Tipp- oder Schreibfehler?
Ich leiste mir den Luxus, bei neu erscheinenden Titeln in meinem Verlag den Satz selbst zu gestalten. So habe ich in den letzten Tagen gerade zwei Texte mittleren Umfangs am Wickel gehabt und hatte dabei das Vergnügen, im Satz jedes der beiden Bücher über eintausend Tipp- und Schreibfehler herauszuholen, die zuvor von den Argusaugen der Lektorin darin entdeckt worden waren. Von daher kenne ich mich mit dieser Materie ganz gut aus. Tippfehler lassen sich durchweg in drei Kategorien einordnen: 1) Ausgelassener Buchstabe (Anschlag). 2) Nicht exakt getroffene Taste also ein zusätzlicher falscher Buchstabe, ggf. sogar zwei falsche Buchstaben. 3) Sogenannte Dreher, d. h. entweder ein Finger der linken oder rechten Hand tippt früher, als er sollte. In diese Kategorie fallen auch noch Zwischenräume innerhalb von Wörtern, d. h. versehentliche Betätigung der Leerschaltaste oder zu frühe oder zu späte Betätigung der Großschalttaste. Andere Tippfehler kenne ich nicht an einen versehentlich doppelt angeschlagenen Buchstaben kann ich mich bei allen ausgeführten Korrekturen der letzten Tage beim besten Willen nicht erinnern. (Ein Buchstabe wird natürlich auch mehrfach angezeigt, wenn eine Taste gedrückt gehalten wird; auch das kommt bei einem Schreiber, der einigermaßen flüssig schreibt, in der Praxis nicht mehr vor.) Die von Ihnen produzierte Schreibung wass fällt für mich klar in die Kategorie der S c h r e i b f e h l e r, d. h. der Fehlschreibung liegt ein wie immer gearteter D e n k f e h l e r zugrunde. Das ist etwas grundsätzlich anderes als ein Fehler in der Motorik der Finger. Sie hatten früher einmal angegeben, sehr geehrter Herr Jansen, Sie würden sich beim Schreiben an Schreibregeln orientieren.* Abgesehen davon, daß ich der Ansicht bin, daß Sie sich mit dieser Aussage selber etwas vormachen beim fraglichen Satz wird es tatsächlich zutreffen: Beim schreiben von: Wass ss/ß betrifft, habe ich ganz einfach keine Lust mehr, über so alte Kamellen zu diskutieren. denken Sie offensichtlich tatsächlich an die ss-ß Regel und prompt produzieren Sie nicht einen Tipp-, sondern einen klassischen Schreibfehler. Quod errat demonstrandum(was zu beweisen war). Sehr geehrter Herr Jansen, Sie dürfen sich jetzt gerne darüber amüsieren, daß ich einem einzigen Schreibfehler von Ihnen eine derartige Aufmerksamkeit schenke. Aber ich möchte wenigstens ansatzweise verstehen lernen, was bei Fehlschreibungen dieser und ähnlicher Art in den Köpfen der Schreibenden vor sich geht. Ich schreibe diesen Text daher auch in erster Linie für die Besucher dieser Seite und für mich selbst, keinesfalls mehr, um Sie in irgendeiner Weise zu überzeugen die Zeiten sind vorbei. Sie können also weiterhin ganz beruhigt in Ihren ss-Gewässern segeln... * Sie sagen in einem Beitrag vom 27. 3. 2001 sogar: Ich nehme für mich in Anspruch, nach dem Regelwerk zu schreiben, nicht nach dem Wörterverzeichnis oder gar einem Wörterbuch. Sie wollen damit ausdrücken, daß es Ihnen möglich sei, das amtliche Regelwerk sogar w ä h r e n d des Schreibens! in sich schlüssig auszulegen? Das wäre eine Leistung, zu der erfahrene Wörterbuchredaktionen, übrigens o h n e Ablenkung der Aufmerksamkeit auf einen anderen Gedankengang nämlich den, den Sie beim Schreiben ja doch hoffentlich gerade entwickeln wollen in zig Arbeitssitzungen nicht in der Lage waren. Selbst ein doch so intelligenter Mann wie Prof. Augst beherrscht, wie Ickler jüngst nachgewiesen hat, noch nicht einmal vollständig die Zeichensetzung der Neuregelung!
Matthias Dräger Auf dem Hähnchen 34, 56329 St. Goar
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