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Gast
06.04.2001 22.00
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Rechtschreibwirklichkeit an den Schulen II

Sehr geehrter Herr Eberwein!

Ich streiche das ß nicht an, sondern schreibe das ss nur drüber (als Erinnerung sozusagen).
Das ist auch nötig. Denn jeder einzelne Schüler soll einheitlich schreiben. Nicht einmal daß, dann wieder dass, nicht einmal Fluß, dann wieder lässt usw.
Kein Schüler der Unterstufe schreibt noch das alte ß (statt ss), es sei denn aus Versehen.
Ich muß auf einheitliche Schreibung achten und deshalb das ss drüberschreiben.

Als Beleg für die Rechtschreibwirklichkeit an unseren Schulen (die Reform hat keine Erleichterung gebracht, die Rechtschreibfehler sind dieselben wie früher, sind von der Reform nicht betroffen) möchte ich die Fehler meines zuletzt korrigierten Aufsatzes mitteilen (ein Schüler der 7. Klasse / Vorgangsbeschreibung):

ung. (= ungefähr), länks (= längs), geschählt, gold gelb, schafen (=schaffen), außeinander, zu guter letzt (völlig harmlos!), ich spühle.

Fazit: Kein Fehler wurde durch angebliche „Erleichterungen“ der Reform vermieden. „gold gelb“ könnte eine Folge der grassierenden Getrenntschreibungen sein.
Dieses Fazit trifft mit winzigen Schwankungen auf alle Aufsätze zu.



Wolfgang Illauer
Von-Richthofen-Straße 20, 86356 Neusäß

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Gast
06.04.2001 22.00
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Diverse Antworten

Herr Illauer,

Sie irren, wenn Sie meinen, dass man dem neuen Regelwerk zufolge nicht sowohl halbfertig als auch halb fertig schreiben könnte. Das Wörterverzeichnis verweist unter halb_amtlich auf § 36 (5). Dass die Getrenntschreibung ohnehin möglich ist, wird dort ebenfalls deutlich gemacht. Im neuen Duden ist die Sache klarer denn je (eigener Kasten). Spätestens dort stellt man auch fest, dass es nach alter Regelung die meiner Meinung nach unsinnigen Zusammenschreibungen halbleer, halboffen und halbverhungert gab. Im alten Duden finde ich weder halbfertig, noch halb fertig. Es dürfte aber im Sinne der alten Dudenregeln (205, 206) gewesen sein, beides zu ermöglichen und entsprechend eine andere Aussprache anzunehmen. Was die Betonung betrifft, so hat sich in diesem Fall nichts geändert, auch wenn der 2000er Duden eine identische Betonung beider Schreibungen notiert. Was also ist so „fürchterlich“? Dass im neuen Regelwerk die Zusammenschreibung nicht mehr über die Betonung, sondern über die Bedeutung erklärt wird?

Zu „Herr Jansen, greifen Sie ein!“

Die Schreibweise „richtigstellen“ aus dem aktuellen Regelwerk abzuleiten, entspricht dem Wortlaut der Regeln. Der Fall ist kein bisschen umständlich. Auch sind die Reformer nicht zu dumm, dass auch so zu sehen; sie sahen nur offenbar ursprünglich mehr Argumente für die Auslegung, die –ig, -lich und- lisch generell trennt.

Die Zusammenschreibung „energiesparend“ ist selbstverständlich möglich, denn etwas kann „sehr energiesparend“ sein (u.U. sogar „noch energiesparender als der Vorgänger“). Ich bin mir sicher, dass diese Regelung (teilweise in Bertelsmann 1999, deutlicher in Duden 2000) auch so in der nächsten Auflage des Regelwerks stehen wird. Dass energiesparend nicht im 2000er Duden steht, ist ein Versäumnis, auf das Herr Ickler ja schon hingewiesen hatte. Was nicht im Regelwerk oder in einem Wörterbuch steht, musste schon immer durch Analogien erschlossen werden (so auch der Fall gewinnbringend / Gewinn bringend). In diesem Sinn entspricht energiesparend dem Regelwerk. Gegenteiliges wird man nicht finden. Man kann Absichten vermuten („nur noch Energie sparend zulassen wollte“), man wird sie aber im Regelwerk nicht expressis verbis finden. Dass die Getrenntschreibung „eine Energie sparende Anlage“ auch möglich sein muss, steht für mich außer Frage. Bei „das Holz verarbeitende Gewerbe“ kann man mit der obigen Regelung die Zusammenschreibung nicht erschließen. So etwas ging in der Tat nur mit der schwammigen Regel R 209 (siehe meine Ausführungen zu GUZ im alten Forum). Ich habe noch keine Idee, wie man Fälle wie „holzverarbeitend“ mit einer Regel beschreiben könnte, die der Anwendbarkeit des neuen Regelwerks gerecht wird. R 209 band einen an den Duden („Was empfindet die Dudenredaktion als Einheit?“), gibt einem aber keine Anwendungsregel, die wenigstens die Chance enthält, dass Schreiber hier zu den gleichen Ergebnissen kommen. Der erste Kommissionsbericht hatte hier glaub ich „ein neues Türchen geöffnet“ (von wegen „fachsprachlich“...?). Dass „energiesparend“ als „einen Teil der Energie sparend“ aufgelöst wird, scheint mir zumindest orthografisch nicht das Relevante zu sein; es geht um „Energie sparen“. Auch aus „holzverarbeitend“ nicht Holz, sondern Hölzer herauszulösen, ist für mich nicht nachvollziehbar (gleiches gilt für „Kunststoffe“ und nicht „Kunststoff“). Hier geht es um eine Metonymie (Singular anstelle des Plurals). Ich stimme ausdrücklich zu, dass „das Holz und kunststoffverarbeitende Gewerbe“ unschön ist. Entweder einheitlich „das Holz und Kunststoff verarbeitende Gewerbe“ oder (alt) „das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe“. Die Frage zu ss und ß ist nicht ernsthaft. Die Antwort dazu ließt man dennoch in § 25 E2. Herr Eberwein,

, Ihre Anfrage führt nur dazu, dass wir uns im Kreise drehen. Die Regel Verb + Verb ist völlig sinnvoll und anwendbar. Der Fall „kennen_lernen“ wäre für mich die auffälligste Ausnahme, die wir uns leisten könnten (als Nebenform). Mit anderen Analogien könnte man weitere Zusammenschreibungen einklagen. Doch ein Grundsatz der Neuregelung war es, in Bezug auf sehr häufige Wörter immer zu Kompromissen bereit zu sein.

Sehr geehrterHerr Markner,

in der Tat: Ich gehe nach wie vor davon aus, dass sich der erste Duden bis 1901 hauptsächlich am preußischen Regelwerk orientierte. Was wollen Sie da richtigstellen? Wenn das nicht korrekt ist, sagen Sie es. Wenn Sie es ergänzen wollen, ist das allerdings etwas anderes. Sie schrieben von sächsischen und württembergischen Regeln. Gab es die nach 1901? Wie kann es nach 1901 unterschiedliche Regelbücher geben? (von wegen sächsisch und Ost-Duden vielleicht? ; nur in Bezug auf GZS und Zeichensetzung ?). Wenn diese Bücher vielleicht unterschiedlich waren, so setzten sie doch vermutlich alle den Regelapparat von 1901 um? Sie sagen ja auch, dass die Unterschiede in den Wörterverzeichnissen bestanden. Wenn ja, in welchen Bereichen waren sie unterschiedlich? Das alles klingt bisher so, als hätte es keine Einheitsrechtschreibung gegeben (ich benutze hier den gleichen überzogenen Ansatz, wie wenn man etwa angesichts der ZEITSchreibung oder bei Abweichungen zwischen Wörterbüchern von „Zerstörung der Einheitsrechtschreibung“ spricht).

Ich habe nie behauptet, dass das Regelwerk von 1901 nach 1945 allein durch den Duden weiterlebte. Ich bezog mich auf Ihre Äußerung, die ich so verstand, dass das Regelwerk von 1901 den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte. Ich wiederhole meine Frage: Was genau meinen Sie mit „österreichisches Regel- und Wörterverzeichnis“, das Ihnen zufolge als einziges „überlebte“?

Ich sehe es nicht so, dass die Regeln von 1996 im bewussten Widerspruch zu den sprachgeschichtlichen Entwicklungen des Deutschen und den grammatikalischen Anforderungen dieser Sprache formuliert worden sind. Es gibt dennoch grammatisch angreifbare Teile im neuen und im alten Regelwerk (z.B. Substantivierungen teilweise kleinzuschreiben).

Was Sie über Flexibilität und Sprachwandel schrieben, ist leicht gesagt. Man könnte Sprachwandel orthografisch viel stärker abbilden (orginal, Hygene, Rückrat, im Vorraus usw.). Doch auch all die Menschen, die kucken sagen und nicht gucken, schreiben dennoch mehrheitlich gucken. Uns fehlt die „Kultur“ einer Anpassung an Sprachwandel. Das hat auch sehr nützliche Gründe, ist mir schon klar. Der Duden hat nur nach meiner Ansicht in all den Jahren weniger Sprachwandel abgebildet, als die Leute behaupten, die ihn immer als deskriptiv gegenüber der normativen Neuregelung profilieren wollen.

Ich finde „tut uns Leid“ gar nicht „aua“. Wenn „Gewinn bringend“ sinnigerweise korrekt ist, aber nur „sehr gewinnbringend“ und andererseits „viel Gewinn bringend“, dann ist doch „Leid tun“ (neben leid tun), aber nur „sehr leid tun“ auch in Ordnung. Die Differenzierung steht zwar noch nicht im Regelwerk (noch Wörterverzeichnis oder 2000er Duden), doch sie wird vermutlich bis 2005 dort eingeführt.



Michael Jansen

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Theodor Ickler
06.04.2001 22.00
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Unbelehrbar?

Tatsache ist, daß die Reformer – in diesem Bereich – nicht an die Bedeutung der Steigerbarkeit als Indiz für Zusammengesetztheit gedacht hatten. Zur Mannheimer Anhörung hatten sie es eingesehen und wollten ändern, durften aber nicht.
Daher ist nach dem amtlichen Regelwerk NICHT zulässig: leid tun, recht haben, energiesparend, aufsehenerregend usw.
Da es keinen Sinn hat, diese allgemein (vor allem auch von den Reformurhebern selbst) anerkannten Tatsachen immer aufs neue zu wiederholen, soll es nun erst einmal wieder genug sein.
Wenn Herrn Jansens unvorstellbare Verbohrtheit aber dazu führt, daß in diesen Bereichen alle früheren Schreibweisen wiederhergestellt werden, ist es mir natürlich auch recht. Die Wörterbücher müssen ohnehin bald ein drittes Mal neugedruckt werden. Dann können auch „leid tun“, „energiesparend“ usw. wieder aufgenommen werden.



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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RenateMariaMenges
06.04.2001 22.00
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Antwort

Herr Illauer,

danke für die völlig korrekte Antwort. Es ist wirklich sehr angenehm, wie Sie korrigieren. Ihre Leserbriefe berichten ja andere Fälle, aber schulisch müssen die Korrekturen einfach auf einen Nenner gebracht werden. Diese einfache klare Antwort ersetzt hier einige Diskussionen.



RenateMariaMenges

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Gast
06.04.2001 22.00
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halb fertig / halbfertig    II

Ich weiß, daß es die beiden Schreibungen im neuen Duden gibt. Ich habe ja vorher nachgesehen.
Mein Problem ist, daß die Betonung gleich bleibt.
Damit wir, sehr geehrter Herr Jansen, nicht aneinander vorbeireden, hätte ich ein paar Fragen.

1. Ist es richtig, daß es die Aussprache hálb fertig und halb fértig gibt, die Aussprache hálb leer und halb léer, hálb offen und halb óffen, hálb verhungert und halb verhúngert? Und gibt es auch die Aussprache hálb léer / hálb óffen, hálb verhúngert?
Wenn nein, dann frage ich: welche jeweils allein mögliche Betonung ist die richtige? Warum wird sie nicht durch Getrennt- bzw. Zusammenschreibung signalisiert?
Wenn ja, dann bitte ich Sie, auf die folgenden Fragen einzugehen:

2. Warum ist die Schreibung hálboffen usw. (sie signalisiert Anfangsbetonung, während halb óffen die Betonung auf offen zu erkennen gibt oder auf beiden Bestandteilen) unsinnig?

3. Warum verweigert die neue Schreibung in Hunderten von Fällen diese kleine hilfreiche Information – Zusammenschreibung bedeutet Betonung auf dem ersten Bestandteil (wóhlbekannt), Getrenntschreibung bedeutet die Betonung auf beiden Bestandteilen oder die Hauptbetonung auf dem zweiten Bestandteil (das dürfte doch wohl bekánnt sein)?

4. Woher weiß ein Ausländer oder ein Kind beim Lesen, daß z.B. der Ton bei „wohl geordnet“ auf dem wohl liegt? Das gilt für Hunderte von Fällen!

5. Ist es sinnvoll, getrennt zu schreiben und gleichzeitig das Wort als vorn betonte Einheit darzustellen? (wóhl geordnet)

6. Was müßte bei den Einträgen des neuen Duden korrigiert werden? Oder sind sie in Ordnung? Ist es richtig, so einzutragen, wie es geschieht (hálbfertig / hálb fertig), oder müßte immer eingetragen werden hálbfertig / halb fértig / hálb fértig? Entsprechend in Hunderten von Fällen?

Bitte entschuldigen Sie diese etwas schulmeisterliche Auflistung von Fragen. Aber anders würden wir nur aneinander vorbeireden und niemals den Punkt finden, wo wir übereinstimmen oder wo wir verschiedener Meinung sind.



Wolfgang Illauer
Von-Richthofen-Straße 20, 86356 Neusäß

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Helmut Eberwein
06.04.2001 22.00
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Wird hier etwas verwechselt??

Frau Menges,

***
Lieber Herr Illauer!

       Schon lange interessiert es mich, wie Sie Ihre Osterkorrekturen erledigen. Müssen die kids nun
       in alter Rechtschreibung schreiben oder dürfen Sie in neuer Rechtschreibung schreiben? In
       welcher Rechtschreibung schreiben Sie Ihre Lernzielkontrollen etc.? Was sagen die Kollegen?
***

bezugnehmend auf diese Ihre Aussage möchte ich doch anmerken, daß Sie
hier offensichtlich etwas verwechseln, Sie sollten eher schreiben:

...müssen die kids nun in NEUER Rechtschreibung schreiben oder dürfen Sie in ALTER Rechtschreibung schreiben? ...

Durch Ihre Aussage implizieren Sie, daß Schüler eventuell in der sog. alten Rechtschreibung schreiben
müßten, dies ist natürlich unsinnig, der Zwang gilt nur bzgl. der neuen RS.

Oder wollten Sie manchem Leser dieser Zeilen subtil etwas unterjubeln?

Gruß



Helmut Eberwein

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Gast
06.04.2001 22.00
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halb- und halb

Warum im 2000er Duden beide Schreibweisen mit gleicher Betonung verzeichnet sind, müssen Sie die Dudenredaktion fragen. Ich finde wie Sie, dass wenn halb- bedeutungsvermindernd gebraucht wird (halbseiden), dass dann die Betonung vorne liegt. Wissen Sie, es sind so viele verschiedene Aussprachen möglich – alle von Ihnen genannten Aussprache sind mit Sicherheit möglich –, die sollten aber unmöglich alle orthografisch relevant sein. Ich finde wie gesagt den semantischen Ansatz des neuen Regelwerks sinnvoller. Man könnte dann noch die Betonung als korrelierendes Kriterium mit erwähnen, um die Anwendung noch sicherer zu machen (plant die Kommission laut erstem Bericht glaub ich auch). Auch im alten Duden war die Betonung nur ein zusätzlicher Hinweis. Die Leute wussten schon, warum sie das nicht in den Rang einer „Richtlinie“ erhoben; der Bedeutungsansatz steht nämlich in einem Spannungsverhältnis zur Bedeutungsregel R 205. Herr Ickler hat vor Wochen in langen, hartnäckigen „Sitzungen“ einigen Diskussionsteilnehmer deutlich gemacht, dass es keine 1-zu-1-Zuordnung von GZS und Betonung gibt. Wo ein Wort betont wird, wird in vielen Fällen sowieso nicht durch Rechtschreibung deutlich gemacht. Nehmen Sie nur „Auto fahren“; wird genauso betont wie „das Autofahren“. Man würde hier sicherlich noch systematisch viel finden. Warum ich die Schreibung hálboffen (Kontext Tür, Fenster usw.) usw. unsinnig finde, liegt daran, dass sie für mein Empfinden so tut, als wäre sie eine Zusammensetzung wie halbseiden und halbstark, was sie völlig eindeutig nicht ist. Mein Sprachgefühl deckt sich hier einfach mit dem Grundsatz „Im Zweifelsfalls getrennt“. Anders ist es mit „halboffen“, das es glaub ich in der Phonetik gibt. Da könnte die Zusammenschreibung (vielleicht fakultativ) Sinn machen. Was wohlbekannt und Kompanie betrifft: Für mich sind die Fälle mit wohl- ein Thema für § 36 E2. In Abgrenzung zu § 36 E2 (4) ist „sehr wohlbekannt“ genauso wenig möglich wie „noch wohlbekannter“. Für mich ist dieses wohl-, wie auch in „wohlgeordnet“, bedeutungsverstärkend und gehört analog zu § 36 (5), was keine geschlossene Liste ist („...zum Beispiel!“). Der Fall wohl- ist recht komplex; ich schau jetzt nicht mehr in Wörterbüchern nach, um mir die Regelauslegungen anzusehen (zu spät). Vielleicht vertief ich mich da noch ein anderes Mal rein. Dann beschäftige ich mich auch mir der Frage, inwieweit die Betonung bei wohl- mit der Schreibung korreliert. Mal sehen, ob wir hier einen sinnvollen Dialog hinbekommen, auch wenn ich die Reform befürworte und Sie sie ablehnen. Schaumamal! Herr Illauer, wie finden Sie übrigens die Darstellung von halb- im Kästchen des neuen Duden?

Zu Herrn Ickler:

Es ist offenkundig, dass die Reformer – in diesem Bereich – nicht an die Bedeutung der Steigerbarkeit als Indiz für Zusammengesetztheit gedacht hatten. Hab ich auch nie bestritten. Die Entwicklung geht aber doch in eine andere Richtung, das wissen Sie doch genauso gut. Gewinnbringend war nie als Einzelfall gemeint. Die Analogiebildung liegt auf der Hand. Diese Wahrheit hat ganz einfach zwei Seiten: Sie betonen immer, dass das Regelwerk hier nichts zur Steiger- und Erweiterbarkeit sagt, und haben damit Recht, und ich betone, dass es daher aber logischerweise auch nicht sagt, dass man „noch Aufsehen erregender“ schreiben muss. Zum Stichwort „Verbohrtheit“ also: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus.



Michael Jansen

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Gast
06.04.2001 22.00
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hálboffen (Nachtrag)

... übrigens, Herr Illauer, Spanisch müsste Ihnen gefallen: da setzt man jede Menge Akzente, um den Tonakzent zu markieren, z.B. catástrofe.



Michael Jansen

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Theodor Ickler
06.04.2001 22.00
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Eine Frage

an Herrn Jansen:    Was bedeutet das Sternchen nach „Aufsehen erregend“, „Eisen verarbeitend“ usw. im amtlichen Wörterverzeichnis?



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Gast
06.04.2001 22.00
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halb- und halb

Warum im 2000er Duden beide Schreibweisen mit gleicher Betonung verzeichnet sind, müssen Sie die Dudenredaktion fragen. Ich finde wie Sie, dass wenn halb- bedeutungsvermindernd gebraucht wird (halbseiden), dass dann die Betonung vorne liegt. Wissen Sie, es sind so viele verschiedene Aussprachen möglich – alle von Ihnen genannten Aussprache sind mit Sicherheit möglich –, die sollten aber unmöglich alle orthografisch relevant sein. Ich finde wie gesagt den semantischen Ansatz des neuen Regelwerks sinnvoller. Man könnte dann noch die Betonung als korrelierendes Kriterium mit erwähnen, um die Anwendung noch sicherer zu machen (plant die Kommission laut erstem Bericht glaub ich auch). Auch im alten Duden war die Betonung nur ein zusätzlicher Hinweis. Die Leute wussten schon, warum sie das nicht in den Rang einer „Richtlinie“ erhoben; der Bedeutungsansatz steht nämlich in einem Spannungsverhältnis zur Bedeutungsregel R 205. Herr Ickler hat vor Wochen in langen, hartnäckigen „Sitzungen“ einigen Diskussionsteilnehmer deutlich gemacht, dass es keine 1-zu-1-Zuordnung von GZS und Betonung gibt. Wo ein Wort betont wird, wird in vielen Fällen sowieso nicht durch Rechtschreibung deutlich gemacht. Nehmen Sie nur „Auto fahren“; wird genauso betont wie „das Autofahren“. Man würde hier sicherlich noch systematisch viel finden. Warum ich die Schreibung hálboffen (Kontext Tür, Fenster usw.) usw. unsinnig finde, liegt daran, dass sie für mein Empfinden so tut, als wäre sie eine Zusammensetzung wie halbseiden und halbstark, was sie völlig eindeutig nicht ist. Mein Sprachgefühl deckt sich hier einfach mit dem Grundsatz „Im Zweifelsfalls getrennt“. Anders ist es mit „halboffen“, das es glaub ich in der Phonetik gibt. Da könnte die Zusammenschreibung (vielleicht fakultativ) Sinn machen. Was wohlbekannt und Kompanie betrifft: Für mich sind die Fälle mit wohl- ein Thema für § 36 E2. In Abgrenzung zu § 36 E2 (4) ist „sehr wohlbekannt“ genauso wenig möglich wie „noch wohlbekannter“. Für mich ist dieses wohl-, wie auch in „wohlgeordnet“, bedeutungsverstärkend und gehört analog zu § 36 (5), was keine geschlossene Liste ist („...zum Beispiel!“). Der Fall wohl- ist recht komplex; ich schau jetzt nicht mehr in Wörterbüchern nach, um mir die Regelauslegungen anzusehen (zu spät). Vielleicht vertief ich mich da noch ein anderes Mal rein. Dann beschäftige ich mich auch mir der Frage, inwieweit die Betonung bei wohl- mit der Schreibung korreliert. Mal sehen, ob wir hier einen sinnvollen Dialog hinbekommen, auch wenn ich die Reform befürworte und Sie sie ablehnen. Schaumamal! Herr Illauer, wie finden Sie übrigens die Darstellung von halb- im Kästchen des neuen Duden?

Zu Herrn Ickler:

Es ist offenkundig, dass die Reformer – in diesem Bereich – nicht an die Bedeutung der Steigerbarkeit als Indiz für Zusammengesetztheit gedacht hatten. Hab ich auch nie bestritten. Die Entwicklung geht aber doch in eine andere Richtung, das wissen Sie doch genauso gut. Gewinnbringend war nie als Einzelfall gemeint. Die Analogiebildung liegt auf der Hand. Diese Wahrheit hat ganz einfach zwei Seiten: Sie betonen immer, dass das Regelwerk hier nichts zur Steiger- und Erweiterbarkeit sagt, und haben damit Recht, und ich betone, dass es daher aber logischerweise auch nicht sagt, dass man „noch Aufsehen erregender“ schreiben muss. Zum Stichwort „Verbohrtheit“ also: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus.



Michael Jansen

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Gast
06.04.2001 22.00
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hálboffen (Nachtrag)

... übrigens, Herr Illauer, Spanisch müsste Ihnen gefallen: da setzt man jede Menge Akzente, um den Tonakzent zu markieren, z.B. catástrofe.



Michael Jansen

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Theodor Ickler
06.04.2001 22.00
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Eine Frage

an Herrn Jansen:    Was bedeutet das Sternchen nach „Aufsehen erregend“, „Eisen verarbeitend“ usw. im amtlichen Wörterverzeichnis?



Theodor Ickler
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06.04.2001 22.00
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halb fertig / halbfertig    II

Ich weiß, daß es die beiden Schreibungen im neuen Duden gibt. Ich habe ja vorher nachgesehen.
Mein Problem ist, daß die Betonung gleich bleibt.
Damit wir, sehr geehrter Herr Jansen, nicht aneinander vorbeireden, hätte ich ein paar Fragen.

1. Ist es richtig, daß es die Aussprache hálb fertig und halb fértig gibt, die Aussprache hálb leer und halb léer, hálb offen und halb óffen, hálb verhungert und halb verhúngert? Und gibt es auch die Aussprache hálb léer / hálb óffen, hálb verhúngert?
Wenn nein, dann frage ich: welche jeweils allein mögliche Betonung ist die richtige? Warum wird sie nicht durch Getrennt- bzw. Zusammenschreibung signalisiert?
Wenn ja, dann bitte ich Sie, auf die folgenden Fragen einzugehen:

2. Warum ist die Schreibung hálboffen usw. (sie signalisiert Anfangsbetonung, während halb óffen die Betonung auf offen zu erkennen gibt oder auf beiden Bestandteilen) unsinnig?

3. Warum verweigert die neue Schreibung in Hunderten von Fällen diese kleine hilfreiche Information – Zusammenschreibung bedeutet Betonung auf dem ersten Bestandteil (wóhlbekannt), Getrenntschreibung bedeutet die Betonung auf beiden Bestandteilen oder die Hauptbetonung auf dem zweiten Bestandteil (das dürfte doch wohl bekánnt sein)?

4. Woher weiß ein Ausländer oder ein Kind beim Lesen, daß z.B. der Ton bei „wohl geordnet“ auf dem wohl liegt? Das gilt für Hunderte von Fällen!

5. Ist es sinnvoll, getrennt zu schreiben und gleichzeitig das Wort als vorn betonte Einheit darzustellen? (wóhl geordnet)

6. Was müßte bei den Einträgen des neuen Duden korrigiert werden? Oder sind sie in Ordnung? Ist es richtig, so einzutragen, wie es geschieht (hálbfertig / hálb fertig), oder müßte immer eingetragen werden hálbfertig / halb fértig / hálb fértig? Entsprechend in Hunderten von Fällen?

Bitte entschuldigen Sie diese etwas schulmeisterliche Auflistung von Fragen. Aber anders würden wir nur aneinander vorbeireden und niemals den Punkt finden, wo wir übereinstimmen oder wo wir verschiedener Meinung sind.



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Helmut Eberwein
06.04.2001 22.00
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Frau Menges,

***
Lieber Herr Illauer!

       Schon lange interessiert es mich, wie Sie Ihre Osterkorrekturen erledigen. Müssen die kids nun
       in alter Rechtschreibung schreiben oder dürfen Sie in neuer Rechtschreibung schreiben? In
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***

bezugnehmend auf diese Ihre Aussage möchte ich doch anmerken, daß Sie
hier offensichtlich etwas verwechseln, Sie sollten eher schreiben:

...müssen die kids nun in NEUER Rechtschreibung schreiben oder dürfen Sie in ALTER Rechtschreibung schreiben? ...

Durch Ihre Aussage implizieren Sie, daß Schüler eventuell in der sog. alten Rechtschreibung schreiben
müßten, dies ist natürlich unsinnig, der Zwang gilt nur bzgl. der neuen RS.

Oder wollten Sie manchem Leser dieser Zeilen subtil etwas unterjubeln?

Gruß



Helmut Eberwein

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Sie irren, wenn Sie meinen, dass man dem neuen Regelwerk zufolge nicht sowohl halbfertig als auch halb fertig schreiben könnte. Das Wörterverzeichnis verweist unter halb_amtlich auf § 36 (5). Dass die Getrenntschreibung ohnehin möglich ist, wird dort ebenfalls deutlich gemacht. Im neuen Duden ist die Sache klarer denn je (eigener Kasten). Spätestens dort stellt man auch fest, dass es nach alter Regelung die meiner Meinung nach unsinnigen Zusammenschreibungen halbleer, halboffen und halbverhungert gab. Im alten Duden finde ich weder halbfertig, noch halb fertig. Es dürfte aber im Sinne der alten Dudenregeln (205, 206) gewesen sein, beides zu ermöglichen und entsprechend eine andere Aussprache anzunehmen. Was die Betonung betrifft, so hat sich in diesem Fall nichts geändert, auch wenn der 2000er Duden eine identische Betonung beider Schreibungen notiert. Was also ist so „fürchterlich“? Dass im neuen Regelwerk die Zusammenschreibung nicht mehr über die Betonung, sondern über die Bedeutung erklärt wird?

Zu „Herr Jansen, greifen Sie ein!“

Die Schreibweise „richtigstellen“ aus dem aktuellen Regelwerk abzuleiten, entspricht dem Wortlaut der Regeln. Der Fall ist kein bisschen umständlich. Auch sind die Reformer nicht zu dumm, dass auch so zu sehen; sie sahen nur offenbar ursprünglich mehr Argumente für die Auslegung, die –ig, -lich und- lisch generell trennt.

Die Zusammenschreibung „energiesparend“ ist selbstverständlich möglich, denn etwas kann „sehr energiesparend“ sein (u.U. sogar „noch energiesparender als der Vorgänger“). Ich bin mir sicher, dass diese Regelung (teilweise in Bertelsmann 1999, deutlicher in Duden 2000) auch so in der nächsten Auflage des Regelwerks stehen wird. Dass energiesparend nicht im 2000er Duden steht, ist ein Versäumnis, auf das Herr Ickler ja schon hingewiesen hatte. Was nicht im Regelwerk oder in einem Wörterbuch steht, musste schon immer durch Analogien erschlossen werden (so auch der Fall gewinnbringend / Gewinn bringend). In diesem Sinn entspricht energiesparend dem Regelwerk. Gegenteiliges wird man nicht finden. Man kann Absichten vermuten („nur noch Energie sparend zulassen wollte“), man wird sie aber im Regelwerk nicht expressis verbis finden. Dass die Getrenntschreibung „eine Energie sparende Anlage“ auch möglich sein muss, steht für mich außer Frage. Bei „das Holz verarbeitende Gewerbe“ kann man mit der obigen Regelung die Zusammenschreibung nicht erschließen. So etwas ging in der Tat nur mit der schwammigen Regel R 209 (siehe meine Ausführungen zu GUZ im alten Forum). Ich habe noch keine Idee, wie man Fälle wie „holzverarbeitend“ mit einer Regel beschreiben könnte, die der Anwendbarkeit des neuen Regelwerks gerecht wird. R 209 band einen an den Duden („Was empfindet die Dudenredaktion als Einheit?“), gibt einem aber keine Anwendungsregel, die wenigstens die Chance enthält, dass Schreiber hier zu den gleichen Ergebnissen kommen. Der erste Kommissionsbericht hatte hier glaub ich „ein neues Türchen geöffnet“ (von wegen „fachsprachlich“...?). Dass „energiesparend“ als „einen Teil der Energie sparend“ aufgelöst wird, scheint mir zumindest orthografisch nicht das Relevante zu sein; es geht um „Energie sparen“. Auch aus „holzverarbeitend“ nicht Holz, sondern Hölzer herauszulösen, ist für mich nicht nachvollziehbar (gleiches gilt für „Kunststoffe“ und nicht „Kunststoff“). Hier geht es um eine Metonymie (Singular anstelle des Plurals). Ich stimme ausdrücklich zu, dass „das Holz und kunststoffverarbeitende Gewerbe“ unschön ist. Entweder einheitlich „das Holz und Kunststoff verarbeitende Gewerbe“ oder (alt) „das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe“. Die Frage zu ss und ß ist nicht ernsthaft. Die Antwort dazu ließt man dennoch in § 25 E2. Herr Eberwein,

, Ihre Anfrage führt nur dazu, dass wir uns im Kreise drehen. Die Regel Verb + Verb ist völlig sinnvoll und anwendbar. Der Fall „kennen_lernen“ wäre für mich die auffälligste Ausnahme, die wir uns leisten könnten (als Nebenform). Mit anderen Analogien könnte man weitere Zusammenschreibungen einklagen. Doch ein Grundsatz der Neuregelung war es, in Bezug auf sehr häufige Wörter immer zu Kompromissen bereit zu sein.

Sehr geehrterHerr Markner,

in der Tat: Ich gehe nach wie vor davon aus, dass sich der erste Duden bis 1901 hauptsächlich am preußischen Regelwerk orientierte. Was wollen Sie da richtigstellen? Wenn das nicht korrekt ist, sagen Sie es. Wenn Sie es ergänzen wollen, ist das allerdings etwas anderes. Sie schrieben von sächsischen und württembergischen Regeln. Gab es die nach 1901? Wie kann es nach 1901 unterschiedliche Regelbücher geben? (von wegen sächsisch und Ost-Duden vielleicht? ; nur in Bezug auf GZS und Zeichensetzung ?). Wenn diese Bücher vielleicht unterschiedlich waren, so setzten sie doch vermutlich alle den Regelapparat von 1901 um? Sie sagen ja auch, dass die Unterschiede in den Wörterverzeichnissen bestanden. Wenn ja, in welchen Bereichen waren sie unterschiedlich? Das alles klingt bisher so, als hätte es keine Einheitsrechtschreibung gegeben (ich benutze hier den gleichen überzogenen Ansatz, wie wenn man etwa angesichts der ZEITSchreibung oder bei Abweichungen zwischen Wörterbüchern von „Zerstörung der Einheitsrechtschreibung“ spricht).

Ich habe nie behauptet, dass das Regelwerk von 1901 nach 1945 allein durch den Duden weiterlebte. Ich bezog mich auf Ihre Äußerung, die ich so verstand, dass das Regelwerk von 1901 den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte. Ich wiederhole meine Frage: Was genau meinen Sie mit „österreichisches Regel- und Wörterverzeichnis“, das Ihnen zufolge als einziges „überlebte“?

Ich sehe es nicht so, dass die Regeln von 1996 im bewussten Widerspruch zu den sprachgeschichtlichen Entwicklungen des Deutschen und den grammatikalischen Anforderungen dieser Sprache formuliert worden sind. Es gibt dennoch grammatisch angreifbare Teile im neuen und im alten Regelwerk (z.B. Substantivierungen teilweise kleinzuschreiben).

Was Sie über Flexibilität und Sprachwandel schrieben, ist leicht gesagt. Man könnte Sprachwandel orthografisch viel stärker abbilden (orginal, Hygene, Rückrat, im Vorraus usw.). Doch auch all die Menschen, die kucken sagen und nicht gucken, schreiben dennoch mehrheitlich gucken. Uns fehlt die „Kultur“ einer Anpassung an Sprachwandel. Das hat auch sehr nützliche Gründe, ist mir schon klar. Der Duden hat nur nach meiner Ansicht in all den Jahren weniger Sprachwandel abgebildet, als die Leute behaupten, die ihn immer als deskriptiv gegenüber der normativen Neuregelung profilieren wollen.

Ich finde „tut uns Leid“ gar nicht „aua“. Wenn „Gewinn bringend“ sinnigerweise korrekt ist, aber nur „sehr gewinnbringend“ und andererseits „viel Gewinn bringend“, dann ist doch „Leid tun“ (neben leid tun), aber nur „sehr leid tun“ auch in Ordnung. Die Differenzierung steht zwar noch nicht im Regelwerk (noch Wörterverzeichnis oder 2000er Duden), doch sie wird vermutlich bis 2005 dort eingeführt.



Michael Jansen

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