10 gute Argumente??
Nun habe ich auch einige Anmerkungen zu den 10 angeblich guten Gründen für die RS„R“ aufgeschrieben; für Ergänzungen oder Berichtigungen bin ich dankbar.
Ich habe meine Gründe nicht abgeglichen mit den Argumenten von Herren Bolz und Paulwitz, man sollte die besten Begründungen zusammentragen.
Auch sollte diese Gegenüberstellungen in den Forenbereich „Argumente ...“ gestellt werden.
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Hessische Landesregierung
Ein Ja zur Rechtschreibreform
Vorwort von Kultusministerin Karin Wolff
10 gute Gründe für die Rechtschreibreform
10 gute Beispiele, die zeigen, dass die Reform logisch ist
10 gute Gründe, warum es kein Zurück geben kann
Vorwort
Wir haben ein Herz für die deutsche Sprache. Und weil wir dieses haben, muss Deutsch auch richtig geschrieben werden. Wer Fehler in der Rechtschreibung begeht, fällt unangenehm auf. Wenn Bildungsdefizite karikiert werden, werden diese häufig an Rechtschreibfehlern festgemacht. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung, besonders bei Auszubildenden, sorgen immer wieder für Diskussionen.
Diese Diskussionen erreichten aber bisher nie das Ausmaß, mit dem in diesem Sommer die Debatte um die Rechtschreibreform neuerlich vom Zaune gebrochen wurde. Klar ist: Man muss die Rechtschreibreform nicht lieben! Sie ist zweifellos eine Reform, mit der sich die Rechtschreibregeln einfacher und besser erlernen lassen als bisher. Und daher bietet sie die Chance, die Aufregung um die Rechtschreibdefizite der Schülerinnen und Schüler verstummen zu lassen.
Die Debatte um die neue Rechtschreibung, die von einigen Chefredakteuren angezettelt wurde, schürt Verunsicherung und Unklarheit, die auf dem Rücken und auf Kosten junger Leute ausgetragen wird. Hier geht es nicht darum, dass etwas Bewährtes noch besser wird. Um Inhalte geht es nicht. Es geht vielmehr um die Machtfrage, wer in diesem Land Politik gestaltet. Hessen setzt diesem Chaos politische Verlässlichkeit und inhaltliche Information entgegen. Politik heute so und morgen anders ist mit uns nicht zu machen. Nicht Zeitungsüberschriften bestimmen die Inhalte einer guten Politik, sondern die Richtigkeit des Inhalts muss die Orientierungsgröße für die Politik sein.
Die neue Rechtschreibung ist weder ein Buch mit sieben Siegeln, noch bedeutet sie den Untergang unserer Sprache. Polemik ist daher überflüssig. Vielmehr sind wir unseren Schülerinnen und Schülern eine sachliche Argumentation schuldig.
Wir informieren Sie über die Inhalte der Rechtschreibreform!
Karin Wolff
Hessische Kultusministerin
Auf den folgenden Seiten:
10 gute Gründe für die Rechtschreibreform
1. Einfachheit der Rechtschreibung
2. Alte Rechtschreibung – viele Ausnahmen untergraben die Regeln
3. Neue Rechtschreibung – bessere Erlernbarkeit und Handhabbarkeit
4. Das Stammprinzip wird gefestigt
5. Neue s-Schreibung
6. Keine Streichung beim Zusammentreffen von drei Konsonanten
7. Getrenntschreibung wird geregelt
8. Großschreibung von Substantiven wird gestärkt
9. Kleinschreibung bei festen Verbindungen von Adjektiv und Substantiv wird festgelegt
10. Trennung nach Sprechsilben
1. Einfachheit der Rechtschreibung
Konrad Duden, der Vater des Duden, forderte schon 1902, auf die Einheit der deutschen Rechtschreibung in allen deutschsprachigen Ländern müsse nun auch die Einfachheit folgen. Diese blieb allerdings für die folgenden Jahrzehnte eine Utopie. Im Gegenteil: Das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung wurde zusehends undurchdringlicher.
Konrad Duden hat mit seinem diplomatisch und kulturpolitisch gelungenen Wörterbuch den Schlußpunkt für die jahrhundertelange Vereinheitlichung unserer Rechtschreibung gesetzt. An die „Vereinfachung“ hat er sich erst als Greis herangetraut; da wollte er dann plötzlich, daß wir so schreiben: Zal, Mel, Al, Bot, Schossee, Krist, Kor. Die Nazis wollten 1944, daß wir Fysik, Fase, Frase, Tema und Tomas schreiben. Doch sind Duden, Hitler und Bormann gestorben, bevor sich diese Änderungen durchgesetzt haben.
2. Alte Rechtschreibung – viele Ausnahmen untergraben die Regeln
Das bekannte Sprichwort „Ausnahmen bestätigen die Regel“ gilt vielleicht im Leben, nicht aber bei der Rechtschreibung. Zahlreiche Ausnahmen, Einzelfallregelungen und sich widersprechende Festlegungen machten die Rechtschreibung unübersichtlich und kompliziert. Resultat waren Probleme im Rechtschreibunterricht und schlechte Kenntnisse der Regeln nicht nur bei Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei versierten Schreiberinnen und Schreibern.
Das stimmt nicht: Deutschlands Bücher hatten in den Jahren von (1500 und) 1850 bis 1996 eine vorbildliche, immer einheitlicher werdende Rechtschreibung. Daß die Rechtschreibkenntnisse der Lehrer und Abiturienten derart nachgelassen haben, ist hauptsächlich dem Fernsehen geschuldet.
Das mit den Ausnahmen (Einzelfallregelungen usw.) stimmt nicht; die deutsche Rechtschreibung hat sich nach leicht zu erfassenden Überregeln gerichtet, etwa:
1 Wort (z.B. lahmlegen) schreibt man zusammen, mehrere Wörter getrennt.
Dinge schreibt man groß, alle anderen Wortarten klein (z.B. „Es tut mir sehr leid.“ (leid ist hier ein Adverb, kein Substantiv; ebenso können [t]rotz, [w]eh usw. Dingwörter oder andere Wortarten sein.)
Zwar zweigten von diesen Regeln Unterregeln ab: Fürwörter, Zahlwörter klein, Mengenwörter (das Paar, das Dutzend, das Gros, das Hundert) jedoch groß, doch folgten all diese Unterregeln der vorgenannten Überregel.
3. Neue Rechtschreibung – bessere Erlernbarkeit und Handhabbarkeit
Die neue Rechtschreibung stärkt Prinzipien und Grundregeln, vermeidet Ausnahmen und baut Überregulierungen ab. Die richtige Schreibweise kann von einer Regel abgeleitet werden. Die neuen Regeln sind daher einfacher zu vermitteln und leichter zu lernen. Dies zeigt die Broschüre Rechtschreibung gut erklärt des Hessischen Kultusministeriums. http://www.kultusministerium.hessen.de (Presse/Publikationen – Broschüren).
Das stimmt nicht: „Reformiert“ heißt es 8-mal, aber 8fach und achtmal; Platz sparend, aber zeitsparend; Rad fahren, aber staubsaugen; Arbeit suchend, aber wohnungsuchend; Kosten sparend, aber kostendeckend; Staaten bildend, aber klassenbildend; Eis laufen, aber seiltanzen; warm laufen, aber heißlaufen; Musik liebend, aber tierliebend und so weiter ... die „Reformer“ haben Wortbildungsregeln zerstört und viele Wörter verboten.
4. Das Stammprinzip wird gefestigt
In der deutschen Rechtschreibung gilt grundsätzlich das Stammprinzip. Das bedeutet, dass sich die Schreibung eines Wortes nach seinem Stamm richtet, also dem Wort, von dem es sich ableitet. Der Stamm des Wortes länglich ist lang. Verstöße gegen dieses Prinzip sind in der neuen Rechtschreibung beseitigt. Das Wort Stengel (alte Rechtschreibung) hat seinen Wortstamm in Stange und wird daher jetzt Stängel geschrieben. Ebenso verhält es sich bei überschwänglich (früher: überschwenglich) und Überschwang.
Das Stammprinzip (Stange -> Stängel) gilt „reformiert“ nur manchmal: aufwändig wegen Aufwand, aber trotz aufwenden, jedoch nicht sprächen (trotz Sprache), mässen (trotz Maß), Ältern (trotzalt, älter), dänken (trotz Gedanke), fährtig (trotz Fahrt), märken (trotz Marke) und so weiter.
5. Neue s-Schreibung
Für das stimmlose s steht nach kurzem betontem Vokal ss, also Amboss (statt früher Amboß; nass statt naß). Das führt zu einheitlichen Schreibweisen Fluss schreibt sich wie Flüsse , wo früher Abweichungen gelernt werden mussten. Gemäß dem Stammprinzip bleiben auch hier die Schreibweisen gleich, z.B. küssen – sie küsst – er wurde geküsst ( früher: sie küßt, er wurde geküßt).
Nein, oftmals bleibt die Schreibweise nicht gleich:
schließen – Schloß; „reformiert“: Schloss
reißen – Riß; „reformiert“: Riss
genießen Genuß; „reformiert“: Genuss ...
Die bisherige Regel war sehr einfach: Doppel-ss am Schluß bringt Verdruß.
Die neue ss-Schreibung hat sich als sehr fehlerträchtig erwiesen (Grüsse usw.)
6. Keine Streichung beim Zusammentreffen von drei Konsonanten
Bis 1991 wurden für den Fall des Zusammentreffens dreier Konsonanten insgesamt zehn Regeln entwickelt, was in solch verschiedenen Schreibungen wie Ballettänzer, Balletttruppe und Ballettheater gipfelte. Jetzt werden bei allen Versionen alle drei Konsonanten geschrieben (Balletttänzer, Balletttruppe und Balletttheater).
„... insgesamt zehn Regeln ... “ ist gelogen; es war eine einzige Regel: Wenn ein Selbstlaut folgt, wird von 3 gleichen Mitlauten einer eingespart. Die neue Nicht-Regel ist, zugegeben, etwas einfacher, das Ergebnis ist aber nicht besser zu lesen (z.B. Schlammmassen), gerade im Zusammenhang mit der ss-Schreibung: Schlosssee usw.; Mittag und dennoch erhalten nach wie vor keinen Dreifachmitlaut.
7. Getrenntschreibung wird geregelt
Verbindungen aus Substantiv und Verb (Rad fahren) sowie steigerbarem Adjektiv und Verb (übel nehmen) werden nach den neuen Regeln immer getrennt geschrieben. Bei der Kombination zweier Verben hing die Schreibweise bisher von den verschiedenen Bedeutungen dieser Kombination ab. „Er ist auf dem Stuhl sitzen geblieben“ aber: „Er ist in der Schule sitzengeblieben“. Im Widerspruch dazu wurden aber auch Worte zusammengeschrieben, ohne dass ein neuer Begriff entstanden war (spazierengehen); in anderen Fällen wurde trotz übertragener Bedeutung getrennt geschrieben (baden gehen). Die neuen Regeln verlangen jetzt in allen Fällen die Getrenntschreibung.
Nein, von einer ordentlichen Regelung kann man nicht sprechen, siehe oben unter 3.
Außerdem sind Hunderte von Wörtern verboten worden: sogenannte, lahmlegen, tiefgreifend, allgemeinbildend usw., was juristisch völlig unmöglich ist.
8. Großschreibung von Substantiven wird gestärkt
So werden jetzt alle Tageszeiten nach gestern, heute und morgen (gestern Nacht, heute Morgen) und Substantivierungen (der Einzelne, als Erster, im Dunkeln) konsequent großgeschrieben. Zugleich wird die Schreibweise bei feststehenden Ausdrücken vereinheitlicht (früher: mit Bezug auf, aber in bezug auf; jetzt: mit Bezug auf, in Bezug auf).
Erstens stimmt das nicht: es heißt nach wie vor morgen früh;
bis 1996: mit Hilfe, in Frage stellen, „reformiert“: mithilfe, infrage stellen.
Bei den Zahlwörtern und Verweisen herrscht Chaos: („reformiert“:) der Einzelne, aber der eine, der andere, das meiste, alles Weitere usw.
9. Kleinschreibung bei festen Verbindungen von Adjektiv und Substantiv wird festgelegt
Bei Verbindungen von Adjektiven und Substantiven, die keine Eigennamen sind, wird das Adjektiv jetzt immer klein geschrieben, also: schwarzes Brett, schwarze Liste, goldener Schnitt und goldene Hochzeit. Bisher hieß es: Schwarzes Brett aber schwarze Liste, Goldener Schnitt aber goldene Hochzeit.
Die Agenturen haben das von Anfang an nicht mitgemacht: Erste Hilfe und erste Hilfe sind nicht das gleiche, ein Schwarzes Brett ist meist gar nicht schwarz, der Goldene Schnitt ist nirgends golden.
10. Trennung nach Sprechsilben
Mehrsilbige Wörter werden jetzt so getrennt, wie es sich beim Sprechen ergibt. Das frühere Verbot der Trennung von st gilt nicht mehr (Wes-te, Kas-ten) und es kann auch ein einzelner Vokal am Wortanfang abgetrennt werden (A-der, I-gel).
„... so getrennt, wie es sich beim Sprechen ergibt“? Das stimmt überhaupt nicht: ext- ra (aber Ex- trakt), Ruma- roma, alla- bendlich, Kraftfahrzeuge- lektronik (Auto-Bild, 18.8.2004), Fuldau- ferweg, Tee- nager, Koche- cke usw. – und mit riesigen Unterschieden zwischen den einzelnen Wörterbüchern.
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Detlef Lindenthal
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