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Kommasetzung
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Sigmar Salzburg
19.11.2010 07.50
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Hallo, Herr Krawalski ...

... der Eintrag ist schon sieben Jahre her. Es ist fraglich, ob Herr Dörner nochmal hier hereinschaut. Ich setze Kommata nach Gefühl. Im Zweifelsfalle empfehle ich, nach den alten Regeln zu verfahren.
__________________
Sigmar Salzburg

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krawalski
18.11.2010 20.36
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Re: Vorgreifer-es

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Dörner
Heute habe ich mir in einer Buchhandlung die Neuauflage des Duden-Taschenbuchs »Komma, Punkt und alle anderen Satzzeichen« angesehen und mit Erstaunen festgestellt, daß die Dudenredaktion von ihrer eigenen Auslegung des amtlichen Regelwerks, daß das Vorgreifer-es nur dann zu einem verbindlichen Komma führt, wenn es direkt vor der Infinitivgruppe steht, wieder abgerückt ist.
Das Komma nach Vorgreifer-es ist laut diesem Buch nun immer verpflichtend, selbst dann, wenn das es am Satzanfang steht. Diese Auslegung entspricht jetzt dem Wortlaut von § 77 (5) des amtlichen Regelwerks. Hat die Dudenredaktion schon wieder vergessen, was sie zu diesem Thema in einem Brief an Herrn Prof. Ickler geschrieben hat?
Leider wird nicht beschrieben, wie man das den Schülern beibringen soll.


Könntest du das noch einmal in einem Beispiel unterbringen? Dann würde ich es auf kommasetzung .info ändern

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J.-M. Wagner
17.06.2003 17.17
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Re: Kohärenz

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Gallmanns Bearbeitung der Kommafrage war schon immer weit besser als das, was die Rechtschreibreform daraus gemacht hat. Das konnte man bereits im Handbuch Rechtschreibung von Gallman und Sitta erkennen, das 1996 in der Schweiz erschien. Auch Eisenberg stellt die Sache im wesentlichen richtig dar. Beide stützen sich auf den von Gunnar Bech geschaffenen Begriff der Kohärenz. In der Sache liegt dasselbe Prinzip aber auch der herkömmlichen Regelung zugrunde, die ja auch von Gallmann im großen und ganzen gegen die Neuregelung verteidigt wird, besonders deutlich in jenem Handbuch.
Den Eindruck, daß Gallmann die herkömmliche Regelung verteidigen würde, hatte ich überhaupt nicht. Er hat in der Vorlesung im Gegenteil recht deutlich darauf hingewiesen, wo – vom Kriterium der Kohärenz her gesehen – deren Defizite liegen.

Zitat:
Die herkömmliche, im Duden niedergelegte Regelung hatte nur noch den zusätzlichen Gesichtspunkt des Umfangs der Infinitivgruppe, was einem rhythmischen Bedürfnis, nicht syntaktischen Regeln entspricht.
Wenn ich Gallmann richtig verstanden habe, wurde das – formal als „Kriterium des Umfangs“ gesehen – nicht konsequent gehandhabt, so daß es zu Ausnahmen von Ausnahmen und Kann-Regeln kam (vgl. seinen Aufsatz, S. 17–20).

Zitat:
Und bei Gallmann kommt als Besonderheit hinzu, daß er das Herkömmliche nicht im geringsten zu respektieren bereit ist und daher immer wieder zu radikalen Einschnitten neigt, wie sie seiner jeweils aktuellen Ansicht entsprechen. Er will alle „Ausnahmen“ beseitigen, zum Beispiel auch die Kleinschreibung in bei weitem usw., ohne Rücksicht auf Verluste.
Ist es das, was Sie an anderer Stelle sein Steckenpferd nannten, oder nur ein Grundzug seiner Herangehensweise an die Rechtschreibung? Hätte er Probleme, den Einwand, was die Grammatik verbiete, könne die Orthographie nicht erlauben, zu entkräften oder einfach beiseite zu wischen? Welche Teile der Neuregelung tragen denn (vermutlich) Gallmanns Handschrift, bzw. wo hat er maßgeblich etwas beigetragen?

Zitat:
Die Neuregelung hat den Fehler, den Begriff des hinweisenden Wortes nicht zu definieren und nur durch die überraschenden Beispiele anzudeuten, daß es dazugehört, substantivische Wortgruppen aber nicht. Laut Eisenberg erlaubt die Neuregelung übrigens auch er scheint, zu schlafen. Wenn das zutrifft, wäre es ein weiterer Grund, sie abzulehnen.
Eisenberg hat recht. Relevant ist hier Paragraph 76:
Bei Infinitiv-, Partizip- oder Adjektivgruppen oder bei entsprechenden Wortgruppen kann man ein (gegebenenfalls paariges) Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen bzw. um Missverständnisse auszuschließen.
Formal gesehen, kann man bei er scheint, zu schlafen die Möglichkeit für sich an Anspruch nehmen, die Gliederung des Ganzsatzes deutlich machen zu wollen – man grenzt die Infinitivgruppe ab.

So ein ähnliches Beispiel hat Gallmann in seiner Vorlesung angeführt und darauf hingewiesen, daß die Neuregelung nur funktioniert, wenn einen das eigene Sprachgefühl davon abhält, dieses Komma zu setzen. Er hat betont, daß die Freigabe in § 76 mit dem Vertrauen auf das Sprachgefühl verbunden ist. – Es wird aber ein Lehrer einem Schüler, der jenes Komma gesetzt hat, dasselbe nach den Kriterien der Neuregelung nicht als falsch anstreichen können. Wie sinnvoll das für die Entwicklung des Sprachgefühles ist, ist klar.
____________

Ich frage mich, wie die Diskussion an dieser Stelle weitergehen kann. Zwei (konträre) Richtungen fallen mir ein: Zum einen könnte man versuchen, die Behauptung zu entkräften, die auf der Kohärenz beruhende Regel sei grammatisch zu anspruchsvoll und daher dem allgemeinen Publikum nicht vermittelbar. Dieses konkrete Problem scheint mir zweiteilig zu sein: Es kommt sowohl darauf an, zu entscheiden, ob ein Komma gesetzt werden muß, als auch, wenn ja, wo. Letzteres erscheint mir der insofern wichtigere Punkt zu sein, als daß man erst einmal erkannt haben muß, was zur Infinitivgruppe gehört, um deren Kohärenz bzw. Satzwertigkeit beurteilen zu können; vielleicht gibt der Begriff der Satzwertigkeit dabei bereits eine gewisse Hilfestellung, die Inifinitivgruppe zu identifizieren.
      Mir schwebt vor, eine darauf aufbauende Probe durchzuführen, bei der die Infinitivgruppe komplett aus dem Satz entfernt wird. Ich skizziere mal die möglichen Fälle, ohne alles zu Ende durchdacht zu haben: Wenn ein in sich geschlossener Satz übrigbleibt (der evtl. noch umgestellt werden muß: Ohne einen Schaden anzurichten, ist das Wasser wieder abgeflossen. => Das Wasser ist wieder abgeflossen.), war sie in den allermeisten Fällen satzwertig: Die Skifahrerin hat damit gerechnet, doch noch zu gewinnen. (Selten dagegen: Sie ist diese Aufgabe zu lösen fähig.) Wenn man ein zusätzliches Wort (wie das, dies, es etc.) ergänzen muß, um zu einem vollständigen Satz zu kommen, und wenn dieses „Komplettierungswort“ nicht an der gleichen Stelle im Satz ergänzt werden kann, wo zuvor die Infinitivgruppe stand, war letztere ebenfalls satzwertig: Er wagte es nicht, das Zimmer zu betreten. Wenn kein vollständiger Satz verbleibt, aber eine solche Ergänzung nicht möglich ist, war die Infinitivgruppe kohärent: *Ich habe den Schalter drehen können. Unklar ist die Situation, wenn das Komplettierungswort an der Stelle ergänzt werden kann, die zuvor die Infinitivgruppe innehatte: Yvonne hat den Schalter zu drehen es versucht. Dagegen: Er vermied, ihr zu begegnen es. Bei ins Vorfeld verlagerten Infinitivgruppen kann man versuchen, diese Unklarheit zu beseitigen, indem man zunächst die Infinitivgruppe nach rechts umstellt und erst dann die Ersetzung ausprobiert. – Aha! Vielleicht ist diese ganze Fallunterscheiderei ja überflüssig, und es genügt zu prüfen, ob eine Umstellung überhaupt möglich wäre, ohne dabei ein Komplettierungswort einfügen zu müssen. Wie gesagt, das ist nur ein Versuch eines Ansatzes. –

Zum anderen könnte man aber den Anspruch in Frage stellen, eine Regel aufzustellen, die in vollem Umfang vermittelbar sein muß. Dieser Anspruch führt zwangsläufig dazu, daß das Niveau dessen, was eine solche Regel enthält, mehr oder weniger durch das Niveau des Adressaten beschränkt ist. Sinnvoll ist eine solche Beschränkung nur bei der Auswahl des Stoffes, der vermittelt werden soll, nicht aber bei seinem eigentlichen Inhalt – wie es ja in den anderen Schulfächern geschieht: Schrittweise wird man an komplexere Dinge herangeführt, das zuvor Gelernte bleibt gültig, stellt sich aber evtl. als Spezialfall heraus, zu dem besondere Voraussetzungen gehören. Welchen Sinn hat es denn, Schülern in einem Alter einen Stoff vermitteln zu wollen, der in seiner Komplexität deutlich über das hinausgeht, was ihrem Erfahrungs- und Entwicklungsstand entspricht, und daraufhin das zu Vermittelnde in seiner Komplexität künstlich und nachhaltig zu beschneiden? (Das erinnert mich an das Märchen von Aschenputtel: Als der Schuh bei der Anprobe nicht paßte, mußte ein Teil des [zu großen] Fußes dran glauben.) Es darf nicht sein, daß Kindern etwas als richtig beigebacht wird, was sie als falsch oder schlecht erkennen müssen (bzw. müßten), sobald sie entsprechende Fortschritte in dem betreffenden Gebiet gemacht haben.

In diesem Lichte betrachtet, halte ich es für umso wichtiger, daß das reformierte Regelwerk durch unabhängige Wissenschaftler begutachtet wird, die nicht aus der Perspektive heraus urteilen, daß die gesamte Regelung der, salopp formuliert, Grundschultauglichkeit unterliegen muß.

____________

In habe noch eine grundsätzliche Frage: Ist eine Infinitivgruppe, die, anhand des Kohärenzkriteriums beurteilt, satzwertig ist, bereits als Nebensatz anzusehen, oder ist Nebensatz ein für eine ganz bestimmte Fallgruppe reservierter Begriff? (Wäre eine satzwertige Infinitivgruppe ein Nebensatz, wäre nach § 74 immer ein Komma fällig!)

– geändert durch J.-M. Wagner am 18.06.2003, 22.46 –
__________________
Jan-Martin Wagner

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Theodor Ickler
11.06.2003 13.07
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Kohärenz

Gallmanns Bearbeitung der Kommafrage war schon immer weit besser als das, was die Rechtschreibreform daraus gemacht hat. Das konnte man bereits im Handbuch Rechtschreibung von Gallman und Sitta erkennen, das 1996 in der Schweiz erschien. Auch Eisenberg stellt die Sache im wesentlichen richtig dar. Beide stützen sich auf den von Gunnar Bech geschaffenen Begriff der Kohärenz. In der Sache liegt dasselbe Prinzip aber auch der herkömmlichen Regelung zugrunde, die ja auch von Gallmann im großen und ganzen gegen die Neuregelung verteidigt wird, besonders deutlich in jenem Handbuch. Die herkömmliche, im Duden niedergelegte Regelung hatte nur noch den zusätzlichen Gesichtspunkt des Umfangs der Infinitivgruppe, was einem rhythmischen Bedürfnis, nicht syntaktischen Regeln entspricht. Und bei Gallmann kommt als Besonderheit hinzu, daß er das Herkömmliche nicht im geringsten zu respektieren bereit ist und daher immer wieder zu radikalen Einschnitten neigt, wie sie seiner jeweils aktuellen Ansicht entsprechen. Er will alle „Ausnahmen“ beseitigen, zum Beispiel auch die Kleinschreibung in bei weitem usw., ohne Rücksicht auf Verluste.
Die Neuregelung hat den Fehler, den Begriff des hinweisenden Wortes nicht zu definieren und nur durch die überraschenden Beispiele anzudeuten, daß es dazugehört, substantivische Wortgruppen aber nicht. Laut Eisenberg erlaubt die Neuregelung übrigens auch er scheint, zu schlafen. Wenn das zutrifft, wäre es ein weiterer Grund, sie abzulehnen.
– geändert durch Theodor Ickler am 18.06.2003, 07.18 –
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Th. Ickler

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J.-M. Wagner
11.06.2003 10.02
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Prof. Gallmanns Vorlesung

Letzten Mittwoch war ich zum ersten Mal bei Prof. Gallmann in der Orthographievorlesung, das Tagesthema war (lt. ausgeteiltem Skript): „Das Komma bei Infinitivgruppen“. Als Grundlage des Vorlesungsstoffes und als Verweisquelle auf zugehörige Literatur nannte er seinen Aufsatz «Zum Komma bei Infinitivgruppen» (in Augst/Blüml/Nerius/Sitta [Hrsg.]: Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Begründung und Kritik. Tübingen 1997 [Niemeyer: Reihe Germanistische Linguistik, 179; S. 435-462]), den ich für sehr lesenswert halte.

Dieser Aufsatz überdeckt inhaltlich weitgehend das Vorlesungsskript; er geht im einleitenden Teil deutlich darüber hinaus und enthält die in der Vorlesung geäußerte Kritik am neuen Regelwerk in etwas zurückhaltenderer Form. Nach der Vorstellung des grundlegenden Konzeptes einer an einem zentralen syntaktischen Kriterium orientierten Kommasetzung (genaueres siehe unten) und einer ausführlichen Diskussion der sich daraus ergebenden Fallunterscheidungen geht Gallmann auch auf die herkömmlichen Duden-Kommaregeln ein und diskutiert sie aus der zuvor entwickelten Perspektive.

Das Vorlesungsskript endet mit der kurzen Beschreibung des Sonderfalles der „Rattenfänger-Konstruktion“ (vgl. Aufsatz S. 20). Es enthält als Anhang zwei Alternativen zur Neuregelung (als Paragraphentexte): zum einen eine „rigidere Fassung“, die in etwa der herkömmlichen Regelung entspricht, aber auf dem zuvor diskutierten zentralen syntaktischen Kriterium beruht, und eine als „Mittelweg zwischen Alt und Neu“ überschriebene Variante, die das Komma bei adverbial und bei attributiv verwendeten Infinitivgruppen für obligatorisch erklärt, zusätzlich zur jetzigen Regelung mit einem Korrelat [§ 77 (5)]. In dem Aufsatz folgt stattdessen eine ausführliche Diskussion eines Vorschlages für eine neue Hauptregel und ihrer Umsetzung in der Grammatik (und Rechtschreiblehre) von Walter Heuer (1995).

Zum Inhalt: „Das Konzept der syntaktischen Kohärenz und die Frage seiner Alltagstauglichkeit“ (so der Untertitel lt. Vorlesungsankündigung) ist der Dreh- und Angelpunkt der neuen Hauptregel. Die grundlegende Idee finde ich einfach und überzeugend: Man schaut, vereinfacht gesagt, ob man einen einzigen Satz oder quasi anderthalb Sätze vor sich hat, was man an der Stellung der Infinitvgruppe im Satz und ihrer Beziehung zum Prädikat des übergeordneten Satzes erkennt. Wenn das Prädikat des übergeordneten Satzes mit Sicherheit als selbständig angesehen werden kann, d. h. es weist keine unmittelbare syntaktische Beziehung zum Infinitiv auf, bildet die Infinitivgruppe einen Nebensatz, der mit Komma abgetrennt wird. Man sagt dann, die Inifinitvgruppe sei satzwertig oder syntaktisch inkohärent, denn sie bildet ein eigenes Prädikat. Ist die Infinitvgruppe jedoch Teil des Prädikates des übergeordneten Satzes, so hat man einen einfachen Satz vor sich und setzt kein Komma.

Verstanden habe ich das anhand der Beispiele und der Fallunterscheidungen recht schnell, aber diese Regel mit eigenen, einfacheren Worten zu formulieren, ist nicht so leicht, wie ich zunächst dachte. Das grundlegende Prinzip dahinter ist ja eigentlich noch einfacher: Nebensätze werden mit Komma abgetrennt – aber die Frage ist ja gerade, unter welchen Umständen eine Infinitivgruppe einen Nebensatz bildet und wann nicht. Das ist der Aspekt der Alltagstauglichkeit: Wie muß man diese Regel formulieren bzw. ihren Inhalt ausdrücken, so daß sie auch von jemandem richtig angewandt werden kann, der kein ausgefeiltes grammatisches Hintergrundwissen hat? Ich weiß, daß die Anforderung hoch ist, aber ich denke, daß man die Flinte nicht zu früh ins Korn werfen sollte.

Eine Möglichkeit, dieses Prinzip der (Nicht-) Satzwertigkeit anzuwenden, ist, nach den Fällen zu suchen, in denen man anhand konkreter Indizien zu einem entsprechenden Urteil kommen kann. Einen dieser Fälle bildet der Anschluß der Infinitivgruppe an den Hauptsatz über ein Korrelat. Aha! – Erst durch diese Vorlesung habe ich die Regel § 77 (5) verstanden und sehe sie nun – als Regel an sich – als weniger kritisch und obskur an. Obskur erscheint mir aber ihre Unterbringung und ihre Darstellung im neuen Regelwerk: In der Vorlesung wurde der Aspekt der Satzwertigkeit als zentraler Begriff herausgearbeitet, an dem man quasi die gesamte Kommasetzung bei Infinitvgruppen aufhängen kann, aber diese wichtige Grundlage bzw. Begründung geht in der amtlichen Regeldarstellung völlig unter.

Prof. Gallmann gab folgenden Ausblick: Die alte Regelung käme nicht wieder, weil sie nicht der Sprache entspräche; erwogen wird, ob neben dem Fall eines Korrelats (wie es in § 77 [5] geregelt ist) auch, wie oben erwähnt, in den Fällen von adverbialer bzw. attributiver Funktion der Infinitivgruppe die Kommasetzung obligatorisch werden soll; in dem Regelentwurf werden die als Merkmal zum einen bestimmte Einleiotungswörter genannt (um, ohne, statt, anstatt, außer, als), zum anderen wird der unmittelbare Bezug zu bzw. die Abhängigkeit von einem Substantiv genannt.

Mein Eindruck ist dabei, daß diese Kompromißlösung zwar im Ergebnis eine deutliche Verbesserung der Kommasetzung gegenüber der jetzigen Regelung erbringen würde, daß diese Regel aber sehr viele Einzelfälle umfaßt und wegen der Beschränkung auf äußerliche Merkmale der eigentlich entscheidende dahinterstehende Gedanke unklar bleibt. Die „rigidere Fassung“ ist zwar anspruchsvoller, aber insofern klarer, als sie sich auf einen einzigen Kerngedanken stützt. Im Vergleich mit letzterer kommt die Kompromißlösung nicht wie eine „richtige“ Rechtschreibregel daher, sondern eher wie ein Kochrezept für jemanden, der etwas tun soll, ohne es wirklich durchschaut zu haben. Daß solche Regeldarstellungen im Alltag gebraucht werden, ist klar, aber muß man sie wirklich – quasi als Grundlage der Rechtschreibung – im Regelwerk verankern?

Bemerkenswert finde ich, daß unter den im Aufsatz (wie im Vorlesungsskript) genannten Kriterien für eine bessere orthographische Regelung der Aspekt der Leserfreundlichkeit der resultierenden Schreibungen fehlt. Mal sehen, was Herr Gallmann darauf antwortet, wenn ich ihn danach frage, warum er das weggelassen hat Und mal sehen, was er heute zu sagen hat...
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Jan-Martin Wagner

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Reinhard Markner
05.06.2003 14.11
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Kleine Richtigstellung

Josef Kraus ist Vorsitzender des Dt. Lehrerverbands, der mit dem Philologenverband nicht identisch ist.

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Martin Reimers
03.06.2003 22.12
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Wenn mich nicht alles täuscht, hat vor längerer Zeit der Vorsitzende des Philologenverbandes (Krause oder Krauser?) in einem glänzenden Aufsatz, der damals auch im Nachrichtenbrett wiedergegeben wurde, ein Zitat von Augst angeführt, in dem dieser sinngemäß fordert, alle Schreibweisen, deren Änderung eine leichte Erschwerung des Lesens bei einer größeren Erleichterung des Schreiben bedeutete, gehörten „auf den Prüfstand“.

Damals redete Augst noch im schneidenden Tonfall des Oberanklägers vor einem Kriegsgericht. Irgendwie ist er mit den Jahren ganz kleinlaut geworden. Komisch, nicht?
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Martin Reimers

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Christian Dörner
03.06.2003 14.53
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Re: Leserfreundlichkeit

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Ch. Dörner:
»Dabei haben selbst die Reformer von Anfang an zugegeben, daß die Reformorthographie leserfeindlicher als die bewährte ist.«
Kann man das irgendwo nachlesen?

Sowohl Augst als auch Nerius haben das immer wieder geschrieben. Wo es exakt steht, habe ich nicht im Kopf, aber ich werde es für Sie gern suchen.
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Christian Dörner

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J.-M. Wagner
03.06.2003 14.39
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Leserfreundlichkeit

Ch. Dörner:
»Dabei haben selbst die Reformer von Anfang an zugegeben, daß die Reformorthographie leserfeindlicher als die bewährte ist.«
Kann man das irgendwo nachlesen?
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Jan-Martin Wagner

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Christian Dörner
03.06.2003 14.13
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Re: Kommasetzung

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
„Wir haben so viel Mut, wie erwartet werden darf.“ Beim Schüler weiß man's nicht. Aber der Leser ist sehr dankbar für das Komma.
Die Antwort ist zwar nicht für Herrn Schubert, da er sich ohnehin nicht überzeugen lassen möchte, aber für die Besucher dieser Seite ist natürlich wissenswert, daß in den Fällen, in denen das Komma jetzt nicht mehr verpflichtend ist (also zwischen Hauptsätzen mit und und oder und bei Infinitivgruppen), das Komma für den Leser bei weitem wichtiger ist als bei diesen halben Vergleichssätzen.
Daß das Argument der Leserfreundlichkeit gerade von einem Reformbefürworter kommt, überrascht. Dabei haben selbst die Reformer von Anfang an zugegeben, daß die Reformorthographie leserfeindlicher als die bewährte ist. Aber die Leserfreundlichkeit sollte zugunsten einer leichteren Erlernbarkeit für Schüler aufgegeben werden. Daß selbst dieses Ziel nicht erreicht wurde, sondern die Erlernbarkeit zusätzlich noch erschwert wurde, steht auf einem anderen Blatt.
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Christian Dörner

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Peter Schubert
03.06.2003 13.15
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Kommasetzung

„Wir haben so viel Mut, wie erwartet werden darf.“ Beim Schüler weiß man's nicht. Aber der Leser ist sehr dankbar für das Komma.

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Christian Dörner
03.06.2003 11.06
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Subtile Änderungen

Während die neuen Freiheiten auf dem Gebiet der Reformzeichensetzung weitgehend bekannt sind (bei Infinitivgruppen und bei mit und oder oder verbundenen Hauptsätzen), sind einige Dinge nun sogar restriktiver als bisher geregelt, was in der Diskussion über die Reform kaum beachtet wurde.
Beispielsweise ist das Komma in einem Satz wie Er hat einen Photoapparat, eine Kamera und was er sonst noch alles zum Filmen brauchte[,] mitgenommen nicht mehr freigestellt, sondern nun obligatorisch.
Ein weiterer Fall (ich hatte ihn in der Fehlerliste des Kompromißvorschlages der Akademie kurz angesprochen) wird heute im neuen Newsletter der Dudenredaktion vorgestellt:

»(4) Wird mit „wie“ aber ein ganzer Nebensatz eingeleitet (ein Vergleichssatz oder ein anderer Nebensatz), setzt man ein Komma: „Nimm mich, wie ich bin. Du weißt ja auch nicht, wie er das gemacht hat.“
Das gilt auch, wenn ein Vergleichssatz nur durch sein Prädikat als Nebensatz zu erkennen ist: „Wir haben so viel Mut, wie erwartet werden darf.“« (Unterstreichung hinzugefügt.)

Gerade in diesem Fall, wenn der Vergleichssatz nur durch sein Prädikat als solcher zu erkennen ist, war die Kommasetzung bisher frei.
Erleichtern die neuen Regelungen das Schreiben für Schüler wirklich?
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Christian Dörner

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Theodor Ickler
09.03.2003 15.27
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Kommas bei Herausstellungen

Im dtv-Wahrig-Universalwörterbuch schreibt Eisenberg:

„Herausstellungen werden stets durch Komma abgetrennt (...) Gerhard versteht es, zu imponieren.“

Der Begriff der „Herausstellung“ kommt im amtlichen Regelwerk nicht vor, statt dessen wird sehr unklar von hinweisenden Wörtern oder Wortgruppen geredet. Eisenberg versucht, dem Ganzen grammatisch auf die Sprünge zu helfen. Klar wird die Sache aber trotzdem nicht. Nach der weithin akzeptierten Theorie der Herausstellungen handelt es sich in folgenden Fällen um Extrapositionen, einen besonderen Typ von Herausstellung nach rechts:
1. Gerhard unternimmt einen Versuch zu imponieren.
2. Gerhard hat einen Versuch unternommen zu imponieren.

Ich habe traditionell interpungiert, also kein Komma vor dem unerweiterten Infinitiv gesetzt. Die amtliche Regelung läßt nicht erkennen, daß einen Versuch als kommapflichtige hinweisende Wortgruppe zu verstehen sei. Wird aber ein Pronominaladverb oder ein Vorgreifer-es eingefügt, so muß neuerdings ein Komma stehen. Das ist die allgemeine Auffassung von § 77 (5), der bisher auch kein Reformer widersprochen hat.

Der Duden hat eine Zeitlang versucht, die unmittelbare Kontaktstellung von Bezugsausdruck und Infinitivsatz zum Kriterium zu machen (Satz 1 ohne Komma, Satz 2 mit Komma), inzwischen aber – sicher im Sinne der Rechtschreibkommission – davon Abstand genommen. Eisenberg stellt also die Neuregelung in diesem Punkt nicht korrekt dar. Nicht die Herausstellung, sondern das Korrelat ruft das obligatorische Komma hervor.
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Th. Ickler

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Reinhard Markner
27.10.2002 15.39
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Erweiterter Infinitiv

In der That findet man gerade in Texten des ausgehenden 19. Jahrhunderts immer wieder erweiterte Infinitive, denen kein Komma vorausgeht. Die von den Reformern bekämpfte obligatorische Setzung des Kommas gehört eben einer moderneren Orthographie an.

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Heinz Erich Stiene
27.10.2002 15.16
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Zeichensetzung und anderes

Am 25. Oktober zitierte Theodor Ickler aus einem dpa-Nachruf auf René Drommert: „Selbst künstlerisch außerordentlich begabt, studierte er Kunstgeschichte bei Erwin Panofsky und Aby Warburg, dessen Assistent er wurde.“ Dazu stellte er fest: „Man sieht hier sehr schön, was die neu verfügte Weglaßbarkeit des Kommas nach 'Satzabschnitten' bewirken würde.“
Ich möchte Herrn Icklers Feststellung aus der entgegengesetzten Perspektive unterstreichen. Vor einigen Tagen las ich im Lehrtätigkeitsbericht, den ein Münchener Professor im Dezember 1901 seiner Universität zugeleitet hatte (diplomatischer Erstdruck 1988). Am Beginn zitiert er aus einem Artikel des 'Bayerischen Kuriers': „Es gelang demselben nicht mehr Zuhörer für seine palaeographischen und altphilologischen Vorlesungen zu gewinnen, als 3 oder 4, so daß oft kein Kolleg zu Stande kam.“ Das Fehlen des sinnstiftend gesetzten Kommas läßt den Leser im unklaren, es zwingt ihn, wenigstens zweimal zuzupacken, um das Gemeinte zu erfassen.
Ich nutze die Gelegenheit, eine Handvoll Beobachtungen über die Getrennt- und Zusammenschreibung anzufügen, auch wenn sie einem anderen Strang dieses Forums angehören sollten. Bei der Lektüre von Gedichten Graf August von Platens (Ausgabe von 1853) fielen mir einige Zusammenschreibungen auf, die womöglich den Regelungen der Reformer mehr als anderthalb Jahrhunderte später zuwiderlaufen. Hier nur einige Lesefrüchte:
allzureich
den schönen Leib des vielgeliebten Kindes
raublustig und schreckenverbreitend
hocherfreulich
flurenverjüngende Götter
nach schnellgebrochnem Eid
mit schnellverrauschten Tönen.
Einen bemerkenswerten Beleg für adjektivisches „feind“ bietet Platen im Vers: „Werden je sich feinde Töne / Fügen in verbundnem Klange?“
Soweit Platen, von dem Jacob Grimm meinte (zitiert nach der Ausgabe von 1853): „Er liebt einige orthographische Abweichungen, die an sich nicht unrecht sind, aber lange nicht ausreichen, wenn unsere Schreibung aus dem Grunde sollte gesäubert werden.“ Nun ja ...
Und dann begegnete mir im 1878 erschienenen Gedichtzyklus eines anonymen Burschenschaftlers folgendes: „Was der Horaz wollt' sagen, / Ward falsch uns eingebläut.“ Eine Autorität! Autorität? Schwerlich, denn der Dichterling überrascht auch mit der Schreibung „Quärulanten“.
Schließlich noch eine orthographische Begebenheit aus dem Oktober 2002. In einem Aufsatz schrieb mein Sohn (4. Schuljahr) einmal „schoß" (pflichtschuldigst unterschlängelt) und als letztes Wort „Erlebniss“ (dito).
__________________
Heinz Erich Stiene

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