Theodor Ickler schrieb:
Ob ein Bindestrich und ob Anführungsstriche gesetzt werden, ist eine Frage der Orthographie (im weiteren Sinne, es gibt auch viele Autoren, die von Orthographie UND Zeichensetzung sprechen). Ob die Anführungszeichen oben oder unten stehen und wie lang der Gedankenstrich ist, gehört dagegen zur Typographie. Das Textprogramm fragt ja auch, ob es bei der Autokorrektur typographische Anführungszeichen einsetzen soll.
Lieber Herr Professor Ickler,
ja, es stimmt, daß Rechtschreibung und Zeichensetzung auch im Schulunterricht zuweilen unterschieden wurden; deren Fehler wurden gesondert gekennzeichnet (allerdings letztlich gemeinsam gezählt).
Ihre Aussage
> Ob die Anführungszeichen oben oder unten stehen ..., gehört dagegen zur Typographie.<
steht mindestens im Gegensatz zum Duden und auch zu Ihrem eigenen Wörterbuch; im Duden, 17. Auflage, Mannheim 1973, heißt es (durchaus angreifbar):
„Die Zeichen „ “ , ‘ “ ” ‘ ’ werden in der Handschrift und bei der Schreibmaschine verwendet. Im deutschen Schriftsatz erscheinen „ “ oder » « , in sprachwissenschaftlichen Arbeiten außerdem ‘ ’.“
Die 16. Auflage, Leipzig 1974, ist überaus deutlich darin:
„Sie [die Anführungsstriche] werden im deutschen Schriftsatz sowohl in der Form „...“ als auch in den Formen »...« und «...» und in der Form der halben Anführungszeichen ,...‘ verwendet.“ (S. 670)
Ihr eigenes Rechtschreibwörterbuch, St. Goar 2000, zeigt nur diese „...“ Anführungszeichen (S. 62). Ebenso die neueren Duden.
Meinen Sie nicht, daß wir von unserer Schreiblehrkraft einen Fehler angestrichen bekommen hätten, wenn wir die Anführungszeichen so ”...“ oder so “...„ gesetzt hätten? (Handschriftlich habe ich niemals jemanden letzteren Fehler machen sehen.)
> ... wie lang der Gedankenstrich ist, gehört dagegen zur Typographie. <
Das ist richtig, doch um die Länge des Gedankenstriches ging es nicht (die bekanntlich von Zeichensatz zu Zeichensatz schwankt), sondern um den Unterschied von Bindestrich und Gedankenstrich.
In etlichen Zeichensätzen hat der Bindestrich die Form eines sehr kurzen, etwas schrägen Gleichheitszeichens; da darf man nicht einfach Gedankenstrich und Bindestrich vertauschen.
Und zur (rechtschreiblichen) Zeichensetzung gehört auch, wie ich für margel erläutern wollte, wann ein Leerzeichen vor oder nach einem Satzzeichen kommt ;es ist sicherlich keine Frage der Typographie ,wenn jemand den Leerschlag auf die falsche Seite setzt oder den Bindestrich mit Leerschlägen umgibt ,oder ?( Das haben wir alles schon gesehen !)
Anders ausgedrückt:
Ich finde es unkollegial von Ihnen, wenn Sie in dieser Sache die Volksbildungsbemühungen der wenigen hier verfügbaren Fachleute unterlaufen.
Auch die richtige Setzung der Anführungszeichen ist ein schützenswertes Kulturgut; und daß jedermann sich für den Preis eines besseren Fahrrades bei Aldi eine vollgültige Setzanlage kaufen kann, sollte doch nicht dazu führen, daß unsere Schreibkultur Schaden leidet; im Gegenteil sollte durch Fortbildung die Sachkenntnis zunehmen.
Sie schreiben:
>Das Textprogramm fragt ja auch, ob es bei der Autokorrektur typographische Anführungszeichen einsetzen soll.<
Ich dagegen meine, daß sich mit einem solchen Rechner-Zitat kaum ein Wahrheitsbeweis führen läßt.
William Gates kommt aus einer Rechtsanwaltfamilie und steht auf Kriegsfuß mit der Schreibkunst; bei seinem Microsoft Word ist „Reform“schreibung voreingestellt, seit Jahrzehnt lassen sich dort die Sonderzeichen nicht vernünftig erreichen; aber sie lassen sich erreichen.
Lieber Herr Lachenmann,
mit Bedauern nehme ich zur Kenntnis, daß Sie, der gelernte Schriftsetzer, inzwischen sich mit den Microsoft-Vorgaben zufrieden geben; warum? HTML und Tex („täch“) haben doch alles, was das Schriftsetzerherz begehrt!?!
Sie schreiben:
> Stöberer ... klingt in diesem Zusammenhang aber doof.<
Das ist eine Dimension der sprachwissenschaftlichen Betrachtung, die außerhalb meines Begriffsrahmens liegt: “We’ll call this tool a browser.” – „Das klingt in diesem Zusammenhang aber doof“ ... ist das ein Maßstab?
Liebe(r) margel,
> Frei nach Hitchcock... nach dem ein Verbrechen ein Stein ist, den man in einen ruhigen Teich wirft, lasse ich gern mal etwas fallen, was dann zu meiner großen Freude stets wieder überraschend viele ernste und auch weniger ernste Reaktionen hervorlockt.<
Au weia, das möchte ich doch etwas hinterfragen: Wenn andere Leute in gleicher Weise in ruhige Teiche Steine plumpsen lassen, erzeugt das dann auch in Ihnen zuverlässig große Freude? Genauer gefragt: Würden Sie es darin auf einen Wettbewerb ankommen lassen, wer mit welcher Steingröße bei wem wieviel Freude erregt?
Hat nicht Professor Augst in ebendiesem Sinne seinen Antrieb zur Rechtschreib„reform“ beschrieben?
Und den anderen Gedanken hat vor Ihnen schon Herr Lachenmann ausgedrückt:
> Stöberer statt Browser finde ich albern. <
Wenn einer Ihrer Schüler eine solche Stellungnahme abgegeben hätte, hätten Sie ihm dann schulterklopfend gesagt: „Ja, das ist eine reife Stellungnahme“?
Wir sollten diese Dinge klären.
Herzlichen Gruß und guten Abend!
__________________
Walter Wittkopp
|