Zitat: so liegt darin eine Annäherung an den Laienverstand, der ja stets von einem fortdauernden Unterschied zwischen /d/ und /t/ ausgegangen ist.
Ich habe so eine Behauptung von Laien noch nie gehört und sie scheint mir eher unmaßgeblich. Wer ist mit den Laien gemeint? Leute, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, oder solche, die eine sprachlich orientierte Ausbildung haben, denen aber auf diesem speziellen Gebiet die Kenntnisse fehlen?
Zitat: aber wäre es wirklich unmöglich, sich dem Phänomen aus der anderen Richtung zu nähern, also zu fragen, unter welchen Bedingungen das /t/ in Bund usw. zu /d/ wird ?
Nein. Die Frage macht sogar viel mehr Sinn. Die platte Behauptung, /d/ werde zu /t/ diente den Phonologen, die eine Anwendung der Chomskyschen Theorie auf die Phonologie versuchten, dazu, schlichte Regeln aufzustellen, wonach z. B. ein zugrundeliegendes /d/ am Silbenende durch Transformation zu /t/ an die Oberfläche gelangt (oder so ähnlich...). Wichtig dabei war, daß es sich um diskrete Einheiten handelte, fußend auf der Idee, daß sich die Vielfalt der Sprache auf eine begrenzte Zahl von zugrundeliegenden Strukturen und Regeln erklären lasse. Die Umwandlung von einem Laut in den anderen sollte demnach funktionieren, als ob man eine Art Schalter bedient, der entweder nur das eine oder das andere bewirkt, so nach der Art Licht an oder Licht aus. Als sich herausstellte, daß man es keineswegs mit diskreten Kategorien, sondern mit Zwischenformen und allmählichen Übergängen zu tun hat, fiel das Kartenhaus erst einmal zusammen.
Statt eines Erklärungsversuches, der nur auf Theorien baut, fing man an, Erkenntnisse der Phonetik in Betracht zu ziehen, z. B. die Tatsache, daß auslautende Verschlußlaute üblicherweise sowieso teilentstimmt sind. Die Behauptung, das /g/ in dog sei stimmhaft und müßte von Schulkindern entsprechend realisiert werden, ist schlichtweg falsch. Bei der Verschlußlösung von /g/ in dog vibrieren die Stimmbänder nicht mehr, sofern nicht ein weiterer Vokal folgt. Ich erinnere mich an Englischlehrer, die sich bemühten, so ein stimmhaftes finales /g/, /d/ oder /b/ hinzukriegen, mit dem Resultat, daß das natürlich völlig künstlich klang.
Es gibt Vermutungen, wonach sich solche durch die Sprechorgane bedingten lautlichen Veränderungen auf das Regelsystem der Sprache auswirken können, z. B. indem der Hörer die quasi 'unbeabsichtigte' Entstimmung als eine 'beabsichtigte' interpretiert und sie in seiner eigenen Aussprache sogar noch weiter führt, so daß /d/ (fast) zu /t/ wird. Die Auslautverhärtung ist ja auch in zahlreichen Sprachen zu beobachten. Zu einer schlüssigen Erklärung führt das zwar auch nicht, aber man hat zumindest erkannt, daß Phonologie nicht wie Syntax funktioniert.
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