Re: Re: Wenn Uwe das Volk fragt
Zitat: Ursprünglich eingetragen von uwe
Das Grundgesetz enthält keine plebiszitären Elemente. Die Länderverfassungen enthalten unterschiedliche Formen der Volksbeteiligung (Volksentscheide, Volksbegehren ...). Mag sein, dass es Volksbefragungen nicht gibt.
Grundgesetz Artikel 20:
Grundlagen staatlicher Ordnung, Widerstandsrecht
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Wie man sieht, ist die Möglichkeit von Volksabstimmungen im Grundgesetz sehr wohl ausdrücklich vorgesehen. Es gibt nur keine nähere gesetzliche Regelung für Volksentscheide auf Bundesebene noch nicht. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich das bald ändert. An sich müßte das ohnehin sofort beim Verfassungsgericht einklagbar sein.
Bemerkenswert ist übrigens an Absatz 2 die Differenzierung: Zuerst das Volk, zudem gibt es eben noch die besonderen Organe in Gestalt der üblichen geteilten drei Gewalten. Da alle Staatsgewalt grundsätzlich vom Volk ausgeht, können die Parlamente als gesetzgebende Organe in der Machthierarchie dem Volk nur nachgelagert sein. Diese Ordnung zielt eindeutig darauf ab, zu garantieren, daß sich die Gesetzgebung im Einverständnis der Volksmehrheit abspielt. Sonst wäre der Satz Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus sinnlos. Das ist vor allem in Hinblick auf die Ausreden der für den Schleswig-Holsteiner Volksvertreter-Putsch Verantwortlichen wichtig, bei denen meist die Behauptung aufgestellt wird, es gebe keine erkennbare Rangabstufung zwischen einem Gesetz, das vom Parlament und einem, das direkt vom Volk beschlossen wurde, weswegen das eine das andere in jeder beliebigen Reihenfolge ablösen könne. Diese Sichtweise widerspricht aber nicht nur dem Geist des Grundgesetzes, sondern ist auch von daher unsinnig, daß der Aufwand eines Volksentscheids selbstverständlich viel höher als der eines Parlamentsentscheides ist. Das heißt, bei widerstreitenden Interessen ist das Parlament gegenüber dem Volk im Vorteil. Das müßte also gerechterweise zumindest kompensiert werden wenn das Parlament überhaupt eine Gegenposition zum Volk einnehmen dürfte! Das wiederum widerspräche aber fundamental dem Daseinszweck des Parlaments in einer Demokratie. Es existiert ja eben gerade deswegen, um den hohen Aufwand von permanenten Volksentscheiden zu vermeiden, als zum Zwecke der Entscheidungsfindung eingerichtete Repräsentation des Volkes. Daß es außerdem zusätzlich noch Volksentscheide gibt, hat den Sinn, das Parlament notfalls korrigieren zu können, falls sich zeigt, daß es eben doch nicht repräsentativ entscheidet. Das Volk kann nur das Parlament korrigieren, nicht das Parlament das Volk! Eine andere Praxis ist schlicht und einfach nicht demokratisch und damit automatisch grundgesetzwidrig (s. Artikel 20, Absatz 1). Das hinderte jedoch die Parteien bzw. Politiker des Landtags in Kiel nicht daran, die Ordnung und zwar an ihrer Wurzel! auf den Kopf zu stellen.
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