Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - Theodor Ickler? Sind sie´s?
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Theodor Ickler? Sind sie´s?
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Christian Melsa
16.05.2001 17.32
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Bertelsmann und Co.

MasterProppa, auch wenn man es vielleicht so verstehen kann, aber ich wollte die Rechtschreibreform nicht als reine Verschwörung der Wirtschaft darstellen. Eine geheime Verbündung von Anfang an oder so etwas ist dafür auch gar nicht unbedingt erforderlich. Natürlich ist die Reform ursprünglich aus edlen Motiven hervorgegangen, es dem Schreibenlernenden einfach zu machen. Nur gleicht diese Aufgabe unter den gegebenen Bedingungen einer Quadratur des Kreises. Wie man sieht, haben sich die Reformer verrannt, unterm Strich kommt bei der ganzen Veranstaltung für den Bürger und auch für das Zielobjekt, den rechtschreibschwachen Schüler, bei gewollt günstigster Betrachtung überhaupt kein Gewinn heraus, bei etwas objektiverer Betrachtung unter Einbeziehung aller Folgen sogar Verlust, Schaden und Zunahme von Mühe.

Während die ideologischen Gewinner vordergründig gesehen einzig die Reformer sind, die es geschafft haben, ihr Projekt bis zur Offizialität zu bringen, sind die materiellen Gewinner einzig bestimmte Wirtschaftszweige (und mit ihnen wiederum die Reformer, falls sie entsprechende Verstrickungen eingegangen sind, wie von Theodor Ickler gerade erwähnt). Noch einmal: Die Reform ist keine Verschwörung aus dunklen Hinterzimmern von Bertelsmann oder sonstwo, dort wurde eine bereits vorhandene Entwicklung nur zur rücksichtslosen Profitsteigerung aufgegriffen (was im Ergebnis freilich nicht weniger problematisch ist). Ob diese Beurteilung paranoid ist? Schauen wir doch, womit Bertelsmann zum Beispiel jüngst Schlagzeilen gemacht hat: Napster. Das waren zuerst nur ein paar Freaks, die mit der Installation eines vermeintlich rechtsfreien Raums als Tauschbörse von MP3s, die natürlich auch urheberrechtsgeschützte Titel sein konnten, Furore gemacht haben. Bertelsmann sieht das – und greift zu, schluckt diese Tauschbörse (trotz angebrachter rechtlicher Bedenken; im Endeffekt sind die Aktivitäten, die über Napster liefen, natürlich illegal gewesen) einfach unter der Annahme, damit ließe sich ja prächtig Kohle machen, wenn all diese vielen Millionen Napster-Benutzer Mitgliedsbeiträge in die Bertelsmannkasse entrichten würden (außerdem wird das Ganze mit Modewörtern wie Music-On-Demand und eCommerce assoziiert, da kann kein hoher Manager widerstehen). Bertelsmann hat Napster nicht etwa selbst aufgebaut. Bertelsmann ist überhaupt nur deswegen so riesig, weil dieser Konzern sich seit Jahrzehnten nur noch mit dem Schlucken anderer Firmen und deren repressiver Mindestgewinnverpflichtung beschäftigt (womit er natürlich beileibe nicht allein steht). An dieser Stelle ist den verantwortlichen Entscheidern der Napster-Angelegenheit bei Bertelsmann ebenfalls totale fachliche Inkompetenz zu bescheinigen, denn natürlich sind die vielen Napster-User nur deswegen so viele gewesen, weil es sich um einen kostenlosen Service handelte. Sobald von ihnen Geld gefordert wird, werden sie schlicht auf eine der zahlreichen immer noch kostenlosen Alternativen zum MP3-Tauschen in den endlosen Weiten des Internet-Untergrunds umsteigen. Der rapide Mitgliederschwund bei Napster ist bereits in vollem Gange. Wie im Fall Rechtschreibung sprang Bertelsmann aus alleiniger Aussicht auf eine mögliche Goldgrube auf einen bereits fahrenden Zug auf – und verlieh diesem damit noch entscheidend zusätzliche Geschwindigkeit und Masse. Worum es in diesem Zug geht, ist völlig egal, Hauptsache, alles deutet erst einmal darauf hin, als könne man mit ihm in Richtung mehr Geld und mehr Macht fahren.
– geändert durch Christian Melsa am 17.05.2001, 20:01 –

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Theodor Ickler
14.05.2001 09.03
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Schulbücher

Wie der Verband der Schulbuchverleger schon 1997 mitteilte, wurden zahlreiche Schulbücher wegen der Rechtschreibreform umgestellt; die zusätzlichen Kosten wurden auf ca. 300 Mill. Mark beziffert. Zusätzliche Mittel wurden nicht in die Schulbuchetats der Kultusministerien eingestellt, im Gegenteil, diese Haushalte sinken ständig (inzwischen wohl unter 700 Mill. Mark jährlich). Die Großen stecken das weg oder verdienen sogar noch daran (Klett, Cornelsen), die Kleinen (Buchners usw.) erleben es als existenzgefährdend. Verdienen wollten natürlich viel, aber die unerwartete Diskussion hat es ihnen schwer gemacht. Beim Dudenverlag hat man längst erkannt, daß es eine falsche Entscheidung war, auf den Reformzug aufzuspringen. Cornelsen-Chef Fritz von Bernuth hat mir persönlich eingeschärft, daß er als Geschäftsmann an die Reform herangeht.
Über die wirtschaftlichen Verstrickungen und Verquickungen der Reformer selbst ist schon früher berichtet worden. Im Internationalen Arbeitskreis gab es eine mehrfach wiederholte mündliche Vereinbarung, keiner der Beteiligten sollte mit der Reform privat Geld verdienen. Fast alle haben es dennoch getan oder versucht. Sitta und Gallmann zum Beispiel arbeiten u.a. für Duden, Heller und Zabel für Bertelsmann, Blüml für das ÖWB. Eine vollständige Dokumentation dazu wird vorbereitet.
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Th. Ickler

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MasterProppa
14.05.2001 07.30
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Hinter der Rechtschreibreform wirtschaftliche Interessen zu vermuten, ist genauso absurd wie der Vergleich der RSR mit dem Nationalsozialismus, der weiter unten aufgestellt wurde (merkwürdige Geschichtsinterpretation).
Die Schulbücher wurden bei uns übrigens nicht wegen der Rechtschreibung ausgetauscht, sondern wegen des Inhalts. Sicher, die Grundzüge der Wirtschaft sind seit tausend Jahren gleich, aber in der BWL und im Rechnungswesen ist Aktualität trotzdem sehr wichtig, weil wir ja nicht nur die Grundzüge lernen.

MasterProppa

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Christian Melsa
05.05.2001 00.37
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künstliche Veralterung

MasterProppa weist da auf ein bemerkenswertes Phänomen hin, das er mal bei Gelegenheit von der anderen Seite betrachten sollte: Durch die Rechtschreibreform werden Buchbestände künstlich veraltet. Man hört oft davon, wie nicht nur an Schulen überflüssigerweise die Bestände erneuert werden, nur um auch ja nicht „von gestern“ zu sein – obwohl dies nur die Rechtschreibung, nicht etwa den sachlichen Inhalt des Druckwerks betrifft! Auch an einer modernen Wirtschaftsschule wird man sicherlich Material gut gebrauchen können, das älter als von 1996 ist. Wirtschaft ist schließlich ein System, das sich in den absoluten Grundzügen seit Tausenden von Jahren nicht geändert hat: Kapital ist Macht. Und auch die letzten paar Jährchen, in denen durch Medienhypes Aktienkurse von Unternehmen im Bereich neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in ungesunde Höhen getrieben wurden, haben letztlich lange nicht so viel am Wirtschaftsprozeß geändert wie manche Leute es aus Profitgründen gerne hätten.

Als Wirtschaftsschüler würde ich einmal einen kritischen Blick auf das größere Bild werfen, in das die Rechtschreibreform als allerdings sehr leuchtender Fleck hineinragt: Heutzutage ist die Wirtschaft nicht mehr für den Menschen da, sondern der Mensch für die Wirtschaft. Zwar ist dieses Element nicht ganz neu, jedoch war es nie zuvor so institutionalisiert und festgezurrt (die sozialistische Revolution ist ja gründlich in den Sand gesetzt worden, woraus oft der vorschnelle Schluß gezogen wird, die Grundmotive ihrer Ideologie seien getrost fundamental zu verwerfen). Um der ewigen Wachstumspflicht noch genügen zu können, muß die Wirtschaft künstlich Nachfragen generieren, was die Menschen zunehmend zu Rädern im Getriebe einer Maschine umfunktioniert, die ihnen eigentlich dienen sollte, anstatt sie zu knechten. Deshalb wird auch die Werbung immer wichtiger, um den potentiellen Konsumenten irrationale Kaufreize einzuimpfen, Marken und Produkte gleichsam zu Götzen zu machen (Stichwort: Identifikationsstütze Calvin Klein statt Jesus Christus). Die Medien werden immer stärker in die Rolle von Werbeträgern gedrängt, was durch deren Kapitalkonzentration auch nicht gerade kompensiert wird. Unabhängigkeit mit Medien in Verbindung zu bringen, ist daher schon beinahe einem Witz gleichzusetzen. Es wird ja sogar noch aus Müll Geld gemacht (siehe Grüner Punkt), was bedeutet, daß Wirtschaftszweige sich vom Müllaufkommen abhängig machen (Grüner Punkt ist also im Endeffekt müllfördernd, da er auch keinen geschlossenen Kreislauf anbietet, wie sein Logo zwar suggeriert). Auf ähnliche Weise ist der Dudenverlag auf eine möglichst anhaltende Fluktuation der Rechtschreibnorm angewiesen, um auch längerfristig noch Wachstumsraten vorweisen zu können.

Vermögen ist ungleich über die Welt verteilt und Kapital wirkt kumulierend, das sind schlichte Tatsachen. Sobald Grundversorgung durch die Wirtschaft gewährleistet ist, muß sie sich, um weiterwachsen zu können, entweder der Produktion von Luxusgütern zuwenden, die aber nur in Wohlstandsländern abgesetzt werden können, deren Bevölkerungszahl allerdings überall schrumpft (während darüber hinaus selbst dort meist die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, die Luxusgüterzielgruppe also mengenmäßig rückläufig ist), oder sie muß dafür sorgen, daß funktionierender Bestand zerstört wird, um dessen Ersatz zu erzwingen. In diese Kategorie gehört (neben Kriegen) auch die Rechtschreibreform. Die paar Exzentriker, aus deren Händen die Reform stammt, hätten mit ihrem stellenweise wirklich äußerst verschrobenen Projekt nie den jetztigen Erfolg erzielen können, da weder die Volksmehrheit noch die Fachwelt hinter ihnen steht, gäbe es nicht knallharte Wirtschaftsinteressen, von denen sie sich emporspülen lassen konnten.

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litebloo
30.04.2001 14.48
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nääää

Ich muss mich da mal einschalten. So gut wie alle Bücher sind in alter Rechtschreibung. Z.Z. hab ich kein Deutschbuch, aber ich glaube die sind genauso alt wie die anderen.
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So sei es.

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MasterProppa
28.04.2001 18.25
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Schulbücher

Alle Schulbücher sind in alter Rechtschreibung? Das bezweifle ich sehr. Ich habe in diesem Schuljahr noch kein einziges Schulbuch in alter Rechtschreibung in Händen gehalten.
Aber ich besuche ja auch eine moderne Wirtschaftsschule, die es sich nicht erlauben kann mit Uralt-Büchern zu arbeiten. Vielleicht sieht das auf anderen Schulen anders aus.

Viele Grüße,

MasterProppa

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Theodor Ickler
28.04.2001 13.02
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Kluge Lehrer

Weil mein achtjähriges Töchterchen so gut in Rechtschreibung ist, hat die Lehrerin ihr gerade ein Extra-Heft mit fortgeschrittenen Übungen gegeben. Vom Klett-Verlag – in alter Rechtschreibung. Daß alle anderen Schulbücher hier sowieso in alter Rechtschreibung sind, habe ich schon erwähnt.
Noch nie war das Ansehen der Kultusminister bei den Lehrern so gering wie heute.
__________________
Th. Ickler

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Matthias Dräger
28.04.2001 10.40
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Christian Melsa schreibt im vorletzten Beitrag: „Übrigens ist zu bedenken, daß viele Reformgegner, vor allem die hiesigen Diskutanten, sich sehr viel ausführlicher mit den neuen Regelwerk auseinandergesetzt haben, als das wohl auf die meisten Lehrer und erst recht die verantwortlichen Kultusminister zutreffen dürfte. In diesem Zusammenhang von „Lernverweigerung“ zu reden, ist daher ziemlich absurd.“

Das kann ich, zumindestens für eine Kultusministerin, präzisieren: Als ich nach einem Streitgespräch, das für eine Zeitung aufgezeichnet wurde, von ihr wissen wollte, wie sie persönlich die Sache mit der Rechtschreibreform eigentlich entschieden hätte, etwa im A-B-Vergleich, welche Rechtschreibung nun besser sei, bekam ich zur Antwort: „Eines Tages ist ein Stoß Papier gekommen – mit Daumen und Zeigefinger deutete Sie einen Stapel Papier an, etwa 3 bis 4 cm hoch – und da habe ich unterschrieben.“

So einfach ist das – das war´s. Und als steuerzahlender Bürger darf man sich dann zwei Jahre lang damit herumschlagen, mitzuhelfen, daß ein Gesetz gestaltet und geschaffen wird, um diesen Müll wieder aus der Welt zu kehren. Und wenn man es endlich, endlich geschafft hat ... das ganze ist eine einzige Schweinerei, die zum Himmel stinkt. Ein regelrechtes Verbrechen, vor allem an der jetzigen Schülergeneration. Die Kultusminister meinen, mit den Schülern Experimente anstellen zu dürfen, als ob es sich hier um Versuche mit Yoghurt-Kulturen handeln würde.

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Christian Melsa
28.04.2001 07.18
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Re: Rezension

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von MasterProppa
Hab´ noch etwas vergessen: Ja, ich habe die Rezension des Herrn Ickler in der „Welt“ gelesen. Dort stand, sehr knapp zusammengefasst, dass der Duden in seiner 22. Auflage die meisten Regeln zurücknehmen werde. Dies stimmte aber nicht! Also doch gefak... ähh die Hühner (FAZ) umsonst aufgescheucht.

Natürlich hat sich an dem in diesem Duden abgedruckten Regelwerk noch nichts geändert. Das wurde in dem Artikel aber auch gar nicht behauptet. Es geht doch darum, daß die Schreibweisen einzelner Wörter sich im Gegensatz zur vorigen Auflage geändert haben, fast immer zurück zur bisherigen Schreibung. In den meisten Fällen ist das aber nicht mit den Reformregeln in Einklang zu bringen, die eindeutig andere Schreibungen erzwingen. Stellt man diese Erkenntnis in einen Zusammenhang mit der Reformchronik, worin Ende 1997, immerhin noch vor dem offiziellen Einführungstermin der neuen Rechtschreibung, die Rechtschreibkommission die berühmten „unumgänglich notwendigen“ Änderungen anmahnte (die von den Kultusministern stur ignoriert bzw. für die Öffentlichkeit wahrheitswidrig in präzisierende Erläuterungen zur bestehenden Neuregelung umgedeutelt wurden), so braucht man nicht gerade Sherlock Holmes zu sein, um schlußfolgern zu können, was das bedeutet: Regelrevisionen, denen die rückgeänderten Schreibweisen der neuesten Wörterbücher gemäß sind, stehen bevor bzw. sind inoffiziell schon vorgenommen worden. Daß es zu einer offenen Revision der Regeln kommen wird, geht sogar inzwischen schon aus Pressemeldungen der KMK hervor, wo das zwar mit ein wenig Rabulistik zu verschleiern versucht wird, die Konsequenz ist aber dennoch klar. Das Ganze darf halt nicht „Reform der Reform“ genannt werden, weil das so manchem ja die Augen öffnen könnte.

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Christian Melsa
28.04.2001 06.57
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Miniwahr - Minikult

Ich muß bei dem immer mal wieder zu vernehmenden Spruch, die Anwender der bewährten Orthographie könnten bald nicht mehr „richtig“ schreiben oder würden sich dem Lernen verweigern, immer wieder an „1984“ denken: Eben noch mit Eurasien im Krieg und mit Ostasien verbündet, von einer Sekunde auf die andere mit Ostasien im Krieg und mit Eurasien verbündet, und zwar dies immer schon gewesen (erinnert fatal an die „Nachweise“ für Neuschreibungen im aktuellen Großen Duden) – oder umgekehrt. Und der brave Untertan plärrt die Parolen fleißig mit, ohne aufzumucken, ohne darüber nachzudenken, was wohl in Wahrheit dahinterstecken könnte, denn ein zu grüblerisches Gesicht könnte ja die Gedankenpolizei auf den Plan rufen. Viel schlimmer noch in unserer Realität: Man könnte als „nicht zeitgemäß", als nicht „fit für die Zukunft“ angesehen werden! Welch grausame Strafe! Von Ratten bei lebendigem Leibe gefressen zu werden, wäre auch hier tatsächlich eine zwar etwas heftige, doch nicht ganz unpassende Metapher: Man muß befürchten, von den meinungsmachenden Medien als weltfremder Idiot, als anpassungsunfähiger Depp, als kinderfeindlicher Querulant dargestellt zu werden. Und die Medien, die haben doch immer recht, äh: „Recht“! Welch Anmaßung, am Wahrheitsgehalt z.B. von Springerblättern zu zweifeln, wurde mir jüngst gerade vom Abendblatt-Mitarbeiter Peter Meyer entgegengehalten...

Alte Zeitungen, in denen noch etwas anderes als die gegenwärtig zur solchen deklarierten Wahrheit steht, werden in „1984“ vaporisiert, bei uns ist es die 20. Auflage des Dudens, die mit Erscheinen der reformgemäßen 21. Auflage flink eingestampft wird – obwohl die darin verzeichneten Schreibweisen noch bis 2005 sogar in der Schule nicht falsch sind. Die Rechtschreibreform ist eine Reform – und „Reform“ bedeutet doch „Verbesserung des Zustands“, steht doch im Duden, also muß doch die Rechtschreibreform eine Verbesserung des Rechtschreibzustands sein, nicht wahr? Nein, nicht wahr.

Die „neue“ Rechtschreibung führt in Wirklichkeit zum größten Teil alte, längst überkommene Schreibweisen wieder ein. Was „neu“ ist, hat man nicht zu wissen, sondern als braver Untertan den Fürsten, die uns mit weiser Hand regieren, zu glauben. Was der Staat „Reform“ nennt, ist gut, klug, prächtig, Beweisführung abgeschlossen.

Ursprünglich war es das Credo der Reformer, die „gemäßigte“ Kleinschreibung sei die Essenz fortschrittlicher Orthographie, durch die jetzt eingeführte Reform wird mehr groß geschrieben als zuvor, sogar klar entgegen der Grammatik. Gestern noch Ostasien, heute Eurasien.

Lernfähigkeit drückt sich nicht darin aus, sich unkritisch von irgendwelchen Strömungen mitreißen zu lassen. In der Geschichte dieser Nation hat es dafür eine Lektion gegeben, die eigentlich deftig genug gewesen sein müßte, sollte man meinen.

Übrigens ist zu bedenken, daß viele Reformgegner, vor allem die hiesigen Diskutanten, sich sehr viel ausführlicher mit den neuen Regelwerk auseinandergesetzt haben, als das wohl auf die meisten Lehrer und erst recht die verantwortlichen Kultusminister zutreffen dürfte. In diesem Zusammenhang von „Lernverweigerung“ zu reden, ist daher ziemlich absurd.
– geändert durch Christian Melsa am 29.04.2001, 17:18 –

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MasterProppa
27.04.2001 20.16
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Dö(r)nerkebab

Da hat der tolle Christian Dörner doch tatsächlich einen Rechtschreibfehler in meinem Posting gefunden! Und was für einen: Ein überflüssiger Apostroph. Sie sind DER Held! Ich sitze nun mal nicht mit dem Duden vor dem PC, wenn ich einen Beitrag in ein Forum für Intellektuelle schreibe.
Noch etwas: Woher wollen Sie wissen, dass ich die Rechtschreibreform befürworte? Ich habe mir die Regeln (außer die Apostroph-Regeln natürlich) angeeignet, weil Lernbereitschaft unerlässlich ist im Leben. Ich möchte nicht zu den Dumpfbacken gehören, die in vier Jahren nicht mehr behaupten dürfen, sie könnten richtig schreiben.

Bis denne,

MasterProppa

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Karl Eichholz
25.04.2001 22.07
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Datenbahn

warum eigentlich DatenAUTObahn?

Eisenbahn
Autobahn
Eisbahn
Rutschbahn
Straßenbahn
Seilbahn
Kegelbahn

Datenbahn

Datenbahnhof / Datenhof
Datenbahnauffahrt / Datenauffahrt
Datenbahnanschluß / Datenanschluß
Datenhaltestelle?

Es wird Zeit, daß wieder mal neue Begriffe geprägt werden.

Für dieses Thema gibt es genaugenommen eine Rubrik, die besser paßt:
Übersetzungsfragen, weiter unten.
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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Thomas Paulwitz
25.04.2001 16.56
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Zubringer

Mit dem Zubringer durchs Portal auf die Datenautobahn...
Kein schlechtes Bild!

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Karl Eichholz
25.04.2001 12.51
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faken - natürlich ein deutsches Wort ...

„faken“ ist ein alter Begriff, der im Plattdeutschen die Bedeutung von „oft“, „häufig“ hat.
Meine Interpretation: die Ferkel, welche ja regelmäßig im Rudel kommen und „Farken“ genannt werden, waren Vorlage für diesen Ausdruck.

Nun, und wie wärs mit „Weltnetzzubringer“ für „Browser“ ? Mißverständnisse wären wohl kaum möglich ...


__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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Christian Dörner
23.04.2001 22.31
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Wenigstens kein Insider ...

Da unser Fliesenreiniger offenbar nicht weiß, daß aufgrund der Reform, die er ja befürwortet, in einer Konstruktion wie „hab' noch etwas vergessen“ kein Apostroph mehr zulässig ist, ist wenigstens sicher, daß es sich bei unserem anonymen Schmierfinken um keinen Insider handelt – also alles völlig harmlos und unwichtig. Ich empfehle die schlichte Nichtbeachtung solcher Beiträge.

Willst du viel, spül eben doch mit Pril!
__________________
Christian Dörner

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