Re: Recht-Schreibung
Zitat: Ursprünglich eingetragen von uwe
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Man belässt es bei einem komplizierten Regelwerk und muss den Zeitaufwand für das Erlernen der Rechtschreibung deutlich anheben. Dies ginge zu Lasten anderer Lerninhalte.
2. Man vereinfacht das Regelwerk und kann mit einem geringeren Zeitaufwand die Rechtschreibung erlernen. Es bliebe mehr Zeit für andere Unterrichtsinhalte.
Ich favorisiere eindeutig Variante 2.
In der Tat, Variante 2 ist zu favorisieren. Dieser Vorschlag ließe sich bestechend einfach umsetzen, wenn man die Reform verwerfen und wieder die bewährte und weitaus verbreitetste Rechtschreibung an den Schulen lehren würde. Denn diese ist nicht nur linguistisch sehr viel ausgereifter, sondern auch einfacher zu erlernen.
Ich nenne dafür noch einmal kurz die Gründe: Die Neuerungen der Reform basieren nicht auf systematisch konsistenten Lösungen, stattdessen wurden nur in einigen Bereichen ehemalige Rechtschreibfehler zu richtigen Schreibungen erklärt, teilweise unterfüttert mit seltsam überflüssigen, der sprachlichen Mitteilung ziemlich unnützen Regularien. Man kann sich aber in der Praxis nicht allein auf die hinzugekommenen Regeln verlassen, um richtig zu schreiben, da diese nicht eindeutig genug formuliert sind und sich in ihnen oft verschiedene Ansätze verwirrend überkreuzen. Deswegen hilft am Ende doch nur, die richtigen Schreibweisen (bzw. die Fälle von neuerdings erlaubten Varianten) auswendig zu lernen. Das ist auch der normale Weg, sich Orthographie anzueignen, genau wie Sprache auf jeder anderen Ebene auch gelernt wird: durch Praxis. Je mehr man liest, desto besser kennt man die Schriftgestalten der Wörter. Wären alle Bücher und Zeitschriften heute immer noch in derselben Rechtschreibung, so wäre das Lernen selbstverständlich fundamental erleichtert. Dieser Zustand gehört leider der Vergangenheit an, dank der Reform. Trotzdem sind natürlich noch die allermeisten Bücher in privaten wie öffentlichen Bibliotheken in alter Rechtschreibung gehalten; Bücher, die man nur wegen der Reform sicherlich auch nicht alle plötzlich wegschmeißen wird (wenn doch: wieder massenhaft überflüssige Kosten), die also noch Jahrzehnte über Jahrzehnte präsent bleiben werden. Hinzu kommt, daß sogar heute noch die meisten Neuerscheinungen seriöser Literatur sich der Reform verweigern. Nach wie vor wäre also eine simple Rücknahme der Reform die beste aller Lösungen: unkompliziert (keine neuen Verwirrungen durch neue Reformen der Reform der Reform), kostensparend (keine neuen Umstellungen, sondern einfach Rückkehr zum Bewährten), davon ganz abgesehen ohnehin von der Mehrheit des Volkes und der Literaten gewünscht.
Zitat:
Es mag sein, dass Prof. Ickler geeignete Vorschläge für einfacher erlernbare Rechtschreibregeln gemacht hat. Ich kenne sie nicht und sie haben keine Gültigkeit. Aber wenn es so ist, dann sollte er und dann sollten auch Sie für diese Vorschläge kämpfen und nicht diesen sinn- und nutzlosen Kampf gegen das Rechtschreibreförmchen führen.
Prof. Ickler hat nicht versucht, die Schriftsprache ihrer realen Existenz widerstrebend zu vereinfachen, sondern vielmehr, die regelhafte Darstellung der lebenden Schriftsprache verständlicher und realitätsnäher zu formulieren (im Gegensatz zu den Reformern, die nur längst überkommene Stadien der schriftlichen Entwicklung des Deutschen zurückholen oder die Sprache gleich in rein am Reißbrett entstandene Formen pressen wollen). Es handelt sich bei Icklers Ansatz also nicht um eine krampfhaft aufgezwungene künstliche Veränderung der Sprache, sondern nur um die Herstellung eines besser überschaubaren, praxisnahen Zugangs zur orthographischen Sprachnorm. Für diese Vorschläge zu kämpfen, heißt, gegen die Reform zu kämpfen, deren konkurrierender Ansatz nach kurzem Vergleich seine eigentlich hoffnungslose Unterlegenheit und seinen buchstäblich aufgedrängten Blödsinn offenbar werden läßt: Eine starke Zunahme an Kompliziertheit ohne jeden sprachlichen Gewinn, im Gegenteil.
Übrigens ist die englische Rechtschreibung ja in vielerlei Hinsicht weit schwieriger als die deutsche (weniger phonetische Nähe). Die Armut an hilfreichen, gliedernden Markierungen durch Interpunktion (weniger Kommata) und Großschreibung (nur am Satzanfang, bei Eigennamen und I) würde ich nicht gerade als Vorzug bezeichnen, fällt bei der englischen Syntax aber weniger negativ ins Gewicht, als es im Deutschen der Fall wäre.
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