Ein schönes Beispiel für die Feinheit der deutschen Orthographie, wie sie sich ungeplant und doch sehr zweckmäßig entwickelt hat, ist das Dehnungs-h nach i. Bekanntlich gibt es dies fast nur in den Personalpronomina: ihm, ihn, ihr usw. Andere Fälle wie die Ihle sind so selten, daß man sie vergessen kann.
Das heißt, wir erkennen beim Überfliegen eines Textes gleich diesen wichtigen Teil des Verweisapparates. Das hätte sich kein Sprachplaner so ausdenken können.
Natürlich ändert die Reform daran nichts, wie sie denn überhaupt bei den Dehnungszeichen weitgehend am Ändern gehindert worden ist zum Glück. Ich möchte aber doch ab und zu auf solche Einzelheiten hinweisen, weil sie uns zum Respekt vor dem Gewachsenen erziehen können.
Ein anderes Beispiel ist das Blickfang-h, das Friedrich Roemheld in vielen Wörtern entdeckt hat, die etymologisch kein solches h verdient haben (wie rauh, wo es ja begründet ist), aber ohne das h weder Ober- noch Unterlänge hätten. Sie haben ein Extra-h bekommen und sehen dadurch etwas fülliger aus. Diese Regel gilt aber nur für sinntragende Wörter wie wahr, roh usw., also weder für Pronomina noch Präpositionen usw. (er, zu, so). Infolgedessen gibt es nur sehr wenige Wörter, die sinntragend und dennoch optisch so ärmlich sind wie das neuschreibliche rau (vor ro und zä" schraken die Reformer ja zurück).
Sind das nicht erstaunliche und bewunderungswürdige Leistungen der Sprachgemeinschaft?
Nachtrag: Im Blickfang-h kann man eine Fortsetzung des Grundsatzes sehen: Wovon die Rede ist, das wird durch Großschreibung (hier: Ober- und Unterlänge) visuell hervorgehoben. (Die Pronomina ihr usw. sind Ausnahmen.)
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