Hans Zehetmair, der Judas der deutschen Rechtschreibung
Ihr Brief vom 18.02.2001
Hans Zehetmaier, der Judas der deutschen Rechtschreibung
Sehr geehrter Herr Lachenmann,
kaum klinkt man sich zwei Wochen aus der Rechtschreibung aus, geht es schon los. Judas, einer der wenigen Lichtblicke des Neuen Testaments, wird mit Hans Zehetmair verglichen. Was hat er denn getan, dieser Judas? Ein paar Stichpunkte zur Erinnerung: Einer von euch wird mich verraten..., Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen... Richtig, das sagte der Herr nicht zu Judas, sondern zu einem anderen, der nach seinem Verrat bitterlich weinen mußte, als der Hahn zwei- oder dreimal krähte im Morgengrauen. Dreißig Silberlinge warf der andere Mann, der angeblich den Menschensohn mit einem Kusse verraten hatte, in den Tempel und erhängete sich an einem Baume. Warum wohl? Doch nicht deshalb, weil er endlich viel Geld bekommen hatte, sondern und hier folgen wir bitte nicht der Überlieferung des Wortes, sondern der Logik (Stichwort: Sündenbock!) weil er offensichtlich seinen geliebten Herrn verloren hatte.
Hans Zehetmair war Altphilologe, Freund und Anwalt des Wortes also, besonders des griechischen und lateinischen Wortes. Er verriet das Wort auch dadurch, daß er als Kultusminister, als Diener der Kultur, in hybrider Weise die lauteren Diener des Wortes, die Kritiker lächerlich zu machen versuchte. Sie seien wohl die letzten Jahre im Ausland gewesen. Wo er sich er sich herumgetrieben habe, sagte Herr Zehetmair nicht. Er verriet nicht nur die Philologie, sondern auch die Kultur. Ich möchte hier nicht mehr weitermachen, sondern auf den biblischen Bezug eingehen, den Sie, Herr Lachenmann, angesprochen haben. Hans Zehetmair erhängte sich Gott sei Dank! nicht an einem Baume, obwohl es bei der sog. Rechtschreibreform um wesentlich mehr Geld ging und geht als damals. Hans Zehetmair weinte auch nicht bitterlich, als er nach kurzer Zeit feststellen mußte, daß er sich offensichtlich hoffnungslos verrannt hatte. Nein, dies ist höchstens ein Winseln, das Sie ansprechen, Herr Lachenmann, ein kniefälliges (ein Superlativ ist hier nicht möglich!) Winseln Hans Zehetmairs in der Akademie der Schönen Künste um die aus eigener Kraft lächerlich gemachte Person, nicht ein Weinen über den erkannten Verrat an den Grundlagen unserer Kultur. Die Hähne krähen seit Jahren umsonst bei ihm. Weder mit Petrus noch mit Judas also sollte dieser Mann verglichen werden, der keinerlei Konsequenzen aus seinem damaligen Versagen gezogen hat. Der Magd, die damals an der Türe stand und fragte, ob er nicht auch einer von den Anhängern der Philologie sei, soll er mit dem veralteten Genitivobjekt geantwortet haben: Ich kenne der Philologie nicht. So ist es und so bleibt es. Was er geschrieben und gesagt hat, das hat er geschrieben und gesagt. Mit Pilatus vergleiche man Hans Zehetmair, wenn überhaupt. In Unschuld wäscht dieser und jener seine Hände, egal was geschieht.
Noch etwas zum Zustand der Lehrer. Am 17. November 2000 habe ich unserer jetzigen bayerischen Schulministerin (der damaligen Magd des Pilatus oder Kaiphas) anläßlich einer infantilen Serie in der Süddeutschen Zeitung über Gymnasien einen Brief geschrieben. Bis jetzt kam noch keine Antwort. Aus dem Brief sei wenigstens der Teil zitiert, der die Rechtschreibung betrifft.
Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus z.H. Frau Staatsministerin Monika Hohlmeier Salvatorstraße 2 80333 München
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Vergangene Fehler nicht wiederholen Dem in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Interview sollte wenigstens ein nüchterner, emotionsloser und wohlüberlegter Artikel folgen, der beabsichtigte Reformen rechtzeitig vorstellt und in der geforderten Freiheit zur Diskussion stellt. Wir haben uns als Lehrer immer noch nicht erholt von der Machtzentrale, d.h. von der demütigenden Pression der uns aufgezwungenen, unnötigen sog. Rechtschreibreform, die neben sprachlichem Unsinn, Ärger, Zwietracht auch immense Kosten verursacht hat und die Kultur und das demokratische Selbstverständnis von allen deutschen Kultusministerien endgültig vertrieben zu haben scheint. Bevor man großartig von Freiheit redet, sollte vorher wenigstens der eindeutige Wille eines Volkes berücksichtigt werden...
Seien Sie herzlich gegrüßt, Her Lachenmann!
PS: Ich würde gerne Du zu Ihnen sagen, wenn ich nicht als treuer und zuverlässiger bayerischer Beamter durch die Rechtschreibreform gezwungen wäre, das großgeschriebene Sie in einem Brief durch das reformierte kleingeschriebene du zu erniedrigen. Es reicht schon, wenn die Lehrer erniedrigt werden. So wie die Lehrer jetzt, so werden die Schüler später sein, Herr Zehetmair, Frau Hohlmeier und Herr Pilatus!
Peter W. Forster, StD Lerchenstraße 9 84137 Vilsbiburg
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