Antwort zu Herrn Riebe
Herr Riebe schrieb zuletzt: (1) Ich habe nirgends behauptet, der Duden von 1991 habe vorbildliche deskriptive Qualität geleistet. Solche verallgemeinernden Behauptungen wären unseriös. (2) Ein anderes Beispiel: Die Kritik an der Beliebigkeitsschreibung der Reformer stammt nicht von mir, vielmehr habe ich sie von Professor Theodor Ickler übernommen, der u.a. E4 als eine der zahlreichen Beliebigkeitsklauseln bezeichnet.
Zu (2): Keiner hat öfter Beliebigkeitsschreibung! gerufen als Sie selbst, Herr Riebe. Es ist deshalb völlig unerheblich, von wem Sie das vielleicht einmal übernommen haben könnten. Es ist grotesk, daß Sie sich damit rechtfertigen, Sie hätten diesen Vorwurf der Beliebigkeit von Professor Ickler übernommen, nachdem Sie ihn oft genug auf Professor Icklers Wörterbuch angewendet haben, so als müßte sich Professor Ickler selbst ständig diesen Vorwurf machen. Wenn man Beliebigkeit verordnet (Beliebigkeitsklauseln im Regelwerk), die man nicht will, ist das etwas ganz anderes, als wenn man feststellt, daß in weiten Bereichen des realen Schreibens verschiedene Schreibweisen verwendet werden (Beliebigkeitsschreibung), die man verzeichnen muß, wenn man ein deskriptives Wörterbuch macht und unter Norm (in erster Linie oder vollständig) das Übliche versteht.
Zu (1) zitiere ich Ihre diesbezüglichen Äußerungen:
-> Reinhard Markner schrieb am 16.04.2001: Die Duden-Redaktion hat nie einen konsequent deskriptivistischen Ansatz verfolgt. Ich meine, grundsätzlich doch, nur ausnahmsweise nicht.
Das habe ich so wiedergegeben: Der Duden hat laut Herrn Riebe weitestgehend deskriptiv gearbeitet. Was soll der Unterschied sein?
-> Deskription heißt hingegen Beschreibung der Sprache. Diese Beschreibung ist in der 20. Auflage des Duden von 1991, von wenigen Irrtümern einmal abgesehen, weitgehend vorhanden und grundsätzlich gelungen. Sie existiert im Ickler-Wörterbuch erst ansatzweise. Nichts anderes habe ich mit meinen Formulierungen wiedergegeben. Ich sage es nochmals in einer anderen Formulierung: Bei der beschreibenden Darstellung der Rechtschreibung ist der Duden Professor Ickler meilenweit voraus. Das haben Sie ja wohl geschrieben.
-> Schlug aber wirklich jede aus der Beobachtung der Sprachentwicklung abgeleitete Entscheidung der Duden-Redaktion ins Normative um? Ich meine, nur in einigen Randbereichen, in denen der Duden von den amtlichen Regeln abwich und der Duden selber Normen setzte. Also nochmals: Nur in wenigen Randbereichen war der Duden laut Herrn Riebe nicht deskriptiv, sondern nur da, wo er selber Normen setzte. Nur in wenigen Randbereichen, nur ganz ausnahmsweise nicht deskriptiv das wird man doch als vorbildlich deskriptiv verstehen müssen, ohne irgend etwas verallgemeinert zu haben. Hingegegen bei Ickler: erst ansatzweise. Dieses Hinterherhinken von Professor Ickler gegenüber dem weitgehend, bis auf wenige Ausnahmen usw. deskriptiven Duden wird auch in Ihrer folgenden Formulierung deutlich:
-> Reinhard Markner schreibt: Man vergleiche zum Beispiel den Eintrag »bekannt_machen«, wo eine nähere Explikation gegeben wird. Wenn das Wörterbuch deskriptiv sein will, ist es verbesserungsbedürftig. Eine differenzierte Beschreibung des Sprachgebrauchs (Usus) ist daher unumgänglich. Also hier: Professor Ickler muß es so machen wie der Duden, das sei unumgänglich, in dieser Hinsicht ist das Wörterbuch verbesserungsbedürftig.
Ich habe nichts, aber auch gar nichts an Ihren Aussagen verfälscht, sondern lediglich ein wenig anders formuliert ohne den Sinn zu verändern. Daher ist auch das salbungsvolle Selbstlob Ihrer Aufkläungsarbeit zurückzuweisen:
-> Informations- und Aufklärungsarbeit kann jedoch nicht auf einer irrational-emotionalen Ebene stattfinden. Von allen Versuchen, unsere Aufklärungsarbeit durch fortwährende mobbingartige Polemik zu diskreditieren, distanziere ich mich.
War das nun mobbingartige Polemik? Ich stelle nochmals fest: Das einzige Ziel, das Professor Ickler mit seinem Wörterbuch verfolgt, ist es, die Rechtschreibung vor der Reform so darzustellen, wie sie real praktiziert wurde. Wir haben dagegen unzählige Beispiele dafür zitiert oder könnten sie zitieren, die belegen, daß der Duden etwas vorschrieb, was der Schreibwirklichkeit überhaupt nicht entsprochen hat obwohl man sich im Prinzip bemüht hat, nach dem Duden zu schreiben! (Dies auch als Antwort auf die belanglose Anmerkung von Michael Jansen.) Es ist daher nicht möglich, daß der Duden deskriptiver als unser Wörterbuch war, gar noch in der Art einer diametralen Entgegensetzung (Duden bis auf wenige Ausnahmen deskriptiv, Ickler erst ansatzweise deskriptiv), wie Sie sie mit Ihrer Aufklärungsarbeit suggerieren.
Wolfgang Wrase München
|