Die RL und LP Bayern 1966, aus denen von Herrn Schäbler zitiert wurde, bedürfen im Hinblick auf Pisabildung unbedingt eines neueren Gegenstücks, hier aus NRW, ca. 1972/75:
1. Lernziele des Lernbereichs Deutsch
1.1 Globalziel
Unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielvorstellungen der Hauptschule (s.o) geht es im Lernbereich Deutsch vorrangig um sprachliche Kommunikation.
Erläuterungen
1.1.1 Der Lernbereich Deutsch greift Lebenssituationen als sprachliche Kommunikationen auf und setzt sich zum Ziel, die Fähigkeit und Bereitschaft der Schüler zu sprachlicher Kommunikation zu fördern.
1.1.2 Die Entscheidung, vorfindbare und vorhersehbare Lebenssituationen als Kommunikationssituationen aufzugreifen, verlangt eine Reduktion und Abstaktion. Konsequenz dieser Vorentscheidung ist die Öffnung des Faches zu anderen Lernbereichen. Die Kooperation mit anderen Lernbereichen kann – durch fachübergreifende Projekte – die isolierten Sichtweisen wieder integrieren.
1.1.3 Im Zusammenhang der Förderung der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit werden im Lernbereich Deutsch auch andere Fähigkeiten geschult, die zur Bewältigung von Kommunikationssituationen erforderlich sind, z. B.
- Fähigkeit zur Abstraktion
- Fähigkeit zu außersprachlicher Kommunikation
- Fähigkeit zur Beurteilung gesellschaftlicher Zusammenhänge
- Fähigkeit zu ethischer Entscheidung
Anzustreben ist die Bereitschaft, die genannten Fähigkeiten in der jeweiligen Kommunikationssituation sachgemäß anzuwenden.
1.1.4 Das Globalziel „Förderung der Fähigkeit und Bereitschaft zur sprachlichen Kommunikation“ ist integrierender Aspekt für das Fach Deutsch im gesamten Primar- und Sekundarbereich.
1.2 Einzelziele
Fähigkeit und Bereitschaft zu sprachlicher Kommunikation bedeutet: Äußerungen/Texte unter den Bedingungen der jeweiligen Kommunikationssituation zu produzieren und zu rezipieren.
Eine Strukturierung der Einzelziele muß sich an den Faktoren orientieren, die bei sprachlichen Kommunikationsprozessen von Bedeutung sind.
Sprachliche Kommunikation vollzieht sich als Austausch von Mitteilungen zwischen einem Sprecher/Schreiber (Produzenten) und einem Hörer/Leser (Rezipienten) unter Benutzung eines Zeichensystems.
Als Zeichensystem (Kode) wird die sprachliche Zeichenmenge mit den dazugehörigen Verknüpfungsregeln verstanden, die dem einzelnen Sprecher/Schreiber bzw. Hörer/Leser zur Verfügung steht. Der Kode kann durch nichtsprachliche Mittel angereichert sein. Die Partner benutzen den Kode, um je nach Situation mit Hilfe unterschiedlicher Übertragungsweisen bestimmte Intentionen sprachlich zu verwirklichen.
Erläuterungen
1.2.1 Die Orientierung der Einzelziele an einem Modell sprachlicher Kommunikation zielt nicht auf die vollständige Adaption eines Systems, wie es von der Nachrichtentechnik und der Kommunikationstheorie
erarbeitet worden ist.
1.2.2 Die Orientierung an einem Kommunikationsmodell erfordert eine ständige Koordinierung aller Teilbereiche des Faches Deutsch, da im Kommunikationsprozeß die einzelnen Faktoren aufeinander bezogen und stets gleichzeitig wirksam sind.
Die Isolierung und Typisierung der Faktoren sprachlicher Kommunikation ermöglichen es, komplexe sprachliche Vorgänge aufzugliedern.
D/3. – Die Seiten D/4 und D/5 fehlen hier. Weiter geht es auf der letzten Seite D/6:
Didaktisch fruchtbar ist die Frage, ob eine „einseitige“ oder „wechselseitige“ Kommunikationsform möglich ist oder vorliegt.
Erläuterungen
1.4.1 Bei „einseitiger“ Kommunikation werden Mitteilungen nur in einer Richtung übermittelt. Der Produktionsvorgang von Äußerungen/Texten und der Übermittlungsvorgang sind nicht direkt auf sprachliche Rückkoppelung angelegt. Diese Kommunikationsform wird vor allem realisiert
- bei der schriftlichen Produktion von Äußerungen/Texten (z. B.: Ansprache, Aufruf, Referat u. a.)
- bei der Rezeption von Texten
Bei „einseitiger“ Kommunikation wird der Sprecher/Schreiber gezwungen, seine Strategien besonders sorgfältig und umfassend zu planen, wenn er die Kommunikationssituationen bewältigen will. Für den Hörer/Leser ergibt sich die Möglichkeit, eingesetzte Strategien genauer zu analysieren.
1.4.2 Bei „wechselseitiger“ Kommunikation wechseln Produzent und Rezipient ihre Rolle ständig in Sequenzen von Sprechen, aktivem Hören und reaktivem Sprechen. Diese Kommunikationsweise wird vor allem realisiert bei den dialogischen Formen mündlichen Sprachgebrauchs. Der Kommunikationsprozeß wird von Rückkoppelungen begleitet und beeinflußt.
Der rasche Rollenwechsel und die Notwendigkeit einer flexiblen Einstellung auf den/die Gesprächspartner
erfordern vom Sprecher spontane Reaktionen und variablen Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden sprachlichen Zeichen einschließlich der nichtsprachlichen Mittel zur Kommunikationserleichterung (Mimik, Gestik u. a.)
P/R --------------(Pfeil nach rechts)----- P/R
--------------- (Pfeil nach links)------
Literatur:
Elf Angaben, darunter
Der Kultusminister NW, Rahmenplan für den Lernbereich Deutsch/Eigensprachlicher Unterricht an den Gesamtschulen NW, 5. und 6. Jahrgang, Dortmund 1972,
Bünting, Einführung in die Linguistik, Frankfurt 1971.
(Ob es jener Bünting war, der 1996 das Aldi-Wörterbuch herausgab?)
Anmerkungen
1. Wie eine Litanei kann man folgende 26 Fremdwörter von oben nachbeten:
sprachliche Kommunikation, sprachliche Kommunikationen, sprachlicher Kommunikationen,
Kommunikationssituationen, Kommunikationsfähigkeit, Kommunikationssituationen,
außersprachlicher Kommunikation, Kommunikationssituation, sprachlichen Kommunikation,
sprachlicher Kommunikationen, Kommunikationssituation, Kommunikationsprozessen,
Sprachliche Kommunikation, sprachlicher Kommunikation, Kommunikationstheorie,
Kommunikationsmodell, Kommunikationsprozeß, sprachlicher Kommunikation,
Kommunikationsform, Kommunikation, Kommunikation,
Kommunikationssituationen, Kommunikation, Kommunikationsweise,
Kommunikationsprozeß, Kommunikationserleichterung.
2. Auch die anderen 64 Fremdwörter machen sich pisaisch:
Globalziel, Lebenssituationen, Reduktion, Abstraktion, Konsequenz,
Kooperation, Projekte, isolierten, integrieren, Abstraktion,
ethischer, integrierender, Aspekt, Primar, Sekundar,
produzieren, rezipieren, Strukturierung, Faktoren, orientieren,
Produzenten, Rezipienten, Zeichensystems, Zeichensystem, Kode,
Zeichenmenge, Kode, Situation, Intentionen, Orientierung,
Modell, Adaption, Systems, Orientierung, Koordinierung,
Faktoren, Isolierung, Typisierung, Faktoren, komplexe,
Didaktisch, Produktionsvorgang, Texten, direkt, realisiert,
Produktion, Texten, Referat, Rezeption, Texten,
Strategien, Strategien, analysieren, Produzent, Rezipient,
Sequenzen, aktivem, reaktivem, realisiert, dialogischen,
flexiblen, spontane, Reaktionen, variablen.
Auf 1,5 Seiten 26 Kommunikat-Wörter und 64 Fremdwörter.
3. Streicht man außerdem noch die Allerweltswörter mit –heit, -keit, -schaft und –ung,
dann schrumpfen diese Hauptschul-Deutsch-Seiten der „wissenschaftlichen Bildungsreform“ auf Null zusammen.
Das ergäbe einen „amtlichen“ Verdummungsgrad von nahezu 100 Prozent.
Zuletzt: Im Fernsehen betrachten läßt sich das Ergebnis der „Bildungsreform“ zur Zeit recht deutlich im Kika, Kinderkanal. Es ist da der viereckige Pappkarton mit Conterganhändchen.
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Rolf Genzmann
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