Viel Feind, viel Ehr'
Es wäre einfach schön und könnte eine echte Diskussion ergeben, wenn wir jeweils auf das antworten würden, was einer sagt und nicht auf das, was man ihm unterstellen will gesagt zu haben.
Wen es interessiert, worauf ich mich beziehe, der möge die Beitrage von Herrn Peil und mir, auch Herr Paulwitz hat beigepflichtet, und die Antworten Herrn Icklers auf diese Beiträge nachlesen. Wer der Ansicht ist, dies würde vom eigentlichen Thema ablenken, kann es natürlich sein lassen und über semantisch-linguistische Lemmatisierungsfragen nachsinnen.
Was wir seit Herrn Icklers neuester Einlassung nun alle wissen, ist daß Herr Peil ihn besser versteht als ich. Woraus er dies schließt, ist sein Geheimnis, Herrn Peils Beitrag läßt eine solche Deutung nicht zu. Es ist für die Diskussion ja auch nicht wirklich wichtig.
Des weiteren besteht die Reaktion auf meinen letzten, zugegebenerweise für meine Verhältnisse relativ gereizten Beitrag, darin, daß er wiederholt, er wolle die Norm des Dudens nicht für alle Ewigkeit hinnehmen. Das wissen wir inzwischen, und wir wollen es auch nicht.
Herr Ickler hält diesen Ansatz offenbar für so genial, daß er gar nicht begreifen kann, daß ihn andere inzwischen auch begriffen haben und für richtig halten.
Dann wird kritisiert, daß »ich gehe davon aus« von Sprachpuristen als Modewort zu Unrecht stigmatisiert wird, und die Kritik wird begründet. Das ist interessant und einleuchtend, hat aber mit meinen Einlassungen nicht das Geringste zu tun. Ich habe kein Wort über Modewörter verloren.
Dann weist er mir einen allerdings scheußlichen Kunstfehler nach: Ich habe nämlich nicht untersucht, ob der Normalverbraucher bei Icklers Einträgen von »selbständig« bzw. »selbstständig« unwillig wird. Ich sehe ein, das hätte ich machen sollen. Man kann sich ja, zumal als Buchhändler und Verleger, keine Vorstellung machen, welche Erwartungen Buchkäufer an ein Buch haben. Entschuldigung, soll nicht wieder vorkommen.
Und Herr Ickler weiß auch, daß ich die drei Wortvarianten im Duden ohne Widerwillen hinnehme, weil er nämlich auch weiß das hat er wissenschaftlich in wiederholten Feldversuchen recherchiert daß ich ein obrigkeitsgeiler Duden-Befehlsempfänger bin.
So und da wird auch der gutmütigste Scherzkeks sauer!
Das war nämlich niemals Inhalt meiner Rede! Sondern ich habe vorgeschlagen, neben der wissenschaftlich unbefleckten Wörterliste (deren Berechtigung ich einsehe, und die auch die etwas spröde und für Laien teilweise nicht immer leicht durchschaubare Darstellungsform haben darf) und auf deren Basis, ein »Volkswörterbuch« zu entwickeln. Da jault ein ordentlicher Wissenschaftler natürlich auf, das ist er sich schuldig. Dabei wird unterstellt, daß das natürlich wieder ein obrigkeitlicher Duden sein müsse, was wir ja ablehnen. Der Zusatz, »ohne die Schwächen des Dudens« wird nicht zur Kenntnis genommen. »Nein, nein und nochmals nein!« fürs Volk wird nichts gemacht.
Es hat nun keinen Sinn, daß ich nochmals darlege, wie ich das alles mir vorstellen könnte. Es hat auch keinen Sinn, daß ich behaupte ohne irgendwelche Feldversuche unternommen zu haben daß der liberale Appell an den Gestaltungswillen etwa dem Schreiner nicht viel hilft, wenn er in einem Wörterbuch für ein Angebot oder was auch immer er nun gerade schreiben will, ein Wort, über dessen Orthographie er sich nicht sicher ist, nachschlagen möchte.
Ich weiß nicht, lieber Herr Ickler, haben Sie nicht genügend Feinde, die Sie ärgern können? Müssen Sie Ihre Freunde auch noch gewaltsam vergraulen, nach dem Motto »Viel Feind, viel Ehr'«?
Das sei Ihnen unbenommen. Sie fragten nach Meinungen zu Ihrem Wörterbuch. Meine wissen Sie immer noch nicht, jedenfalls schließe ich dies aus Ihren Äußerungen. Offensichtlich interessiert Sie diese auch nicht sonderlich. Jedenfalls habe ich versucht, sie zu äußern, und zwar in grundsätzlicher Zustimmung und konstruktiver Absicht. Und meine Ideen halte ich für mindestens so gut wie Sie die Ihren. Und so leicht machen Sie mich nicht zu Ihrem Feind, merken'S Eahna dös.
[Geändert durch Walter Lachenmann am 08.03.2001, 11:37]
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Walter Lachenmann
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