Friede, Freude - Eierkuchen ist leider alle!
Ich möchte mich bei allen, die ich mit meinem inzwischen vernünftigerweise von der Regie wieder gelöschten Beitrag vom vergangenen Freitag geärgert oder gar gekränkt habe, aufrichtig entschuldigen. Ich will jetzt auch nichts beschönigen, rechtfertigen oder nachkarten, aber sofern dies möglich ist um ein Minimum an Verständnis bitten. Wer zum Beispiel Fußballspiele verfolgt, der weiß, daß die ganz groben Fouls selten aus heiterem Himmel kommen, sondern es vorher schon einiges Gerangel und eher unauffällige Fouls gegeben hat. Und dann platzt dem einen plötzlich der Kragen, ohne daß man den direkten Anlaß dafür so recht erkennt.
Der Anlaß in diesem Fall war der Vorwurf der Unehrlichkeit. Es gibt Stichworte, da gehen auch mir Langmut und Humor aus, dazu gehören eben Ehrlichkeit, aber auch Sachen wie Freundschaft, Faschismus und Antisemitismus und noch einiges mehr. Nicht daß ich mir da was drauf einbilde, denn dies ist bei allen ernstzunehmenden Menschen so, deshalb wird man mir eine Überempfindlichkeit bei diesen Themen hoffentlich nachsehen können. Und hier schien mir in letzter Zeit von gewisser Seite doch ein bißchen viel zugemutet worden zu sein, vielleicht habe ich da auch manches überinterpretiert, kurzum: der Kragen platzte.
Ich wiederhole also meine Bitte um Entschuldigung, in ausgeruhtem Zustand wäre dieser Beitrag von mir nicht geschrieben worden.
Die ganze Auseinandersetzung ist ja in Wirklichkeit nicht nur ärgerlich, sondern auch völlig überflüssig. Sie hat mit der Sache, die hier eigentlich verhandelt wird, nicht das Geringste zu tun, es ist eine rein persönliche Unverträglichkeit. Ich hatte Herrn Wrase deshalb auch vor einiger Zeit gebeten, mich künftig einfach in Ruhe zu lassen, und ihm angeboten, es meinerseits umgekehrt auch so zu halten. Beide haben wird das nicht geschafft.
Der ärgerliche Vorfall hat bei mir aber zu einer sicherlich hilfreichen Erkenntnis geführt: Wenn wir beide weiterhin in diesem Forum mitwirken, ist die Gefahr groß, daß sich diese gruppendynamischen Kollateralschäden wiederholen und nicht nur das Klima, sondern auch die Konzentration auf das Thema beeinträchtigen. Die Mitwirkung von Wolfgang Wrase, vor dessen Sachkenntnis und Sprachsensibilät ich schon immer großen Respekt hatte, ist für die Reformkritik von unschätzbarem Wert, ich meine das völlig ernst. Es wäre einfach dumm, wenn hier immer wieder persönliche Animositäten wie gehabt nicht allein den Blick für die gegenseitige Argumentation verstellen würden, sondern auch nach außen hin der Eindruck eines völlig zerstrittenen Haufens entstünde. Der Witz ist ja, daß ich weder mit ihm, geschweige Herrn Ickler irgendwelche grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten in der Sache habe, im Gegenteil, nur eben manchmal an so einiges, was hier von unseren Experten geäußert wird, meine skeptischen Fragezeichen anbringe. Es ist für den interessierten Laien nicht sehr erbaulich, wenn die Reaktionen darauf kärglich herablassend bis zornentbrannt sind, umso beglückender aber, wenn die Experten was ich hier auch schon erlebt habe einige Wochen später die kritischen Gedanken plötzlich auch fassen und sich gegenseitig dazu beglückwünschen. Aber lassen wir das.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich verabschiede mich hiermit von diesem Forum. Seit über zwei Jahren habe ich mich hier eifrig beteiligt, viel gelernt und viel gelacht, habe ein bißchen wohl doch auch dazu beigetragen, daß manches Sinnvolle geschah, so z.B. eine Konzentration auf das Sprach- und Orthographiethema ohne Nebengeräusche sprachpatriotischer und bräunlicher Art, und vor allem habe ich sehr viele außerordentlich beglückende Bekanntschaften geschlossen, man kann sicherlich auch in einigen Fällen von Freundschaften sprechen.
Der Reformkritik bleibe ich durchaus erhalten. Denn nicht weniger wichtig als die Diskussion in diesem Forum ist die aktive Bemühung, im Alltag wo auch immer darauf hinzuwirken, daß das Bewußtsein für die Sprachzerstörung, die mit der Rechtschreibreform eingetreten ist, wach bleibt oder wach wird und daß man die Menschen dazu ermutigt, ihrer in den meisten Fällen ja eher gefühlsmäßigen Ablehnung zu trauen und sich diesem öffentlichen Druck selbstbewußt zu verweigern. Hierfür gibt es viele Betätigungsfelder, und in meinem beruflichem Umfeld als Verleger ist mir hier schon einiges gelungen, viel zu wenig allerdings, leider. Und es geschieht ja auch manches, ich denke speziell an eine noch im Entstehen begriffene Initiative von hoher Professionalität, deren Geschicke ganz wie die unseres deutschen Volkes in bester, sehr ruhiger Hand liegen. Kurzlebig, wie unsere Zeiten nun einmal sind, gibt es nun vielleicht ja doch keinen scheidenden Finanzminister, was allerdings einer kleinen Rechtschreibreform gleichkäme, denn alle Wörterbücher müßten bitte schön neu geschrieben werden. Weshalb eigentlich? Irgendwas war da mal.
Mit den herzlichsten Grüßen verabschiedet sich, mit nochmaliger Bitte um Nachsicht für manchmal vielleicht doch wohl allzu strapaziösen Über- und Unmut in den vergangenen Monaten und Jahren.
Ihr Walter Lachenmann
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Walter Lachenmann
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