Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Notice: Undefined variable: goto in /home/www/rechtschreibung.com/html/Forum/showthread.php on line 3 Forum - ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten
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ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten
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Reinhard Markner
27.04.2002 20.21
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Zur Warnung für übereifrige Neologisten

http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/intro/bichsel.html

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Elke Philburn
27.04.2002 19.57
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(Mich hätte aber nun doch interessiert, ob Herr Lindenthal gegautscht wurde.)

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Detlef Lindenthal
27.04.2002 19.27
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Die Fachdebatte wird konstruktiv!

Ihnen ein Lob, Herr Lachenmann, denn es gelang Ihnen – gut passend übrigens zu Ihrer Berufsschau – erstmalig, einen richtigen Gedankenstrich zu setzen (nach dem Wort Spaß).
Also, auf Apfelrechner (Herr Markner, meckern!) macht man den Gedankenstrich mit „Weiche“ + „Bindestrich“ gleich „Alt“ + „minus“. Verrät mal jemand der Allgemeinheit, wie das auf Dose (H. M., m.!) geht? (Ich habe einen Kunden, der hat Stein und Bein behauptet, daß Windows keinen Gedankenstrich auf der Tastatur hat; nur so mit Makro und Maus und Sonderzeichen und so.)
– In der nächsten Lektion verrate ich, wie Tütteln unten und oben gehen (An- und Abführungsstriche) und das Hochkomma (der Apostroph).

Und ich arbeite fiberhaft (mit jeder Faser meines Körpers und Geistes) an der Auflösung des Sonnabendrätsels* (wg. der Aussprache von Bund und bunt). Danke an Frau Philburn für die gut verständliche Erläuterung!
(* Ich weiß, südlich der Eider sagen manche Leute Samstag.)
__________________
Detlef Lindenthal

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Walter Lachenmann
27.04.2002 17.57
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Re: O Freunde,

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
nicht diese Töne! Liebt euch!

Welche?

Gegautscht ist ganz was Harmloses. Ein Drucker- oder Schriftsetzergeselle wird nach bestandener Gesellenprüfung im Kreise seiner Kollegen seit altersher gegautscht, d.h. in einen Bottich mit Wasser getaucht. Dann bekommt er den Gautschbrief, in Zütterlinsspitzschrift gesetzt oder geschrieben, und dann wird gesoffen. Erst dann kann er als Jünger der Schwarzen Kunst ernstgenommen werden.

Auch Hurenkinder sind harmlos: Ausgangszeilen eines Absatzes sollten nie oben an einer Druckseite stehen (wie etwa bei Icklers Wörterbuch auf Seite 57). Wenn ein Absatz mit einer Zeile unten an der Seite beginnt, ist das auch nicht schön, das ist dann ein Schusterjunge, der ist aber nicht so schlimm.

Fische sind Buchstaben aus einer anderen Schriftgröße, die sich in den Setzkasten verirrt haben. Wenn sie aus einer ganz anderen Schrift kommen, sind es Zwiebelfische. Diese schwimmen reichlich in der Regelungsgewalt (Times und Garamond bunt gemischt, kursiv und elektronisch schräggestellt, etwa in den Fußnoten. Ansonsten ist das Buch erstklassig, aber ein richtiger Setzer war an seiner Entstehung nicht beteiligt).

Keine Sorge – wir lieben uns, Fachgespräche sind nun einmal so. Besserwissen macht Spaß – das wissen wir doch alle hier.
__________________
Walter Lachenmann

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Elke Philburn
27.04.2002 17.28
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Zitat:
Meine Frage hatte ich auf deutsch geschrieben, und ich würde es angemessen und auch höflich finden, wenn Sie auf deutsch antworten könnten oder anderenfalls mal im Forum herumfragen, wer die Bedeutung Ihrer seltenen Wörter kennt.

Es ging ja darum, daß b, d oder g am Wortende in der Standardlautung wie p, t oder k gesprochen werden, bunt also wie Bund. Wenn man Gallmann glauben darf, unterscheidet sich das Schweizerdeutsche dadurch, daß es b, d oder g am Wortende nicht zu p, t oder k werden läßt, wenn die Laute a, e, i, o, u, m, n, l oder r folgen. Bei Bund erweitern müßte d weiterhin wie d gesprochen werden.

Die Erklärung dafür ist wohl, daß es einfach ist, hier ein d zu artikulieren. Man kann es ja wie bun-derweitern aussprechen. Bei Bund schließen wäre es dagegen schwierig, ein vom t deutlich zu unterscheidendes d hinzukriegen. Deshalb wird es wohl bunt schließen ausgesprochen.

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Elke Philburn
27.04.2002 17.08
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Genau.

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Theodor Ickler
27.04.2002 16.39
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O Freunde,

nicht diese Töne! Liebt euch!
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Th. Ickler

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Walter Lachenmann
27.04.2002 15.37
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Hilfe! Maulkorb! Nicht schon wieder!

Aber hier verbietet doch keiner keinem was! Wovon reden Sie eigentlich? Wir unterhalten uns doch ganz friedlich. Und Ihre Ideen sind ja auch ganz nett, aber ein bißchen verschroben, das darf man doch wohl noch sagen in diesem unserem Lande! Daß es Blockaden immer noch gibt, wenn man die Tastenkombination kennt, Hurenkinder ebenso und viele andere Krankheiten mit diesen schönen Bezeichnungen, lasse ich jetzt mal auf sich beruhen. Sind Sie eigentlich gegautscht?
__________________
Walter Lachenmann

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Detlef Lindenthal
27.04.2002 15.22
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Wehret den Anfängen

Jetzt fangen auch noch Sie, Herr Markner, mit Wörterverbot an; haben Sie aus der Geschichte und aus der bisherigen Erörterung in diesem Forum nichts gelernt?
Die genannte Geschichte lese ich mir gerne durch, wenn Sie sie mir zusenden: mailto://detlef@lindenthal.com.


Liebe Frau Philburn,

weil ich nicht weiß, was die Wörter Obstruenten, Obstruentenneutralisierung, Fortes, Fortis, fortis, Lenis, lenis, Affrikate bedeuten, habe ich Ihren Beitrag leider nicht verstanden. Ich bin Handwerker und habe noch nicht mal ein schlechtes Gewissen, daß ich die Wörter nicht kenne.

Meine Frage hatte ich auf deutsch geschrieben, und ich würde es angemessen und auch höflich finden, wenn Sie auf deutsch antworten könnten oder anderenfalls mal im Forum herumfragen, wer die Bedeutung Ihrer seltenen Wörter kennt.

Wenn ich später noch Zeit habe, schreibe ich noch die Auflösung für meine Bund/bunt-Frage.


Lieber Herr Lachenmann,

eingeschnappt hin oder her; das Revier, welches jene eigene Fachsprache von Hochzeit, Hurenkind und anderen Häßlichkeiten aufspannen geholfen hat, gibt es nicht mehr; es wurde von den bereits genannten Sekretärinnen, Deutschlehrern, „Sprachwissenschaftlern“ (in Tütteln, denn sie sind, wissenschaftsfern, der Empirie, dem Alltagsbezug untreu geworden), Duden-usw.-Mafia und Kultusbürokraten flachgemacht.

Einige wenige Ausdrücke jener Fachsprache benutze ich, eine große Anzahl (Zwiebelfisch, Eierkuchen, Blockade ...) gibt es durch Rechnersatz nicht mehr.

Als ich als Elternvertreter einer Vor-Abitur-Klasse in der Fachschaft Deutsch argumentierte, immer mehr Bücher würden nicht mehr von Setzern und Lektoren gemacht, sondern von Laien mit Abitur, und eine große Zahl von Abiturienten würden selbst ein Buch verfassen (nämlich die eigene Examensarbeit), deshalb sollten die Schüler eine Woche lang die Grundbegriffe des Büchersatzes lernen, da sagt der zweite Direktor, der Stiesel, der nicht meinte, zuhören zu müssen: „Ach wissen Sie, das Büchermachen ist doch mehr Angelegenheit der Druckereien.“
(Meine Söhne und einige von deren Mitschülern lernten dann einiges beim Abi-Buch; aber die nötige begleitende Lehrstoffsammlung entstand nicht.)

Als Ergebnis und empirischen Beweis für diesen einer Kulturnation absolut unwürdigen Mißstand führe ich an:
„Entwurf – nicht für die Öffentlichkeit bestimmt
Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
Vorschläge zur Präzisierung und Weiterentwicklung aufgrund der kritischen
Stellungnahmen zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
Dezember 1997“,
„Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
Vorschläge zur Präzisierung und Weiterentwicklung aufgrund der kritischen
Stellungnahmen zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“,
„Zweiter Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche
Rechtschreibung (Februar 1998 – Dezember 1999)“,
„3. Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche
Rechtschreibung“,

(Quelle z.B.: Rechtschreibargumente.de), die zu lesen mir vergönnt war.
Diese „Berichte“ bewegen unser Hochtechnologieland zielstrebig in Richtung Bananenrepublik, und das weckt meinen Widerstand.

Wenn Sprache allerorten verändert und auch weiterentwickelt wird und werden muß, so gilt dieses Gebot zuvörderst auch für die Kulturschützer.

Was halten Sie davon, dieses Forum um ein Wörterbuch für neue Wörter zu bereichern und dort alle Argumente und Sammelwut hineinzustecken statt in weniger wichtige Argumente?
__________________
Detlef Lindenthal

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Reinhard Markner
27.04.2002 14.52
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»Spitzschrift«

Wenn überhaupt, dann heißt das »Bruchschrift«, man spricht ja auch von »gebrochenen Schriften«. Im übrigen empfehle ich Herrn Lindenthal Peter Bichsels Erzählung »Ein Tisch ist ein Tisch«.

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Elke Philburn
27.04.2002 14.44
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Nochmal zur Auslautverhärtung

Detlef Lindenthal:

Zitat:
Da habe ich einmal eine Frage:
Klingen nach Meinung der hiesigen Foristen die Wörter Bund und bunt genau gleich? (Gibt es einen eigenen Endlaut d gar nicht?)

Dazu Theo Ickler:

Zitat:
Im Standarddeutschen klingen die Wörter gleich, im Schweizerdeutschen – vor allem im Textzusammenhang – nicht (vgl. Gallmann in Augst et al.: Zur Neuregelung ...; auch auf Gallmanns Internetseite).

Hierzu schreibt Gallmann:

Hierzu muss man wissen, dass das Schweizerdeutsche (wie auch viele andere oberdeutsche Dialekte) keine Auslautverhärtung in der Art der Standardsprache kennt. Was statt dessen vorkommt, ist eine Art Obstruen- tenneutralisierung: Wenn innerhalb eines Wortes oder an einer Wortgrenze zwei Obstruenten aufeinander- treffen, ist die Opposition Fortis/Lenis aufgehoben (die neutralisierten Obstruenten stehen dann rein lautlich den Fortes näher als den Lenes). Positiv ausgedrückt: Wenn von zwei Wörtern das erste auf einen einfachen Konsonanten endet und das zweite mit einem Vokal (oder auch etwa [l], [r]) beginnt, ist zu hören, ob der auslautende Konsonant des ersten Wortes eine Fortis oder eine Lenis ist. 9 Die Korrelation graphische Verdoppelung ­ Fortis ist so stark, dass in manchen standardsprachlichen Wör- tern, die in den Dialekten kein Äquivalent haben, Doppel-b als Fortis /p/ umgesetzt wird, so öfter in Ebbe. Die Graphie gg entspricht im Schweizerdeutschen übrigens ausschließlich /k/, während k einer Affrikate /kx/ zugeordnet ist.

Quelle

Demnach ist die Auslautverhärtung nur vor Obstruenten, also Verschluß- und Reibelauten vorzufinden, aber nicht vor Sonoranten (n, l, r) oder Vokalen.

Anders als im Standarddeutschen würde der Schweizer dann das /g/ in mag lieber stimmhaft aussprechen. Ähnlich wie ma-glieber. Bei mag Brot dagegen wäre die Aussprache des g wie k, also wie in der Standardsprache. Um auf das Beispiel Bund zurückzukommen: Bei den Bund erweitern müßte der Schweizer das d hörbar als lenis artikulieren, bei zum Bund gehen dagegen als fortis t.

Davon unabhängig ist die Aussprache graphisch verdoppelter Konsonanten. Diese werden nach Gallmann im Schweizerdeutschen verlängert ausgesprochen, weil sie
als 'Silbengelenk' fungieren, also zum Ende der ersten wie auch zum Anfang der zweiten Silbe gehören. Das Wort offen hätte demnach einen langen f-Laut, vielleicht vergleichbar mit dem /f/ in einem Wort wie Lauffeuer.

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Walter Lachenmann
27.04.2002 14.00
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Zäpfchenförmige Leberwurst

Keine Ahnung, was Sie meinen. Ich meckere nicht, ich verbiete Ihnen weder das Wort noch das Denken, rege Sie vielmehr dazu an, letzteres handwerklich und wissenschaftlich besser zu tun als bisher erkennbar; ich verteidige kein Revier, ich denke auch ich denke gar nicht so zäpfchenförmig, wie Sie denken, daß ich denke.
Da habe ich extra für Sie diesen interessanten Aufsatz über unsere gemeinsame Fachsprache abgeschrieben (mein Skönner kann keine Spitzschrift lesen), der auch Ihnen vielleicht zu überlegen gibt, ob es so sinnvoll ist, Begriffe zu erfinden, wo es schon seit Ewigkeiten welche gibt, mit denen kein Mensch Probleme hat und die viel schöner sind als alle Neuerfindungen und eine wunderbare Tradition mit sich führen. Und jetzt sind Sie eingeschnappt. Das finde ich aber nicht gerade intellektuell souverän. Und das wollte ich auch nicht – ehrlich.

Und natürlich gibt es noch Schriftsetzer und Lektoren bzw. Leute die das tun, was diese in der Vergangenheit taten, nämlich Texte setzen, was heute jeder, der einen PC mit Word besitzt, meint ordentlich machen zu können. Und das stimmt überhaupt nicht. Da haben Sie völlig recht mit Ihrer Feststellung, daß man sehr wohl erkennen kann, ob einer von Schriftsatz etwas versteht oder nicht, etwa an den Gedankenstrichen u.a. – in Word kriege ich die richtig hin, sie verwandeln sich aber wieder in Divisorien, wenn die Texte ins Netz kommen. Die »Quereinsteiger« haben zu einem üblen Verkommen der Sitten geführt, insbesondere die Kollegen aus den Werbeagenturen, die es fertigbringen, die Ergebnisse ihrer Unfähigkeit, mit Satz umzugehen, als ein besonderes Merkmal für professionellen Satz zu verkaufen, so daß Weltfirmen mit den hanebüchsten typographischen Sünden auftreten und andere meinen, ihre Werbung müsse nun auch so miserabel – in ihren Augen professionell oder schick – sein, etwa im Bereich des Kernel, des Zeilenfalls oder des Ausschließens. Oder beim Umgang mit dem s in Frakturschriften! Da muß ich Ihnen ja wohl nichts erzählen. Also – ich mein' ja nur.

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Walter Lachenmann

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Detlef Lindenthal
27.04.2002 13.09
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Geweihbreite, Zäpfchenform und andere Gründe ...

... zum Ausweichen vor verantwortbarer Gemeinwesengestaltung

Na, Herr Lachenmann, da hat es ja in Ihrem zweiten Anlauf doch noch geklappt, vonwg. Mecker.
Trotzdem: Sie sind wieder zu kurz gesprungen; die Wörter Spitzschrift, Verbund usw. sind nicht von mir; lediglich prüflesen, vonwg. und Revierverteidigung.
Mir scheint, Sie verteidigen verbissen ein Revier, das es längst nicht mehr gibt: das der Schriftsetzer und Lektoren. Als ich 1996 versuchte, diesen erlauchten Berufsstand zum Schutze unseres Arbeitswerkzeuges (der Sprache nämlich) anzusprechen, haben die sich zäpfchenförmig (dies Wort ist auch nicht von mir) hinter ihren Geldgebern und Firmenchefs zu verstecken versucht.

Und das Debakel kommt daher, daß dieser Berufsstand, genau wie Sie, nicht fallbezogen politisch denkt, sondern nur vorhandene Denkmuster mit vorgefundenen Lagemustern in Übereinstimmung bringen will – so wie sich das bei der Rechtschreibung ja bewährt. Bei den übrigen Gemeinwesenfragen klappt das manchmal ganz gut, oftmals reicht es aber nicht; Musterübereinstimmung suchen ist eben kein Denken; zum Denken gehört, daß so lange gesucht und Hypothesen bewegt, verworfen und vor allem auch neu entwickelt werden, bis eine handwerklich und wissenschaftlich befriedigende Lösung gefunden wurde.
Und da ich in dieser Hinsicht in den vergangenen 5 Jahren nicht weniger eingesetzt und zuwege gebracht habe als Sie, bin ich nicht geneigt, mir von Ihnen das Wort und das Denken verbieten oder madig machen zu lassen.

Angezeigt wäre es, werteschaffend voranzuarbeiten; aber ich bin nicht zuversichtlich, daß bei der hier versammelten Schreiberschaft der nötige Arbeitsernst Oberwasser gewinnen könnte. Denn die hiesigen Foristen tragen viel zu sperrige Geweihe mit sich herum, als daß sie die Revierkämpfereien vergessen und sich den Sachfragen zuwenden könnten. Wenn es sich anders entwickelt, würde ich mich sehr freuen. Vorschläge für extrem lohnende Arbeitsfelder gibt es die Fülle; doch glaube ich, daß es hier im Forum wie bei der Dorffeuerwehr ist, daß da nicht jeder ein Vorschlags-, Rede- und Fragerecht hat; wo kämen wir da hin.

Einen schönen Sonntag noch!
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Detlef Lindenthal

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Walter Lachenmann
27.04.2002 10.14
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Die Buchdruckersprache

(Walther G. Olischewski, aus: 500 Jahre Buch und Druck. Zum Jahre 1940 herausgegeben von den graphischen Betrieben R. Oldenbourg in München)

Herrn Dethlef Lindenthal, dem deutscher Sprachtradition und Sprachreinheit verpflichteten Erfinder der Spitzschrift, der Verbünde, dem Prüflesen und anderer Sprachkleinodien zugeeignet. WL.

Es handelt sich bei der Buchdruckersprache um eine der charakteristischsten Erscheinungen der deutschen Sprachgeschichte, als deren lebendiges Glied der Wortschatz der Buchdrucker sich zu einer eigenen Fach- und Gesellschaftssprache ausgebildet hat. Phantasie, Humor und die ständig unmittelbare Berührung mit Gegenständen des Geistes vieler Völker haben an dieser Ausbildung einen wesentlichen Anteil.
Zwei Gruppen des reichen Wortschatzes der Druckersprache sind zu unterscheiden. Zu der ersten gehören die mehr fachtechnischen Bezeichnungen, zu der zweiten die eigentliche Gesellschaftssprache der Buchdrucker. Es ist naheliegend, daß die gewerblichen Bezeichnungen unter dem starken Einfluß der lateinischen Gelehrtensprache entstanden sind. Die Buchdrucker waren, zumal in Universitätsstädten, wo sie oft bei den Artistenfakultäten immatrikuliert gewesen sind, fast durchgängig humanistisch gebildet. Die bedeutendsten wissenschaftlichen, theologischen und liturgischen Werke der Inkunabelzeit, die man mit dem Jahre 1500 allgemein abschließen läßt, wurden in lateinischer Sprache gedruckt. Eigentlich erst seit der Reformation, durch Luthers Schrifttum, das zur Begründung und Entwicklung unserer neuhochdeutschen Schriftsprache wesentlich beigetragen hat, ist der deutsche Sprachraum im Druckwerk der Zeit in breiter Front sichtbar geworden. Aber bis auf den heutigen Tag sind viele der gewerblichen Bezeichnungen unverändert lateinisches Wortgut oder wenigstens lateinischen Ursprungs. Man braucht sich nur an eine Reihe der gebräuchlichsten und zum größten Teil allgemein bekannten Fachwörter zu erinnern: Abbreviatur, Akzidenzen (Accidenzien), Antiqua, Autor, Brevier, Cicero, deleatur, Divisorium, Duodez, Errata, Faktor, Folio, Initiale, justieren, Interpunktion, Konkordanz, Korpus, korrigieren, Kolumne, Kustos, Ligatur, Marginalien, Mater, Matrize, Norm, Offizin, Presse, Punkt, Quart, Register, Revision, Tenakel, Tabelle, Uniciale, Vakat, Versalie u.a.
Alle Bemühungen um Verdeutschung dieser lateinischen Wörter sind erfolglos gewesen. Nur ganz wenige, wie z.B. Abbreviatur = Abkürzung, Errata = Irrtum (Druckfehler) – wie schon in Fachlehrbüchern des 18. Jahrhunderts vorgeschlagen wurde –, haben Eingang gefunden. Die Entwicklung und Ausbreitung der Buchdruckerkunst auch über die Universitätsstädte hinaus, die Herstellung der meisten Druckwerke in deutscher Sprache haben immer mehr eine Kenntnis der lateinischen Sprache für die Buchdrucker überflüssig gemacht und damit, wenn auch in beschränktem Maße, zur Verunstaltung der lateinischen Fachwörter beigetragen, so daß man mitunter schwerlich ihren Ursprung erkennen kann.
Auch die französische, italienische und englische Sprache sind an der Ausbildung der gewerblichen Druckersprache beteiligt gewesen. Vor allem die französische! Durch Einwanderung französischer Drucker nach Süd- und Westdeutschland sind eine ganze Reihe solcher Fachwörter zu uns gekommen. Sie sind unverändert im Gebrauch, z.B. Diamant, Nonpareille, Petit, Borgis (Bourgeois) für Schriftgrade [sowie Colonel, WL], Grotesk (Grotesque), Egyptienne für Schriftarten; ferner Letter, Vignette = Verzierung, Reglette = Zeilendurchschuß in bestimmter Länge u.a.
Die zweite Sprache, die eigentliche Gesellschaftssprache der Buchdrucker, ist dagegen ein eindrucksvolles Beispiel des selbständigen sprachschöpferischen Vermögens des Berufes, das den volkstümlichen Wortschatz der deutschen Sprache immer wieder neu bereichert hat. Diese lebendige Mitbeteiligung hat wohl kein anderes Gewerbe aufzuweisen. In der Kaufmanns- und Bergmannssprache ist sie wesentlich geringer. Die Unmenge von Redensarten und Bezeichnungen sind von einzigartiger Prägnanz des Ausdrucks und der Bildhaftigkeit. Das Mittel der Personifikation ist dabei eine auffällige Erscheinung.

[Es folgt dann eine ganze Geschichte, die mit Begriffen der Druckersprache gespickt und mühsam zu lesen ist, trotz oder wegen der häufigen Sternchen, die auf Fußnoten verweisen, in denen die Begriffe erläutert werden. Einige Beispiele: Schuster (schlechter Setzer), Schiff, Fleisch, Spieß, Hose, Fahne, Leiche, Hochzeit, Hurenkind, Schusterjunge, Jungfrau, Fisch, Zwiebelfisch usw.]
.........
Im Nachhinein fällt mir dazu die Überlegung ein, ob es nicht überhaupt eine irrige und dem Willen des »Sprachvolks« keineswegs entsprechende Forderung ist, ein Wort müsse präzise und eine direkte Bezeichnung des Gemeinten sein. Auch der populäre Wortschatz gefällt sich doch oft in phantasievollen Umschreibungen, zumindest in Umwegen. So gibt es etwa im Französischen auch außerhalb des Druckereiwesens für Kleinbuchstaben neben dem völlig eindeutigen »minuscules« auch die Bezeichnung »bas-de-casses«, Korrektoren kürzen ab: »bdc«. Damit bezeichnet man die Lettern, die »unten im Setzkasten« bzw. vorne in größerer Griffnähe des Setzers liegen, nämlich die Kleinbuchstaben. Die Versalien (capitales, caps) liegen ganz oben, also in größerer Entfernung, denn da muß der Setzer nicht so oft hingreifen). Das spielt zwar in der realen Technik keine Rolle mehr, aber wer diese Terminologie verwendet, weist sich aus als einer vom Fach, diese Aussage gehört manchmal mit dazu.
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Walter Lachenmann

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Walter Lachenmann
27.04.2002 08.30
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Ligaturen

Es ist eben so, daß nicht zwangsläufig bestimmte Buchstabenverbindungen zu Ligaturen werden müssen, sondern nach Bedarf. Eben wenn sich die nebeneinander stehenden Buchstaben gegenseitig behindern, einandern überlappen oder einzeln einen zu großen Abstand zueinander hätten. Das ist je nach Schriftgestaltung unterschiedlich (besonders viele und oft sehr schöne Ligaturen haben deshalb die »Zierschriften« mit ihren »Schwungversalien«). Die klassischen, aus technischen Gründen kaum vermeidlichen Ligaturen fi, ft, fl usw. sind allerdings fast immer vorhanden. Es wurden auch schon Schriftschnitte versucht, bei denen man völlig ohne Ligaturen auskommen wollte, da wurde dann zum Beispiel der obere Schweif des f so spitz und klein gehalten, daß er eher nur noch ein leicht nach hinten geneigtes Düddelchen war oder wie ein verkümmerter Bischofsstab aussah, aber eben nicht über die folgende Oberlänge von i oder l oder t ragte. Es war nicht schön und hat sich nicht durchgesetzt.
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Walter Lachenmann

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