Manipulationen
SCHUL-VOLKSBEGEHREN IN NIEDERSACHSEN
Turbo-Abitur wird Wahlkampfthema
Das Volksbegehren zur Abschaffung des Abiturs nach acht Jahren hat bisher nur ein Drittel der nötigen Unterschriften zusammen. Die Initiatoren sprechen dennoch von Erfolg …
HAMBURG taz | Nur noch drei Tage, dann ist am 2. Mai die vom Land gesetzte Frist für das Volksbegehren für gute Schulen vorbei. Wir werden die erhofften 608.000 Unterschriften bis dahin wohl nicht mehr schaffen, sagt Initiativensprecherin Andrea Hesse. Bei der jüngsten Sichtung im März habe man rund 220.000 Stimmen zusammen gehabt. Zu wenig, um die Hürde der Niedersächsischen Volksgesetzgebung zu überwinden. ….
[Wenn ich die Mitteilung des Schleswig-Holsteinischen Elternvereins richtig verstanden habe, ist das vorrangige Ziel der Initiative „Volksbegehren für gute Schulen“ das längere gemeinsame Lernen, hier gar nicht erwähnt, und die Abschaffung von G8 dafür nur das Zugpferd.]
Volksbegehren: In Niedersachsen gab es bisher sieben Volksbegehren, unter anderem gegen die Rechtschreibreform. Mit 639.219 gültigen Unterschriften war nur das Kita-Volksbegehren von 2001 erfolgreich.
[Auch das Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform wäre erfolgreich gewesen, hätten nicht die damalige Schröder-SPD-Regierung und der regierungsgefällige Wahlleiter Hunderttausende gültiger Unterschriften für ungültig erklärt, weil sie im falschen Wahlkreis abgegeben waren oder das Formular in einer Ecke die Buchstaben V.i.S.d.P trug, weil es wegen Formularmangels aus der Zeitung kopiert war. Zudem wurde willkürlich der Samstag zum Feiertag erklärt, so daß die fristgerechte Abgabe wichtiger Unterschriften „am Werktag“ nicht anerkannt wurde. (In anderer Sache wurde Jahre später verwaltungsgerichtlich der Samstag als Werktag ausdrücklich bestätigt.)
Aber wenn man gefällig sein will, dann kann man das Recht auch in die andere Richtung dehnen:]
Etwas Hoffnung gibt es für die Initiative, die von Elternräten aus ganz Niedersachsen unterstützt wird: Noch ist eine Klage beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof offen. Zwar gibt es laut Anwalt Klaus Rosenzweig noch keinen Termin, aber je nachdem, wie das Gericht entscheidet, könnte die Abgabefrist um bis zu sechs Monate ab Urteilsverkündung verlängert werden.
Der Landeswahlleiter hat deshalb schon mal vorsorglich die Kreiswahlämter angewiesen, auch nach dem 2. Mai noch Unterschriften anzunehmen.
Dennoch scheint das Quorum kaum überwindbar. Für uns sind auch die 200.000 Unterschriften ein großer Erfolg, sagt Hesse. Man habe mit vielen Menschen Gespräche über Bildung geführt und die politische Diskussion beeinflusst….
Doch auch Korter und Reichwaldt nennen die bisherigen 220.000 Unterschriften einen Erfolg. Dies sei nach der Abstimmung über ein Kita-Gesetz im Jahr 2001 die zweithöchste Stimmzahl für ein Volksbegehren, sagt Reichwaldt: Will man wirklich direkte Demokratie, muss man diese Hürde senken.
taz.de 28.4.2011
Siehe auch 22. Mai 1998
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