Erbauliches
Bei Kant hat die Sache noch ein gewisses intellektuelles Niveau, auch wenn weiterhin Schopenhauers Satz gilt, daß Moral-Predigen leicht, Moral-Begründen schwer ist. (Eher unmöglich, würde ich sagen, weshalb man ja auch Moralphilosophisches meistens gleich weglegt, es ist schier zum Gähnen. Das Moralische versteht sich eben von selbst oder gar nicht.) Aber eine wohlklingende Phrase im Predigerton (auf Erden!) kommt hierzulande immer gut an und wird unvermeidlicherweise preisgekrönt. Man soll also immer an die Nachwelt denken und nicht nach dem Motto Nach uns die Sintflut! handeln. Das ist doch nett, nicht wahr? Aber ist es wert, ausgesprochen zu werden? Und gar als Ergebnis jahrzehntelangen Philosophierens auf Briefmarken verewigt zu werden? Und dann wird die unübertreffliche Trivialität noch durch den sehr wissenschaftlich klingenden Ausdruck Permanenz vernebelt, eine Geschmacklosigkeit ersten Ranges.
Manchmal frage ich mich, wie ein Mensch dazu kommt, seine Mitbürger mit solchem Gewäsch zu belästigen. Das gilt natürlich auch für Weihnachtsansprachen hoher Politiker, die ja auch nicht dafür bezahlt werden, daß sie erbauliche Reden vortragen.
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Th. Ickler
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