gerade_stehen
Also bitte, die Herren, wie soll der Eintrag in Ihrem persönlichen idealen Wörterbuch aussehen?
Duden 1991 (hatte ich versehentlich 1996 geschrieben??) schreibt wie gesagt die Zusammenschreibung vor, sowohl für aufrecht stehen als auch für Verantwortung übernehmen. Hatte hier der Duden einer seiner wenigen Fehler, Herr Riebe, oder war das gut so?
Ickler hat den Bogen für beide Bedeutungen. Der besagt, wie wir wissen: Zusammenschreibung ist oft besser, Getrenntschreibung aber nicht falsch. Daran gefällt Ihnen, Herr Lachenmann, jedenfalls die mögliche Getrenntschreibung für die Verantwortung-Bedeutung nicht, obwohl sie nicht selten vorkommt, zum Beispiel vor und nach der Reform, trotz jeweils verbietender Norm, in der Süddeutschen Zeitung, wie Sie jüngst wieder festgestellt haben. Soll nun Herr Ickler mit der Überlegung Kommt zum Beispiel in der SZ regelmäßig vor, stößt aber bei Herrn Lachenmann auf heftiges Mißfallen sein deskriptives Konzept aufgeben und bei dieser übertragenen Bedeutung Zusammenschreibung vorschreiben? Also, was soll Professor Ickler ändern?
Ich halte die Lösung von Professor Ickler in jeder Hinsicht für einwandfrei. (Allenfalls könnte man die Tendenz zur Zusammenschreibung für den Fall verantwortlich sein noch ausdrücklich anmerken, obwohl das im Bogen bereits enthalten ist.)
Zu Herrn Markner: Meine Entgegnung bezog sich nur darauf, daß Sie die Präzisierung vorgeschlagen hatten, Zusammenschreibung sei nur bei übertragenem Gebrauch üblich. Erstens muß, wie ich ausgeführt hatte, auch bei übertragenem Gebrauch das ursprüngliche Bild nicht ausgelöscht sein, sondern kann voll und ganz als solches verwendet werden, so daß man bei übertragenem Gebrauch allenfalls ein Motiv zur differenzierenden Schreibung bekommt, aber keinen Zwang. Und vor allem meinte ich: Der dumme Eintrag im Duden von 1991 obligatorische Zusammenschreibung auch für aufrecht stehen zeigt, daß das Motiv zur Zusammenschreibung schon längst vor dem übertragenen Gebrauch beginnt. Das dürfte an der Konkurrenz mit gerade = soeben, nicht gerade = wohl kaum liegen, wo nicht nur die Bedeutung ganz anders ist, sondern auch die Betonung. Hier kann eine Verwechslung drohen, eine falsche Betonung muß aber nicht!! Das hängt ganz vom Kontext und von der jeweiligen Syntax ab! Wie gesagt, gerade bei für (ein Problem) gerade stehen hat der Leser wohl kaum Probleme!
Duden hat in diesem speziellen Fall gerade_stehen das Betonungskriterium herangezogen, um die Schreibung für den Leser idiotensicher zu machen mit all den gigantischen Nachteilen im Gesamtkontext der Einzelfallfestlegungen, die Herrn Riebe trotz hundertfacher Belehrung, wie zu erwarten war, immer noch nicht klar sind. Außerdem ist die Behauptung, der Duden habe den Schreibgebrauch realistisch dargestellt, in bezug auf die Einzelfallfestlegungen schlicht und ergreifend Blödsinn. Auch das ist hundertfach gezeigt worden.
Auch Herr Lachenmann scheint diese Nachteile nicht verstanden zu haben, obwohl er die lehrreichen Auseinandersetzungen zwischen Professor Ickler und Herrn Riebe lobt. (Mir ging das nach kurzer Zeit nur noch auf die Nerven, weil Herr Riebe immer dasselbe sagt: Beliebigkeitsschreibung.) Oder für was wollen Sie sich denn nun entscheiden, Herr Lachenmann: Was soll in dem Wörterbuch stehen, das Sie gut finden? Es ist ja ganz schick, mit großer Ausdauer an Professor Ickler herumzukritisieren, abwechselnd mit inhaltlichen Anmerkungen (Verkaufschancen) und gruppendynamischen Erwägungen (zuviel Verehrung sei schlecht), aber wie wäre es mit der konkreten Bearbeitung nur weniger Lexikoneinträge? Daran ist zum Beispiel Herr Riebe noch jedesmal gescheitert, wie übrigens ja auch die Reformer.
Wolfgang Wrase München
|