OSZE
ERSTMALS BEOBACHTER-MISSION
OSZE begutachtet Wahl-Stopp für Pauli-Partei
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Die OSZE schickt zur Bundestagswahl erstmals Wahlbeobachter nach Deutschland. Die Bundesregierung selbst hat die Inspekteure eingeladen doch die wollen nun auch auf die umstrittene Ablehnung einiger Kleinparteien schauen. Polit-Rebellin Gabriele Pauli freut's: Es gibt bestimmt viel zu tun!
Hamburg Die Entscheidung des Bundeswahlleiters, Dutzenden Splitterparteien einen Platz auf dem Wahlzettel zu verwehren, hat eine Debatte über das Parteienrecht ausgelöst jetzt erregt das umstrittene Zulassungsverfahren internationales Interesse. …
spiegel.de 9.8.09
POLIT-SATIREFILM DIE PARTEI
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Ein heißes Gerät als Kanzlerkandidatin, wüste Gelage in Georgien: Mit der Satire-Doku Die Partei der Film liefern ein paar Polit-Provokateure den bisher geistreichsten Beitrag zum Bundestagswahlkampf. Das ist leider gar nicht mal so witzig.
Martin Sonneborn, 44, ist ein ernsthafter Mann. … Er kämpft für seine Sache.
Das liest sich dann so: "Der letzte Wahlleiter in diesem Land, der derart undemokratisch mit kleinen und anderen Parteien umgesprungen ist, ist 1946 von einem alliierten Militärtribunal hingerichtet worden."
Objekt dieses ganz und gar politisch inkorrekten Vergleichs war Roderich Egeler, der eher unglücklich agierende Bundeswahlleiter. Vergangene Woche versagte er mehreren Kleinparteien die Teilnahme an der Bundestagswahl. …
Denn der Ex-Chefredakteur der Titanic und derzeitige Leiter des SPIEGEL-ONLINE-Satire-Ressorts SPAM, ist zugleich Vorsitzender von Die Partei.
spiegel.de 11.8.09
Ganz und gar nicht witzig:
Nicht nur kleine Splitterparteien, sondern die größte Partei der Bundesrepublik wurde heimtückisch abgewürgt: Die Partei der Gegner der „Rechtschreibreform“, die in Schleswig-Holstein schon die absolute Mehrheit errungen hatte.
Hier gäbe es ein reiches Betätigungsfeld für die Kommission der OSZE!
Da das Ziel der Reformgegner parteiübergreifend war, mußten sie als Bürgerinitiativen aktiv werden, um Volksentscheide zu erwirken.
Sie waren gezwungen, in den Ländern zu unterschiedlichen Zeiten Volksbegehren anzustreben. Ein bundesweiter Volksentscheid wird von den herrschenden Parteienmehrheiten nicht zugelassen, obwohl im Grundgesetz „Wahlen und Abstimmungen“ vorgesehen sind („Divide et impera“: Teile und herrsche“).
Die stark abweichenden Länderbestimmungen führen zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Bürger.
Im Gegensatz zur Zulassung von Kleinparteien genügt es für eine Zulassung zur Volksabstimmung nicht, pro Wahlkreis hundert Unterstützer-Unterschriften zu sammeln. Es werden, je nach Wahlkreisgröße und Bundesland, 5000 bis 50000 Unterschriften verlangt.
In Niederssachsen ließ Wahlleiter Strehlen das Volksbegehren scheitern, indem er über hunderttausend Unterschriften für ungültig erklärte, weil die Stimmzettel das Kürzel „v.i.S.d.P.“ trugen. Weitere schloß er aus, weil Sonnabend entgegen den Terminbestimmungen kein Werktag sei (Jahre später gerichtlich widerlegt). Dabei soll die Unterschriftensammlung doch nur ein ausreichendes Interesse der Bevölkerung dokumentieren, das den Aufwand einer Volksabstimmung rechtfertigt.
In Schleswig-Holstein kündigte die Ministerpräsidentin Simonis schon Monate vor dem Volksentscheid an, ihn bei nächster Gelegenheit annullieren zu lassen. Zudem sollten zahllose Tricks die Bürger von der Abstimmung fernhalten oder verwirren. Das Übelste war der Stimmzettel, der mit fast gleichem Text wie dem der Bürgerinitiative die Reformschreibung zur „allgemein üblichen“ erklärte, damals eindeutig eine Lüge, und eine dritten Ankreuzmöglichkeit anfügte, um die Stimmen weiter aufzuspalten. Dennoch wurde das Volksgesetz gegen die „Rechtschreibreform“ mit einer Mehrheit von rd. 56 Prozent der abgegebenen Stimmen bestätigt – und von den miteinander verschworenen Parteien des Kieler Parlamentes nach nur 9 Monaten rechtlicher Gültigkeit am 17. September 1999 wieder annulliert.
In Bremen wurde das Volksbegehren ausgebremst, indem der vorgesehene Gesetzestext, der dem in Schleswig-Holstein entsprach, für unzulässig erklärt wurde. Nachdem der Staatsgerichtshof dies zurückgewiesen hatte, konnte die Bürgerinitiative den Zeitverlust nicht wieder aufholen.
In Berlin wurden die Bedingungen für die Unterschriftenabgabe nach den Erfahrungen in Schleswig-Holstein um ein Vielfaches erschwert, die Werbung untersagt und zudem der Eindruck erweckt – wie schon vom Verfassungsschutz NRW 1997 – als würden von den Bürgerinitiativen die Interessen „rechter Kräfte“ verfolgt. Durch die doppelt so hohen Hürden wie in Schleswig-Holstein wurde die Initiative schließlich am Erfolg gehindert.
Die Bürgerinitiative in Mecklenburg-Vorpommern, obwohl im ersten Anlauf erfolgreich, gab ihre Versuche auf, nachdem durch die Annullierung des Volksentscheids in Schleswig-Holstein offensichtlich wurde, daß das vorherrschende Parteienkartell eine Demokratie im Sinne des Wortes („Volksherrschaft“) nicht zuläßt.
Die Versuche, dagegen juristisch vorzugehen, zeigen wiederum, daß die vorhandenen (oder nicht vorhandenen) Gesetze von den einschlägigen Parteien inspiriert sind – wie auch die dort handelnden Organe. Aber das ist ein anderes Kapitel.
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Sigmar Salzburg
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