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Sigmar Salzburg
15.05.2001 22.00
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Die ß-Tradition

Vor 1900 wurde das ß in Antiqua meist in zwei Lettern als Lang-s und Kurz-s gedruckt. Sonst war auch die reine ss-Schreibung im Gebrauch, z.B. in Österreich und Bayern bis in die Nazizeit (z.B. in „fortschrittlichen“ Nazischriften, wie auch Hitlers Verbotserlaß für die Fraktur vom 3.1.1941). Die Grimmsche Schule verwendete „sz“. Das ß war auch in anderen europäischen Ländern bekannt und wurde früher z.B im Italienischen unregelmäßig als Ligatur für ss verwendet.

Für Konrad Duden war sicher ein wichtiger Grund für die Beibehaltung des ß, daß es als Schlußligatur ein unverzichtbarer Bestandteil der Ästhetik der Frakturschrift ist. Um 1928 erschien noch über die Hälfte der Druckerzeugnisse in Fraktur (lt. Brockhaus 1928). Die eindeutige Umwandlung von einer in die andere Schriftart wurde durch diese Regelung zwanglos sichergestellt. Andere Vorzüge der höherentwickelten Fraktur – z.B. die Ligaturen für sch, ch, die der Schrift quasi die fehlenden Buchstaben für diese deutschen Laute wiedergaben – entfielen allerdings.

Dies scheint den Machern der „Jahrhundertreform“ aus mangelnder Bildung oder aus Nachlässigkeit nicht gegenwärtig gewesen zu sein, wenn nicht die bewußte Absicht einer Zerstörung der Tradition dahintersteckt. Diese kommt noch zu den bekannten Nachteilen der ss-Regelung hinzu.

Die ss-Regelung (die „Scheiß-Stuss-Regel“) der „Reform“ ist die „Reform“. Bei der Durchsicht einer Ausgabe einer Lokalzeitung („Schleswiger Nachrichten“ v.11.5.01) ist außer einigen „Tipps“ und s-t-Trennungen sonst nichts von der „Reform“ zu bemerken. Das mag aber an der schlichten Journalistensprache liegen und daran, daß von „Gräueln“ nicht berichtet wurde. Im Internetverkehr dagegen sieht man häufiger die Vermeidung auch der Restbestände an ß und sogar die Umlautschreibungen ae, oe, ue, um Konfusionen mit ausländischen Browsern zu vermeiden.

Außer den Profiteuren hat also die „Reform“ niemandem genützt.



Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

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Wolfgang Scheuermann
15.05.2001 22.00
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Tja, Herr Jansen ...

... soll jetzt für Sie gelten: Keine Antwort ist auch eine Antwort? Sie schreiben, wie man sehen kann, weiter das Kotau-gemäße „ss“ – ohne jeden Grund?
Oder haben Sie sich einstweilen nur über die vermeintliche Fehlinterpretation Ihrer Formulierung „in ein und derselben Firma“ so entsetzt, daß Sie erst einmal dieses schwerwiegendere Problem auflösen wollten?
Dann wäre ja noch alles offen und eine Klärung zu erhoffen: Demnächst schreibt Herr Jansen hier wieder „daß“ oder er legt dar, warum er es eben nicht tut. Alles wird gut!



Dr. Wolfgang Scheuermann
Heidelberg

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Reinhard Markner
14.05.2001 22.00
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Unverzerrter Einblick in die sprachliche Praxis

Die RWE AG, Essen, bedient sich in ihren Drucksachen des Neuschriebs, die Gegenanträge zur Hauptversammlung am 7. 6. läßt sie jedoch gnädigerweise orthographisch ungeschoren. Ergebnis : 1 Gegenantrag in Neuschrieb, 4 (darunter der des Dachverbands kritischer Aktionäre) in bewährter Rechtschreibung, 2 unentscheidbar.



Reinhard Markner

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Gast
14.05.2001 22.00
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übergangszeit

Ist ja wirklich erstaunlich, dass in einem Obrigkeitsstaat (nach dem KMK-Putsch) nicht alle Menschen gleichzeitig ihre Schreibweisen der Neuregelung anpassen. Da muss man doch tatsächlich mit ansehen, dass in ein und derselben Firma Menschen unterschiedlich schreiben. Die brauchen doch einen Dolmetscher.



Michael Jansen

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Wolfgang Scheuermann
14.05.2001 22.00
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Obrigkeitsstaat

So ein richtiger Obrigkeitsstaat sind wir nicht, das meint weder der sich in mildem Spott ergehende Herr Jansen noch sonst ein Besucher dieser Seite – so ein Staat würde ganz andere Machtmittel einsetzen. Wir haben aber eine bemerkenswerte obrigkeitsstaatliche Tradition („cuius regio – eius religio“ = der Landesherr legt die Religionszugehörigkeit seiner Untertanen fest: Das muß man sich einmal so richtig vorzustellen versuchen!) – und die wirkt wahrscheinlich noch lange nach.
Der quantitativ vorherrschende Eingriff der Rechtschreibreform ist der in die ß/ss-Regel. Nun haben Ickler u.v.a. dargestellt, emprisch untersucht und den Nachweis erbracht, daß die Neuregelung ohne erkennbaren Sinn ist. Man hätte vielleicht das „ß“ (kein Buchstabe, eine typographische Variante zu „ss“, klar) ganz streichen können oder zulassen können (aus Nachsicht für verzeihliche Konzentrationsschwäche?), daß Schüler es nicht als Fehler angerechnet bekommen, wenn sie „das“ anstelle von „daß/dass“ schreiben (oder vielleicht auch mal umgekehrt?) Beides (vor allem wohl das letztere) hätte die Fehlerzahl in Schüleraufsätzen reduziert.
Ich bitte um Verzeihung, dies hier zu wiederholen, aber m.E. wurde FÜR die Neuregelung in diesem Bereich noch nie ein stichhaltiges Argument vorgebracht. (Im Gegenteil spricht fast alles, was man finden kann, dagegen: Bertelsmann pendelt in seiner Homepage zwischen „Genussschein“ und „Genußschein“ – was erkennt man leichter? – Herrn Peil verdanken wir die Beispiele „Kongresssaal“, „Schussserie“ und „Basssänger“, die Neuregelung ist auch ahistorisch, weil sie den gewachsenen Sinn des „ß“ – diese beiden „s“ dürfen oder können nicht getrennt werden, deshalb sind sie zu EINEM typographischen Zeichen verschmolzen – offenkundig verkennt.) Auch das sogenannte Stammprinzip wird doch kaum jemand ernsthaft vorzubringen wagen (schießen/Schuss???). Der einzige „Vorteil“ der Neuregelung scheint zu sein, daß man sie sich leicht merken kann – so führt sie dann vom Verständniss zum Ärgerniss.
Nun einmal angenommen, wir wären nicht mehr obrigkeitsstaatlich geprägt, sondern Mitglieder einer offenen Gesellschaft, würde dann einer einen solchen Regelungsvorschlag übernehmen? Vielleicht der eine oder andere, der darin doch einen Sinn zu sehen vermöchte, aber ich würde ihn wahrscheinlich um eine Erläuterung bitten. Wenn er diese nicht geben könnte, warum schriebe er dann dennoch brav zwar „fließen“ aber „Fluss“?
Konkret, Herr Jansen, fühlen Sie sich als Bürger einer freien Gesellschaft? Dann wären Sie doch auch frei, zum „ß“ zurückzukehren, wie es sich im Deutschen nun einmal bewährt hat (und zumindest hier in Heidelberg, die Plakate weiter dominiert), u.a. auch, weil es lesefreundlicher ist (s.o.). Wenn Sie keine überzeugenden Argumente im Köcher hätten, aber weiter bei „dass“ usw. blieben – dann müßte ich noch einmal nachdenken, wie ich Sie einstufen sollte.
Professor Ickler hat dieses „ss“ gelegentlich als Unterwerfungsgeste interpretiert – so wird es auch hier an der Heidelberger Universität oft verstanden. Bitte, Herr Jansen, verstehen Sie dies nicht als persönlichen Angriff – ich bin völlig offen für jede Erwiderung. Allerdings, wenn Sie das „dass“ tatsächlich wieder aufgeben würden (weil es z.B. der hinreichenden Begründung ermangelte), dann könnte die weitere Diskussionen weiter nur noch darum gehen, was besonders sinnvoll, treffend (und natürlich zuvörderst auch empirisch nachweisbar!) ist. So wohlwollend, wie Sie oft die neuen Regeln im Sinne der deutschen Sprache zu interpretieren versuchen, kämen wir dann einer einheitlicheren Rechtschreibung leichter wieder näher.



Dr. Wolfgang Scheuermann
Heidelberg

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Theodor Ickler
14.05.2001 22.00
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Geßlerhut ss

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat in ihrem bekannten Kompromißvorschlag über die Heysesche ss-Schreibung folgendes gesagt:

„Wer sie akzeptiert, gibt zu erkennen, daß er die Neuregelung nicht grundsätzlich bekämpft. Das Umgekehrte gilt ebenfalls.“

Das ist kurz und treffend. Sonderbarerweise scheint die Akademie dennoch oder gerade deshalb bereit zu sein, sich mit dem ss abzufinden. Das ist weder aus systematischen Gründen (wie die Akademie selbst darlegt) noch gar aus pädagogischen Gründen zu rechtfertigen. Insofern das Kompromißpapier auf eine weitere Reform hinausliefe, ist es jedoch im Sinne einer Reductio ad absurdum nicht unwillkommen. Verwirklicht wird es ja sowieso nicht. (Ausführlicher Kommentar in „Regelungsgewalt“.)



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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anonymer Gast
14.05.2001 22.00
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RWE

Aktionäre sind nicht Angestellte der Firma, an der sie Anteile halten. Dies zur Information für Herrn Jans(s)en, dem der Sachverhalt, wie so manche andere auch, nicht klar zu sein scheint.



Ein kritischer Aktionär
Essen

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Matthias Dräger
14.05.2001 22.00
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Silikonbusen der Reform

Die ss-ß Regelung der Rechtschreibreform ist die unsinnigste aller Schreibänderungen, da

- sie schon längst da war, aber verworfen wurde
- sie fehlerträchtiger ist als die bewährte Regelung
- sie das Lesen eher erschwert als erleichtert
- sie überhaupt eine Änderung ist
- sie die meisten Schreibänderungen versursacht.

Die ss-ß-Regelung ist das Herzstück bzw. „der Silikonbusen der Reform“ (Riebe). Nicht umsonst habe ich bereits 1995 in einem Schreiben an alle Ministerpräsidenten der Länder diesem Bereich eine ganze Seite gewidmet (Der Stille Protest, S. 51). Leute vom Fach, wie ein Peter Eisenberg, haben das natürlich viel früher schon gemerkt und mit ihrer Ansicht auch nicht hinterm Berg gehalten: „Die geplante ss-Regelung ist die schlechteste aller denkbaren Lösungen“ (Eisenberg, 1993).
    Die ss-ß-Regelung ist etwas, mit dem die „Reformer“ dank ihrer Überrumpelung eine Chance haben, durchzukommen. Das ist auch der Grund, warum kaum über diesen Bereich gesprochen wird, natürlich auch nicht in Zeitungen. Wo ist denn z. B. die Marxsche Untersuchung mal gebracht worden? Augst hielt sie für so gefährlich, daß er sich sogar zu einem Sätzchen dagegen hinreißen ließ.
    Wenn diese Regelung weiter in der Presse praktiziert wird, wird es zu einer langfristigen Spaltung unserer Orthographie kommen – ohne jeden Vorteil für den Schreibenden, aber mit einem Büschel von Nachteilen für die Gesellschaft, angefangen von Leseschwierigkeiten, Schreibschwierigkeiten, da die Normierung durch einheitliche Lektüre gestört ist, Störung von Suchfunktionen, Kosten für den Neusatz von Büchern, usw., usw., usw.
    Ich halte die „Reformer“ nicht für so bösartig, daß sie absichtlich die Zersetzung der deutschen Orthographie betreiben. Was ich aber mittlerweile nicht mehr ausschließen möchte: Daß Leute im Hintergrund, von denen die Pseudo-Reformer protegiert werden, genau dieses im Schilde führen.



Matthias Dräger
Auf dem Hähnchen 34, 56329 St. Goar

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Gast
14.05.2001 22.00
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Frage an den kritischen Aktionär:

Wer sich mit Aktien auskennt, kann auch lesen, nehme ich an. Wer sprach davon, dass Aktionäre Angestellte der Firma sind?



Michael Jansen

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Matthias Dräger
14.05.2001 22.00
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Silikonbusen der Reform

Die ss-ß Regelung der Rechtschreibreform ist die unsinnigste aller Schreibänderungen, da

- sie schon längst da war, aber verworfen wurde
- sie fehlerträchtiger ist als die bewährte Regelung
- sie das Lesen eher erschwert als erleichtert
- sie überhaupt eine Änderung ist
- sie die meisten Schreibänderungen versursacht.

Die ss-ß-Regelung ist das Herzstück bzw. „der Silikonbusen der Reform“ (Riebe). Nicht umsonst habe ich bereits 1995 in einem Schreiben an alle Ministerpräsidenten der Länder diesem Bereich eine ganze Seite gewidmet (Der Stille Protest, S. 51). Leute vom Fach, wie ein Peter Eisenberg, haben das natürlich viel früher schon gemerkt und mit ihrer Ansicht auch nicht hinterm Berg gehalten: „Die geplante ss-Regelung ist die schlechteste aller denkbaren Lösungen“ (Eisenberg, 1993).
    Die ss-ß-Regelung ist etwas, mit dem die „Reformer“ dank ihrer Überrumpelung eine Chance haben, durchzukommen. Das ist auch der Grund, warum kaum über diesen Bereich gesprochen wird, natürlich auch nicht in Zeitungen. Wo ist denn z. B. die Marxsche Untersuchung mal gebracht worden? Augst hielt sie für so gefährlich, daß er sich sogar zu einem Sätzchen dagegen hinreißen ließ.
    Wenn diese Regelung weiter in der Presse praktiziert wird, wird es zu einer langfristigen Spaltung unserer Orthographie kommen – ohne jeden Vorteil für den Schreibenden, aber mit einem Büschel von Nachteilen für die Gesellschaft, angefangen von Leseschwierigkeiten, Schreibschwierigkeiten, da die Normierung durch einheitliche Lektüre gestört ist, Störung von Suchfunktionen, Kosten für den Neusatz von Büchern, usw., usw., usw.
    Ich halte die „Reformer“ nicht für so bösartig, daß sie absichtlich die Zersetzung der deutschen Orthographie betreiben. Was ich aber mittlerweile nicht mehr ausschließen möchte: Daß Leute im Hintergrund, von denen die Pseudo-Reformer protegiert werden, genau dieses im Schilde führen.



Matthias Dräger
Auf dem Hähnchen 34, 56329 St. Goar

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Gast
14.05.2001 22.00
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Frage an den kritischen Aktionär:

Wer sich mit Aktien auskennt, kann auch lesen, nehme ich an. Wer sprach davon, dass Aktionäre Angestellte der Firma sind?



Michael Jansen

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anonymer Gast
14.05.2001 22.00
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RWE

Aktionäre sind nicht Angestellte der Firma, an der sie Anteile halten. Dies zur Information für Herrn Jans(s)en, dem der Sachverhalt, wie so manche andere auch, nicht klar zu sein scheint.



Ein kritischer Aktionär
Essen

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Theodor Ickler
14.05.2001 22.00
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Geßlerhut ss

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat in ihrem bekannten Kompromißvorschlag über die Heysesche ss-Schreibung folgendes gesagt:

„Wer sie akzeptiert, gibt zu erkennen, daß er die Neuregelung nicht grundsätzlich bekämpft. Das Umgekehrte gilt ebenfalls.“

Das ist kurz und treffend. Sonderbarerweise scheint die Akademie dennoch oder gerade deshalb bereit zu sein, sich mit dem ss abzufinden. Das ist weder aus systematischen Gründen (wie die Akademie selbst darlegt) noch gar aus pädagogischen Gründen zu rechtfertigen. Insofern das Kompromißpapier auf eine weitere Reform hinausliefe, ist es jedoch im Sinne einer Reductio ad absurdum nicht unwillkommen. Verwirklicht wird es ja sowieso nicht. (Ausführlicher Kommentar in „Regelungsgewalt“.)



Theodor Ickler
Ringstr. 46, D-91080 Spardorf

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Wolfgang Scheuermann
14.05.2001 22.00
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Obrigkeitsstaat

So ein richtiger Obrigkeitsstaat sind wir nicht, das meint weder der sich in mildem Spott ergehende Herr Jansen noch sonst ein Besucher dieser Seite – so ein Staat würde ganz andere Machtmittel einsetzen. Wir haben aber eine bemerkenswerte obrigkeitsstaatliche Tradition („cuius regio – eius religio“ = der Landesherr legt die Religionszugehörigkeit seiner Untertanen fest: Das muß man sich einmal so richtig vorzustellen versuchen!) – und die wirkt wahrscheinlich noch lange nach.
Der quantitativ vorherrschende Eingriff der Rechtschreibreform ist der in die ß/ss-Regel. Nun haben Ickler u.v.a. dargestellt, emprisch untersucht und den Nachweis erbracht, daß die Neuregelung ohne erkennbaren Sinn ist. Man hätte vielleicht das „ß“ (kein Buchstabe, eine typographische Variante zu „ss“, klar) ganz streichen können oder zulassen können (aus Nachsicht für verzeihliche Konzentrationsschwäche?), daß Schüler es nicht als Fehler angerechnet bekommen, wenn sie „das“ anstelle von „daß/dass“ schreiben (oder vielleicht auch mal umgekehrt?) Beides (vor allem wohl das letztere) hätte die Fehlerzahl in Schüleraufsätzen reduziert.
Ich bitte um Verzeihung, dies hier zu wiederholen, aber m.E. wurde FÜR die Neuregelung in diesem Bereich noch nie ein stichhaltiges Argument vorgebracht. (Im Gegenteil spricht fast alles, was man finden kann, dagegen: Bertelsmann pendelt in seiner Homepage zwischen „Genussschein“ und „Genußschein“ – was erkennt man leichter? – Herrn Peil verdanken wir die Beispiele „Kongresssaal“, „Schussserie“ und „Basssänger“, die Neuregelung ist auch ahistorisch, weil sie den gewachsenen Sinn des „ß“ – diese beiden „s“ dürfen oder können nicht getrennt werden, deshalb sind sie zu EINEM typographischen Zeichen verschmolzen – offenkundig verkennt.) Auch das sogenannte Stammprinzip wird doch kaum jemand ernsthaft vorzubringen wagen (schießen/Schuss???). Der einzige „Vorteil“ der Neuregelung scheint zu sein, daß man sie sich leicht merken kann – so führt sie dann vom Verständniss zum Ärgerniss.
Nun einmal angenommen, wir wären nicht mehr obrigkeitsstaatlich geprägt, sondern Mitglieder einer offenen Gesellschaft, würde dann einer einen solchen Regelungsvorschlag übernehmen? Vielleicht der eine oder andere, der darin doch einen Sinn zu sehen vermöchte, aber ich würde ihn wahrscheinlich um eine Erläuterung bitten. Wenn er diese nicht geben könnte, warum schriebe er dann dennoch brav zwar „fließen“ aber „Fluss“?
Konkret, Herr Jansen, fühlen Sie sich als Bürger einer freien Gesellschaft? Dann wären Sie doch auch frei, zum „ß“ zurückzukehren, wie es sich im Deutschen nun einmal bewährt hat (und zumindest hier in Heidelberg, die Plakate weiter dominiert), u.a. auch, weil es lesefreundlicher ist (s.o.). Wenn Sie keine überzeugenden Argumente im Köcher hätten, aber weiter bei „dass“ usw. blieben – dann müßte ich noch einmal nachdenken, wie ich Sie einstufen sollte.
Professor Ickler hat dieses „ss“ gelegentlich als Unterwerfungsgeste interpretiert – so wird es auch hier an der Heidelberger Universität oft verstanden. Bitte, Herr Jansen, verstehen Sie dies nicht als persönlichen Angriff – ich bin völlig offen für jede Erwiderung. Allerdings, wenn Sie das „dass“ tatsächlich wieder aufgeben würden (weil es z.B. der hinreichenden Begründung ermangelte), dann könnte die weitere Diskussionen weiter nur noch darum gehen, was besonders sinnvoll, treffend (und natürlich zuvörderst auch empirisch nachweisbar!) ist. So wohlwollend, wie Sie oft die neuen Regeln im Sinne der deutschen Sprache zu interpretieren versuchen, kämen wir dann einer einheitlicheren Rechtschreibung leichter wieder näher.



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Michael Jansen

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