Olaf Krause, Fehleranalyse für das Hannoversche Tageblatt
»Wie hat sich die Einführung der neuen Rechtschreibung auf den Sprachgebrauch in den Printmedien ausgewirkt?« – Der Sprachwissenschaftler Dr. Olaf Krause hat es untersucht. Er hat die Rechtschreibfehler in einer Hannoverschen Tageszeitung (die er – wohl zu deren Schutz – in seiner Untersuchung Hannoversches Tageblatt nennt) in der Zeit vom Mai 2001 bis zum Juli 2002 erfaßt und ausgewertet.
Die Studie ist als pdf-Datei (Achtung! Es wird ein Acrobat Reader Version 5.0 oder höher benötigt!) auf den Seiten von www.mediensprache.net zu finden. Die Studie ist in reformierter Rechtschreibung verfaßt; als wissenschaftlicher Beirat für sie zuständig war Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos vom IDS [Institut für deutsche Sprache] in Mannheim. Gleichwohl ist sie für Reformbefürworter niederschmetternd. Eine »Liste von Wörtern, die bedingt durch die Rechtschreibreform falsch geschrieben wurden«, ist elf Seiten lang, eine »Liste von Wörtern mit nicht durch die Rechtschreibreform bedingten Fehlern« dagegen nur gut vier Seiten.
Der Autor ist Praktiker. Er arbeitet als Lektor für eine norddeutsche Tageszeitung. Er hat einen Short Guide zur (neuen) deutschen Rechtschreibung geschrieben. Die neue Rechtschreibung ist für ihn offenbar etwas, mit dem man wohl oder übel leben muß. Wenn die Rechtschreibregeln sich verschlechtern, müssen seines Erachtens z.B. eben die Rechtschreibprogramme verbessert werden:
»Dennoch sind all diese Fehler auf die Einführung der neuen Rechtschreibung im Bereich der Printmedien zurückzuführen, denn erst seit diesem Zeitpunkt wird ja ein Rechtschreibprogramm verwendet, das den Anspruch hat, auf dem Reformwerk zu basieren. Diesem Anspruch wird es allerdings nur sehr unzureichend gerecht (...)
Dabei ist das Problem offensichtlich dadurch entstanden, dass die Presseagenturen vor der Einführung der neuen Rechtschreibung eigene Regeln für deren Umsetzung in ihre Schreibpraxis formuliert, sich dabei aber nicht sehr intensiv mit dem Reformwerk auseinander gesetzt haben und die anschließende Erstellung des Rechtschreibprogramms von fachlich gering qualifizierten Mitarbeitern durchgeführt wurde (...)
Mittelfristig bleibt daher nichts anderes übrig, als die Programmfehler dem Vertreiber gegenüber anzumahnen und energisch auf die Erstellung und Lieferung einer verbesserten Version zu dringen (...)
Solange dies nicht geschehen ist, kann man im Grunde die Anwendung der neuen Rechtschreibung nicht empfehlen. Aber auch bei einer optimalen Gestaltung des Rechtschreibprogramms bliebe sie problematisch. Denn das Regelwerk enthält so viele Unklarheiten und Unstimmigkeiten, dass sich selbst jemandem wie dem Verfasser dieser Studie, der sich mehrere Jahre intensiv damit auseinander gesetzt hat, so manches nicht erschließt. Dies gilt natürlich erst recht für den normalen Anwender, auch wenn er Redakteur und damit ein Schreibprofi ist (...)
Dennoch wäre eine Rückkehr zur alten Schreibung im Moment nicht sinnvoll, da davon auszugehen ist, dass es noch eine Reform der Reform geben wird, die, so bleibt zu hoffen, besser durchdacht ist und im gesamten Bereich der Printmedien zur Anwendung kommen kann.«
Was die zuletzt geäußerte Hoffnung angeht, so ist es mir freilich ein Rätsel, worauf der Autor sie stützt. Ich glaube nicht, daß er sie wirklich hat. Das, was er in einem Interview zu seiner Studie noch anmerkt, hört sich ziemlich pessimistisch an.
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Jörg Metes
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