25 Jahre Rechtschreib„reform“
Der Zwangsgebührensender „Deutschlandfunk“ gedachte am 1. Juli 2021 des 25jährigen Jubiläums der Unterzeichnung der „Absichtserklärung“ zur Durchsetzung der Rechtschreibreform am 1. Juli 1996 in Wien.
Vorausgegangen waren fast 100jährige Quengeleien von Wichtigtuern und Schreibheilspropheten (einschließlich der Nazis), die die Kultusminister nach dem Scheitern des „keiser-im-bot“-Anschlags von 1973 dazu verleiteten, wieder eine private Kampftruppe von Kleinschreibern einen Reformvorschlag ausarbeiten zu lassen.
Das linke Ziel war eigentlich die Abschaffung der Substantivgroßschreibung. Da man Widerstand befürchtete, beschränkte man sich zunächst auf die Umfunktionierung der deutschtypischen ß-Schlußligatur nebst begleitendem, teilweise üblem Kleinunfug, um alle bisherige Literatur alt aussehen zu lassen.
Die betriebsame Ministerpräsidentin S-H, Heide Simonis, drängte auf Ergebnisse, fand den Vorschlag zunächst unannehmbar und stimmte schließlich nach unbekannten „Verbesserungen“ mit ihren Kollegen zu – auch mit dem bayerischen MP Stoiber, obwohl es seine „Herzensangelegenheit“ nicht war. Für seinen Kultusminister Zehetmair hatte schon dessen Pressesprecher Bertelsmann-Schmid die uneingeschränkte Zufriedenheit seines Chefs verkündet.
In Wien mußte der Staatsekretär Lintner für die Bundesrepublik als Vertreter von Kohl und Kanther die „Absichtserklärung“ unterzeichnen, und pro forma auch der heute vergessene Kultusminister Karl-Heinz Reck.
In Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz war das Entsetzen groß. Die ersten acht Umfragen 1995/96 ergaben eine Ablehnung der „Reform“ von bis zu 90 Prozent. Deutsche Verfassungsrichter erklärten aber 1998 die Geiselnahme der Schüler zur Durchsetzung der Umerziehung der Bevölkerung für „rechtens“, und ein Volksentscheid im Norden wurde von den bundesdeutschen „Demokraten“ ausgetrickst.
Im Jahr 2000 stieg die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus dem Unterstützerkomplott vor allem der SPD-Zeitungen aus, 2004 auch der Axel-Springer-Konzern. Sie wurden vom extra gegründeten „Rechtschreibrat“ wieder eingefangen, dessen Reparaturarbeit 2006 von der KMK-Präsidentin Erdsiek-Rave darauf sogleich abgebrochen wurde. Nach zehn Jahren Schreibchaos wurde dreist der „Rechtschreibfriede“ ausgerufen.
Der Deutschlandfunk verharmlost politikkonform den Kulturbruch, der alle bis dahin gedruckte Literatur alt aussehen läßt und zur Vernichtung vor allem älterer Schul- und Jugendliteratur führte. Henning Lobin, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, darf verklausuliert erklären: „Es gibt ja auch berechtigte Kritikpunkte an dieser ursprünglichen Gestalt der Reform. Es war teilweise wirklich zu wenig bedacht worden, dass wir eben hier es mit einem eigenen System zu tun haben, der Schriftsprache und nicht nur eine Abbildung der gesprochenen Sprache.“ Und die Anglistin und „Psycholinguistin“ der Uni Mannheim, Rosemarie Tracy, darf den Widerstand gegen den Kulturbruch mit dem Ammenmärchen der „Verunsicherung und Ängste“ denunzieren. Was ist übriggeblieben von der „Reform“? „Gräuliche Esssitten im Esssaal“ nebst bombastischen Großschreibungen „des Öfteren“ und ähnlichem Unfug. Aber man denkt schon wieder an die nächste „Reform“, die Sprach- und Rechtsprechreform, die das Bundesverfassungsgericht noch vorsichtig ausgeschlossen hatte: Heute wird breiter diskutiert. In den sozialen Medien. Und politisch noch aufgeladener anders als vor 25 Jahren, sagt Henning Lobin mit Blick auf die Genderdebatte. Er und die anderen Mitglieder im Rat für deutsche Rechtschreibung verfolgten das genau. Entscheiden wolle man sich noch lange nicht: „Aber ich glaube schon, dass wir da zu einer Position kommen. Diese Position wird sicherlich sehr differenziert sein und nicht darin bestehen zu sagen: Ab jetzt gilt der Genderstern oder gar, er muss genutzt werden, denn das ist etwas, was über die Orthografie ja überhaupt nicht zu regeln ist.“
dlf 1.7.2021 Diesmal ist die Taktik der feministisch-maoistischen Kampftruppen eine andere: In den unterwanderten Institutionen und Ämtern setzen die „fortschrittlichen“ Grüppchen den lauthals von der Gendersekte verkündeten „Volkswillen“ nach „Geschlechtergerechtigkeit“ durch, selbst wenn ihr nie dagewesenes „Deutsch“ von den „Zuhörer*innen und Zuschauer*innen“ mehrheitlich abgelehnt wird.
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Sigmar Salzburg
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