Mc-Donald-Taktik
Heute, am 07.02.02, erreichte mich ein Serienbrief des Vorsitzenden der Christlich-Sozialen Union in Bayern, der um eine Spende für den bevorstehenden Wahlkampf anhielt.
Diesen Brief will ich nicht unkommentiert in dieses Forum einbringen, wobei ich keinesfalls die Inhalte kritisieren will, sondern lediglich die Form und den Adressatenbezug bemängele.
In Erinnerung zu rufen ist, daß ich vor einigen Jahren gemeinsam mit Friedrich Denk und Manfred Riebe aus der CSU ausgetreten bin, worüber sogar die Presse berichtete. Mein Parteiaustritt wurde auch in persönlichem Schreiben und mit Begründung dem Ortsvorsitzenden kundig gemacht.
Auch erinnere ich mich an meine Bemühungen als Kassenwart des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege in den Jahren 1997/98. Beispielsweise wurde mir, als ich damals bei der Restaurantkette Mc Donald um eine Spende anhielt, erklärt, man müsse sich neutral verhalten, denn, so der Wortlaut: „Sowohl die Reformkritiker als auch die Reformbefürworter sind Kunden. Wir halten uns neutral, damit wir keine Kunden verlieren.“
Ich bemerke, daß sich zwischenzeitlich die Meinung der Wirtschaft geändert hat, daß es ein Unternehmen dem anderen nachtut und auf Neuschreibung umstellt. Wie überall benötigt man Vorreiter und wird erst dann mutig, sobald man nachahmen kann.
Um so verwunderlicher allerdings ist das folgende Schreiben der CSU bzw. von Herrn Stoiber.
Der dafür zuständige Ghostwriter hat es verstanden, alle Klippen der Neuschreibung zu umgehen. Ganz herrlich finde ich die Vermeidung der Konjunktion „daß“.
Ob man dies als Mut oder als Feigheit bezeichnen soll, weiß ich nicht. Vermutlich ist es die Mc-Donald-Taktik. „Jeder Fresser zählt“ – hier abgewandelt: „Auf jede Spende kommt es an.“
München, den 05.02.2002
Sehr geehrter Herr Schäbler,
das einstimmige Votum von CDU und CSU, mich als Vorsitzenden der Christlich-Sozialen Union zum Herausforderer des amtierenden Bundeskanzlers zu bestimmen, betrachte ich als große Ehre für unsere Partei und als persönlichen Vertrauensbeweis.
Es bedeutet gleichzeitig auch eine riesige Verantwortung und Aufgabe, für die wir alle unsere Kräfte mobilisieren müssen und die unsere gesamte Partei großen Belastungen aussetzen wird. Deshalb habe ich mich – bei aller Bedeutung einer solchen Aufgabe und allem Ehrgeiz, ohne den ein Politiker keinen Erfolg haben kann – um diese Herausforderung nicht gedrängt. Meine Priorität war die Verantwortung für Bayern und die CSU.
Es wurde jedoch immer klarer: Deutschland gerät unter Rot-Grün unaufhaltsam in einen wirtschaftlichen Abstiegskampf. Wir haben heute über vier Millionen Arbeitslose, das geringste Wachstum und die höchste jährliche Neuverschuldung in Europa. Die sozialen Sicherungssysteme stehen vor dem Kollaps. Die Schere zwischen Ost und West öffnet sich weiter und weiter.
Deutschland braucht eine klare und überzeugende politische Alternative, die wirksame Rezepte gegen die Arbeitslosigkeit hat, die für wirtschaftliche Dynamik, Investitionen und Zukunftschancen und für den Erhalt der sozialen Sicherheit und Balance steht. Immer mehr Stimmen aus der CDU, der CSU aber auch darüber hinaus sahen eine solche Alternative am überzeugendsten durch den Ministerpräsidenten eines starken und erfolgreichen Landes dargestellt und forderten mich auf, diese Verantwortung zu übernehmen – für Deutschland, für Bayern, für CDU und CSU.
Schon die ersten Reaktionen lassen auf deutliche Nervosität im Lager des politischen Gegners schließen. Mit einer skrupellosen Diffamierungskampagne versucht die SPD von einer Politik ohne Konzepte abzulenken. Jede Verleumdung ist recht, über eine halbe Million Mark für eine einzige Anzeige in der Bildzeitung (ohne jegliche Argumente) nicht zu teuer.
Wir werden uns nicht auf diese Art der Auseinandersetzung einlassen, sondern die SPD mit einem hart, aber sachlich geführten Kompetenzwahlkampf konfrontieren. Doch auch dieser kostet Geld – viel Geld. Die SPD verfügt über ein weit höheres Wahlkampfbudget wie CDU und CSU zusammen und ist damit finanziell ein übermächtiger Gegner. Daher bitte ich Sie: Helfen Sie uns mit einer Spende, aber auch mit Ihrem persönlichen Einsatz, diesen Wahlkampf zu gewinnen. Die Hoffnungen und Erwartungen vieler Menschen richten sich auf uns. Wir haben die besseren Argumente. Wir haben die besseren Köpfe. Wir haben eine realistische Chance!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Edmund Stoiber.
– geändert durch Norbert Schäbler am 07.02.2002, 20.49 –
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