Mein anonymer Freund, der SZ-Redakteur
Mein anonymer Freund, der SZ-Redakteur, kann kein SZ-Redakteur sein, und zwar aus zwei Gründen: 1. Die SZ-Redakteure, bekannt für Geist und Zivilcourage, meinungsbildend in ganz Deutschland, haben keinen anonymen Briefschreiber in ihren Reihen. 2. Mein anonymer Freund behauptet, meine Leserbriefe seien Schwachsinn und Quatsch. Weiß er, was aus dieser Prämisse folgt? Weiß er, daß er mit dieser Behauptung seine eigene Redaktion aufs schwerste belastet? Da seit vielen Jahren Leserbriefe von mir in der SZ erschienen sind, heißt das nämlich: Die SZ-Redaktion bringt seit vielen Jahren immer wieder den Quatsch und den Schwachsinn ein und desselben wildgewordenen und krankhaften Leserbriefschreibers, und sie tut das, obwohl sie ganz genau weiß, daß es sich um peinlichsten Blödsinn handelt, über den sich jedes Jahr mehrere Male Hunderttausende von Lesern ärgern müssen. Kann das mit rechten Dingen zugehen? Kann es mit rechten Dingen zugehen, wenn noch im Jahr 2000 vier Beiträge dieses Schwachsinns ins SZ-Archiv (im Internet jederzeit aufrufbar, wenn man Illauer eingibt) aufgenommen wurden? Wie ist dieses zeitungsschädigende, ja skandalöse Verhalten der Leserbriefredaktion zu erklären? Muß da nicht ungerechte Begünstigung und Spezlwirtschaft dahinterstecken? Wieso diese Nachsicht viele Jahre lang? Hätte die Redaktion nicht schon vor vielen Jahren (spätestens nach Veröffentlichung des ersten und zweiten Briefes!) aufhören müssen mit dem Abdruck der Quatschbriefe und das minderwertige, den Ruf der SZ schädigende Zeug sofort in den Papierkorb befördern müssen? Weil kein SZ-Redakteur seine eigene Redaktion der Korruption beschuldigen wird, kann mein anonymer Freund kein SZ-Redakteur sein.
Ich füge zwei Erklärungen an: Erstens: Ich schreibe natürlich nicht zu jedem Thema, wie mein unbekannter Freund behauptet, sondern nur zum Themenbereich Schule, Bildung, Ethik, antike Philosophie und Literatur. Zweitens: Warum schreibe ich Leserbriefe? Nicht deshalb, weil ich krankhaft geltungssüchtig bin, sondern aus folgendem Grund: Ich möchte, soweit ich das mit meiner geringen Kraft vermag, meine Tätigkeit in der Schule ergänzen und in der Öffentlichkeit all die Gefahren anprangern, von denen Bildung und Erziehung der Jugend bedroht sind. Ich möchte (im sokratisch-platonischen Sinn) für das Gute kämpfen. (Mein anonymer Freund wird jetzt einen Lachanfall bekommen.) Ich weiß, das klingt naiv. Aber Don Quijote gehört zu meinen Vorbildern. Wenn ich, was ich seit vielen Jahren tue, die Abtreibung anprangere, wenn ich über die miesen Männer schimpfe, die ihre Partnerinnen als Sexualobjekt mißbrauchen, um sie dann zur Reparatur auf den Operationstisch zu schicken, wenn ich das tue und wenn ich bedenke, daß der Brief von hunderttausend oder mehr Menschen gelesen wird, dann könnte es ja sein, daß ein paar Dutzend Leute nachdenklich werden. Und dann habe ich mein kleines Ziel erreicht. Das ist meine Motivation! Gegen die Rechtschreibreform schreibe ich aus Zorn. Die Art und Weise, wie sie durchgesetzt wurde, die Tatsache, daß ich als Lehrer gezwungen werden soll, teilweise sogar Fehlerhaftes zu unterrichten, die unverfrorene Propagandalüge (die Rechtschreibfehler gingen um die Hälfte zurück, wenn die Reform eingeführt werde) all das hat in mir ein Gefühl entstehen lassen, das vielleicht auch manche 68er empfunden haben, das Gefühl einer ohnmächtigen Wut. Diese Wut treibt mich. Ich empfinde diese Wut auch über das Fernsehen, das nachmittags und abends wieder kaputtzumachen droht, was ich den Schülern vormittags beizubringen versuche: bestimmte ethische Normen, bestimmte Wertvorstellungen. Ich schreibe seit Jahren (ist das wirklich Quatsch, mein anonymer Freund?) gegen die Entartung des Privatfernsehens. Das Thema scheint aber tabu zu sein. Ich konnte leider nur wenige Briefe (auch in der SZ!) plazieren! Zurück zur Rechtschreibreform. Ich wiederhole meine Bitte: Ein Reformer möge zeigen, warum die neue Getrenntschreibung besser ist als die alte Zusammenschreibung. Sie, mein anonymer Freund, könnten mir dabei helfen: Bitten Sie einen der Reformpäpste oder einen Kultusminister, uns Reformgegner auf diesen Seiten durch stichhaltige Argumentation zu bekehren. Sie haben etwas gutzumachen. Helfen Sie also mit, daß ein gutes und ehrliches Gespräch zustande kommt.
Sollte ich Sie wirklich arg genervt haben, dann bitte ich um Entschuldigung. Das war natürlich nicht beabsichtigt.
Wolfgang Illauer Von-Richthofen-Straße 20, 86356 Neusäß
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