so geschrieben, obwohl mir dabei ist, als würde ich damit eigentlich seine Intelligenz beleidigen, es geht um Olschansky, Täuschende Wörter), verstehe ich überhaupt nicht, warum man mit so viel denkerischen Fähigkeiten sich für etwas engagieren kann, wofür ich für mich den Begriff der »Klamaukrechtschreibung« gefunden habe. Der Begriff trifft das Eigentliche, davon bin ich überzeugt, dazu muß ich nicht all die Scherze mit den vielen Monsterbeispielen ein weiteres Mal bemühen.

Nun ist es eine Erfahrung, daß Intelligenz und denkerische Fähigkeiten zu den widersprüchlichsten Ergebnissen, auch den absurdesten führen können. Es ist schade drum, aber Respekt gebührt Herrn Janssen, daß er hier immer wieder in die Arena steigt, um sich seine Abreibungen abzuholen. Er steht hier so unverdrossen im Lager der reformgegnerischen Hellebardenschwinger wie »wir« in der viel hoffnungsloseren Front gegen die übermächtigen Rechtschreibdiktatoren. Don Quichottes verdienen allemale unsere Hochachtung, so oder so.

Noch folgender Gruß an Herrn Janssen: Ich mache in meinem Fettnäpfchenverlag, der nicht aus Ängstlichkeit sondern aus Klugheit kein Konkurrenzunternehmen zum Bibliographischen Institut sein zu wollen sich anheischig macht, Bücher über Jazz. Jazz ist eine Art Musik, falls jemand das nicht wissen sollte. In diesen Büchern gibt es zum Beispiel folgendes Wort (ich stelle gleich beide Schreibweisen untereinander):

Basssaxofon
Baßsaxophon

Nur ein Beispiel. Jetzt mal abgesehen von dem f im Saxoph(f)on, das zu schreiben seit der Erfindung des Instrumentes noch nie ein Mensch in Deutschland gekommen ist: Natürlich ist die Version mit dem Dreierles-ß wesentlich schöner und besser lesbar. Derlei Beispiele gibt es zuhauf, bis hin zu den verrückten neuen Trennungen.

Warum, verehrter Herr Janssen, vertrauen Sie nicht Ihrem gesunden Menschenverstand und Ihren Augen und erkennen Sie, daß die eine Schreibweise gut ist und die andere doof, häßlich und schwerer zu lesen? Warum soll man nun, seit 1998, »lernen«, daß diese Mißgestaltung der gewohnten Schreibung »Regel« sein soll?

Ich sage Ihnen voraus, und nicht nur ich: Selbst wenn der Protest gegen die Reform nicht unmittelbar zu deren offizieller Zurücknahme führt, wird ein »Manufactum«-Effekt eintreten. Es wird ein Überdruß eintreten, die Leute werden entdecken: »Es gibt sie noch, die guten Dinge« (wozu drolligerweie heute schon Icklers Wörterbuch mit Regeltäfelchen für die der Rechtschreibautonomie und -freiheit nicht teilhaftigen Einfaltspinsel gehört), es wird in absehbarer Zeit eine spätere Generation – auch von »Wissenschaftlern«, die mit ihren Professoren-Übervätern abrechnen wollen – über diese verordnete Vergewaltigung einer gewachsenen Schreibung den Kopf schütteln und mit Erleichterung die »guten (alten) Dinge« wiederentdecken und zu ihnen zurückkehren, so wie heute »Manufactum« die Hebelbriefwaage, das Wiegemesser aus Buchenholz, den Hackklotz aus Thüringen, das Birkenhaarwasser, den Bimsstein, den Gänsekiel, das Zahnsalz, die Kupferbettflasche, die Topfpfpfanne aus Gußeisen (nicht Gusseisen!!!, da seist kein Gus!!!), die echten »Biafuizln« (ggfs. mit Rechtschreibregeln nach Ickler), kurzum das, was es an Gutem schon einmal gegeben hat und was aus Neuerungseifer verdrängt worden ist, mit Erfolg frustrierten Menschen zum Kauf anbietet – und nicht billig, nebenbei gesagt.
Das Bibliographische Institut könnte heute schon die dicksten Geschäfte machen, wenn es eine Nostalgie-Ausgabe des »alten« Duden auf den Markt bringen – sozusagen eine doppelte Marktstrategie fahren und buchstäblich alle Bedürfnisse befriedigen und den gesamten Markt absahnen würde. Vermutlich dürfen sie das nicht. Damit ist also nicht zu rechnen.

Für Leute, die »noch die guten Dinge« haben wollen, gibt es deshalb ersatzweise jetzt schon den Manufactum-Ickler – das sind die (Vor-)Zeichen der Zeit! Interessant ist, daß der Verleger des Icklerschen Wörterbuches sagt, die 17. Auflage des Dudens von 1973 habe alle seine Fragen »rasch und für meine Ansprüche zufriedenstellend beantworten« können, und daß die 20. Auflage »die wohl für lange Zeit letzte noch brauchbare (sic, Herr Ickler!) Ausgabe des Duden gewesen sei. So schlecht war das gute alte Stück vielleicht gar nicht, wie Reformer und Reformgegner jetzt übereinstimmend tun.
Nett ist übrigens, daß es mit der Schreibautonomie des Ickler-Verlegers so weit her auch wieder nicht sein kann, denn er schaut heute in seinem verlagseigenen Wörterbuch nach »welcher Spielraum erlaubt ist (wieder sic, Herr Ickler!)«. Vielleicht sollte Herr Ickler seinen Verleger einmal über die Intention seines Produktes aufklären. So ist wohl die Idee der zwei süßen Regeltäfelchen entstanden, ohne die selbst der Verleger mit dem Buch nichts anfangen kann?
Spott liegt mir ferne, wer mich kennt, weiß das.
Ich mein‘ ja nur.



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Matthias Dräger
23.01.2001 23.00
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Kakao gibt´s hier auch

Lieber Herr Lachenmann,

wenn Sie schon meine Worte (Gedankenübertragung?) auf die Goldwaage legen, dann lesen Sie bitte auch genau ab. Daher hier noch einmal zur Erläuterung: Wer hat gesagt, daß der alte Duden, also die 20. und frühere Auflagen, schlecht gewesen sei? Ich? Nein. Ickler? Ich denke, nein. Ickler hat immer nur davon gesprochen, die Ungereimtheiten, die die früheren Auflagen des Dudens nun einmal mit sich gebracht haben, „auszukämmen“ – nicht mehr, nicht weniger. Denn in der Duden-Redaktion wurden im einen oder anderen Fall eigenmächtige Festlegungen getroffen, die durch den tatsächlichen Schreibgebrauch nicht zu rechtfertigen waren (Getrenntschreibung wohl fühlen etc.). Das ist im Gästebuch hinlänglich diskutiert worden, braucht hier nicht wieder aufgewärmt zu werden.
    Ich glaube, Sie legen zu großes Gewicht in meine Aussagen zum Gebrauch des Dudens vor der Rechtschreibtreform. In der Anfangszeit, den ersten Jahren der Leitung des Verlages, hatte ich überhaupt keinen Duden! Wenn ich einmal bei der Schreibweise eines (Haupt)Wortes unsicher war, habe ich in der Brockhaus-Enzyklopädie nachgesehen! Das kam alle Jubeljahre einmal vor. Die 20. Auflage des Dudens habe ich mir ausschließlich wegen der Rechtschreibreform gekauft – möglicherweise ist das die letzte Ausgabe aus dem Hause Duden, die man als normaler Mensch noch benutzen kann. Das ist doch ein hinreichendes Motiv, zumal dann, wenn man selber ein Wörterbuch verlegt. Das Werk ist auch durchaus brauchbar, wenn man ein ganz normales Wort nachschlagen möchte, wie etwa Rhythmus oder Homöopathie. Wer keine gestiegene Ansprüche hat, braucht sich bestimmt nicht unbedingt ein neues Wörterbuch von Ickler zu kaufen – auch ich hätte mir, ohne das ganze Theater, wohl nie im Leben mehr ein anderes Wörterbuch gekauft, jedenfalls nicht zur Rechtschreibkorrektur (andere Wörterbücher, wie z. B. das einzigartige Grimmsche Wörterbuch, benutze ich für ganz andere Dinge, dabei geht es nicht um Rechtschreibung).
    Die Tatsache aber, daß etwas durchaus schon brauchbar ist, heißt aber lange nicht, daß man es nicht noch besser machen kann. Das ist der hier diskutierte Ansatz von Ickler, und er ist mehr als berechtigt, zumal es heute den Duden nur noch als völlig ungenießbaren „Reform“-Duden gibt – bei dem einen auf Schritt und Tritt eingetrichtert wird, daß man ein alter, unbelehrbarer Knacker ist, wenn man das verwendet, was man in der Schule und von den Eltern gelernt hat. Über die Art und Weise, wie das Haus Duden mit den sog. Reformern kollaboriert hat, möchte ich mich in diesem Zusammenhang gar nicht erst auslassen, weil mir sonst wohl wieder schlecht wird.
    Aber noch zu dem von mir angeführten und von Ihnen aufgegriffenen „Spielraum“: Wenn ich Bedenken habe wegen einer ungewöhnlichen Schreibweise oder verunsichert bin, vor allem bei der GZS und Groß- und Kleinschreibung, schaue ich jetzt nicht mehr im Duden, sondern bei Ickler nach. Und damit bin ich bisher bestens gefahren. Wenn ich also durch eine Schreibweise aufmerksam werde u n d diese auch bei Ickler nicht angegeben ist, dann sehe ich sie als „falsch“, genauer eigentlich: sehr ungebräuchlich an, und ändere die Stelle so, das sie paßt, „richtig“ wird. Es ist selbstverständlich, daß es hierbei auch auf den Sinnzusammenhang ankommt. Und es versteht sich auch von selbst, daß ich nicht in den Text anderer Leute hineinpfusche – ich spreche hier von eindeutiger Fehlerkorrektur, Stellen, über die ein normaler Leser sonst fast immer stolpern würde. Wenn es einmal wirklich nicht ganz klar ist, wie die Passage gemeint ist, wird die Sache mit dem Autor besprochen.


Apropros „süße Regeltäfelchen“: jetzt zum etwas fröhlicheren Teil (auch ich kann einen Kakao zubereiten, sogar mit Sahne): In Wahrheit stehen Sie dem Konzept von Ickler doch gar nicht so ablehnend gegenüber, wie man aus Ihren Äußerungen als Außenstehender schließen mag. Umso unverständlicher sind mir Ihre zaghaften Versuche (und übrigens auch des Bibliographsichen Instituts in Mannheim), die Auflage des Rechtschreibwörterbuches von Ickler Stück für Stück aufzukaufen. Damit Sie uns hier wirklich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen, müssen Sie schon stärker hinlangen, so wird das nichts.

Als nächstes, lieber Herr Lachenmann, erhalten Sie von mir eine Aufstellung der Zutaten des Rechtschreibwörterbuches für Manufactum, damit Sie wieder genug Stoff haben, um Ihren Kakao anzusetzen, durch den ich dann in den nächsten Tagen wieder gezogen werden soll. So muß es sein, man gönnt sich ja sonst nichts . . .



Matthias Dräger
Auf dem Hähnchen 34, 56329 St. Goar

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