Wörter-Alarm
Die Correctness-Hysterie hat nach dem Feminismus durch die Gender-Ideologie noch einmal einen kräftigen Schub erhalten. Heerscharen von Correctness-Gouvernanten werden von den Medien aufgeboten, um dem Volk den erwünschten Neusprech als moralisch unumgänglich beizubringen. Die „Zeit“ (25.2.16) tut sich bei solcherlei „Fortschritt“ immer besonders hervor:Vorsicht vor diesen Wörtern
Wie werden wir durch Begriffe wie Flüchtling manipuliert, und wie können wir das ändern? Ein Gespräch mit der Linguistin Elisabeth Wehling ...
ZEIT: Lassen Sie uns über Wörter sprechen. Was fällt Ihnen aktuell in der Flüchtlingsdebatte auf?
Wehling: Allein schon das Wort Flüchtling. Das ist ein Frame, der sich politisch gegen Flüchtlinge richtet.
ZEIT: Wie kommen Sie darauf?
Wehling: Die Endung "-ling macht diese Menschen klein und wertet sie ab. Denn das Kleine steht im übertragenen Sinn oft für etwas Schlechtes, Minderwertiges. Denken Sie an Schreiberling oder Schönling. Ein eigentlich positiv besetzter Begriff wie schön wird durch die Endung ins Negative verkehrt. Außerdem ist der Flüchtling männlich – und damit transportiert dieses Wort sehr viele männliche Merkmale: Der Flüchtling ist eher stark als hilfsbedürftig, eher aggressiv als umgänglich.
ZEIT: Neutraler wäre es also, von Geflüchteten zu sprechen?
Wehling: Ja, oder von den Flüchtenden. Dem flüchtenden Mann, der flüchtenden Frau, dem flüchtenden Kind. Das wäre eindeutiger. Und nicht abwertend.
zeit.de 25.2.2016 Der Linguist Peter Eisenberg sagte dagegen in der FAZ: „Die beiden Wörter bedeuten nicht dasselbe. Auf Lesbos landen Tausende von Flüchtlingen, ihre Bezeichnung als Geflüchtete ist zumindest zweifelhaft. Umgekehrt wird auch ein aus der Adventsfeier Geflüchteter nicht zum Flüchtling.“
Daß die Endung –ling abwertet oder Menschen klein macht ist Unsinn. Sie bezeichnet meist jemanden oder etwas Werdendes oder Gewordenes. Eine etwaige Abwertung steckt im Wortstamm: Abkömmling, Ankömmling, Bitterling, Bläuling, Bleichling, Blödling, Breitling, Bückling, Drilling, Dümmling, Edeling, Eindringling, Engerling, Erstling, Fiesling, Findling*, Fingerling, Flüchtling, Fremdling, Frischling, Frühling, Füßling, Günstling, Hänfling, Häuptling, Höfling, Impfling, Jüngling, Keimling, Kümmerling, Lehrling, Liebling, Miesling, Mischling, Neidling, Neuling, Pfifferling, Prüfling, Rohling, Säugling, Sämling, Schädling, Schmetterling, Schößling, Schönling, Schreiberling, Schützling, Schwächling, Setzling, Sonderling, Sperling, Sprößling, Stichling, Täufling, Teigling, Weichling, Widerling, Wildling, Winzling, Wüstling, Zögling, Zwilling Meine jüngste Tochter hatte als Achtjährige einmal von dem Matratzenlager der Kinder als dem „Gelege“ gesprochen, in dem „wir Frühlinge“ toben – vollkommen sinnvolle Wortschöpfungen.
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