Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten
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ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten
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J.-M. Wagner
30.03.2004 22.05
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Betrifft: Schweizer s-Schreibweise

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer (30.03.2004)
Lieber Herr Wagner,
die Schweizer Schreibweise ist leichter zu schreiben.
Weshalb? Weil es wegen des nicht benutzten ß nur zwei Möglichkeiten gibt, einen s-Laut zu notieren (s oder ss) – meinen Sie das?

Aber die objektive Erleichterung wird durch Gewohnheit völlig überspielt. [...] Beim Lesen mag das auch eine Rolle spielen. Fragen Sie mal einen Schweizer, welche Schreibung er besser lesen kann!
Gute Frage, werde ich mal stichprobenweise machen. – Unabhängig davon: Welche Schreibweise finden Sie denn am leichtesten zu lesen?

Wenn ich sage: die Umstellung auf Heyse braucht 50 Jahre, meine ich damit auch: Zurückrudern, noch ist es möglich! Keine Änderung der Reform greift so weit in den Kernwortschatz ein wie die neue ss-Regelung.
Gutes Argument! – Auf alles andere gehe ich später ein, wenn Sie geantwortet haben...
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Jan-Martin Wagner

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Stephan Fleischhauer
30.03.2004 20.22
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Lieber Herr Wagner,
die Schweizer Schreibweise ist leichter zu schreiben. Aber die objektive Erleichterung wird durch Gewohnheit völlig überspielt. Ich merke das selbst, muss meine Beiträge daraufhin durchsehen, ob ich nicht versehentlich auf die ß-Taste gekommen bin. Beim Lesen mag das auch eine Rolle spielen. Fragen Sie mal einen Schweizer, welche Schreibung er besser lesen kann! Wenn ich sage: die Umstellung auf Heyse braucht 50 Jahre, meine ich damit auch: Zurückrudern, noch ist es möglich! Keine Änderung der Reform greift so weit in den Kernwortschatz ein wie die neue ss-Regelung. Ich hatte ein englisches Beispiel bemüht: „Can not“ wäre fraglos systematischer als „cannot“. Wenn man hier reformiert, wird es zunächst jedoch schwieriger. Das fest ins die Gehirnwindungen Eingebrannte wäre plötzlich falsch. Gerade das Englische zeigt, wie unwichtig orthographische Regeln im Kernwortschatz sind. Der Englischlerner scheitert nicht an der Orthographie, sondern an der Idiomatik, dem Vokabelreichtum, den Satzbauplänen usw. Das visuelle Gedächtnis des Menschen ist im Normalfall recht gut ausgeprägt.

Ich bin genau wie Sie der Meinung, dass die Entscheidung der Reformer für Heyse die neue Dreifachkonsonanten-Regel nach sich gezogen hat. Wenn schon, denn schon! Wie sollte man sonst auf die Idee kommen, „Brennnessel“ und „helllicht“ zu schreiben?

Zu dem Thema „wenn früher ß stand...“ – ich verstehe nicht, welche Verwechselungsmöglichkeit mit s Sie meinenn. Es geht doch gerade nicht ums s. Erklären Sie doch noch einmal, was Sie meinen. Ihren letzten Absatz finde ich sehr spekulativ. Wenn ich es richtig verstehe, wollen Sie darauf hinaus, dass man zwar die bisherige Schreibung allmählich vergisst, aber immer noch von ihr „ausgeht“. Ich würde hier eher von Umstellungsschwierigkeiten reden. Man merkt sich zunächst eine ziemlich dumme Regel („Wo bisher ß stand...“) und hat dann ein Problem, wenn man auf die bessere Regel (Stammschreibung) umstellt. Das Phänomen der Übergeneralisierung finde ich ausgesprochen schwer zu verstehen. Vielleicht spielt so etwas wie Angst eine Rolle. Man macht „einen Bogen“ um das ß. Man will einer Fahrrinne ausweichen, schlägt zu weit ein und landet in der nächsten – dem Schweizer ss. Wahrscheinlich wird die Heyse-Regel auch falsch unterrichtet. Allerdings werden Doppelkonsonanten traditionell falsch unterrichtet. Das Problem besteht eben schon darin, dass man jetzt nach Regeln und nicht mehr intuitiv schreibt. Für das alles kann aber Heyse nichts.

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J.-M. Wagner
30.03.2004 17.30
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Betrifft: sss

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von gestur (30.03.2004)
Bei der Häufigkeit von Dreifachkonsonanten steht aber das sss jetzt mit sehr großem Abstand an der Spitze, und deswegen fällt es so oft auf.
Im Leitthema „Buchstaben und Laute“ (28.03.2004):
Der Buchstabe s steht im Silbenanlaut für das stimmhafte [z], wenn er nicht zu einem ss im Silbengelenk gehört.
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer (20.03.2004)
Meines Erachtens gibt es Überlegenheit nur in dieser Hinsicht: Adelung kennt kein sss.
Der Unterschied zwischen dem s und den anderen Konsonantenbuchstaben ist ja, daß jene – außer bei Auslautverhärtung – ihren Lautwert in Zusammensetzungen beibehalten, das s aber in ganz verschiedenen Funktionen auftreten kann. Deshalb stellt es in der herkömmlichen Rechtschreibung kein Problem dar, einen Konsonantenbuchstaben einzusparen, wenn ein Nicht-s-Laut-Konsonant bei einer Zusammensetzung in eine Silbengelenkposition gerät: Brennessel statt Brennnessel. Beim s ergibt sich keine Einsparung, da zum einen der nicht auf Verhärtung beruhende Wortausgang auf einen scharfen s-Laut mit ß notiert wird, zum anderen ein scharfer s-Anlaut nur in Kombination mit einem anderen Konsonanten auftritt (siehe unten), und in diesem Fall wird generell kein Buchstabe weggelassen.

Beim s ist der Wechsel von einem Wortausgang auf ß (Heyse: ss) zu einem Silbenanfang mit einem für das stimmhafte [z] stehenden s (Beispiel: genußsüchtig [Heyse: genusssüchtig]) nur eine derartige Möglichkeit neben anderen: Das s kann auch Teil von sh, sp, st oder sch sein, was zur Häufigkeit von sss beiträgt. Im Prinzip muß man hier auch die (z. T. nur in Fremdwörtern vorkommenden) Kombinationen sf, sg, sk, sl, sm, sn (Nachtrag: sz – danke für den Hinweis!) anführen, weil sie zu einer „Anlautverhärtung“ des s führen (Beispiele: Sforzato, Sgraffito, Skat, Slaven, Smear [Musik], Snob; Nachtrag: Szene). In allen diesen Fällen führt die Heysesche Schreibweise bei Zusammensetzungen zu einer Dreifachschreibung des s, bei der natürlich keines davon eingespart werden kann – selbst wenn, wie in Schlusssatz, nur ein s-Laut zu hören ist. (Nachtrag: Dies ist die in der Schweiz schon vor der Reform geltende Ausnahme von der Drei-Buchstaben-Regel.)

Aus systematischen Gründen bietet es sich daher an, zusammen mit der Heyseschreibung auch die allgemeine Dreifachschreibung von Konsonantenbuchstaben einzuführen. Das bedeutet umgekehrt, daß eine Argumentation gegen das eine automatisch auch das andere in Frage stelt. Eine ähnliche Kopplung gibt es zwischen der Nichttrennung von ck und der Abtrennbarkeit von Einzelvokalbuchstaben am Wortanfang. Natürlich raten die Reformer davon ab, davon Gebrauch zu machen – wenn man denn eine Wahl hat, was aber bei A-cker, E-cke, i-cke (Berlinerisch für „ich“), o-cker etc. offenbar nicht der Fall ist. Schafft man die Abtrennbarkeit der Einzelvokalbuchstaben ab, muß auch die Nichttrennbarkeit von ck dran glauben – nicht wahr?

– geändert durch J.-M. Wagner am 31.03.2004, 17.05 –
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
30.03.2004 14.36
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Betrifft: Die leichteste Schreibweise

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer (30.03.2004)
Hallo gestur,
ich finde es völlig in Ordnung, wenn man diejenige Schreibweise bevorzugt, die man für die hübscheste hält. Warum immer nur an Fehler denken? Die leichteste Schreibweise ist ohnehin die schweizerische.
In welchem Sinne ist sie das? Ist sie am leichtesten zu lesen oder am leichtesten zu schreiben?
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
30.03.2004 14.34
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Betrifft: Vermutungen

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer (25.03.2004)
Wenn man eine Vermutung aussprechen will, wie andere sich dabei behelfen, die Heysesche Schreibung umzusetzen, sollte man m.E. auch nicht zu sehr an Regeln denken. Es geht auch intuitiv: Fuß wie Füße, Fass wie Fässer usw. (An den gebeugten Formen sieht man, dass auch bisher nach Aussprachekriterien geschrieben wurde.) Die Unterscheidung am Silbenschluss ist ganz systematisch und auch in anderen Fällen erforderlich: komm! wie: kommen, kam wie: (wir) kamen. Manche sagen auch: ss bei kurzem Vokal, wenn früher ß stand.
Solange man sich darauf beschränkt, den Wechsel zwischen ss und ß zu betrachten (wie Sie es an Ihrem Beispiel „Fuß wie Füße, Fass wie Fässer“ demonstrieren), kommt man natürlich zu dem Schluß, daß dieser ganz systematisch ist. Sobald man dabei aber in dem Schema denkt, das Sie zuletzt angegeben haben (Manche sagen auch: ss bei kurzem Vokal, wenn früher ß stand.), macht man zwei Fehler: Man geht von der herkömmlichen Schreibweise aus, und man ignoriert dabei die Verwechslungsmöglichkeit mit s. – Halten Sie das für aus den Fingern gesaugt?

Nach dem von Ihnen angegebenen Schema („wenn früher ß stand“) zu denken, ist natürlich für Umlerner die naheliegendste Möglichkeit. Weil das auf diese Weise – die, wie Sie richtig schreiben, irgendwann intuitiv funktioniert – auch zuverlässig klappt, kann das dazu verleiten, diesen Eindruck zu übergeneralisieren und die Heysesche Schreibweise insgesamt für recht problemlos zu halten. Konsequenzen: siehe oben. – Halten Sie auch das für aus den Fingern gesaugt?
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Jan-Martin Wagner

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Stephan Fleischhauer
30.03.2004 14.16
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Hallo gestur,
ich finde es völlig in Ordnung, wenn man diejenige Schreibweise bevorzugt, die man für die hübscheste hält. Warum immer nur an Fehler denken? Die leichteste Schreibweise ist ohnehin die schweizerische.

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gestur
30.03.2004 09.57
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"ss am Schluß"

Lieber Herr Fleischhauer,
Sie haben völlig recht, daß man die Mehrzahlprobe immer dann braucht, wenn man sich wegen der Auslautverhärtung nicht sicher ist, ob dort ein stimmhafter oder stimmloser Konsonant stehen muß und ob das Stammprinzip Doppelkonsonanten verlangt.
Und Herr Beesk hat völlig recht, daß die bisherige ß-Regel nach kurzen Vokalen nur nötig ist, weil sie eine Ausnahme von der sonstigen Konsonantenverdopplung darstellt.

Bei der Häufigkeit von Dreifachkonsonanten steht aber das sss jetzt mit sehr großem Abstand an der Spitze, und deswegen fällt es so oft auf.

Ich halte ganz allgemein diejenige Schreibweise für die beste, die im Rahmen der Grammatikregeln und ohne Wörtervernichtung die wenigsten Fehler verursacht. Die neue Schreibweise verursacht auch nach 7 Jahren trotz Wörtervernichtung immer noch mehr Fehler als die alte, weil die neuen Regeln zu Übergeneralisierung verführen und immer noch die wenigsten Anwender sie wirklich beherrschen. Regeln, die zu kompliziert sind, erschweren das Schreiben.

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Stephan Fleischhauer
30.03.2004 06.55
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Herr Beesk antwortet zwar nicht treffend auf gestur, aber was er zu unserem „einfachen“ Merkvers schreibt, ist goldrichtig. Erfrischend, so etwas einmal hier zu lesen!
Die Darstellung des ß als Einzelbuchstaben ist in der Adelungschen Schreibung nicht möglich und in der Heyseschen m.E. zu radikal: es käme einer Gehirnwäsche gleich.
Zu gestur: Bei der Probe Fuß/Füße geht es nicht um die Vokallänge, sondern um die Stimmhaftigkeit des Konsonanten: Fuß/Füße aber Los/Lose.

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Theodor Ickler
30.03.2004 04.04
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Schule und Leben und ß

Daß die Schlußbuchstabigkeit (Verdruß) innerhalb des Deutschen eine Ausnahme darstellt, bedarf keines Beweises. Sie mußte also besonders gelernt werden. Aber ich meine, daß das kein großes Problem war. Und tatsächlich kamen unter erwachsenen Schreibern, z. B. auch in Zeitungen, so gut wie keine Fehler mehr vor, sehr im Gegensatz zu anderen Schwierigkeiten des Deutschen, die von der Reform nicht berührt werden (Branntwein, verwandt, Gebaren, Grieß). Darf man noch einmal daran erinnern, daß die Reformer lange Zeit nicht daran dachten, die Heysesche Schreibung einzuführen?

(Beim Sichten diverser Dokumente bin ich gerade auch noch einmal auf ihre Polemik gegen die vermehrte Großschreibung gestoßen. Wenig später haben sie sie eingeführt und als große Tat gefeiert. Aber eben erst, als es mit der Kleinschreibung endgültig nichts wurde. Überhaupt lassen sich fast alle Argumente gegen die jetzige Reform schon bei den Reformern selbst nachlesen. Am Ende war ihnen jede Änderung recht, um der Änderung selbst willen.)
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Th. Ickler

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Martin Beesk
29.03.2004 23.05
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Re: Das Stammprinzip bei ß

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von gestur
Das Stammprinzip oder die Mehrzahlprobe „Fuß wie Füße“ ist eigentlich ein Zirkelschluß, weil es voraussetzt, zu wissen, daß „Füße“ wegen des langen "ü" mit ß geschrieben wird. Insofern ist es ein Denk-Umweg, der beim Diktat-Schreiben wertvolle Zeit kostet. Die frühere Einfach-Regel „ss am (Silben-)Schluß bringt Verdruß" war schneller und erforderte so gut wie keine Überlegung. Das Schreiben sollte durch die neue Regel doch eigentlich erleichtert und schneller werden.
Den Merkvers „ss am (Silben-)Schluß bringt Verdruß" anzuführen, scheint mir eher kontraproduktiv, wenn man die Meinung vertritt, die alte ß-Schreibung sei einfacher lernbar und weniger fehlerträchtig gewesen. Denn die Existenz dieses Merkverses zeigt ja gerade, daß man nach nicht-reformierter Rechtschreibung anscheinend immer wieder versucht war und ist, in bestimmten Fällen ss statt ß am (Silben-)Ende zu schreiben – sonst wäre er ja nicht nötig gewesen. (Und dieser Merkvers ist zweifelsohne viel älter als die durch die Reform gestiftete Verwirrung.) Und welche bestimmten Fälle sind das? Doch wohl die, in denen man auch bei anderen Konsonanten die doppelte Schreibung erwartet: Schuss wie Schutt, isst wie trifft (aber wie traf), krass wie baff usw. (Man braucht sich da gar nicht bewusst machen, daß das etwas mit der Vokallänge davor oder mit einer verwandten Form mit Silbengelenk zu tun hat; es reicht, sich auf sein intuitives Wissen zu verlassen, das man vom Gebrauch der anderen Konsonantenbuchstaben hat!) „ss am (Silben-)Schluß bringt Verdruß" ist also eine zusätzliche, die allgemeinen Regeln für Konsonanten einschränkende Merkregel. „Fuß wie Füße“ ist dagegen keine zusätzliche Regel, sondern beschreibt einfach das Grundmuster, nach dem alle Konsonantenbuchstaben (natürlich mit Ausnahmen wie dem Buchstaben x) funktionieren: Fuß wie Hut, Füße wie Hüte.
Daß trotzdem häufiger fälschlich *Fuss als *Hutt geschrieben wird, hat m.E. neben dem Umlernen durch die Reform einen reformunabhängigen Grund (auch vor der Reform war dieser Fehler bei ß häufiger als z.B. bei t): ß wurde und wird leider nicht als eigenständiger Buchstabe gelehrt (und ss als seine doppelte Darstellung) – wie ich ähnlich auch schon an anderer Stelle ausgeführt habe –, sondern immer irgendwie als Sonderform von ss. Das verwirrt unnötig und verstärkt die Tendenz, ß als überflüssigen Buchstaben zu empfinden. Auch die Reformer haben das nicht kapiert und durch ihre Regelformulierungen die Verwirrung ums ß noch verstärkt.
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Martin Beesk, Berlin

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gestur
28.03.2004 10.53
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Der Gültigkeitsbereich der Stammschreibung

Die Stammschreibung gilt nur innerhalb des Gültigkeitsbereichs einer „Stammform“. Das betrifft die Mehrzahlbildung durch Ablaut und die starke Beugung von Verben mit unterschiedlichen Stämmen für Präsens, Perfekt und Partizip II.

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Wolfgang Scheuermann
28.03.2004 09.43
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Großmutter II

Sehr geehrter Herr Fleischhauer!

Ich sehe, wo das Problem liegt!
Wir diskutieren hier über eine lebendige Sprache, deren Regeln sich mit ihrer Entwicklung ausbilden. Diese Regelbildung vollzieht sich a priori unsichtbar; man kann sich einen Menschen durchaus vorstellen, der eine Sprache beherrscht, aber keine ihrer Regeln zu benennen vermöchte. Es ist auch leicht vorstellbar, daß diese Regeln noch von niemandem formuliert worden sind (oder, wenn doch, unvollständig oder ungenau, hölzern). Obwohl die Formulierung einer Regel zweifellos Einfluß auf die weitere Sprachentwicklung nehmen kann – und ihr damit ein normativer Charakter zuwachsen mag – sind Regeln und formulierte Regeln nicht gleich. Im günstigsten Falle bilden die Regelformulierungen die Regeln ab.
Regelformulierungen können aber auch aus der schieren Lust an Regelformulierungen erwachsen; wenn ich dafür bezahlt werde, kann ich im Regelformulieren sogar eine hehre Verpflichtung sehen.
Die Heyses hatten als Schulleute am Regelformulieren wahrscheinlich Spaß (jedenfalls wünsche ich ihnen das). Völlig losgelöst von tatsächlichen Anforderungen der Sprache haben sie eine Regel formuliert, mit deren Hilfe der Deutschschreibende entscheiden konnte, wann er „ss“ und wann er "ß" zu schreiben hätte. Diese Regel bildete die Schreibwirklichkeit zwar nur höchst unvollkommen an, aber sie war einfach erklärbar. Also wurde sie einmal offiziell eingeführt.
Meine Großmutter wurde etwa um diese Zeit herum geboren. Im Greisenalter erklärte sie mir (der ich noch gar nicht in der Schule war) die Anwendung des Eszett mit dem Kriterium der Unauftrennbarkeit (was Sie, Herr Fleischhauer, schon einmal als originellen Gedanken bezeichnet haben). Wenn man dieses Kriterium übernimmt, fällt der allergrößte Teil scharfsinniger Erläuterungen zu Heyse oder Adelung unter den Tisch; Freunde des Regelformulierens werden das naturgemäß bedauern. Als Ersatz können vielleicht allgemeine Erörterungen dienen: Schriftsprache folgt der Sprache; spezifische Regelformulierungen für die Schriftsprache sind gegenüber Regelformulierungen für die Sprache nachrangig; sparsame Regelformulierungen sind besser als umfängliche; das wichtigste Kriterium für Regelformulierungen für die Schriftsprache ist, daß sie zu einem Schriftbild führen, das möglichst mühelos erkennen läßt, was der Schreiber im Sinn hatte.
Das sind furchtbar simple Gemeinplätze – und doch wurden und werden sie von den Urhebern der Rechtschreibreform nicht geteilt – wieso nicht? Die Antworten finden sich in Icklers Büchern und natürlich auch auf diesen Seiten, vielleicht nur noch nicht konzise kompiliert. Das Standardmotiv für menschliches Handeln ist GAM* – das wird auch bei den Reformern nicht anders sein.


*Geld, Ansehen, Macht

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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Stephan Fleischhauer
28.03.2004 07.33
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Es gibt Bereiche, da setzt ich die Stammschreibung über Aussprache hinweg: Rad, Räder. In anderen jedoch ändert sich das Schriftbild: komme, kam; bei Heyse: schoss, schießen. Ich sehe nicht, wo das Problem ist.

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Theodor Ickler
28.03.2004 06.44
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Stammprinzip

Wie ich schon seit Jahren klarzustellen versuche, ist es nicht möglich, die Ausssprache und das Stammprinzip gleichzeitig für die s-Schreibung anzuführen. Das Stammprinzip besagt, daß trotz unterschiedlicher Aussprache gleich geschrieben wird, es würde daher Schuß/schießen, aber auch geschoßen fordern – falls man das ß als Buchstaben wie jeden anderen und nicht als positionsbedingte Ligatur ansieht. Oder alles umgekehrt mit ss, das läuft ja auf dasselbe hinaus. Wie ich seinerzeit als Augen- und Ohrenzeuge berichtete, fiel die GEW-Vertreterin Demmer auf diesen Fehler herein und verkündete vor dem Bundesverfassungsgericht ihre Zufriedenheit darüber, daß nun endlich Schuss und schiessen gleich geschrieben würden. Schräg hinter mir stöhnten Mentrup und Augst vernehmlich auf.
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Th. Ickler

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Wolfgang Scheuermann
27.03.2004 18.07
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Die Regel meiner Großmutter

Sehr geehrter Herr Fleischhauer,

Sie empfinden als aus den Fingern gesaugt,
daß die Schreibweise Fussball keinen anderen Nachteil hat als den, weder Heyse noch Adelung zu entsprechen?
Es ist leicht zu schreiben und leicht zu lesen, auch Mißverständnisse sind praktisch ausgeschlossen.
Da auch ganz offenkundig niemand auf die Idee kommt, in Fussball Fuss kurz zu sprechen (weil irgendwann irgendjemand mal eine Regel formuliert hat, aus der das im Umkehrschluß zu folgern sein könnte), gibt es mit Fussball also kein ernsthaftes Problem.

Google findet knapp 2 Millionen „Seiten aus Deutschland“ mit dem Suchbefehl „Fussball -Fußball“ und etwa 2,5 Millionen Seiten mit dem Befehl „Fußball -Fussball“. Das ist ein empirischer Befund, jedenfalls keine Spekulation.

Ich vermute, daß das auch schon vor der Rechtschreibreform von vielen nachlässig gehandhabt wurde; aber ich vermute eben auch, wenn man den Einsatz des ß dort zu verbieten versucht, wo es ganz besonders sinnvoll ist – zum Beispiel am Schluß, dann wird automatisch die Motivation geschwächt, es dort einzusetzen, wo man ohne nennenswerten Verlust darauf verzichten kann.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann

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