Unser Zeitgeist verlangt Einfalt
Nachdem es Herrn Lachenmayer die Sprache verschlagen hat, Frau Dr.RenateMariaMenges aber das Gespräch wünscht und Herrn Melsa für den qualifizierteren Gesprächspartner (vermutlich und wohl zu Recht auch den mit den besseren mnestischen* Prozessen) erachtet, ergeht der Wunsch an Herrn Melsa, hier für Herrn Lachenmayer einzuspringen, der alle Hände voll zu tun hat, den heruntergefallenen Zirbelholzwandspruch wieder in seiner butzenscheibigen Wohnküche zu befestigen, damit der Haussegen nicht dauerhaft schief hängt.
Sonst tritt nämlich anstelle des bewährten Haussegens ein Fluch in Kraft. Der neue Hausfluch (dann im Hausflur) lautet, kryptisch, wie wir es gerne mögen: Segne Mair am Etaner
Sage keiner, dies sie zikkiger kwatsch. Dies ist wie das dreierles-ß und der spruch »merdagaria« (dieser zwar eine mnestische fehlleistung) ein rest der schrift aus frueheren zeiten. Aus frueheren zeiten wollen wir keine reste mehr haben soviel muss klar sein. Sonst verpassen wir den zeitgeist und der hatte schon immer ewichkeizwert.
*Zwischendurch: Für jemanden, der sich über die Schwierigkeiten in der deutschen Sprache beklagt, ist die Verwendung solcher Begriffe wie »mnestisch« naheliegend. Besonders die im Zentrum unserer Thematik stehende Clientel der SoPädInnen wird sofort begreifen, worum es geht. Alles muß einfacher werden, und die SoPädInnen wollen es uns vorleben, wie.
Beim Versuch, ernst zu werden, kommen mir folgende Gedanken: Vor fast 60 Jahren habe ich lesen und schreiben gelernt, andern fiel es schwerer, zugegeben, aber es herrschte nirgendwo Notstand wie bei Rechnen oder später bei Fremdsprachen. Seit fast 50 Jahren bin ich im Buchhandel und Verlagswesen tätig. Da hat man es naturgemäß täglich mit geschriebenem Deutsch zu tun. Heute noch liegen um mich herum Manuskripte, Bücher, ich lese Zeitungen und bekomme tagtäglich Briefe aus den verschiedensten Quellen.
Von Problemen und Schwierigkeiten wüßte ich viel zu berichten, aber die der Rechtschreibung gehörten zu den geringsten. Vom nüchternen Geschäftsbrief, getippt von einer Sekretärin mit durchschnittlichem Allgemeinwissen, über die viel- und einfältigsten Werbedrucksachen bis hin zu Texten in literarischer oder »wissenschaftlicher Sprache« (Menges Punkt a. [!!!]) herrschte Übereinstimmung in der Orthographie und eine Rechtschreibkorrektheit von 99,91 Prozent.
Notstand herrscht erst, seit es die Rechtschreibreform gibt. Es gibt die unterschiedlichsten Schreibweisen in einer Variantenbreite, die vorher unvorstellbar war. Vieles wird anders geschrieben als vorher, obwohl die Reform das gar nicht vorgibt, nur weil die Leute meinen, jetzt müsse es »neu« so geschrieben und neuerdings, etwa von Rundfunksprechern, auch noch so gesprochen werden («... bevor die Modalitäten nicht fest stehen« (zwei deutlich getrennte Wörter, Betonung auf »stehen«) oder »so genannten« (deutlich als zwei Wörter gesprochen).
Ich widerspreche Herrn Ickler immer besonders gern, weil er nämlich so oft recht hat, daß es nervt. Ich habe ihm also auch im derzeit abhanden gekommenen Forum widersprochen, als er vermutete, Frau dr.gerdamariamenges sei eine »fiktive Person«. Vielleicht war ich damit schon wieder auf dem falschen Dampfer und er auf dem richtigen. Aber wer sollte fraudrgerdamariamenges fingieren?
Nein, ihre Argumente wirken ehrlich, wenn auch seltsam unbekümmert. Wie kommt sie nur auf die Schreibweise »Ein Zurück wirkt deplaziert«? Wo sie sich »stärkere Zuwendung« nicht für ihre Person wünscht, die erbringen wir ja mit Freude, sondern »zum Stammprinzip«! Und wo deplatziert doch viel, viel weniger schwierig und neuerdings sogar »richtig« wäre? Vielleicht hatte sie Sorge, daß bei so dämlicher Schreibweise selbst ihr der Kragen deplatziert? Dann ist sie noch kein hoffnungsloser Fall, und wir sollten ihr die weitere Zuwendung nicht versagen.
Jetzt bitte Sie, Herr Melsa, mir glaubt sie ja doch nichts.
Herr Lachenmayer
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