Wenn man sich die Vorgänge um den Spinnefeind noch einmal durch den Kopf gehen läßt, kann man sich nur noch an denselben greifen.
Zuerst also folgten die Rechtschreibreform dem Einfall des sprachwissenschaftlich sehr inkompetenten Gerhard Augst und deuteten die Adjektive feind, spinnefeind und todfeind zu Substantiven um. Daß sie dabei die äußerst merkwürdige Konstruktion Du bist mir Feind (sonst, freilich gehoben: Du warst mir Vater und Mutter, aber kaum, oder sehr, sehr gehoben: Du warst mir Vater). Immerhin hätten sie merken müssen, daß ein Todfeind (auf der ersten Silbe betont), nicht dasselbe ist wie todfeind (mit Betonung auf beiden Silben, so stand es ja auch nach wie vor im Wörterbuch). Letzteres fällt unter die Volkssuperlative wie steinreich, stocksauer, arschkalt usw.
Der zweite Streich: Augst sah unter dem Eindruck der Kritik ein, daß es ein Substantiv der Spinnefeind nicht gibt. Folglich erlaubte er, daß dieser Mißgriff, aber wirklich nur dieser, rückgängig gemacht wurde. Seither verzeichnen die Wörterbücher also wieder spinnefeind, aber Feind und Todfeind blieben, letzteres mit zwei Akzenten, außer im ÖWB, wo es ununterscheidbar mit dem vorn betonten Todfeind zusammengeworfen ist.
Das Erschütternde ist, daß die deutschen Wörterbuchmacher jeden Augenblickseinfall des einzigen Herrn Augst sofort in ihre Bücher aufnehmen, von wo aus sich dann die gesamte Verlagsproduktion mit Ausnahme der paar Widerstandsnester entsprechend anpaßt.
Was für willenlose Narren müssen aber auch die übrigen Kommissionsmitglieder sein! Ob der famose Beirat Abhilfe schaffen wird? Aber kann die Kommission überhaupt noch als ganze tagen? Nach der Aufkündigung des zwischenstaatlichen Konsenses wegen des Beirats ist es kaum noch denkbar.
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Th. Ickler
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