Schluß mit der Abgabe von/für Demokratie!
„Liberale Rundfunkordnung“
Wie privatisiert man ARD und ZDF?
Drei Gutachter legen einen Plan zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor: Kosten runter, Politiker raus und dann ab in den Wettbewerb – fertig ist die „liberale Rundfunkordnung“.
22.05.2015, von Michael Hanfeld
Stellen wir uns vor, ARD und ZDF hätten nicht rund 7,5 Milliarden Euro Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag pro Jahr. Stellen wir uns vor, der Rundfunkbeitrag hätte nicht einen Überschuss von 1,5 Milliarden, gerechnet auf vier Jahre, erbracht. Stellen wir uns vor, der öffentlich-rechtliche Rundfunk würde nicht Bundesliga, Champions League und WM und EM zeigen. ...
Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre der Heine-Universität Düsseldorf, einstiger Vorsitzender der Monopolkommission, Christiane Kehder und Ina Loebert stellen es sich vor.... Die drei Gutachter schlagen eine radikale Reform der Rundfunkordnung vor und finden ein Vorbild am anderen Ende der Welt – in Neuseeland...
„Deutschland hat den größten und teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt.“ ...
Die Theorien eines „Marktversagens“, die immer noch herangezogen werden, um die Ansprüche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu begründen, seien allesamt „nicht mehr anwendbar“. Umso verwunderlicher sei, dass dies „zu einer noch weiteren Expansion und aktiven Verdrängung privater Inhalte, insbesondere im Internet“, geführt habe. Für ebenso verwunderlich halten die Gutachter, dass die Durchschnittskosten mit steigenden Zuschauerzahlen eigentlich sinken müssten und damit auch der Beitrag, den ein jeder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entrichten hat. ...
Der internationale Vergleich zeigt indes, dass dies nicht der Fall ist...
Doch nicht das krasse finanzielle Missverhältnis ist es, das die Gutachter Kehder, Loebert und Haucap nach Neuseeland als Vorbild für einen profund gestalteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk schauen lässt...
Der Vorschlag der Gutachter lautet: ARD und ZDF werden weitgehend privatisiert ....
Welch eine Vorstellung: ARD und ZDF müssten den Wettbewerb ohne den 7,5-Milliarden-Euro-Beitragsvorsprung aufnehmen. In ihren Rundfunk- und Verwaltungsräten säßen nicht mehr Politiker zuhauf, die Ministerpräsidenten bestimmten nicht mehr die Medienpolitik, kurz: Der ganze Komplex löste sich auf. ARD und ZDF bekämen nicht mehr den inzwischen als „Demokratieabgabe“ verbrämten Zwangsbeitrag, sondern müssten sich dem Publikum wirklich als besonders wertvoll erweisen. Die Gutachter wissen, dass ihr Vorschlag angesichts der hiesigen Verhältnisse utopisch ist. Sie verstehen ihre Ausarbeitung als Denkanstoß. Den hat die deutsche Rundfunkpolitik nötig.
faz.net 22.5.2015
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