Gegenpapst – dank der ‚Rechtschreibreform‘
Fehlerbehebung für den Unfehlbaren
Postbeamter korrigiert Papst-Schriften
Seine große Leidenschaft für die deutsche Sprache verhilft einem Postbeamten aus Regensburg zu einer unverhofften Karriere. Der Postobersekretär ohne akademischen Abschluss berichtigt Rechtschreibfehler in den Schriften des Heiligen Vaters.
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Im Gegensatz zum Papst hält sich Christian Stang nicht für unfehlbar.
Er hat kein Abitur, Christian Stang ist Postobersekretär. Die Leidenschaft für Rechtschreibung und Grammatik macht ihn dennoch zu einem angesehenen Experten der deutschen Sprache...
Selbst der Heilige Vater nimmt den Rat des 37-Jährigen in Anspruch. Er korrigiert für das Institut Papst Benedikt XVI. in Regensburg die Gesammelten Schriften des Theologen, Kardinals und Papstes Joseph Ratzinger, der viele Jahre in der Domstadt als Theologie-Professor gelehrt hatte. Seitdem nennen manche Medien Stang gar den Rechtschreibpapst. Er selbst hört das gar nicht gerne. Schließlich bedeutet Papst für mich Unfehlbarkeit, und unfehlbar bin ich nicht.
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Karriere dank Rechtschreibreform
... Mit 18 Jahren entdeckt er in einem Rechtschreib-Ratgeber mehrere Fehler und schreibt an den Verlag. Dieser reagiert keineswegs pikiert, sondern bietet Stang an, bei einer Neuauflage mitzuarbeiten. Die Rechtschreibreform 1996 wird für ihn zum Glücksfall. Seitdem steht sein Name in etwa 30 Regelbüchern zur deutschen Sprache.
Normalerweise ist ein akademischer Abschluss für die redaktionelle Arbeit beim Dudenverlag Voraussetzung nicht so beim Postbeamten Stang. Wichtig ist die Qualität der Arbeit, sagt der Redaktionsleiter beim Duden-Verlag in Mannheim, Werner Scholze-Stubenrecht. Stang habe eine besondere Gabe, die nicht unbedingt an der Universität gelehrt werde. Er kann komplexe Sachverhalte sehr vereinfacht und verständlich darstellen, erläutert Scholze-Stubenrecht.
2011 hat Stang für seine Verdienste um die Pflege und den Erhalt der deutschen Sprache die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Nicht minder stolz ist er aber auf ein Dankesschreiben von Papst Benedikt XVI. Ich habe dem Heiligen Vater vor Jahren ein Deutsch-Italienisches Taschenwörterbuch geschenkt, weil ich dachte, er könnte es gebrauchen. Und in der Tat: In dem Dankesbrief betont Benedikt XVI., dass er bei der Vorbereitung von Texten immer wieder einen Blick in das Buch wirft.
n-tv.de 16.10.2012
Korrigiert er auch den Papst selbst auf „alt“ oder bearbeitet er nur für die Bischofskonferenz die Textfälschungen?
Nachtrag am 18.10.:
Mit dem n-tv-dpa- Bericht soll beim flüchtigen Leser der Eindruck erweckt werden: Der Papst bedankt sich gerührt beim genialsten Mitarbeiter des Duden-Verlages dafür, daß dieser ihm bei der Korrektur seiner fehlerhaften Rechtschreibung behilflich ist.
Tatsächlich aber geht es um folgendes:
Die deutsche Bischofskonferenz entblödet sich nicht, das gesamte Lebenswerk Josef Ratzingers in die von den sechzehn Kulturbanausen durch Schülergeiselnahme erpreßte Reformschreibung umzufälschen – aus Angst, der hochtheologische Text könnte unmodern aussehen oder gar in den Schulen nicht gelesen werden dürfen. Dazu mußten die Bischöfe außer acht lassen, daß das Bundesverfassungsgericht, um sein parteiisches Versagen zu vertuschen, zu seinem bekannten Urteil noch 1999 nachgeschoben hatte, daß bei Verwendung der herkömmlichen Rechtschreibung „Nachteile … nicht zu besorgen“ seien. Die Amtskirche hechelt bekanntlich seit langem allen Modernismen nach, um damit den altertümlichen Kern ihrer Verkündigung vergessen zu machen. Vermutlich hat man sich dazu an den Dudenverlag gewandt, der werbeträchtig seinen emsigsten freien Mitarbeiter empfohlen hat, um diese nichtnutzige Arbeit zu unterstützen. Da dieser schon früher den Papst in andrer Sache belemmert hatte, kann nun das damalige formelle Dankschreiben präsentiert werden, als handle es sich auch um einen Dank für die Mitarbeit an der reformierenden Textverfälschung.
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