Ich wollte keinesfalls das Rechtschreibwörterbuch von Prof. Ickler kritisieren (offensichtlich habe ich Probleme, mich deutlich auszudrücken, weil ich immer mal wieder mißverstanden werde). Ich bin auch kein Sprachtheoretiker, hoffe aber, daß die Stilmittel, deren ich mich bediene, auch von meinen Mitsprachlern verstanden werde (falls nicht, wäre dies ja fatal). Herr Schäbler hat immerhin verstanden, was ich gemeint habe.
Also noch einmal: Ich finde es voll in Ordnung, daß im Icklerschen Wörterbuch keine Einzelfestlegungen zu den zweifelhaften Verbzusätzen gegeben werden. Ich meine, daß es sich hier um Stilfragen und vor allem Konnotationen handelt, und man die Freiheit haben muß, jeweils zu entscheiden, welche Stilmittel man verwenden möchte. Dies setzt aber voraus, daß diese Stilmittel auch verstanden werden. (Hier liegt der tot geschlagene Hund begraben.)
Mein Einwand galt der Anwendung in der besagten Rubrik, die eben so formuliert war, daß ich unwillkürlich auf andere Gedanken kam. Ein guter Stilist sollte verstehen, wie solche Formulierungen bei den Lesern ankommen. Aber man kann von den Zeitungen leider in dieser Hinsicht nichts mehr erwarten. (Gegen können randvoll laufen hätte ich nichts gehabt.)
Ich denke, das Mißverständnis hat in diesem Fall damit zu tun, daß voll als alleinstehendes Wort eben auch noch eine andere Bedeutung hat als es in der Zusammensetzung hätte. Man könnte z.B. sagen, die Sache ist voll gelaufen. In diesem Fall würde ich natürlich keine Zusammenschreibung verwenden. Man hätte hier auch die Betonung auf beiden Wörtern (oder bin ich dabei, meine Muttersprache zu verlernen?)und außerdem hätte voll hier eine andere Bedeutung, nämlich ganz. Bei Keller können 'vollaufen'" würde ich auf dem ersten Glied betonen. Wenn dies nicht mehr gilt oder nicht mehr verstanden wird wird die Sache allerdings schwierig (ich habe inzwischen bemerkt, daß sich die Betonungen bei den Nachrichtensprechern teilweise schon etwas verschieben). Bei Keller können voll laufen entsteht bei mir unwillkürlich der Eindruck, die Keller wären imstande zu laufen. Natürlich erkenne ich (beim zweiten Blick), was gemeint ist. Ich hielte es aber für sehr schade, wenn man in diesen Fällen weder nach Bedeutung noch Betonung gehen könnte. Dann müßte man wohl wirklich mit dem Duden unter dem Arm herumlaufen.
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