Beifall ja, aber Mithilfe nein! Was soll werden?
Hat Theodor Ickler recht? Ist die Bevölkerung nicht handlungsfähig? Die Bevölkerung kann zwar mit politischen Mitteln gegen die Politik kaum etwas ausrichten, solange es auf Bundesebene keinen Volksentscheid gibt und auf Landesebene die Hürden für Volksbegehren in den meisten Bundesländern unüberspringbar hoch sind. In Schleswig-Holstein hatte man zwar für das Volksbegehren ein halbes Jahr Zeit, um 5 Prozent Stimmen zu sammeln, und der anschließende Volksentscheid fand am Tag der Bundestagswahl statt. Aber solche günstigen Bedingungen gibt es in keinem anderen Bundesland. Aber wenn viele kleine Leute viele kleine Dinge tun, dann können sie die Welt verändern. Jeder kann an seinem Platz etwas tun, wenn er ein klein wenig Zivilcourage entwickelt. Daran aber herrscht großer Mangel.
Weiß jeder Bürger über die Rechtschreibreform Bescheid? Ich bezweifle, daß die Bevölkerung über die Rechtschreibreform und deren Folgen ausreichend Bescheid weiß; denn selbst die Reformer und die Kultusminister und die meisten Politiker haben erhebliche Wissenslücken z.B. über die Verstöße der Rechtschreibreform gegen sprachliche, demokratische, wirtschaftliche und pädagogische Grundsätze. Die Erfahrung zeigt, daß weder Lehrer noch Journalisten sich das nötige Wissen angeeignet haben. Außerdem zeigt sich, daß die Kampagnen der Reformer, Kultusminister und deren Lobby zu einer enormen Desinformation geführt haben. Deswegen ist es nötig, daß der VRS laufend weiter informiert und aufklärt. Hierbei ist mit einem Time lag, d.h. einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Jahren zu rechnen, da die Kräfte der Aufklärer sehr beschränkt sind.
Geeignetere Zielgruppen sind natürlich, wie Professor Ickler hervorhebt, in erster Linie Verleger und ähnliche Leute, d.h. die Eigentümer der Medien und die Schreibberufler, auf deren Mitarbeit die Medienzaren angewiesen sind: Wissenschaftler, Schriftsteller und Journalisten. Ich zähle dazu aber auch die Kultusminister und Politiker, die in Schlüsselpositionen sitzen, sowie die Verbandsspitzen. Insofern ist die Frankfurter Buchmesse ein geeigneter Ort, Information und Aufklärung zu betreiben, wie Reinhard Markner anmerkte. Ickler: Alles andere ist Vergeudung von Kraft und Zeit und Geld. Richtig, denn es gibt nur wenige aktive Bürger, die die nötige Zivilcourage, die nötige Bereitschaft, das Stehvermögen und die Zeit haben, sich gegen die unsinnige Rechtschreibreform zu wehren. Und diese wenigen Bürger müssen mit ihren Kräften und finanziellen Mitteln haushalten.
Diese wenigen mutigen Bürger gilt es zu finden, zu sammeln, zu aktivieren und im VRS zu organisieren. Christian Melsa hat recht: Solange anhaltender Protest nur von den immer gleichen "üblichen Verdächtigen (Leuten wie uns) kommt, werden sich die entscheidenden Institutionen, die sich bislang schon nicht zu einem Abbruch der Reformtreue bewegen ließen, dies auch weiterhin nicht tun. Solange jeder sein eigenes Süppchen kocht, wird sich nicht viel ändern. Also müssen sich immer mehr mutige und engagierte Bürger im VRS solidarisieren. Nur dadurch entsteht die nötige Stoßkraft, die für eine Veränderung nötig ist.
Die Agitationszentrale der Rechtschreibreform, das Institut für deutsche Sprache (IDS), Mannheim, hat Angst, den VRS in seinem Handbuch Förderung der Sprachkultur in Deutschland zu erwähnen, in dem alle möglichen Sprachvereine aufgeführt sind. Auch die Medien schweigen das Thema Kampf gegen die Rechtschreibreform weitgehend tot. Keine Tageszeitung berichtete über die Verleihung des Deutschen Sprachpreises am 21. September in Weimar an Theodor Ickler. Auch ich messe Zeitungsartikeln und Leserbriefen sehr viel mehr Gewicht zu als den Straßenaktionen, weil sie mehr Breitenwirkung haben. Hier sollten insbesondere gezielt die etwa 250 reformfreien Zeitungen und Zeitschriften (http://gutes-deutsch) angeschrieben werden, damit sie Artikel und Leserbriefe drucken. Unsere Internetseiten http://www.rechtschreibreform.com/ und http://www.deutsche-sprachwelt.de/ enthalten hierfür viele Anregungen. Außerdem sollten alle mithelfen, weitere reformfreie Medien im In- und Ausland aufzuspüren und dem Betreuer der Netzseite Jürgen Frielinghaus zu melden.
Allerdings zeigt sich in Straßenaktionen der Widerstand in der Öffentlichkeit deutlicher, zumal es einiger Zivilcourage Betroffener bedarf, öffentlich zu protestieren. Leider halten sich die meisten Lehrer, Journalisten und erst recht Wissenschaftler vornehm zurück. Um so beeindruckender ist es daher, wenn es einige Mutige dennoch tun. Deshalb sollte man auch auf Straßenaktionen nicht ganz verzichten, um schlummernde Zivilcourage und Kräfte zu wecken.
Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen! (VRS)
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