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Manfred Riebe
30.01.2001 23.00
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“konstruiert³ und subjektiv uminterpretiert?

Lieber Herr Dörner“

Besten Dank für Ihre Antwort. Ich versuche, den Sachverhalt mit dem Duden von 1961 aufzuklären.

Auszug aus dem Duden, 15. Auflage, 1961, S. 38:

„Bei der Zusammen- und Getrenntschreibung handelt es sich um eine ständigen Entwicklungsvorgang. Es ist deshalb nicht möglich, feste Richtlinien aufzustellen. Die nachstehenden Beispiele geben den derzeitigen Entwicklungsstand wieder. In Zweifelsfällen schreibe man getrennt.
Merke: In der Regel zeigt Starkton des ersten Gliedes Zusammenschreibung, Starkton bei beiden Wörtern Getrenntschreibung an.

Also schrieb man 1961 wie folgt:

„... jenes getrennt lebende (echter Zweifelsfall, je nachdem, wie man betont, vgl. auch 1980) Paar wollte nicht länger zusammensein (1961 kein Eintrag, aber analog anderer Einträge unter „zusammen-“ mit Starkton zusammengeschrieben, 1980 zusammen). Betrachtet man die bei ihrem Streit freiwerdenden (vgl. „frei“, S. 268, Spalte 1, „frei“ ist bloßes Vorwort und trägt den Starkton, ebenso 1980) Emotionen, so kann man sich nur kranklachen.“ (Starkton des ersten Gliedes, analog zu „krankfeiern“, „krankmachen“; ebenso 1980)

Anmerkung: Aus der Erläuterung des Duden geht deutlich hervor, daß es der Duden-Redaktion damals um die deskriptive Darstellung des Entwicklungsstandes und nicht um eine „strikte Normung“ ging. Auf Grund meiner Beobachtungen vermute ich, daß eine große Mehrheit der Sprachgemeinschaft diese deskriptive Art einer möglichst „eindeutigen Lexikalisierung“ der Getrennt- und Zusammenschreibung des Duden bis zur 20. Auflage von 1991 befürwortet. Dieses Ziel verfolgt laut seiner Satzung auch der VRS. Die „Befürworter einer strikten Normung der GZS“ dürften dagegen – wie die radikalen Reformer – zu einer kleinen Minderheit gehören.
Das Betonungszeichen (untergesetzter Punkt für den Starkton) wurde 1961 bei den Zeitwörtern noch nicht durchgängig gesetzt. Der untergesetzte Strich fehlte noch völlig.

Was steht nun wirklich in der 17. Auflage des Duden von 1973, wenn schon die 15. Auflage des Duden von 1961 den Entwicklungsstand des Univerbierungsprozesses relativ deutlich widerspiegelte?



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Christian Dörner
30.01.2001 23.00
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Einträge im Duden (1973, 17. Auflage)

Lieber Herr Riebe,

auch ich besitze die 15. Auflage (1961), die mir allerdings aufgrund der zahlreichen fehlenden Wörter heute nicht mehr als Nachschlagewerk dient. Ich vergleiche nun die Einträge des Duden von 1973 mit denen der 20. Auflage (1991):

1973: getrennt lebend (nur so), 1991: getrennt lebend, auch: getrenntlebend
1973: frei werden, („freiwerdend“) nicht enthalten, die Getrenntschreibung ergibt sich jedoch aus der Erläuterung zu „frei“. 1991: frei werdend, auch: freiwerdend
1973: sich krank lachen (findet sich gleich neben „krank“, nur so), 1991: sich kranklachen (nur so); der Eintrag „sich krank lachen“ wurde entfernt.
1973: zusammen sein (steht direkt neben „zusammen“, einen Eintrag „zusammensein“ gibt es nicht, nur: „das Zusammensein“, aber da ist es ohnehin unproblematisch), 1991: der Eintrag „zusammen sein“ (neben „zusammen“) wurde entfernt, dafür jetzt „zusammensein“ eigens lemmatisiert. Die Getrenntschreibung ist also wie bei „sich kranklachen“ verschwunden.

Diese Einträge stehen genau so in den jeweiligen Auflagen des Duden. Sie lassen – unabhängig vom Regelwerk – keinen Interpretationsspielraum zu.

Ist Ihnen mit diesen Angaben jetzt besser gedient?

Noch eine kurze Anmerkung zu „Krake“: Auch hier läßt sich keine eindeutige Aussage machen, da sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache femininer und maskuliner Genus nebeneinander vorkommen. Das erinnert mich an die Diskussionen, ob es nun „das Tunnel“ oder „der Tunnel“, „gewunken“ oder „gewinkt“, „er fragte“ oder „er frug“ heißen muß. Alle genannten Varianten sind unabhängig von der Festlegung des Duden Bestandteile der deutschen Gegenwartssprache, die man als existent hinnehmen muß. Diese Varianten – man kann sie nicht mehr wegdiskutieren – sollte ein deskriptives Wörterbuch, das den Sprachgebrauch aufzeichnet, selbstverständlich gelten lassen. Als „falsch“ sollte keine von ihnen abgetan werden.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Thomas Paulwitz
30.01.2001 23.00
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Eindruck

Da ich zur Zeit sehr intensiv an meiner Magisterarbeit sitze, kommen mir zahlreiche geschichtliche Quellen aus den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts unter die Augen. Dabei habe ich festgestellt, daß früher weit mehr als heute auseinander geschrieben worden ist (von Kommunisten wie von Nationalsozialisten). Wenn ich dann nach dem Quellenstudium den „Spiegel“ mal zur Hand nehme, kommen mir dabei nahezu nostalgische Gefühle.



Thomas Paulwitz
Erlangen

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Manfred Riebe
30.01.2001 23.00
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Privatmann und Schreibberufler

Lieber Herr Dörner!

Es ist klar, daß man als Privatmann so schreiben kann, wie man will. Aber wie sollen sich die Schreibberufler verhalten? Konrad Duden war ja bekanntlich Lehrer. An seinem Schleizer Gymnasium gab es keine einheitliche Schulorthographie. Jeder Lehrer schrieb seine eigene Rechtschreibung. Was bei einem Lehrer richtig war, war bei dem anderen ein Fehler und umgekehrt.
Denken Sie z.B. auch an die Buchdrucker. Selbst die Vereinheitlichung von 1901 genügte den Buchdruckern noch nicht, weil es immer noch viele Varianten gab. Also entstand 1903 ein Buchdruckerduden. In der 9. Auflage (1915) wurden das Orthographische Wörterbuch und der Buchdruckerduden zusammengefaßt.
Der Praxisduden von 1998 berücksichtigt ebenfalls die Interessen der Praktiker.

Es ist logisch, daß unabhängig vom Regelwerk kein Interpretationsspielraum für das Wörterverzeichnis vorhanden ist. Aber zwischen dem Regelwerk und dem Wörterverzeichnis besteht ja im Gegenteil ein enger Zusammenhang. Für den Praktiker sind daher die Vorbemerkungen des Duden zur Rechtschreibung eine unerläßliche Hilfe. Wenn man die Vorbemerkungen nicht berücksichtigt und die in früheren Jahren noch weniger vollständigen Einträge im Wörterverzeichnis als absolut richtig annimmt, kommt es natürlich gerade bei der Getrennt- und Zusammenschreibung zu Mißverständnissen bzw. Fehlinterpretationen; denn die verschiedenen Schreibweisen haben ja oft ganz unterschiedliche Bedeutungen.
Ich werde mir mal bei Gelegenheit den Duden von 1973 besorgen.



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Walter Lachenmann
30.01.2001 23.00
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Sensationelle Entdeckung!

Wir danken Herrn Thomas Paulwitz für seine sensationelle Mitteilung. Sowohl Kommunisten als auch Nationalsozialisten haben früher weit mehr auseinandergeschrieben als es heute üblich ist.
Man wird alle Geschichtsbücher neu schreiben müssen, je nachdem: auseinander oder zusammen. Überhaupt, wenn man bedenkt, was Historiker schon alles zusammengeschrieben haben...
Über die »nostalgischen Gefühle« nachzudenken gibt nichts her. Sehnt der Magistrant sich nun nach mehr auseinander oder mehr zusammen und weshalb überhaupt? Es ist wie immer: kaum hat man eine Entdeckung gemacht, tun sich neue Rätsel auf. Das Leben bleibt spannend.
Der Erfolg der Magisterarbeit jedenfalls ist jetzt schon gebongt.



Walter Lachenmann
Krottenthal 9, 83666 Waakirchen

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Theodor Ickler
30.01.2001 23.00
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Kurzer Gruß

Lieber Herr Markner,
mein Hinweis aufs Englische war nicht böse gemeint, das verstehen Sie schon, nicht wahr? Natürlich weiß ich, daß Sie wissen usw.
Je nun, das reine Orthographikon! Wie man’s nimmt. Zum Beispiel für jemanden, der ein Rechtschreibprogramm entwickelt, wäre es wohl das Richtige. Wie gesagt, bei mir hatte es einen ganz bestimmten Platz in meiner Argumentation gegen die Reform auszufüllen. In Karlsruhe habe ich ein paar hundert Seiten eingereicht und in diesem Zusammenhang über die reine Kritik hinaus auch vorgetragen, wie die künftige Rechtschreibung aussehen müßte, wenn sie die gemachten Fehler vermeiden will. Dazu erwies es sich als notwendig, ein Wörterbuch vorzulegen, das diese und nur diese Seite der Sprache darstellt. Bei mir sind alle anderen Angaben nur dienend: sie sollen das gesuchte Wort identifizieren helfen. Bei den Eigennamen, die ich aus praktischen Gründen aufgenommen habe, ist ein schematisches Verfahren angewandt. Liv Ullmann – vielleicht gibt es mehrere dieses Namens, und einige mögen sich anders schreiben, aber die schwed. Schauspielerin schreibt sich so. Was soll man da von Fall zu Fall lange nachdenken? In der Neubearbeitung steht bei jedem Namen Geburts- und ggf. Todesjahr. Muß nicht sein, ist aber ganz nützlich.
In den letzten Tagen sind hier immer wieder das Genus und der Plural erwähnt worden. Es gibt aber noch viel mehr und eigentlich Interessanteres, was man – wenn schon, denn schon – eintragen könnte. Zum Beispiel die Rektion und damit zusammenhängen die Bedeutungsnuancen (leiden an etwas, leiden unter etwas, reden von, reden über usw.), also letzten Endes auch die Synonymik, worüber wir denn auch schon lange nachdenken. Den größten Unterschied macht es, ob das Wörterbuch für Deutsche oder für Ausländer geschrieben wird.   

Lieber Herr Dörner,
Sie haben die nötige Präzision wieder eingeführt. Natürlich meinte ich es so. Allerdings ist die strukturelle Verschiedenheit von „schwimmen lernen“ und „kennenlernen“ kein hinreichender Grund der Ungleichschreibung; aber die Reformer irren, wenn sie den Sachverhalt leugnen und daraus die Gleichschreibung herleiten wollen. Daß sie „kennenlernen“ in Mannheim wiederzulassen wollten und dann nicht durften, ist in der Tat eine von vielen Demütigungen, die es mir unfaßbar erscheinen lassen, daß Leute mit einem Rest Ehrgefühl überhaupt noch Mitglied in dieser Kommission sein können. Eisenberg konnte es nicht, Munske ertrug es schon ein halbes Jahr vorher nicht mehr, aber wie man sieht, gibt es immer ein paar Ehrgeizlinge, die die Lücken füllen.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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anonymer Gast
30.01.2001 23.00
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Wozu noch Lexika?

Ich finde es unnötig, dass hier darüber diskutiert wird, wie ein Wörterbuch aussehen soll. Deutsch ist doch sowieso schon fast tot. Außerdem hat Sprache eigentlich nichts mit Kultur zu tun. Immerhin ist es jetzt dem Staat gelungen, ein wenig mehr Sinn in die Rechtschreibung einzubringen. Dass Schifffahrt jetzt mit drei f geschrieben wird, leuchtet mir ein, weil 2 + 1 = 3. Das habe ich in der Schule so gelernt. Man sollte die Kinder nicht überfordern, wenn sie schon lernen müssen, eine halb tote Sprache zu schreiben. Deshalb halte ich die Reform philosophisch gesehen für einen Fortschritt.   



Julian Hinter-Engadin
Staatsminister für Kultur

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Manfred Riebe
30.01.2001 23.00
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Hochdeutsch als Gesellschafts-, Verkehrs- und Handelssprache

Lieber Herr Dörner!

Einige Anmerkungen: Sie meinen, bei der oder die „Krake, das oder „der Tunnel“, „gewunken“ oder „gewinkt“, „er fragte“ oder „er frug“ handele es sich um „Bestandteile der deutschen Gegenwartssprache“, die man „selbstverständlich gelten lassen“ müsse. Diese Varianten sollten keineswegs als „falsch“ abgetan werden.

Sie verstehen unter der „deutschen Gegenwartssprache“ sowohl die hochdeutsche Sprache als auch landschaftliche Ausdrücke. In erster Linie sollte man als Gesellschafts-, Verkehrs- und Handelssprache das Hochdeutsche lexikalisch erfassen und zusätzlich die landschaftlichen Abweichungen, aber die letzteren sollte man als solche kennzeichnen. In der Schulbildung und Ausbildung sollte man nur das Hochdeutsche gelten lassen. Auch die deutschlernenden Ausländer sind wegen der nicht leichten deutschen Sprache an einer möglichst einheitlichen und verstehbaren Sprache interessiert.

Damit hängt die Frage der „Eindeutschungen“ zusammen: Im Norwegischen heißt es „der Krake“, aber Journalisten schreiben oft „die Krake“. Ich vermute, daß man einfach zu faul ist, nachzuschlagen. Ebenso sollte man bei „der Tunnel“ bleiben und nicht „das Tunell“ einführen, das hin und wieder in Österreich auftaucht. Natürlich neigen manche Mundartsprecher dazu, die Duldung aller möglichen mundartlichen Ausdrücke durchsetzen zu wollen: Ich hob‘ die Kerze oazunden = angezunden. Wenn alle Mundartsprecher ihre Varianten als allgemeingültig anerkennen lassen wollen, hätten wir wieder Zustände wie im Mittelalter.



Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg

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Gast
30.01.2001 23.00
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Schriftreform nach Rechtschreibreform

Peter W. Forster, StD
Lerchenstraße 9
84137 Vilsiburg
Tel. 08741 /6810
e-mail: pw.forster@t-online.de




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Christian Dörner
30.01.2001 23.00
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Hochdeutsche und landschaftliche Varianten

Lieber Herr Riebe,

Sie haben in einem Punkt völlig recht: Nur die hochdeutsche Sprache sollte in der Schule und in Schriftstücken anerkannt sein, da dies die Sprache ist, auf die sich alle Deutschsprechenden geeinigt haben. Somit wird eine ungestörte Kommunikation gewährleistet. Um meinen Beitrag nicht wieder in die Länge zu ziehen, habe ich auf die Unterscheidung zwischen hochdeutschen und landschaftlichen Varianten verzichtet, da ich meinte, dies wäre schon allein aufgrund meiner gewählten Beispiele ohnehin klargeworden (wobei ich selbstverständlich auch nicht für die Zulassung von „glaagworrn“ – so spreche ich es aus – plädiere).
Ich wähle zunächst ein anderes Beispiel. Von Kiel bis Konstanz wird unseren Schüler wieder und wieder eingebleut, „wegen“ + Dativ sei eine falsche Konstruktion. Nur hat dies nichts mit Dialekt zu tun, sondern liegt im ganzen deutschen Sprachraum, und nur darauf kommt es mir an, völlig auf der Linie der natürlichen Sprachentwicklung. Eine Konstruktion wie „wegen dem Krieg“ statt „wegen des Krieges“ gehört längst zur hochdeutschen Sprache, auch wenn die Wörterbücher das verneinen. Was jedoch im gesamtem deutschen Sprachraum so praktiziert wird, kann man problemlos anerkennen, da die Kommunikation dadurch dann offenbar nicht gestört werden kann. Bei landschaftlichen Ausdrücken ist es anders, aber da sind wir uns ja ohnehin einig. Sie gehören nicht in die hochdeutsche Sprache.
Bei „er fragte“ und „er frug“ sieht es genauso aus. Die Form „ich frug“ ist die ältere und selbstverständlich in Bozen genauso wie in Flensburg üblich. Die neuere Form „er fragte“ ist die derzeit korrekte, aber die Sprachwirklichkeit kennt noch immer beide Varianten. Daß „Krake“ im Norwegischen maskulin ist, ist für uns relativ unerheblich. Sonst müßten wir ja auch „das Account“, „das Midlife-crisis“, „das E-Mail“ und „das Common sense“ sagen, denn all diese Begriffe sind im Englischen sächlich. Die Form „die Krake“ ist keinesfalls landschaftlich oder regional. Sie werden sie in der „Berliner Morgenpost“ ebenso wie in der Wiener „Presse“ finden. Deshalb gehört sie zur hochdeutschen – nur um die geht es mir hier – Gegenwartssprache und sollte zugelassen werden. Auch bei „gewunken“ und „gewinkt“ ist die Sache ähnlich. Regional ist keiner der beiden Ausdrücke, beide sind hochdeutsch. Zu „Tunnel“ wäre noch ein bißchen was zu sagen, insbesondere zu der Frage, ob sich beim sächlichen Genus dann die Schreibung zu „Tunell“ ändert usw. Aber ich denke, daß die anderen Beispiele bereits genügen.

Zusammenfassend möchte ich eigentlich nur sagen, daß Begriffe der hochdeutschen Gegenwartssprache schon allein deshalb anerkannt werden sollten, da man sonst die Sprachentwicklung völlig künstlich aufhält und die heutige Sprache, die ja schon an vielen Stellen von der Duden-Norm („die Krake“, „gewunken“ usw.) abweicht, da man ihr die Weiterentwicklung bisher oft verweigerte, für alle Zeiten festschreibt. Dies ist meines Erachtens aber nicht wünschenswert. Ist diese Überlegung wirlklich so abwegig?



Christian Dörner
91058 Erlangen

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Reinhard Markner
30.01.2001 23.00
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Lieber Herr Ickler,

es ist immer ein bißchen mißlich, Scherzhaftes zu erklären, aber ich muß es doch tun, sonst glauben am Ende noch alle Leser dieser Debatte, Liv Ullmann sei tatsächlich eine Schwedin. Sie ist aber Norwegerin, weshalb ich ihren Eintrag im „Ickler“ boshafterweise anführte.
Vielleicht können die anderen Kombattanten und mehr oder minder „wohlmeinenden Kritiker“ mithelfen, eine Wunschliste für die nächsten Auflagen und Bearbeitungen zu erstellen ? Ich möchte annehmen, daß es manches gibt, was auch leidlich kompetente Sprecher (Dudenmuffel wie Herr Lachenmann und ich) gelegentlich in einem Wörterbuch nachschlagen. Lebensdaten und Angaben zur Nationalität von ruhmreichen Schauspielerinnen können nicht schaden, aber anderes schiene mir wichtiger, auch die von Ihnen genannten Rektionen.

Schönen Gruß
R. M.



Reinhard Markner

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Theodor Ickler
30.01.2001 23.00
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Wunschliste

Lieber Herr Markner,
tatsächlich! Ein Hoch den Norwegern! Das mit der Wunschliste wäre in Ordnung, ist ja gewissermaßen auch schon im Gange. Sozusagen ein kollektives Werk, um den Kristallisationskern herum, den einer in die Lösung bringen mußte. Frischauf ans Werk!



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Theodor Ickler
30.01.2001 23.00
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Dialekt, Stil

Die kurze Diskussion zwischen Herrrn Dörner und Herrn Riebe (auf die Einzelheiten will ich hier nicht eingehen) hat ein weiteres wichtiges Problem deutlich gemacht. Wenn man in einem Wörterbuch Hinweise zum Sprachgebrauch geben will, muß man wohl auch die Zugehörigkeit zu besonderen Registern, Mundarten, Stilebenen kennzeichnen. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe. Sie läßt sich jedenfalls nicht ohne umfangreiche Nachforschungen lösen. Der Genitiv nach „trotz“ gilt heute als vollkommen korrekt, ja sogar als besser als der ursprüngliche Dativ. Der Dativ nach „wegen“ ist analogisch eingeführt, gilt standardsprachlich nicht ohne weiteres als korrekt, wird aber unter ziemlich komplizierten Umständen weithin verwendet und geduldet. (Der Genitiv ist im Singular, der Dativ im Plural deutlicher markiert, deshalb greift man oft darauf zurück, vor allem bei Fortführung einer bereits im „richtigen“ Kasus begonnenen Reihe.) Dies in einem Wörterbuch unterzubringen ist dann gar nicht so einfach.
Das Genus der Substantive weicht in Tausenden von Fällen vom Genus in der Herkunftssprache ab, sofern man das überhaupt vergleichen kann, denn das Genussystem einer Sprache mit zwei Genera ist im Grund nicht vergleichbar mit einem Drei-Genus-System; der Begriff „maskulin“ bedeutet im Französischen etwas anderes als im Deutschen usw.
Bei der Entlehnung findet sehr oft eine Umdeutung statt. Schon der alte Eduard Engel spottete darüber, daß wir „Etat“ sagen, wenn wir „Budget“ meinen – aber falsch ist der eingebürgerte Gebrauch wohl nicht mehr. Gegen „Handy“ und anderes Pseudoenglisch ist auch nicht viel einzuwenden. Gerade weil man keine Fremdsprachen kennen muß, um so etwas zu verstehen (sie stören ja hier sogar), errichten solche Wörter keine Verständnisbarriere, sie sind ja auch allgemein gebräuchlich.
Natürlich ist das ursprüngliche Genus kein Maßstab für die Beurteilung der sprachlichen Korrektheit; allein der Usus entscheidet hier: „der/die Krake“ usw. Aber welcher Usus? Die Wahl des Textkorpus ist entscheidend. Wir haben im gesprochenen Deutsch massenhaft „weil“ + Hauptsatzstellung, aber in Zeitungsprosa, wenn sie nicht Jugendsprache zitiert, so gut wie überhaupt nicht. Vor ein paar Jahren habe ich darauf hingewiesen, daß unsere Wörterbücher die „Familiensprache“ vernachlässigen; zum Beispiel haben sie das allbekannte Wort „Anziehsachen“ nie zur Kenntnis genommen. (In das achtbändige Dudenwörterbuch wurde es vielleicht daraufhin aufgenommen.)
Ich will damit nur andeuten, welche Untersuchungen auf uns warten.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Manfred Riebe
30.01.2001 23.00
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“konstruiert³ und subjektiv uminterpretiert?

Lieber Herr Dörner“

Besten Dank für Ihre Antwort. Ich versuche, den Sachverhalt mit dem Duden von 1961 aufzuklären.

Auszug aus dem Duden, 15. Auflage, 1961, S. 38:

„Bei der Zusammen- und Getrenntschreibung handelt es sich um eine ständigen Entwicklungsvorgang. Es ist deshalb nicht möglich, feste Richtlinien aufzustellen. Die nachstehenden Beispiele geben den derzeitigen Entwicklungsstand wieder. In Zweifelsfällen schreibe man getrennt.
Merke: In der Regel zeigt Starkton des ersten Gliedes Zusammenschreibung, Starkton bei beiden Wörtern Getrenntschreibung an.

Also schrieb man 1961 wie folgt:

„... jenes getrennt lebende (echter Zweifelsfall, je nachdem, wie man betont, vgl. auch 1980) Paar wollte nicht länger zusammensein (1961 kein Eintrag, aber analog anderer Einträge unter „zusammen-“ mit Starkton zusammengeschrieben, 1980 zusammen). Betrachtet man die bei ihrem Streit freiwerdenden (vgl. „frei“, S. 268, Spalte 1, „frei“ ist bloßes Vorwort und trägt den Starkton, ebenso 1980) Emotionen, so kann man sich nur kranklachen.“ (Starkton des ersten Gliedes, analog zu „krankfeiern“, „krankmachen“; ebenso 1980)

Anmerkung: Aus der Erläuterung des Duden geht deutlich hervor, daß es der Duden-Redaktion damals um die deskriptive Darstellung des Entwicklungsstandes und nicht um eine „strikte Normung“ ging. Auf Grund meiner Beobachtungen vermute ich, daß eine große Mehrheit der Sprachgemeinschaft diese deskriptive Art einer möglichst „eindeutigen Lexikalisierung“ der Getrennt- und Zusammenschreibung des Duden bis zur 20. Auflage von 1991 befürwortet. Dieses Ziel verfolgt laut seiner Satzung auch der VRS. Die „Befürworter einer strikten Normung der GZS“ dürften dagegen – wie die radikalen Reformer – zu einer kleinen Minderheit gehören.
Das Betonungszeichen (untergesetzter Punkt für den Starkton) wurde 1961 bei den Zeitwörtern noch nicht durchgängig gesetzt. Der untergesetzte Strich fehlte noch völlig.

Was steht nun wirklich in der 17. Auflage des Duden von 1973, wenn schon die 15. Auflage des Duden von 1961 den Entwicklungsstand des Univerbierungsprozesses relativ deutlich widerspiegelte?



Manfred Riebe
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Christian Dörner
30.01.2001 23.00
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Einträge im Duden (1973, 17. Auflage)

Lieber Herr Riebe,

auch ich besitze die 15. Auflage (1961), die mir allerdings aufgrund der zahlreichen fehlenden Wörter heute nicht mehr als Nachschlagewerk dient. Ich vergleiche nun die Einträge des Duden von 1973 mit denen der 20. Auflage (1991):

1973: getrennt lebend (nur so), 1991: getrennt lebend, auch: getrenntlebend
1973: frei werden, („freiwerdend“) nicht enthalten, die Getrenntschreibung ergibt sich jedoch aus der Erläuterung zu „frei“. 1991: frei werdend, auch: freiwerdend
1973: sich krank lachen (findet sich gleich neben „krank“, nur so), 1991: sich kranklachen (nur so); der Eintrag „sich krank lachen“ wurde entfernt.
1973: zusammen sein (steht direkt neben „zusammen“, einen Eintrag „zusammensein“ gibt es nicht, nur: „das Zusammensein“, aber da ist es ohnehin unproblematisch), 1991: der Eintrag „zusammen sein“ (neben „zusammen“) wurde entfernt, dafür jetzt „zusammensein“ eigens lemmatisiert. Die Getrenntschreibung ist also wie bei „sich kranklachen“ verschwunden.

Diese Einträge stehen genau so in den jeweiligen Auflagen des Duden. Sie lassen – unabhängig vom Regelwerk – keinen Interpretationsspielraum zu.

Ist Ihnen mit diesen Angaben jetzt besser gedient?

Noch eine kurze Anmerkung zu „Krake“: Auch hier läßt sich keine eindeutige Aussage machen, da sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache femininer und maskuliner Genus nebeneinander vorkommen. Das erinnert mich an die Diskussionen, ob es nun „das Tunnel“ oder „der Tunnel“, „gewunken“ oder „gewinkt“, „er fragte“ oder „er frug“ heißen muß. Alle genannten Varianten sind unabhängig von der Festlegung des Duden Bestandteile der deutschen Gegenwartssprache, die man als existent hinnehmen muß. Diese Varianten – man kann sie nicht mehr wegdiskutieren – sollte ein deskriptives Wörterbuch, das den Sprachgebrauch aufzeichnet, selbstverständlich gelten lassen. Als „falsch“ sollte keine von ihnen abgetan werden.



Christian Dörner
91058 Erlangen

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