Re: wenden - wandte - gewandt/ gewendet
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Katja Kerns
Zur Frage der Ableitung der Wörter Aufwand und wenden voneinander:
als Anglistin möchte ich nochmals auf das aufmerksam machen, ...je nach Tempusform ihre Stammvokale variieren (ich wende, ich wandte, ich habe gewandt...; I drive, drove, have driven).
Als Anglistin können Sie vielleicht nicht wissen, daß es heißen soll: Ich wende, ich wendete, ich habe gewendet, und zwar jeweils einen Gegenstand oder eine Sache, wohingegen die Sprecher dann von ich wandte (mich an), ich habe (mich an) gewandt ausgehen, wenn es um die Hinwendung der eigenen Person zu etwas geht.
Die Sprecher unterscheiden also ganz klar zwischen einer Handlung und einer Tätigkeit. Mir ist unbegreiflich, daß insbesondere Anglisten diesen Unterschied nicht sehen.
Anglisten können durch die Übersetzung des Wortes Aufwand als consumption, viel Aufwand machen als live in grand style, sogar Aufwandsteuer als luxury tax und die Übersetzung aufwenden als expend upon, devote to, und Aufwendung als expenditure, auch employment die Bedeutungsunterschiede vielleicht erahnen.
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Katja Kerns
Das heißt, Spekulationen darüber, ob ... mit dem Kontrast zwischen Aufwendung vs. Aufwand bestimmte semantische ... Unterschiede verbunden sind, sind hier wohl zweitrangig oder fehl am Platz.
Sprache hat sich von den Urworten gerade deshalb so hochkomplex entwickelt, weil die Sprecher Bedeutungsunterschiede transportieren wollten. Ich finde es deshalb unüberlegt, zu behaupten, daß bei der Diskussion der Begriffe Aufwendung / Aufwand und der Schreibweise ihrer Ableitungen Bedeutungsunterschiede fehl am Platz sind.
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Katja Kerns
Dass Nomina aus ganz unterschiedlichen verbalen Stammformen (wend-, wand-) abgeleitet werden, ist in den germanischen Sprachen zumindest normal. Somit dürfte kein großes Geheimnis dahinter stecken, dass es einmal Aufwand und einmal Aufwendung heißt.
Da Sie jedoch hier wieder auf die Sprachentwicklung zurück kommen, bin ich etwas getröstet. Letztendlich ist es tatsächlich kein Geheimnis, insbesondere, wenn man die Sprachgeschichte ein wenig kennt, daß aus einem Stamm zwei Begriffe unterschiedlicher Bedeutung hervorgingen. So hatten Sie es doch gemeint, nicht wahr?
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Katja Kerns
Fazit: Sprachpurismus mag ein schöner Zeitvertreib sein, aber ist am Ende (spätestens mit Untergang der jeweiligen puristischen Sprechergeneration) immer nutzlos. Wandel ist natürlich, gut und unaufhaltsam.
Hier möchte ich mit Ihnen vollkommen übereinstimmen. Ein Begriff, der in der Gesellschaft keine Erscheinung mehr hat, stirbt aus. Dafür werden neue, der Gemeinschaft verständlichere Begriffe gebildet wie z. B. Aufwand. Das bedeutet aber nicht, daß der alte Begriff Aufwendung dem neuen Begriff Aufwand per Dekret überstülpt werden darf.
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Katja Kerns
... Volksetymologien (d.h. etymologisch eigentlich falsche Herleitungen) wie die von aufwändig sind in allen Sprachen an der Tagesordnung, ... selbst wenn das Ergebnis oft logischer Unsinn ist. Eselsbrücken wie diese bedürfen keiner strengen Logik.
Ich halte viel vom Volk, zumindest von der Intelligenz der Sprachgemeinschaft. Vielleicht revidieren Sie Ihre Bemerkung über einen anderen Betrachtungswinkel: Soziologisch ist es ein interessantes Phänomen, daß im gesellschaftlichen Wandel neue Silbenverbindungen oder Wortableitungen erfunden werden, die eine neue gesellschaftliche Erscheinung begrifflich besser fassen können. Mich fasziniert gerade die 'Logik' der Wortveränderungen aus Bedeutungsbruchstücken. Diese Ansicht kann man natürlich nur beweisen, wenn die gesellschaftliche und sprachliche Entwicklung gleichzeitig untersucht und wissenschaftlich festgestellt wird. Leider sind wir heute noch nicht soweit.
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Monika Chinwuba
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