Mitteilung der KMK
Die Pressemitteilung der KMK über die Rechtschreibbeschlüsse ihrer Mainzer Sitzung hat inzwischen folgende Form (als PDF-Datei bei http://www.kmk.org abzurufen):
Zusammenfassung der wichtigsten Vorschläge des vierten Berichts
und des ergänzenden Berichts der Zwischenstaatlichen Kommission
für deutsche Rechtschreibung
a) Laut-Buchstaben-Zuordnung
Die Kommission sieht keine weiteren Neuschreibungen vor, sie wendet sich damit
gegen Erwägungen in Analogie zu Tipp und Stopp auch die Schreibweise von *Topp
zuzulassen. Sie schlägt auch nicht die Aufgabe oder Rücknahme neu zugelassener
Schreibweisen (wie Ass, nummerieren, überschwänglich etc.) vor. Als Änderung ist
vorgesehen bei der Fremdwortschreibung auf die Benennung von Haupt- und
Nebenvarianten zu verzichten. Das ist sachgemäß, weil damit die weitere Entwicklung
offen gelassen wird.
b) Getrennt- und Zusammenschreibung
An Teilen dieses Bereichs der Neuregelung hatte sich heftige Kritik entzündet. Die
Kommission will mit Regeländerungen, -präzisierungen und Einzelfalländerungen auf
die geäußerte Kritik reagieren. Dabei geht es einmal darum, an der Grundentscheidung
für die Orientierung am grammatischen Aspekt festzuhalten, aber dort, wo die
entsprechenden formalen Proben nicht eindeutig genug sind, mit zusätzlichen
Erläuterungen Klarheit zu schaffen. Da nicht alle Fälle eindeutig entscheidbar sind, weil
sich Argumente für verschiedene Schreibweisen finden lassen, soll größere Freiheit für
die Schreibenden geschaffen und in diesen Fällen sowohl Getrennt- als auch
Zusammenschreibung zugelassen werden:
b1) Zur Liste von Partikeln, die mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden
können, werden einige hinzugefügt (§ 34 (1)). Es handelt sich um dahinter,
darauf/drauf, darauflos/drauflos, darin/drin, darüber/drüber, darum/drum,
darunter/drunter, davor, draus, hinter, hinterdrein, nebenher, vornüber. Nur in diesen
Fällen kommt es im Vergleich zum jetzigen Stand zu abweichenden Schreibweisen;
jedoch ist deren Anzahl sehr gering, zumal in einigen Wörterbüchern bisher schon eine
Reihe solcher Zusammensetzungen in Zusammenschreibung verzeichnet ist. Zugleich
wird die Liste als offen dargestellt.
b2) Durch eine präzisere Formulierung von § 34 E1 wird erreicht, dass besser
unterschieden werden kann, wann ein Verbzusatz vorliegt und wann ein freies
Adverbial. Während der Verbzusatz den Hauptakzent trägt, ist das beim freien
Adverbial nicht der Fall. Zudem können zwischen freiem Adverbial und Verb weitere
Satzbestandteile stehen. Als Beispiel mag zusammen (Halma) spielen versus
zusammenspielen (da haben verschiedene Faktoren zusammengespielt) dienen.
b3) Für den Fall Leid tun wird die neue zusätzliche Variante leidtun (wie teilnehmen,
kundtun) eingeführt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich eine
eindeutige Entscheidung für adjektivischen und substantivischen Gebrauch nicht treffen
lässt.
b4) Die besonders häufig kritisierte Regelung zur Getrenntschreibung von
Verbindungen mit Partizipien wird in folgender Hinsicht geändert:
- Wenn die gesamte Verbindung komparierbar ist (Beispiel
zeitsparend/zeitsparender), ist Getrennt- und Zusammenschreibung zulässig (das
kann aus der bisherigen Regelung schon abgeleitet werden, das Wörterverzeichnis
enthält auch entsprechende Einträge wie gewinnbringend, wird aber jetzt explizit
formuliert).
- Ebenso ist auch bei Verbindungen aus Einzelwort und adjektivisch gebrauchtem
Partizip neben der Getrenntschreibung die Zusammenschreibung möglich, wenn die
Verbindung der beiden Wörter als Einheit aufgefasst werden soll (allein stehend,
auch alleinstehend; Rat suchend, auch ratsuchend). Die Kritik an der angeblichen
„Wortvernichtung“ erledigt sich damit.
b5) Bei fremdsprachlichen Übernahmen von Adjektiv und Substantiv, die sich im
Deutschen wie Zusammensetzungen verhalten, ist Zusammenschreibung oder in
Analogie zur Herkunftssprache Getrenntschreibung möglich (Bluejeans/Blue Jeans).
Im Übrigen bleibt die Erweiterungs- bzw. Steigerungsprobe bei der Verbindung von
Adjektiven und Verben erhalten, ebenso bleibt es bei der generellen
Getrenntschreibung von Adjektiven mit den Endungen -ig, -isch und -lich sowie bei der
Getrenntschreibung aller Verbindungen mit dem Wort sein und von allen Verbindungen
mit Wörtern, die auf –einander enden.
c) Schreibung mit Bindestrich
Die Regelungen zur Schreibung mit Bindestrich haben nur wenig Kritik hervorgerufen.
Allerdings muss eine Bestimmung korrigiert werden. In Fällen wie der wissenschaftlichtechnische
Fortschritt (also bei gleichrangigen nebengeordneten Adjektiven) ist der
Bindestrich nicht fakultativ, sondern obligatorisch. Bei Verbindungen von Ziffern mit
-fach wird auch die Schreibung mit Bindestrich zugelassen (8fach, 8-fach). Bei
substantivisch gebrauchten Zusammensetzungen (besonders mit Infinitiven) bestand
eine Unklarheit, wann auf den Bindestrich verzichtet werden kann. Eine neue
Formulierung soll dem begegnen; danach kann z.B. Inkrafttreten ohne Bindestrich
geschrieben werden. Eine Änderung betrifft auch die Verwendung des Bindestrichs bei
mehrteiligen Anglizismen.
d) Groß- und Kleinschreibung
In der Groß- und Kleinschreibung werden einige Modifikationen vorgeschlagen, die eine
konsequentere Anwendung des Prinzips der Großschreibung von Substantivierungen
auf weitere Fälle darstellen, in denen formale Merkmale der Substantivierung
festgestellt werden können. Das betrifft Verbindungen von Präpositionen mit flektierten
Adjektiven ohne vorangehenden Artikel (Fälle wie ohne Weiteres und vor Kurzem); hier
soll auch die Großschreibung möglich sein. Das Gleiche gilt für unbestimmte
Zahladjektive (die einen, die anderen, die meisten); wer den substantivischen Gebrauch
unterstreichen will, kann großschreiben.
Bei den so genannten Nominationsstereotypen – festen Verbindungen von Adjektiven
und Substantiven, die keine Eigennamen sind, aber terminologischen Status besitzen
(Typus Gelbe Karte und Kleine Anfrage) – wurde kritisiert, dass bisher allein die
Kleinschreibung galt. Hier wird durch eine Erläuterung hervorgehoben, dass im
fachsprachlichen Gebrauch auch Großschreibung möglich ist.
e) Zeichensetzung und Silbentrennung
In beiden Fällen werden keine Änderungen vorgeschlagen.
Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung
Mannheim, den 4. Juni 2004
__________________
Th. Ickler
|